Gute Laune in D.C. und Corporate America
George W. Bush dürfte am Wochenende die Korken knallen lassen. Für den Präsidenten war es eine gute Woche, in der das Freihandelsabkommen CAFTA und ein „Energiekonzept“ mit vier Partnerstaaten unterzeichnet wurden. Am Freitag beschloss der Kongress noch das lange umkämpfte Energiegesetz, und jetzt geht’s in die Sommerpause.
Sicher, ein paar Probleme bleiben dem Präsidenten. Da wäre sein Konzept für eine Runderneuerung der Sozialversicherung, das auf so viel Widerstand gestoßen ist, dass die Regierung es trotz eigener Mehrheit im Kongress erst einmal ad acta legen musste. Dann wären da die anhaltende Gewalt im Irak sowie die Terroranschläge in London und anderen Ländern, die viele Kritiker auf eine falsche US-Außenpolitik schieben. Die – und einige Probleme im eigenen Land – haben Bushs Sympathiewerte zuletzt wieder in Rekordtiefen stürzen lassen.
Und nun muss sich Bush auch noch über seinen treuen Fraktionschef Bill Frist ärgern. Der sonst zuverlässig erzkonservative Abgeordnete hat am Freitag überraschend seine Haltung im Streit um die Stammzellenforschung geändert. Immerhin ist der Mann Arzt, und die wissenschaftlichen Vorzüge haben Frist dazu gebracht, die ethischen Risiken neu zu bewerten. An der Börse macht sich das bemerkbar: Die Aktien von Geron und Aastrom Biosciences legen um gute 7 Prozent zu, Stemcells Inc. sogar um bis zu 20 Prozent.
Schlaflose Nächte wird Bush deshalb nicht haben, der Präsident will ein Gesetz zur Ausweitung der Stammzellenforschung notfalls mit einem Veto stoppen.
Doch zurück zu Bushs Erfolgen in der letzten Sitzungswoche der Abgeordneten vor der Sommerpause. Mit CAFTA machte der Präsident den Unternehmen ein schönes Geschenk in Form neuer Absatz- und vor allem biliger Arbeitsmärkte in Mittelamerika, und mit zwei großen Umweltprojekten legt Bush noch einmal drauf.
Nach einem multilateralen Umweltkonzept, das die USA bereits am Donnerstag mit China, Indien und anderen Partnern unterzeichnet haben, ging zum Wochenschluss das lange umkämpfte Energiegesetz durch, das zum ersten Mal seit 1992 die Energiepolitik Washingtons neu ordnet. Welche Prioritäten sich dabei durchgesetzt haben, dürfte niemanden überraschen – und der Wall Street langfristig nutzen.
Zunächst verteilt das Energiegesetzt Steuervorteile von 14,5 Milliarden Dollar an Unternehmen im Energiesektor, und zwar angefangen vom Nuklear-, über den Kohle- und Elektrizitätsbereich bis hin zu Öl- und Gas-Förderern. Vor allem das letzterer Bereich mit Firmen wie ExxonMobil und ChevronTexaco mit Subventionen überschüttet wird, nachdem hohe Ölpreise ohnehin für Rekord-Gewinne gesorgt haben, geht vielen Demokraten im Kongress und anderen Kritikern gegen den Strich. Doch ist Bushs Geschenk an die Öl-Kumpels nicht der einzige umstrittene Punkt im Energiepaket.
Da wäre zunächst noch die Aufhebung eines Wetbewerbsgesetzes von 1935, das den Strommarkt überwachen und Monopole verhindern sollte. Fusionswilligen Unternehmen im Stromsektor steht jetzt eine Hürde weniger im Weg, vor allem Duke Energy und Cinergy könnten davon profitieren, die beiden hatten schon im Mai Merger-Absichten kundgetan.
Über weitere Steuernachlässe können sich derweil Unternehmen freuen, deren mit Kohle angefeuerten Turbinen Strom erzeugen, und die in den letzten Jahren mit Filtern ausgestattet wurden. Die Kosten für diese Aufrüstung können nun über sieben Jahre abgeschrieben werden. Ein Vorteil ist das vor allem für AES und Entergy, Progress Energy und Reliant.
Apropos Filter: Neue Grenzwerte für Schadstoffausstoß legt das Energiegesetz der Bush-Regierung nicht fest. Im Gegenteil, nicht einmal die Autohersteller müssen – wie von vielen gefordert – effizientere Motoren entwickeln. Das ist vor allem dem Abgeordneten John Dingell zu verdanken. Der ist zwar Demokrat, stammt aber aus einem Wahlkreis in Michigan, dem Sitz von GM und Ford.
Es gibt noch mehr Gewinner des neuen Energiekonzepts. Darunter sind Unternehmen, die neu in den Atomsektor einsteigen wollen, darunter General Electric und Dominion Recources. Die erhalten Kreditgarantien über 80 Prozent der Baukosten für neue Kraftwerke und Zuschüsse für anfallende Versicherungskosten. So könnten in den USA schon bald neue Atomkraftwerke entstehen. Einigermaßen bestürzt hatte Bush erst kürzlich festgestellt, dass seit 1973 kein neues Werk ans Netz gegangen sei – warum, schien ihm nicht klar zu sein.
Während Bush und seine Freunde aus Corporate America nun feiernd ins Wochenende gehen, schafft es die Wall Street im Freitagshandel wohl nicht mehr ins Plus. Nachdem das BIP für Q2 erwartungsgemäß unter den 3,8 Prozent des ersten Halbjahres gemeldet worden ist, macht die Börse schlapp – angesichts der jüngsten Rallye ist das aber kein Grund zur Besorgnis.
© Wall Street Correspondents Inc.
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