Zwischen Arbeitszeit und Freizeit
Es mag keine wirklich neue Nachricht sein, dass immer mehr Berufstätige im Büro gerne Zeit mit privaten Dingen verbringen. Der eine bucht den Urlaubsflug, der andere schreibt E-Mails an Freunde – wer weiß, vielleicht lesen Sie ja auch diesen Bericht während der Arbeitszeit, obwohl er mit dem Kerngeschäft eigentlich nichts zu tun hat.
Eine Untersuchung von AOL und Salary.com hat sich jetzt genauer mit dem Ausmaß der Zeitverschwendung beschäftigt, mit höchst interessanten Ergebnissen. Zunächst die gute Nachricht: Arbeitgeber rechnen durchaus damit, dass Arbeitnehmer bis zu eine Stunde täglich mit privaten Dingen vertun. Die schlechte Nachricht: In Wahrheit sind es mehr als zwei Stunden, die drauf gehen – jedenfalls in den USA.
Was die Amerikaner mit ihrer Zeit anfangen, ist höchst unterschiedlich – und manchmal dreist: Dass die überwiegende Mehrheit im Netz surft, emailt, Urlaub bucht und bei Ebay mitsteigert, mag ja ebenso angehen wie der Plausch mit Kollegen. Dass zahlreiche Angestellte allerdings das Büro verlassen, um schnell einkaufen zu gehen (Nummer fünf auf der Liste der Tätigkeiten), dürfte manchen Chef ärgern.
Nicht zu unterschätzen sind einfaches Zu-spät-kommen oder Früher-gehen, da sich ein paar Minuten täglich zu einem größeren Betrag summieren. Und gleich doppelt ärgerlich dürfte es für manchen Chef sein, wenn sich Mitarbeiter während der Arbeitszeit der Job-Suche widmen und Bewerbungen für andere Stellen schreiben.
Das ganze ist umso ärgerlicher, als die außerplanmäßigen Aktivitäten der Angestellten ganz schön ins Geld gehen. Allein die 1,09 Stunden, die Unternehmen ihren Mitarbeitern eigentlich nicht für private Tätigkeiten eingeplant haben, kostet die US-Wirtschaft jährlich 759 Milliarden Dollar.
Folgen dürfte die Zeitverschwendung dennoch nicht haben. Im Gegenteil: Experten wie Bill Coleman von Salary.com sind überzeugt, dass es Unternehmen sogar nutzt, wenn sich Angestellte hin und wieder eine Pause gönnen. Schließlich müssen gute Arbeiter hin und wieder ihre Batterien aufladen. Internet-Surfing hat zudem noch nie geschadet, wenn sich der Zeitvertreib auf Nachrichten und bestimmte berufsnahe Themen bezieht. Und der Kollegen-Plausch im Flur stärkt die Unternehmenskultur und den Zusammenhalt der Truppe.
Ob die positiven Effekte des alltäglichen Schlendrian die hohen Kosten ausgleichen, lässt die Untersuchung offen – mancher Erfolg dürfte auch schwer zu beziffern sein.
Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.
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