Zwei Urteile für Corporate America
Die neue Woche an der Wall Street wird weitgehend in Washington bestimmt. Dort berät die Regierung über ein chinesisches Übernahmeangebot an den Öl-Konzern Unocal, dort legt die Notenbank die weitere Zinspolitik fest, und dort entschied am Montagvormittag der Supreme Court über einige Klagen, die Anleger jahrelang beschäftigt haben.
Vor allem zwei Urteile der höchsten US-Richter machen am Montag die Runde, und in beiden stellen sich die Unparteiischen auf die Seite der großen Konzerne. Da wären zum einen die Telekom- und Kabelanbieter, die kleinen Internet-Providern keinen Zugang zu ihren Netzen geben müssen. Das ist gut für Unternehmen wie Verizon und BellSouth, deren Marktstellung bestätigt ist, nachdem sie einige Jahre lang schwer unter Beschuss war. So hatte der Internet-Provider Brand X, der im entschiedenen Fall Kläger war, ursprünglich Telefonleitungen zur Datenübertragung geleast – bis die Kabelbetreiber selbst die Möglichkeiten der neuen Technologie erkannten und auf Kosten der unabhängigen Anbieter mit DSL in das Internetgeschäft einstiegen.
Das jüngste Urteil dürfte am Internet- und Kabelmarkt in den USA wenig ändern, da es den Status bekräftigt, der sich längst etabliert hat.
Auch die Auswirkungen eines zweiten Urteils sind umstritten. Der Supreme Court hat entschieden, dass die Hersteller von Download-Software von den Medienkonzernen verklagt werden können, deren urheberrechtlich geschätzte Produkte von Kunden raubkopiert werden. Die verklagten Unternehmen, Grokster und StreamCast als Mutterkonzern des Programms Morpheus, haben am Markt zwar heute keine Bedeutung mehr, wohl aber die klagenden Konzerne, allen voran Metro-Goldwyn-Mayer aus dem Sony-Imperium sowie Warner Music Group und Vivendi Universal.
Diese Großkonzerne dürfen nach jüngster Rechtssprechung gegen Unternehmen vorgehen, deren Programm Copyright-Verletzungen erlauben. Damit dürften in den nächsten Wochen und Monaten zahlreiche Millionen- und Milliardenklagen eingehen, mit denen sich die Musik- und Filmindustrie gegen die steigenden Verluste durch Raubkopien zur Wehr setzt. Allein für 2005 rechnen Branchenexperten mit einem Schaden von 5,4 Milliarden Dollar durch Raubkopierer. Tendenz steigend.
Abhängig von den anstehenden Einzelklagen dürfen sich die Medienkonzerne nun über einen Geldregen freuen. Dass der illegale Versand und Download von Musik und Filmen aufhört, ist indes unwahrscheinlich. Eric Garland, Chef des Musik-Datendienstes Big Champagne, glaubt, dass sich höchstens die Technik ändern und neue Möglichkeiten zum Datenaustausch ersonnen werden dürften.
So ist das Problem für die Industrie nicht gelöst, Hollywood und Co. bekommen höchstens eine kleine – vielleicht auch eine saftige – Genugtuung. Immerhin: Die Summern, die man von den Softwareherstellern im P2P-Bereich einklagen kann, dürften die bisherigen Schadenssummen deutlich übertreffen. Die kamen bisher nämlich allein von Einzelpersonen, von denen sich in den letzten fünf Jahren durchschnittlich 1000 pro Monat vor Gericht verantworten mussten.
Mit Blick auf diese künftig höheren Zahlungen lassen Anleger die Aktien der Medienriesen im Montagshandel klettern.
Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.
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