Was tun in China?
Die USA hatten in der jüngsten Geschichte wenig Probleme damit, ihre selbst auferlegten Regeln zu verletzen und sich anders zu verhalten, als man gegenüber dem Weltpublikum eigentlich erscheinen möchte. Am deutlichsten wird das seit zwei Jahren im Irak, wo die Roller der Amerikaner je nach Betrachtung zwischen „Befreier“ und „Besatzer“ schwankt.
Dass die USA weltweit an Glaubwürdigkeit verloren haben, ist nun auch nach Washington, D.C. durchgedrungen. Die Regierung verfolgt nun einmal ihre sehr egoistisch gesteckten Ziele. Doch gibt man sich hin und wieder doch überraschend konsequent, nicht zuletzt an diesem Donnerstag, an dem Notenbank-Chef Alan Greenspan und Finanzminister John Snow vor dem Kongress auftraten.
Beide, Greenspan und Snow, stehen für die USA als Stütze eines freien Welthandels ein – und am Donnerstag taten sie das konsequenter als manchem in der Regierung recht sein dürfte. Beide sprachen sich nämlich klar gegen Strafzölle auf chinesische Importe aus, mit denen zuletzt zahlreiche Experten planten, den asiatischen Partner zu einer Neubewertung seiner Währung zwingen zu können.
Erst zu Beginn dieser Woche hatte der republikanische Abgeordnete Phil English aus dem Bundesstaat Pennsylvania einen entsprechenden Gesetzesentwurf vorgelegt, der nach dem Auftritt der obersten Finanzpolitiker vor dem Kongress nun einigen Gegenwind verspüren dürfte.
Dabei ist eine Neubewertung des Yuan sicherlich nötig, denn durch die strenge Kopplung der Währung an den Dollar erschleicht sich China als Exportnation unfaire Wettbewerbsvorteile, die den USA schaden. Und doch: Im Sinne eines freien Welthandels sprechen sich Snow und Greenspan gegen Einfuhrquoten und Strafzölle aus.
Das dürfte allerdings weniger mit einem allgemeinen Glauben an Spielregeln zu tun haben, als mit einer ganz anderen Überlegung. Das Handelsbilanzdefizit, das zur Zeit eine der Hauptsorgen in Washington und an der Wall Street ist, dürfte sich nämlich durch solche Aktionen nicht mindern lassen. Im Gegenteil: Statt aus China, so Greenpan, würde Amerika wohl mehr aus Japan und anderen asiatiuschen Ländern einführen.
Dem amerikanischen Arbeitsmarkt wäre ebenso wenig geholfen. Denn dass begrenzte chinesische Importe durch in den USA gefertigte Produkte ersetzt würden, sei nicht zu erwarten.
So hätten Einfuhrbeschränkungen zwar keine positiven Auswirkungen, aber dafür eine negative Folge: Imageverlust. Über den machen sich Greenspan und Snow gleichermaßen Gedanken. „Unsere Rolle als Befürworter eines offenen Marktes und eines freien Handels wäre in Gefahr“, so der Finanzminister unisono mit Greenspan, der seinerseits langfristig „negative Folgen für den US-Arbeitsmarkt und den amerikanischen Verbraucher“ fürchtet.
© Wall Street Correspondents Inc.
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