Der Öl-Markt ist unberechenbar
Der Ölpreis wird immer undurchsichtiger. Im Mittwochshandel scheint es erneut, als hätte sich der Preis gänzlich von der Nachrichtenlage gelöst. Das überrascht allerdings nicht wirklich: Öl-Experten erklären schon seit Tagen, dass vor allem Spekulanten für die aktuellen Notierungen zuständig sind.
Am Mittwochmittag sind die Öl-Futures auf den niedrigsten Stand in vier Handelstagen gerutscht. Das heißt nicht, dass die Lage um den schwarzen Rohstoff entspannt ist. Im Gegenteil: Öl notiert nach wie vor sehr nahe an der 60-Dollar-Grenze, also weitgehend in unbekanntem Terrain und gefährlich dicht an einer psychologischen Marke, deren Fall die Märkte zumindest kurzfrisitg in Panik versetzen könnte.
Zur Nachrichtenlager: Die rechtfertigt nur zum Teil eine schwächere Notierung der Ö-Futures. Da wäre zum einen eine Studie der Cambridge Energy Research Associates (CERA). Die dortigen Experten gehen davon aus, dass die Förderkapazitäten in den nächsten Jahren starks zunehmen dürften. Bis 2010 könnten bis zu 16 Millionen Fass pro Tag mehr gefördert werden als zur Zeit, was einem Plus von 20 Prozent entsprechen würde. Damit dürfte das Angebot die Nachfrage um 6 bis 7,5 Millionen Fass pro Tag übersteigen – ein Kernproblem des Marktes wäre gelöst.
Schließlich war es zuletz vor allem die Sorge um die Kapazitäten von Opec und Co, die in Zeiten stark wachsender Nachfrage aus China, Indien und anderen Boom-Ländern in Bedrängnis zu kommen drohten.
Wie weit eine einfache Studie den Markt beeinflussen kann, ist indes vor allem an Tagen unklar, an denen Fakten vorgelegt werden – und seien es nur wöchentliche Zwischenstände aus den Öl-Lagern. Da sind die Pegel um 1,6 Millionen Fass gefallen. Die Erwartungen der Wall Street hatten in etwa auf eine solche Bilanz gedeutet, und auch die Tatsache, dass die Öl-Lager trotz des Rückgangs deutlich voller sind als historisch um diese Jahreszeit üblich, beruhigt und lässt die Futures fallen.
Die jüngsten Verbrauchsschätzungen indes wirken sich auf den Markt nicht aus, was nun wirklich nicht zu erklären ist. Neuesten Zahlen zufolge ist der Benzinverbrauch in den USA gegenüber dem Vorjahr um 2,5 Prozent gestiegen, der Verbrauch an Destillaten wie Diesel und Heizöl ist um 6,9 Prozent gestiegen. Öl-Experten wie Torsten Fischer von Economy.com halten dies für „beunruhigend“ und sehen einen „Grund für Händler, die Preise wieder nach oben zu treiben“.
Das genau geschieht im Mittwochshandel allerdings nicht. Und wenngleich eben dieses Rätsel zum Teil mit der allgemein hohen Bewertung von Öl begründet werden kann, bleibt doch eine Schlussfolgerung: Der Handel mit den Schwarzen Gold ist zur Zeit extrem volatil, schwer berechenbar – und doch fast allein verantwortlich für das Auf und Ab an der Wall Street.
Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.