Warum Märkte sozial sind
10:34 16.06.05
Die Globalisierung hat dem europäischen Sommer eine südamerikanische Spezialität gebracht. Jugendliche aus den Armeinvierteln Lissabons haben sich in großer Anzahl zusammengerottet und Badende an den portugiesischen Stränden überfallen. „Arrestao“ nennt man diese Überfalltaktik in Brasilien, bei der die am Strand Liegenden aufgescheut und zur sofortigen Flucht genötigt werden, so dass die jugendlichen Banden anschließend die zurückgelassenen Handtaschen, Geldbeutel, Handys und Schmuck wie Fische im Netz einsammeln können.
Was hat das nun bloß mit der Börse zu tun? Wer es noch nicht gemerkt hat: Die Zeitungsmeldung, die ich dazu lese, beginnt mit den Worten: „Wie die Heuschrecken ...“ Der einzige Unterschied zwischen manchen Finanzmarktspekulationen und Arrestao ist, dass Ersteres legal und Letzteres verboten ist.
Um Finanz- und Vermögensmärkte richtig verstehen zu können, muss die Markttheorie aus meiner Sicht deutlich erweitert werden. Finanzmärkte sind nicht nur ein effizientes Mittel zur Hervorbringung von Informationen und zur Allokation von Kapital, sondern auch eines zur Kanalisierung von Kriminalität und Terrorismus. Ich möchte mir lieber nicht ausmalen, wie es in der Welt aussehen würde, wenn nicht viele Menschen ihren Hass und ihre Gier an den Märkten legal ausleben könnten. In diesem Sinne sind Märkte also wirklich sozial.
Mit den besten Grüßen!
Bernd Niquet
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Wenn viele Anleger dasselbe glauben, dann muss dies noch lange nicht bedeuten, dass es stimmt oder wahrscheinlich ist. Das Gegenteil ist oft der Fall.
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