Airbus und Amerika, eine schwierige Beziehung
In einer freien Marktwirtschaft haben Monopole nichts verloren, und auch in den USA haben sich nur wenige bis heute gehalten. Eines der letzten könnte in naher Zukunft fallen: Die Airbus-Mutter EADS will gemeinsam mit dem amerikanischen Rüstungsunternehmen Northrop Grumman gegen Boeings Vormachtstellung im Pentagon antreten.
Die transatlantische Partnerschaft hat sich mit dem Rüstungs-Bündnis zwischen Boeing und dem Pentagon allerding kein leichtes Ziel ausgesucht. Das amerikanische Verteidigungsministerium arbeitet seit langem sehr eng mit dem Flugzeugbauer zusammen, so eng, dass es in der Vergangenheit immer wieder mal zu illegalen und skandalösen Verwicklungen kam. Erst vor einem Monat wurden die Ermittlungen in einem der aufsehenerregendsten Bestechungsfälle der letzten Jahre abgeschlossen. Darin hatte Boeing einer hochrangigen Pentagon-Mitarbeiterin einen lukrativen Job versprochen, wofür diese dem Unternehmen aufgeblasene Preise für offizielle Militäraufträge durchgehen ließ.
EADS und Northrop Grumman wollen diese allzu engen Beziehungen nun offensichtlich aufbrechen. Das erste Projekt: Airbus will Tankflugzeuge für das US-Militär entwickeln. Das dürfte umso schwieriger sein, als Airbus in den USA zur Zeit keinen guten Ruf genießt. Die US-Regierung hat das Unternehmen samt der unterstützenden EU unlängst wegen Verletzung der internationalen Wettbewebsrechte verklagt. Die Europäische Union zahle unzulässige Subventionen, so der Vorwurf, dank derer Airbus seine Produkte zu Dumpingpreisen anbieten und Konkurrenten wie Boeing schaden könne.
Dank entsprechender Berichterstattung in den meisten US-Medien gilt Airbus in manchen Kreisen als das personifizierte Übel. Das ist nicht gerecht, denn wenn am nächsten Wochenende im Paris der A380 vorgestellt wird, dann freuen sich nicht nur Franzosen, Deutsche und Engländer über den Erfolg des Projektes, sondern auch geschätzte 140 000 Amerikaner, deren Jobs bei 200 Zulieferfirmen unmittelbar an den A380 geknüpft sind.
Allen voran wäre da Alcoa zu nennen, der weltgrößte Alu-Konzern und größte amerikanische Airbus-Zulieferer. Das Management in Pittsburgh im US-Bundesstaat Pennsylvania erklärt, das „hunderte von Mitarbeitern in Werken in Iowa und Kalifornien“ an großen Flügelteilen sowie an mehreren Millionen von Schrauben und Verschlüssen arbeiten.
In North Carolina sitzt derweil die Firma Goodrich, die nicht nur das Fahrwerk für den A380 mitentwickelt hat, sondern auch die Notrutschen und die Außenbeleuchtung des Riesenflugzeugs. CEO Marshall Larsen hofft, dass Goodrich durch die Aufträge aus Europa zum Marktführer seiner Branche aufsteigen kann, wie man bereits den Analysten von Merrill Lynch versprochen hat.
Für einige kleinere Unternehmen hängt längst nicht nur die Position im Markt, sondern fast schon die pure Existenz an Airbus. Der Werkzeugbauer Electroimpact aus dem Bundesstaat Washington etwa hat mit den Aufträgen für Produktionsstraßen für den A380 etwa die Hälfte seines Umsatzes in den letzten zwanzig Jahren gemacht.
Unterm Strich hat Airbus allein im vergangenen Jahr Rohstoffe und Bauteile im Wert von 6,9 Milliarden Dollar in den USA bezogen. Für das Unternehmen sei das nicht leicht, so der Branchenspezialist William Alderman von der auf Flugzeugbauer spezialisierten Investmentfirma Alderman & Co. „Airbus musste einen Großteil seines Geschäfts aus Europa in die USA verlagern, möglichst ohne dem dortigen Markt allzu sehr zu schaden.“
Die globale Verteilung der Aufträge könnte sich letztlich aber auch bezahlt machen. Während Airbus in Regierungskreisen zwar ein rotes Tuch ist, weiß Corporate America den europäischen Boeing-Konkurrenten durchaus zu schätzen. Zu den Kunden, die mehrere Transportmaschinen in Frankreich vorbestellt haben, gehören mit UPS und FedEx die beiden weltgrößten Paketdienste – beide sind amerikanische Unternehmen.
Um den wichtigsten amerikanischen Kunden – das Pentagon – muss Airbus hingegen wohl noch eine Weile kämpfen. Die Verbindung mit Northrop Grumman dürfte ein Stück weit helfen, doch kommt Unterstützung wohl auch bald von dritter Seite. Laut einem am Mittwoch vorgelegten Bericht hat das Pentagon in den letzten Jahren unmäßig Geld verschwendet – nicht nur mit Aufträgen an Boeing. Angesichts des hohen Haushaltsdefizits und der immer weiter steigenden Rüstungsausgaben steigt der öffentliche Druck. Günstigere Preise für vergleichbare Ausrüstung sind irgendwann ein Argument, an dem das Pentagon im Sparzwang nicht vorbeikommen wird.
Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.
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