SEC: Der Anti-Donaldson kommt
Das schönste Geburtstagsgeschenk machte William Donaldson nicht sich selbst, sondern Corporate America. Der heute 74-Jährige ist überraschend als Chef der Börsenaufsicht SEC zurückgetreten und macht den Weg frei für einen Nachfolger, der zahlreiche der Donaldson’schen Reformen wohl wieder rückgängig machen dürfte.
Für den Kleinanleger dürften mit Donaldsons Rücktritt wieder schwere Zeiten anbrechen. Die gab es schon einmal, bevor der ehemalige Investmentbanker und Chef der New York Stock Exchange von Präsident George W. Bush an die Spitze der SEC berufen wurde. Sein Vorgänger Harvey Pitt hatte sich in Streitfällen meist auf die Seite der Unternehmen geschlagen, nach den Bilanz- und Börsenskandalen um Enron, WorldCom und Smith Barney gelang es ihm nicht, das Vertrauen der Investoren in die Aktienmärkte zurückzugewinnen.
Donaldson hingegen schien der richtige Mann für den Job zu sein, zumal er ein langjähriger Freund der Familie Bush war und als linientreuer Republikaner galt. Seine Parteigenossen allerdings sahen bald mit Schrecken, dass Donaldson seinen Job nicht so halbherzig ausfüllte wie mancher gehofft hatte. Im Gegenteil: Der SEC-Chef startete einen wahren Kreuzzug gegen den Börsenbetrug im ganzen Land. Seite an Seite kämpfte er mit dem New Yorker Generalstaatsanwalt Eliot Spitzer, der sich längst einen Robin-Hood-Status unter Investoren erarbeitet hat.
Gemeinsam verklagten Spitzer und Donaldson die TV-Diva Martha Stewart wegen Insiderhandels und den früheren HealthSouth-Chef Richard Scrushy wegen Bilanzbetruges. Die Behörde knöpfte sich Fond-Manager vor und untersuchte deren bis dato recht unkontrollierte Handelspraktiken. Man verklagte erfolgreich Analysten mit Interessenskonflikten wie den einstigen Telekom-Star Jack Grubman und räumte bei den Banken und Bilanzprüfern auf, deren Manager die Machenschaften bei Enron und WorldCom abgesegnet hatten.
Während seiner ganzen Amtszeit machte sich Donaldson zudem für das in Regierungs- und Unternehmenskreisen immer noch umstrittene Bilanzgesetz Sarbanes-Oxley stark, das die Aufstellung des Jahresabschlusses strenger als bisher reguliert und Manager für Fehler direkt und persönlich in Verantwortung nimmt.
Dankbar mögen ihm dafür von Anfang an die Anleger gewesen sein, allein, in Washington war man nicht zufrieden. Unternehmen und damit die Lobbyisten in der Hauptstadt sahen ihre Felle davonschwimmen. Vor allem zwei noch anstehende Projekte Donaldsons sorgten für Aufregung in den Chefetagen. So machte sich der SEC-Chef für eine bessere Offenlegung von Manager-Gehältern stark. Zudem arbeitete er an einem Gesetz, das Aktionären das Recht zugestanden hätte, bei Jahreshauptversammlungen direkt eigene Kandidaten für den Aufsichtsrat zu nominieren.
So viel Kontrolle ist den Unternehmen zu viel. Ihnen kommt Donaldsons überraschender Rücktritt von der SEC-Spitze nun recht. Denn die jüngsten Vorschriften und Gesetzänderungen sind noch nicht beschlossen und hängen nun an einem seidenen Faden. Dass der bald reißen dürfte, ist spätestens klar, seit US-Präsident George W. Bush wenige Stunden nach Donaldsons Rücktritt dessen voraussichtlichen Nachfolger bekanntgab: Der kalifornische Kongressabgeordnete Cristopher Cox gilt nicht gerade als Freund kleiner Investoren. Bekannt ist der 52-Jährige vor allem durch ein Gesetz aus dem Jahr 1995, das es Anlegern erschwert, Unternehmen wegen Aktienbetruges anzuklagen.
„Alles was wir unter William Donaldson geleistet haben, hängt nun in der Luft“, klagt folglich Harvey J. Goldschmid, einer von zwei Demokraten im Vorstand der Börsenaufsicht. Was die Lage für Investoren noch schlechter macht: Auch Goldschmid wird die SEC im Sommer verlassen und den Platz für einen von Präsident Bush nominierten Nachfolger räumen.
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