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Alt 23-05-2005, 20:17   #222
Starlight
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Dieser Apfel hat Biss

„Beiß nicht gleich in jeden Apfel“, wurden Schlagerfreunde einst gewarnt. Im Prinzip hat der alte Song auch recht, denn „er könnte sauer sein“. Oder es könnte ein Wurm drin sein. Was am Marktstand ein Problem sein könnte, juckt Steve Jobs indes kaum. In seinem Apfel ist bestimmt kein Wurm drin – zum Anbeißen wird weiterhin geraten.

Dabei ist die Aktie von Apple – der erfolgreichsten Frucht in Corporate America – in den letzten zwei Jahren schon dramatisch gestiegen. Von einst 6,50 Dollar verbesserte sich die Aktie auf zeitweise 45,50 Dollar, und ein Blick auf den Tages-Chart zum Wochenbeginn zeigt, dass die Kletterpartie des Computer- und iPod-Herstellers noch lange nichts abgeschlossen sein muss.

Dass die Aktie so anhaltend stark notiert, liegt an dem erstaunlich cleveren Konzept hinter dem iPod. Der beliebte und äußerst schicke mp3-Spieler hat seine Funktion als „trojanisches Pferd“ voll erfüllt. Bei der allerersten Vorstellung des Gerätes im Rahmen der New Yorker MacWorld hatten Analysten noch darüber gerätselt, ob PC-User mit iPod-Erfahrung vielleicht bei späteren Computerkäufen ins Mac-Lager überwechseln könnten. Man war optimistisch, wenngleich vorsichtig optimistisch … immerhin hatten die Marktanteile von Apple bis dato nie überzeugt.

Nun zeigt sich, dass Apple-CEO Steve recht hatte: Der iPod hat das Apple-Fieber aus der verschworenen Gemeinschaft der Mac-Freaks hinausgetragen in die große weite PC-Welt, und zuletzt gab es nur noch eines, was den interessierten Verbraucher nach ersten Besuchen im Apple-Laden wieder abschreckte: der Preis.

An diesem letzten – und vielleicht bei allen Performance- und Stilfragen wichtigsten – Punkt arbeitet das Unternehmen jetzt. Die Preise sollen runter. Künftig sollen nicht nur vorsichtig kastrierte und pfiffig verpackte Geräte wie der MacMini zu massenfähigen Preisen in die Geschäfte kommen, sondern auch die ganze Reihe von Mac Tischrechnern und Laptops.

Apple wird nun zunächst die Preise für die Komponenten senken, zunächst einmal für Chips. Am Montagmorgen schockiert das Wall Street Journal mit dem Gerücht, dass Apple seinen bisherigen Chip-Zulieferer IBM verlassen und fortan günstigere und schnellere Intel-Chips einbauen will. Ob das stimmt, sei zunächst einmal dahingestellt, es ist nämlich egal.

Zur Zeit zeichnen sich zwei Möglichkeiten ab: Vielleicht will Apple wirklich zu Intel wechseln, dann werden die Chips billiger werden. Vielleicht will Apple aber auch nur Druck auf IBM ausüben, um billiger an die bisherigen Chips heranzukommen. Wie dem auch sei, dem Verbraucher könnten auch bei Erhaltung oder Steigerung der Gewinnmargen ein paar Dollar erlassen werden.

Für zahlreiche User dürfte das den Ausschlag geben, ins Mac-Lager zu wechseln. Ein solcher Schritt wird kaum jemandem leicht fallen, immerhin ist der durchschnittliche PC-Benutzer ausschließlich mit seinem Microsoft-Betriebssystem vertraut, über das er Architektur und Programme beherrscht. Ein Umlernen auf Apple OS scheint nicht gerade reizvoll, vor allem dann nicht, wenn der Kunde auch noch draufzahlen muss.

Wenn jedoch Apple den Preisunterschied zu anderen Herstellern minimiert, dann dürfte eine neue Nachfrage-Welle seitens bisheriger PC- und iPod-Fans über die Firma schwappen. Die Aktie wird dann, um nicht nasse Füße zu bekommen, schleunigst noch ein paar Schritte nach oben klettern.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.
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