Die Irrtümer der Börsianer
10:23 17.05.05
Eine Beobachtung hat sich bei mir derart verfestigt, dass ich heute einmal darüber schreiben muss. Es hat zwar direkt mit der Börse nichts zu tun, ist aber ein Paradebeispiel für die Fallstricke, über die die Börsianer gemeinhin so gerne stolpern.
Wenn ich Kinder irgendwo mit nur einem Elternteil sehe, dann sind es fast immer Töchter mit Vätern und Mütter mit Söhnen. Man kann daraus also folgende Gesetzmäßigkeit aufstellen, die – jedenfalls in meiner Untersuchung – empirisch eine gute Bestätigung erlangt: „Mütter haben immer Söhne – und Väter haben immer Töchter.“
Nun ist diese Gesetzmäßigkeit natürlich bereits auf den ersten Blick völliger Unsinn. Jedes Kind hat immer eine Mutter und einen Vater. Hier etwas heraus zu schneiden, ist also völlig unsinnig. Als Einzelbeobachtung ist so etwas möglich, vielleicht deswegen, weil Kinder gerne mit dem gegengeschlechtlichen Elternteil bestimmte Unternehmungen machen. Doch als allgemeine (und das Gegenteil ausschließende) Aussage ist sie nicht haltbar, weil sie im Aggregat, also in der Gesamtheit, logisch völlig unmöglich ist.
Doch was man hier sehr leicht und auf den ersten Blick bereits erkennt, ist an den Börsen schwieriger. Gegenwärtig haben wir eine leichte Schwächephase an den Aktienmärkten und einen haussierenden Bondmarkt. Und da heißt es überall: Jetzt schichten die Anleger von den Aktien in die Bonds um. So etwas ist jedoch völlig unmöglich wie Söhne, die nur Mütter haben und Töchter, die nur Väter haben. Im Aggregat „passt“ es nämlich nicht.
Einzelne Söhne können durchaus auf Dauer nur mit ihren Müttern gesehen werden (und Töchter mit ihren Vätern) – die andere Seite der Medaille existiert jedoch trotzdem: Jedem Ausstieg am Aktienmarkt muss immer ein Einstieg gegenüber stehen – und jedem Einstieg in den Bondmarkt ein Ausstieg. Einzelne Anleger können also umschichten, das geht. Doch als Gesamtaussage ist so etwas unzulässig, und möglich und dumm.
Mit den besten Grüßen!
Bernd Niquet
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Wenn viele Anleger dasselbe glauben, dann muss dies noch lange nicht bedeuten, dass es stimmt oder wahrscheinlich ist. Das Gegenteil ist oft der Fall.
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