Das Orakel von Oz
Der Investment-Guru Warren Buffett ist immer wieder für Schlagzeilen gut, die Börse stürzt sich für gewöhnlich auf jeden Satz des Meisters. Am Montag gibt es derer viele, denn fünf Tage vor der Quartalskonferenz von Berkshire Hathaway trafen sich die Aktionäre zur Jahresversammlung in Omaha, Nebraska.
Thema Nummer Eins, das Anleger verständlicherweise interessierte: Der Versicherungsskandal um AIG, in dem es auch um Transaktionen mit dem Rückversicherer General Re aus dem Berkshire-Hathaway-Imperium geht. Die laufenden Ermittlungen warfen jedoch nur einen leichten Schatten auf das Anlegertreffen. Grund zu wirklicher Sorge gibt es allerdings auch nicht: Die Behörden haben das „Orakel von Omaha“ jüngst schließlich als Zeugen gehört und nicht auf die Anklagebank gedrückt. Und auch an den im AIG-Fall hinterfragten „nicht-traditionellen Rückversicherungen“ selbst soll nichts falsch sein. Vielmehr scheint AIG die Police nur falsch verbucht und zur Vorspielung nicht vorhandener Vermögenswerte benutzt zu haben.
Anleger von Berkshire Hathaway muss dies nicht kümmern, und so war die Stimmung bei dem zweitägigen Treffen so gelassen wie immer – nicht umsonst beschreiben zahlreiche Insider den jährlichen Event als „Woodstock des Kapitalismus“. Da war es nur passend, dass über dem Tagungsgelände intensive Düfte schwebten: Warren Buffett versorgte seine Investoren am Holzkohle-Grill.
Geistige Nahrung stand dennoch im Vordergrund: Investoren durften Buffett und seinen Vize Charles Munger löchern und manchen Anlagetipp recherchieren. Das Hauptinteresse der Aktionäre – deren Papiere zum Wochenstart übrigens bei 84 850 Dollar für die A-Aktie und bei 2834 Dollar für die B-Aktie stehen – galt indes der Holding selbst:
So wurde über eine mögliche Dividende gesprochen, die mancher Aktionär angesichts eines Cash-Bergs von 43 Milliarden Dollar durchaus begrüßen würde. Geplant ist eine solche Sonderzahlung indes (noch) nicht. Allerdings ist auch nicht klar, wie ernst es Buffett mit seiner Äußerung ist, er finde gerade keine interessanten Anlageziele. Schließlich hatte er das erst vor zwei Monaten in einem offenen Brief behauptet und kurz darauf ein großes Aktienpaket beim Brau-Konzern Anheuser-Busch übernommen. Auch eine Milliarden-Übernahme im Versicherungsbereich soll im Raum stehen, ohne dass Buffett Details geben wollte.
Eine Übernahme ganz anderer Natur interessiert Berkshire Hathaway auch. Warren Buffett nämlich ist mittlerweile 74 Jahre als, und jüngere Manager werden das Szepter eines Tages übernehmen müssen. Drei Personen würden zur Zeit als Anwärter auf den Top-Job gehandelt, so Buffett.
Während deren Namen zu den vielen Geheimnissen des Investment-Gurus gehören, wurde ein prominenter Name am Wochenende dem Management-Team zugefügt: Für Buffetts verstorbene Ehefrau Susan springt Microsoft-Chef Bill Gates ein. Der reichste Mann der Welt gilt dem zweitreichsten Mann der Welt als Nachlassverwalter – und als Schauspielkollege. Zum Rahmenprogramm der Aktionärsversammlung gehörte ein Film in Anlehnung auf den „Zauberer von Oz“. Die Besetzung: Warren Buffett in der Rolle der Alice, Bill Gates als Vogelscheuche, Arnold Schwarzenegger als feiger Löwe und Charles Munger als Blechmann.
Die Vier waren auf der Suche nach dem Zauberer, den kein geringerer als Alan Greenspan verkörperte. Von dem wiederum wird Otto Normal-Anleger am Dienstag hören, wenn die Zinsentscheidung der Notenbank ansteht. Am Freitag wiederum legt Berkshire Hathaway Zahlen vor, Buffett sprach vorab schon von einem „außergewöhnlich guten Quartal“.
Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.
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