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Alt 24-03-2005, 19:42   #534
Benjamin
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Hallo Goldfisch,

Als Antwort auf Deine Frage "Wie wird der Ölpreis?" gibt es für mich - der ich kein Ölpreisexperte bin - mehrere Aspekte: Charttechnische + "Sonstige", wobei die Charttechnischen Dinge in meinem Thread "Ölcharts" zu sehen sind.

"Charttechnisch": Von jetzt an auf Sicht von wenigen Wochen: Runter.
Danach könnte es noch einmal einen Test der alten Hochs geben. Falls das aber nicht passiert, sondern alles schön weiter nach unten korrigiert, dann wohl bis in den Sommer. Danach sollte es wieder deutlich hochgehen.

"Sonstiges": Auf Sicht von 2-3 Jahren rechne ich mit sehr hohen Preisen, höher als 80 Dollar - schon allein, weil der Dollar dann kaum noch etwas wert sein wird + der Bedarf in China, Indien, etc eher noch zunehmen wird.

Es spielt zunehmend eine Rolle, in welcher Währung man Öl bewertet. Leider kenne ich keine Internet-Quelle, wo man den Ölpreischart umgerechnet in Euros, Yen, koreanischen Won oder russischen Rubel sehen kann. Kennst Du so eine Web-Adresse? Falls ja bitte hier posten, ganz wichtig!!!Jedenfalls wird Öl für US-Bürger mit ihren dann stark abgewerteten Dollars sehr teuer werden - und das bei ihrem bislang so sorglosem Umgang mit Energie.

Die Asiaten (auch die Chinesen sollten früher oder später zur Gruppe der Aufwertungsländer gehören) werden es da mit ihren gegenüber dem Dollar aufgewerteten Währungen leichter haben - noch ein Vorteil auf deren Seite. Das wird zu sehr hohen Spannungen in der US-Gesellschaft führen! Bis dahin dürfte in den USA ein Wirtschaftsabschwung eingetreten sein, den ich mir noch gar nicht vorstellen mag. So ziemlich alles ist im Keller: Anleihenkurse, Aktienkurse, der Dollarkurs und die Charts der Kennzahlen der Ökonomen. Gewinner sind die Besitzer von Eigentum in Ländern, deren Währungen aufgewertet haben - Buffet zum Beispiel. Verlierer sind die Bürger in den USA: Selbst deren Häusle ist nicht mehr viel wert. Aber die USA wären nicht die USA, wenn nicht ganz parallel dazu auch viele Ansätze entstehen bzw. weiter entwickelt würden, wie man nachhaltig mit Energie umgeht. Auch bei diesen lobenswerten Ansätzen wird aber nicht die Breite der Bevölkerung an dem Nutzen teilhaben - das ist immer so in den USA: Es gewinnen in dieser "Eigentümergesellschaft" immer nur diejenigen, die geistiges oder finanzielles Kapital haben.

Es gibt für die nächsten ca. 6 Monate in 2005 neben den tatsächlich "ölbezogenen" Gründen noch einen weiteren sehr guten Grund, warum der Ölpreis vermutlich etwas fallen sollte: Bush kann ein neues Abenteurertum im Nahen Osten (Iran) nicht nur nicht in seinem Haushalt finanzieren, er würde zugleich auch seine besten Freunde in der Wirtschaft verprellen. Die wollen billiges Öl, billiges Geld und keine Inflation.

Das ist imo einer der Gründe, warum die Angstprämie aus dem Öl weichen sollte. Jeder kann sich doch an den 5 Fingern abzählen, dass den wirklich wichtigen Entscheidern in Washington jetzt bereits die Zeit für einen Iran-Einsatz davonläuft. Die US-Wirtschaft ist jetzt stark, sie wird aber mit jedem Monat immer sensibler hinsichtlich Zinssteigerungen, Inflationsangst, Jobzuwachszahlen, Kapitalzufluss aus dem Ausland, dass so ein Paukenschlag beim Ölpreis (+ die anderen Sekundärwirkungen) leicht eine Kettenreaktion auslösen würde, sollten derartige Preise lange genug andauern. US-Vermögen würde wieder vernichtet durch fallende Kurse auf dem Häusermarkt und an der Börse. Das will niemand.

Iran wird wohl den Diplomaten "überlassen" werden und kein Fall für die Militärs werden. Mr. Wulfowitz als intellektuelles Haupt dieser ganzen Geschichte hat sich ja inzwischen schon einen anderen Job gesucht - bei der Weltbank. Für mich ein klares Zeichen dafür, dass dieses Iran-Thema durch ist. Zum Glück!

Benjamin

Geändert von Benjamin (24-03-2005 um 20:35 Uhr)
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