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Alt 24-02-2005, 20:16   #172
Starlight
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Dell ist das „meist bewunderte Unternehmen Amerikas“

Beim Computerhersteller Dell gibt es in diesem Jahr einiges zu feiern: Die Firma wird 21 Jahre alt und damit erwachsen, Gründer Michael Dell wird 40 und das Wirtschaftsmagazin „Fortune“ hat Dell Computers soeben mit einer besonderen Ehre ausgezeichnet: Dell gilt als „das meist bewunderte Unternehmen Amerikas“.

Dieser Titel dürfte Dell durchaus einiges bedeuten, immerhin wird die Liste nicht von irgendwelchen Leuten zusammengestellt. Nicht etwa Verbraucher oder Analysten stimmen jedes Jahr darüber ab, wer das meist bewunderte Unternehmen ist, sondern die Chefs in Corporate America. Und die bewundern eine ganze Reihe von Entwicklungen, die Michael Dell, sein heutiger CEO Kevin Rollins und das Unternehmen durchlaufen haben.

Schon dass sich die übrigen CEOs so bewundernd hinter Dell stellen, illustriert die einzigartige Geschichte des Computerbauers. Man erinnere sich nur an die Biographie des Firmengründers. Der hat seinerzeit sein Studium an der Universität von Texas frühzeitig abgebrochen, um Dell zu gründen. Die Kaderschmieden von Corporate America, also die Wharton oder Harvard Business Schools, hatte er nie von innen gesehen. Auch das berühmte Trainingscenter von General Electric nicht, wo zahlreiche Chefs der heutigen Industrieriesen ihr Handwerk unter den Fittichen von Jack Welch gelernt haben.

Michael Dell gilt als Autodidakt, der es acht Jahre nach Gründung seiner Computer-Bastelgruppe in die Fortune-500 schaffte, die Liste der 500 größten Unternehmen Amerikas. In dem erlauchten Kreis fand er sich mit 27 Jahren als jüngster CEO aller Zeiten.

Doch dreht dich die Bewunderung Corporate Americas für Dell nicht nur um die legendären Anfänge der Firma. Im Gegenteil: Ein Blick auf die gegenwärtige Situation verdeutlicht, dass Dell alles richtig gemacht hat, was im nicht immer stabilen PC-Sektor richtig zu machen war. So dominiert das Unternehmen den US-Markt mit einem Marktanteil von gut einem Drittel, während der ewige Branchenriese IBM seinen Computer-Arm gerade an Lenovo verkauft und sich aus dem Geschäft zurückgezogen hat.

Auch andere Konkurrenten sind fast in Vergessenheit geraten: Gateway gehört zu den Namen, die fast nur noch Insider kennen; die Aktie handelt zurzeit bei rund vier Dollar und damit etwa 95 Prozent unter dem historischen Hoch. Compaq ist längst an Hewlett-Packard verkauft worden, wo man seither erkannt hat, dass die Fusion einer hochprofitablen Druckersparte mit einem strauchelnden PC-Hersteller nicht aufging. Der Deal mit Compaq was mit Schuld daran, dass HP-Chefin Carly Fiorina vor einigen Wochen den Hut nehmen musste.

Bewundernswert findet Amerika auch, so geht aus dem Begleittext in Fortune hervor, wie sich Dell von Anfang an auf sein Kerngeschäft konzentriert hatte. Man ließ sich nicht beirren, als Unternehmen wie IBM Milliarden für die Entwicklung eigener Betriebssysteme und Programme riskierten. Im Gegenteil: Dell hatte als Wintel-Entwickler seine Nische gefunden, stur fertigte das Unternehmen Computer mit Windows-Software von Microsoft und mit Intel-Chips – dieser Vertrag wurde erst am Mittwoch dieser Woche wieder verlängert.

Die solide Taktik hat sich ausgezahlt. Dell ist heute Marktführer in PCs in den meisten großen Absatzmärkten. Weltweit kommt jeder sechste Computer mit der blauen Wortmarke mit den schräg gestellten „E“. Und dabei sind Dell und Rollins bescheiden geblieben. In einem Interview mit Fortune sieht Rollins das meist bewunderte Unternehmen noch immer als Underdog.

Man habe schließlich in den letzten drei Jahren auch in neue Bereiche investiert und baue jetzt Server und Speichersysteme, Drucker und Bildschirme und biete IT-Dienstleistungen an. „Und in all diesen Bereichen sind wir nicht Marktführer“, meint der CEO so bescheiden. Und drückt damit unmissverständlich den festen Willen aus, dies bald zu ändern. Und vielleicht ist auch deshalb Dell die Nummer 1 der diesjährigen Liste.

Anhang: Die bisherige Nummer 1 der Fortune-Liste, Wal-Mart, findet sich in diesem Jahr nur noch auf Platz 4. Vor dem weltgrößten Einzelhändler stehen General Electric und Starbucks. Auf den weiteren Rängen in der Top Ten finden sich Southwest Airline und FedEx, Warren Buffetts Investment-Holding Berkshire Hathaway und Microsoft sowie die Konsumriesen Johnson & Johnson und Procter & Gamble.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.
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