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Alt 13-12-2004, 07:17   #8
Starlight
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Dax, Dollar & Glück


Michael Mross, Fernseh-Mann, Börsen-Experte, Weltenbummler und Buchautor, hat sich sein Leben lang mit den Menschen und ihrem Verhältnis zu Geld, Börse und Reichtum beschäftigt. Wir trafen ihn in Berlin.



Instock:
Wie würden Sie das ausklingende Jahr 2004 überschreiben?
Mross:
Es war das Jahr der Vorsicht und der Zurückhaltung an den Börsen. Die meisten Leute haben endgültig das Interesse an Kapitalmärkten verloren. Eigentlich ein gutes Zeichen für den Einstieg. Es war das Jahr des Euros und der Anleihen. Beide „Patienten“ sind ja in der Vergangenheit fast schon für tot erklärt worden. Beide machen sich nun auf zu neuen Rekordständen.

Instock:
Die waren in unseren Gesprächen vor einem Jahr, aber auch noch im April diesen Jahres sehr optimistisch, was die Entwicklung des Dax in Richtung 4.500 Punkte und eines wieder fallenden Ölpreises angeht. In beiden Fällen ist die Realität eine andere. Sind solche Dinge derzeit einfach nicht vorhersehbar?
Mross:
Doch. Ist alles vorhersehbar. Nur den Zeitpunkt kann man nicht immer treffen. Was meine Prognosen angeht: Wir befinden uns auf bestem Weg in Richtung 4500 – vielleicht kriegen wir ja noch eine Jahresendrallye. Das Öl geht in diesem Moment unter die Marke von 40 Dollar (Brent) und ich prognostiziere einem Preis von 30 Dollar und darunter bis Januar 2005. Gute Voraussetzungen also auch für eine Rallye am Jahresanfang.

Instock:
Sie waren auch noch im April relativ optimistisch, was die weltweite Wirtschaftsentwicklung angeht. Wie viel von diesem Optimismus ist noch übrig?
Mross:
Den meisten DAX Unternehmen geht es bedeutend besser als im Vorjahr. Viele DAX Unternehmen weisen sogar Rekordgewinne aus. Es ist denkbar, dass aufgrund eines höheren Euros im nächsten Jahr die Gewinne nicht mehr so kräftig sprudeln. Aber davon geht die Welt nicht unter. Die Lage bleibt schwierig, ist aber nicht aussichtslos. Nach einem Tief kommt immer auch eine Erholung. Ich kann allen Anlegern nur raten, derzeit nicht in den Dollar zu gehen und auch nicht an den US Börsen zu investieren. Es sieht so aus, als wenn wir vor einer grandiosen Abwertungsbewegung des US Dollars stehen. 1,50 ist mein nächstes Ziel. Ist das schlecht für den DAX? Ich meine Nein! Internationale Investoren lieben Länder mit starken Währungen. Das stützt den europäischen Rentenmarkt und auch die Börsen. Nächste Jahr kriegen wir dann wieder Zinssenkungen in Euroland. Das dürfte weitere Impulse setzen?

Instock:
Zinssenkungen im nächsten Jahr?
Mross:
Ja. Nächstes Jahr wird das Jahr der Deflation. Sinkende Ölpreise, schwacher Dollar, Basiseffekte – das alles wird zu sinkenden Preisen führen. Spätestens bei 1,45 Euro wird die EZB die Zinsen senken. Und wenn wir negative Preiseffekte haben, dann geht’s mit den Zinsen noch mal nach unten. Ich habe schon vor Jahren gesagt, dass bei den kurzen Zinsen in Zukunft eine „1“ vor dem Komma steht. Nun, nächstes Jahr werden wir es erleben. Vielleicht wird’s dann zum Ende des Jahres ja sogar eine „1,00“ – verdient hätten es die Europäer. Und eine Inflation wird davon auch nicht losgetreten. Überhaupt sieht es derzeit so aus, als ob alles, was je in Volkswirtschaft gelehrt wurde, falsch ist. Zumindest vorübergehend. Jedenfalls die Geldmengentheorie kann man derzeit ja wohl total vergessen. Ausgerechnet das Land mit der höchsten Geldmenge hat die niedrigsten Zinsen und stöhnt unter Deflation: Japan.

Instock:
Vor einem Jahr sprachen Sie davon, daß Gefühl zu haben, in Deutschland ist zwar etwas in Bewegung gekommen, aber es passiert nicht genug und viel zu langsam. Wie beurteilen Sie die Entwicklung in Deutschland nun rückwirkend?
Mross:
Ich bleibe dabei: Deutschland ist ein guter Turnaround Kandidat – auch wenn die Anpassungsprozesse in Zukunft schmerzhaft sein mögen. Interessanterweise macht auch die Regierung einen immer besseren Job. Wenn auch die Geschwindigkeit der Reformen zu wünschen übrig lässt. Ein Trauerspiel dagegen, was sich die Opposition leistet. Und von der FDP hört man gar nichts mehr. Wenn das so weiter geht, dann wird Schröder auch die nächste Wahl gewinnen. Vielleicht zu Recht.

Instock:
Wagen Sie nach 2004 noch einen Ausblick auf das kommende Jahr?
Mross:
Meine Prognose für 2005: Zinsen gehen auf Rekord Tief. Der Bundfuture läuft in Richtung 130. Der DAX testet die Marke von 5000. Der Dow Jones fällt auf 8000. Der Dollar fällt auf 1,60 zum Euro. Es wird keine größeren Terroranschläge geben. Die Situation im Irak wird sich beruhigen. Das Öl fällt auf 20 Dollar. Menschen, die in Immobilienfonds investiert haben, werden ihr „blaues Wunder“ erleben.

Quelle: Instock
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