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[ Freitag, 01.10.2004, 10:11 ]
Forex-Report: US-Dollar taucht ab
Von Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute morgen bei 1.2420 nahe den in den letzten 24 Stunden markierten Höchstwerten bei 1.2440-45. Der USD verliert gegenüber dem JPY an Boden und steht aktuell bei 110.05.
Der viel beachtete Tankan-Bericht überraschte positiv bei Großunternehmen im verarbeitenden und produzierenden Gewerbe. Dagegen entsprachen die Indices für kleinere Unternehmen und den Dienstleistungssektor nicht den Prognosen. Insgesamt waren die Datenveröffentlichungen aus Japan durchwachsen und hatten auf den Devisenmarkt keinen nachhaltigen Einfluss (siehe letzte Nachrichten).
Gestern überraschte sowohl der „Consumer Survey“ (-13 nach –14) als auch der „Industrial Survey“ (-3 nach –4) der Eurozone per September positiv. Beide Indices legten jeweils um einen Punkt zu. Der Verbraucherpreisindex der Eurozone per September entsprach den Prognosen mit einem leichten Rückgang um 0,1 % auf 2,2 %. Die Daten wirkten für den Euro leicht unterstützend.
Die Daten aus den USA überraschten positiv als auch negativ. Persönliche Einkommen legten im August um 0,4 % zu und entsprachen den Erwartungen. Persönliche Ausgaben waren gegenüber dem Vormonat unverändert und enttäuschten leicht. Der Einkaufsmanagerindex aus Chicago überraschte positiv mit einem markanten Anstieg von 57,3 auf 61,3 Punkte per September. Auffällig ist die hohe Volatilität, die sich in diesem Index spiegelt. Der Datensatz seit Februar diesen Jahres lautet 63,6 – 57,6 – 63,9 – 68,0 – 56,4 – 64,7 – 57,3 – 61,3. Entscheidend ist in diesem Fall, dass die Einzelindices den Anstieg des Gesamtindex überwiegend spiegeln. Der Orderindex zog um 10,7 Punkte auf 68,7 an und war damit der maßgebliche Katalysator des Anstiegs, der Index der Lagerbestände nahm von 61,3 auf 64,2 zu und erreichte den höchsten Wert des Jahres , der Beschäftigungsindex verzeichnete einen leichten Anstieg von 51,1 auf 53,9. Lediglich der Produktionsindex fiel von bisher 61,8 auf 58,4.
Der NY NAPM Report per September konnte positiv überraschen und von zuvor 307,1 auf 310,4 zulegen. Die Einzelindices stehen im diametralen Widerspruch zu dem Gesamtindex. So fiel der Index der gegenwärtigen Konditionen von 59,3 auf 56,6, der Index der Geschäftserwartungen verharrte bei 60, der Index für die Bedingungen für das verarbeitende Gewerbe verlor von 61,2 auf 60,1 und der wichtige Index für die Bedingungen im Dienstleistungsbereich kollabierte von 59,1 auf 52,6. Die
Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe stiegen auf 369.000 nach zuvor 351.000 an. Markterwartungen lagen bei 343.000. Der „Help Wanted Index“ verharrte im August bei einem Wert von 37 nur einen Punkt oberhalb des zyklischen Tiefs, das bei 36 markiert wurde. Beide arbeitsmarktrelevanten Daten enttäuschen damit und signalisieren eine Verschärfung der Situation am US-Arbeitsmarkt. Insgesamt konnten die US-Daten dem USD keine Unterstützung verleihen.
Das Fernsehduell zwischen Präsident Bush und Herausforderer Kerry, das von circa 50 Millionen Zuschauern in den USA verfolgt wurde, wird als ein Patt mit leichten Vorteilen für Kerry gewertet. Einmal mehr stand die Thematik des Irakkriegs im Vordergrund. Nachhaltige Marktwirkung ging von diesem „Event“ nicht aus.
Im Vorwege des G-7 Treffens häufen sich Kommentare von politischen Persönlichkeiten, die sich für berufen halten, ihren Gedanken medial Ausdruck zu verleihen. Das trifft auch auf den IWF Europa Direktor Deppler zu (siehe letzte Nachrichten). Herr Deppler meint, dass der Euro gegenüber dem USD nahe seines Gleichgewichtspreises notiert. In der Praxis der Devisenmärkte bewegen sich Währungen lethargisch oder dynamisch aber selten nahe den von Wirtschaftswissenschaftlern auf welche Art auch immer ermittelten Gleichgewichtspreisen. Zudem existieren sehr unterschiedliche Gleichgewichtspreise von unterschiedlichsten Quellen bei Werten zwischen 1.05 und 1.30. Fakt ist, dass der Konsensus der Finanzmärkte in der Konjunktureinschätzung der USA der Fed und der US-Administration gefolgt ist und nun mit einer anderen Realität konfrontiert ist. Dem ist Tribut zu zollen, indem Positionen der neuen Realität angepasst werden, Gleichgewichtspreise hin oder her! Die Verbalakrobatik eines Herrn Deppler mag den Anspruch medialer Intervention zur Beruhigung der Gemüter genügen, das wars dann aber auch!
Ansonsten zeichnet sich ab, dass das Thema China im Mittelpunkt steht. Wir erwarten nicht, dass China sich unter dem gegebenen Druck auf Konzessionen einer Aufwertung des CNY einlassen wird. Gleichwohl wird China eine Aufwertung in der Zukunft in Aussicht stellen. Damit können alle Teilnehmer ihr Gesicht wahren. Die strukturellen Defizite der USA (Doppeldefizit) werden mit Sicherheit hinter verschlossenen Türen diskutiert. Darauf deuten Einlassungen von Trichet (EZB) oder auch der OECD im Vorwege des G-7 Treffens. In dem Kommunique dürfte „political correctness“ insbesondere Im Hinblick auf die Vorwahlperiode in den USA dominieren. (Zur Kenntnisnahme: „Political correctness“ ist eine Einschränkung der „correctness“ und damit inkorrekt) heute erwarten wir den Einkaufsmanagerindex der Eurozone per September. Analysten prognostizieren einen geringfügigen Rückgang von 53,9 auf 53,7. Nachhaltige Marktwirkung sollte von einer solchen Entwicklung nicht ausgehen.
Aus den USA folgt das Verbrauchervertrauen der Uni Michigan. Hier gehen Marktbeobachter von einem Anstieg um 0,2 Punkte auf 96,0 aus. Eine derartige marginale Veränderung ist wenig geeignet relevanten Markteinfluss auszuüben.
„Construction Spending“ wird mit einem erneuten Zuwachs von 0,4 % per August erwartet. Im Mittelpunkt des Interesses steht der ISM Index für das verarbeitende Gewerbe per September. Analysten gehen von einem moderaten Rückgang von bisher 59,0 auf 58,3 aus. Die Daten der regionalen Einkaufsmanagerindices waren durchwachsen. Entsprechend ist eine relative Stabilität in einer Bandbreite zwischen 58 und 60 realistisch.
Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das unverändert den Euro favorisiert. Um verstärktes Aufwärtsmomentum zu generieren, bedarf es unverändert eines Tageschlusskurses oberhalb von 1.2450. Lediglich ein Unterschreiten der Unterstützung bei 1.2250-80 neutralisiert den aktuell leicht positiven Bias für den Euro.
Folker Hellmeyer ist Chef-Volkswirt der Bremer Landesbank..
Quelle: instock
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Schöne Grüße
OMI
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