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Alt 22-09-2004, 10:35   #314
OMI
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3U-Vorstand im Interview Links
+ hohe Abschreibungen in den nächsten 5 Jahren
+ Verhandlungen über Kosteneinsparungen
+ Aktuell 0,81 Euro


Einen Boden könnten nun die Aktien von 3U Telecom (WKN 516.790, Ticker UUU, ISIN DE0005167902) bei etwa 0,70/0,80 Euro ausbilden. Wir befragten Michael Schmidt, Vorstand und größter Aktionär von 3U, zu den aktuellen Entwicklungen.


DER SPEKULANT:
Im ersten Halbjahr 2004 zeigt das Segmenterberichterstattung für den Telekom-Bereich einen Umsatz von 33,2 Mio. Euro sowie ein Segmentergebnis (EBIT) von -8,0 Mio. Euro. Berücksichtigt man die 7,0 Mio. Euro Firmenwertabschreibungen sowie die 1,4 Mio. Euro weiteren Abschreibungen, so lag das EBIDA bei -0,4 Mio. Euro.
Im Bericht des 1. Quartals finden wir einen Umsatz von 17,4 Mio. Euro und ein EBITDA von 0,5 Mio. Euro. Somit wurde im 2. Quartal bei 15,8 Mio. Euro Umsatz ein EBITDA von -0,9 Mio. Euro erwirtschaftet.
Bitte erläutern Sie uns diese deutlichen Verschlechterungen bei Umsatz und Ergebnis innerhalb nur eines Quartals.

MICHAEL SCHMIDT:
Das EBITDA im Festnetzbereich lag nach 6 Monaten bei 0,91 Mio. Euro, nach 0,53 Mio. Euro im ersten Quartal 2004. Somit hat sich die operative Ergebnismarge von 3 % auf 2,4 % reduziert, was durchaus die Entwicklung des Gesamtmarktes widerspiegelt. Jedoch arbeitet der 3U TELECOM Konzern auch im Festnetzbereich im Gegensatz zu anderen Anbietern nach wie vor profitabel. Als Preis-Leistungsführer mit sekundengenauer Abrechnung fühlen wir uns gut in diesem Markt positioniert. Gleichzeitig sind wir uns der zukünftigen Herausforderungen bewusst, und haben ein 5-Punkte-Programm aufgelegt, um das Unternehmen wieder auf den Wachstumspfad zurückzuführen. Hierzu zählt u.a. die Stärkung der Vertriebsaktivitäten.


DER SPEKULANT:
Wie sehen Sie die Zukunft des Telekom-Bereiches angesichts der Margenschwäche unter der auch Mitbewerber wie Freenet stöhnen?

MICHAEL SCHMIDT:
Der Festnetzbereich wird auch zukünftig ein wettbewerbsintensiver Markt sein. Mit unserem Angebot durch 3U, OneTel und seit August 2004 auch fon4U können wir unterschiedliche Preisstrategien realisieren, die jeweils unterschiedliche Kundensegmente ansprechen. fon4U richtet sich z. B. mit sekundengenauer Abrechnung und anschließendem 4-Minutentakt an Langzeit-Telefonierer, die bei einem sehr kurzen Telefonat gleichzeitig Geld sparen können. Flexibilität in der Anpassung an Kundenbedürfnisse sowie kontinuierliche Innovationen werden daher auch weiterhin gefragt sein, um langfristig erfolgreich agieren zu können.


DER SPEKULANT:
Der Bestand von Preselection-Kunden (bei denen automatisch über 3U telefoniert hat) verringerte sich von rund 200.000 per 31.12.2003 auf aktuell etwa 80.000. Wie ist es zu dieser deutlichen Schrumpfung gekommen?

MICHAEL SCHMIDT:
Die genannten Zahlen beziehen sich auf den gesamten Konzern. Rechnet man die Preselection-Kunden aller 3U Gesellschaften zusammen ergibt sich in etwa eine Zahl von 80.000. Die im November genannten 200.000 Kunden haben sich nicht nur auf Preselection-Kunden bezogen, sondern haben aus heutiger Sicht gesehen auch registrierte Call-by-Call-Kunden mitgezählt. Außerdem muss zwischen aktiven und inaktiven Kunden unterschieden werden. Die 80.000 Kunden können durchweg als aktive Kunden bezeichnet werden. Wir werden jedoch über die eingegangen Vertriebskooperationen mit Quelle und Neckermann den Bestand an Preselection-Kunden weiter ausbauen können.


DER SPEKULANT:
Die Breitband-Sparte erzielte im 2. Quartal 2004 einen Umsatz von 9,6 Mio. Euro, ein EBITDA von 1,6 Mio. Euro und ein EBIT von -2,5 Mio. Euro. Bei 105,7 Mio. Euro Aktiva und davon 86,9 Mio. Euro Anlagevermögen betrugen die Abschreibungen 4,1 Mio. Euro. Können Sie uns näher erläutern welche Vermögenswerte sich in den Büchern von LambdaNet befinden und über welchen Zeitraum markante Abschreibungen (z.B. für Leitungen) anfallen werden?

MICHAEL SCHMIDT:
LambdaNet verfügt über langfristige Sachanlagen in Höhe von ca. 68 Mio. Euro. Hierin enthalten sind neben den technischen Anlagen und Netzen auch aktivierte Leasinggüter (Netzmieten) in Höhe von 32,2 Mio. Euro denen auf der Passivseite Leasingverbindlichkeiten in gleicher Höhe gegenüberstehen (Anmerkung: siehe auch Frage weiter unten). Wir rechnen bei LambdaNet mit jährlichen, planmäßigen Abschreibungen auf das Sachanlagevermögen von ca. 12 Mio. Euro.


DER SPEKULANT:
Wie ist der Stand der Verhandlungen mit dem Vermieter der Datenleitungen über geplante Kostenreduktionen und wie wird sich dies auf das Ergebnis auswirken? Damit verbunden ist auch die Frage: Wann erwarten Sie für LambdaNet ein positives Nettoergebnis?

MICHAEL SCHMIDT:
Die Verhandlungen sind zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen, so dass wir diesbezüglich noch keine Angaben machen können. Bitte haben Sie hierfür Verständnis.


DER SPEKULANT:
Warum sind in der Konzernbilanz die Aktiven Rechnungsabgrenzungsposten und sonstigen Vermögensgegenstände von 9,0 Mio. Euro per 31.12.2003 auf 30,0 Mio. Euro explodiert?

MICHAEL SCHMIDT:
Dies liegt im Wesentlichen an der erstmaligen Konsolidierung von LambdaNet. An dieser Stelle muss man gleichzeitig zwischen langfristigen und kurzfristigen Vermögensgegenständen und Rechnungsabgrenzungsposten differenzieren. Der überwiegende Teil, nämlich 25,5 Mio. Euro fällt auf kurzfristige Posten. Dieser untergliedert sich in etwa hälftig auf 3U und LambdaNet. Bei LambdaNet handelt es sich bei den Rechnungsabgrenzungen um Mieten für Glasfasernetze in Höhe von 4,7 Mio. Euro und sonstige Forderungen in Höhe von 8,7 Mio. Euro, die sich in diesem Jahr voraussichtlich noch ausgleichen werden. Bei 3U enthalten die Rechnungsabgrenzungen im wesentlichen bereits entrichtete Netzmieten in Höhe von 7,5 Mio. Euro.


DER SPEKULANT:
Im Halbjahresbericht ist der Posten 'Langfristige Leasingverbindlichkeiten' mit 31,5 Mio. Euro einer der größten auf der Passivseite der Bilanz. Können Sie uns diese sehr umfangreichen Leasinggeschäfte der 3U-Tochter LambdaNet näher erklären?

MICHAEL SCHMIDT:
Es handelt sich hierbei um einen langfristigen Mietvertrag für das Glasfasernetz, der über eine Laufzeit von 20 Jahren verfügt. Diesen Leasingverbindlichkeiten stehen auf der Aktivseite die aktivierten Mietaufwendungen in gleicher Höhe gegenüber, so dass es sich um eine reine Bilanzverlängerung und weniger um Verbindlichkeiten handelt. Nach den US-amerikanischen Rechnungslegungsgrundsätzen US-GAAP sind wir verpflichtet, diese Position in dieser Form auszuweisen.


DER SPEKULANT:
Gibt es von der 3U Telecom AG oder einem anderen Unternehmen des 3U-Konzerns Haftungen für Verbindlichkeiten von LambaNet?

MICHAEL SCHMIDT:
Im Zuge der Übernahme von LambdaNet hat 3U sowohl Aktiva als auch Passiva in die Bilanz übernommen. Somit wird der 3U-Konzern die Verbindlichkeiten planmäßig tilgen, diesen stehen gleichzeitig auch die Sicherheiten im Anlagevermögen gegenüber.


DER SPEKULANT:
Werden von 3U im Moment noch weitere Akquisitionen überlegt, oder ist dieses Thema vorderhand abgehakt?

MICHAEL SCHMIDT:
Es gibt momentan keine konkreten Pläne. Bietet sich jedoch eine attraktive Gelegenheit, so wird 3U auch zukünftig die Chancen nutzen, um sich weiter als Komplettanbieter im Telekommunikationsmarkt zu etablieren.


DER SPEKULANT:
Wie sehen Sie die weitere Entwicklung des 3U-Konzernes im laufenden Geschäftsjahr und wie schätzen Sie derzeit den fairen Wert des Unternehmens ein?

MICHAEL SCHMIDT:
Wir sehen uns durch die Übernahme von LambdaNet gestärkt, um speziell im Segment Breitband/IP margenstärkere Produkte anbieten zu können, die sich nach erfolgreicher Markteinführung positiv auf den weiteren Geschäftsverlauf auswirken sollten. Hierzu zählen u.a. DSL-, VoIP- (Internettelefonie) und VPN- (Virtual Private Network) Produkte. Die Einschätzung über den fairen Wert des Unternehmens möchten wir allerdings den Marktexperten überlassen.


Fazit

Im Interview mit dem 3U-Vorstand sieht man erstmals recht deutlich die Sonnen- und die Schattenseiten des LambdaNet-Kaufes: Einerseits sollte sich die Breitband-Sparte angesichts des wachsenden Marktes gut entwickeln und Kosteneinsparungen bei den Leitungen könnten die Marge verbessern. Im Q2/2004 lag der Umsatz bei 9,6 Mio. Euro und das EBITDA bei 1,6 Mio. Euro. Allerdings werden scheinbar in den nächsten 5 Jahren jährliche Abschreibungen von etwa 12 Mio. Euro nötig sein. Somit könnte es durchaus sein, dass der gesamte 3U-Konzern in den nächsten 5 Jahren kontinuierlich einen Nettoverlust ausweisen muss, auch wenn es bereits einen ordentlichen operativen Cash-flow gibt. Dividenden wären in absehbarer Zeit dann aber dennoch nicht zu erwarten.

Die Aktien bleiben somit kurzfristig ein Spielball für Trader. Sie werden wohl je nach Kursentwicklung der anderen deutschen Telekom-Aktien bzw. je nach Meldungslage nach oben oder nach unten schwanken. Langfristig orientierte Anleger sollten weiter investiert bleiben, denn spätestens nach Ablauf der Abschreibungen ab Geschäftsjahr 2009 sollte die Firma wieder deutliche Nettogewinne erzielen können. Entwickeln sich Telekom- und Breitband-Sparte nur einigermaßen nach Plan, sind die Aktien dann extrem interessant.

Quelle: der Spekulant
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Schöne Grüße
OMI
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