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Alt 18-06-2010, 07:42   #1029
cade
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mal ne externe meinung von silvia quandt research zum thema inflation oder deflation. we all guess !

DGAP-News: Silvia Quandt & Cie. AG, Merchant & Investment Banking:
17.06.2010, 18:09:27

Silvia Quandt & Cie. AG, Merchant & Investment Banking / Sonstiges

17.06.2010 18:09

Veröffentlichung einer Corporate News, übermittelt durch die DGAP - ein Unternehmen der EquityStory AG. Für den Inhalt der Mitteilung ist der Emittent / Herausgeber verantwortlich.

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Silvia Quandt Research GmbH I Bernhard Eschweiler I eschweiler@silviaquandt.de I +49 69 95 92 90 93 51 I www.silviaquandt.de

- Inflation gegen Deflation und die Lehren aus der Geschichte

- Der deutsche Sparroman geht weiter

- Chinas Führer wissen es besser als der Aktienmarkt

Auf die richtige Politikmischung kommt es an

Volkswirte sind noch immer uneins, ob die OECD Länder, besonders in Europa, sich in Richtung Inflation oder Deflation bewegen. Der grobe Konsens einer Umfrage unter prominenten Volkswirten durch das Economist Magazin war, dass Deflation die kurzfristige Gefahr ist, Inflation aber das Langzeitproblem sein wird. Anglo-Amerikanische Volkswirte sorgen sich mehr um Deflation, während Volkswirte in Europa, besonders Deutschland, in Inflation die größere Gefahr sehen. Dementsprechend unterschiedlich sind die Politikempfehlungen. Die einen drängen auf eine Rückführung der geldpolitischen Sondermaßnahmen, während die anderen vor voreiligen Sparmaßnahmen warnen.

Die Zukunft wird zeigen wer Recht hat, aber ein Déjà-vu wird es nicht geben. Die unterschiedlichen Ansichten sind von der deutschen Hyperinflations-erfahrung nach dem 1. Weltkrieg und der Großen Depression geprägt. Beide Episoden beinhalten wichtige Lehren, aber diesmal läuft es wahrscheinlich anders. Die Hyperinflation war das Resultat sehr laxer Fiskal- und Geldpolitik, die mit der vollen Monetarisierung der Schulden endete. Die Große Depression, im Gegensatz, war das Resultat eines finanz- und geldpolitischen Aderlasses in Reaktion auf die Aktienkrise. Beide Episoden waren auch von extremen Beziehungen zwischen Regierungen und Zentralbanken charakterisiert. Die Reichsbank, zum Beispiel, war während der Hyperinflation de facto der Regierung unterstellt, während sie zur Zeit der Großen Depression vollkommen unab-hängig und, manche sagen, nicht sehr kooperative war.

Das momentane 'post-bubble deleveraging' deutet mehr Richtung Deflation als Inflation. Die Finanz-rettungspakete, Konjunkturprogramme und geld-politischen Maßnahmen bezeugen aber, dass viel aus der Großen Depression gelernt wurde. Das alleine macht

eine Wiederholung der Großen Depression unwahr-scheinlich. Die Lehren aus der Hyperinflation sind aber auch nicht vergessen. Immer größer werdende Defizite sind unhaltbar und eine Monetarisierung der Staats-schulden ist politisch nicht akzeptiert. Darum fangen die Staaten jetzt an ihre Haushalte zu konsolidieren, und das ist richtig so. Sparen ist allerdings negativ für das Wachstum. Für Zentralbanken bedeutet das Gegen-steuern, und mag sogar zu noch mehr 'Quantitativen Easing' führen, besonders in Europa.

Die Hauptlehre aus beiden Episoden ist, dass gleich-zeitiges finanz- und geldpolitisches Lockern oder Straffen auf die Dauer nicht haltbar sind und respektive entweder zu Inflation oder Deflation führen. Der richtige Mittelweg für die momentane Situation ist ein Mix von Finanzkonsolidierung und lockerer Geldpolitik. Bleibt nur zu hoffen, dass die Politik die Zeit nutzt, um die eigentlichen Strukturprobleme zu lösen. Sonst wird Europa ein zweites Japan

Unter Finanzstraffung und lockerer Geldpolitik werden die Renditen von Staatsanleihen niedrig bleiben. Zehn-jährige Bundesanleihen könnten unter 2% fallen. Währungen wie der Euro werden schwach bleiben, besonders gegenüber Schwellenländern. Das ist gut für die Gewinne von Exportunternehmen. Geringe Anleihe-renditen und vielleicht höhere Gewinne bedeuten, dass Aktien unterbewertet sind. Was fehlt ist Vertrauen in den Market und das wird sich nicht so schnell einstellen angesichts der politischen Unsicherheiten um den Euro.

Zurück zum Reißbrett

Das EUR80 Milliarden Sparpaket der Regierung war in einer Hinsicht erfolgreich: es hat dem Rest von Europa gezeigt, dass Deutschland es beim Sparen ernst meint. Leider hat das Sparpaket innerhalb Deutschlands nicht den gleichen Effekt gehabt. Kritik kommt nicht nur von der Opposition, sondern auch von Interessengruppen, die der Regierung traditionell nahe stehen. Viele bemängeln, dass das Sparpaket sozial nicht ausgeglichen ist und es an greifbaren kurzfristigen Einsparungen fehlt. Viele Maßnahmen sind zu vage und sollen erst in einigen Jahren greifen.

Die Silvia Quandt Ansicht ist, dass das Sparpaket das Ziel, das strukturelle Defizit auf fast Null bis 2016 zu drücken, um bis zu EUR40 Milliarden verfehlt. Dies reflektiert sowohl eine Unterschätzung der Finanzierungslücke über die nächsten Jahre als auch Fehlbeträge im Sparpaket. Bis nach den Sommerferien wird nicht viel passieren, aber eine zweite Sparrunde ist vorprogrammiert. Die Regierung versucht bisher Steuererhöhungen zu vermeiden. Das ist richtig aber politisch nicht wahrscheinlich. Die Stimmen aus der Koalition für Steuererhöhungen werden immer lauter. Der Streit verspricht hitzig zu werden und könnte die Koalition zum Scheitern bringen. Der Kompromiss könnte aber auch heißen: Umsatzsteuererhöhung plus höhere Einkommens- oder Vermögenssteuern für Wohlhabende.

Chinas Aktienmarkt und die Wirtschaft

Als ob die Probleme in Europa noch nicht groß genug sind, müssen sich die Finanzmärkte auch noch um China sorgen, das zur Weltkonjunkturlokomotive geworden ist. In Reaktion auf die Immobilienblase hat die chinesische Regierung das Konjunkturprogramm zurückgeschraubt. Der chinesische Aktienmarkt hat sofort reagiert und ist seit März um mehr als 20% gefallen. Bedeutet das, dass die chinesische Konjunkturlokomotive deutlich an Dampf verlieren wird? Wer glaubt der Aktienmarkt hat die richtige Antwort sollte nochmal hinschauen.

Chinas Aktienmarkt ist ein schlechter Prophet für die zukünftige Wirtschaftsentwicklung. Die Wirtschaft beschleunigte zum Beispiel zwischen 2001 und 2005, der Aktienmarkt aber fiel kontinuierlich. Ende 2006 und 2007 holte der Markt stark auf, übertrieb es jedoch und musste fast alle Gewinne mit der Finanzkrise wieder aufgeben.

Der Aktienmarkt ist auch ein schlechtes Instrument, um an Chinas Erfolg zu partizipieren. Während die Wirtschaft in den letzten zehn Jahren real 10% pro Jahr wuchs, schaffte der Aktienmarkt nur 9% nominal. Die schwache Leistung des Aktienmarkts hat viel mit seiner Kultur zu tun, die eher einem Casino gleicht. Es reflektiert aber auch die Dominanz der Banken und anderer Staatsunternehmen im Markt, die mehr für politische Ziele als zur Profitmaximierung genutzt werden.

Wenn nicht im Aktienmarkt, wo sonst sollte man nach Richtungszeichen suchen? Antwort: Chinas Führer. China ist in vieler Hinsicht ein Buch mit sieben Siegeln, aber die wirtschaftlichen Richtungsangaben der Führung sind verlässlich. Als 1994 Wachstum und Inflation im zweistelligen Bereich waren, prophezeite die Führung ein 'Softlanding'. Niemand im Westen hielt dies für möglich, aber es ist passiert. Während der Asienkrise glaubten alle, China müsse abwerten, aber die Staatsführung sagte nein und nichts passierte. Nach dem Platzen der Dot-com Blase drohte China in Deflation zu versinken, aber die Regierung kurbelte die Ausgaben an. Ähnliches passierte auch in der Finanzkrise.

Man sollte nicht alles glauben was Chinas Führer sagen, aber sie haben noch immer viel Kontrolle über die Wirtschaft. Deshalb ist es auch wahrscheinlicher, dass China auf dem Wachstumspfad bleiben wird. Irgendjemand muss nur für die Blasenexzesse zahlen. Das könnten die Staatsbanken sein, in welchem Fall der Aktienmarkt doch nicht ganz falsch liegt.

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viele grüsse

cade
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