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Alt 08-04-2004, 18:08   #307
Benjamin
TBB Family
 
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Beiträge: 10.373
Hi,
immer noch die "muntere Raterei" der letzten Tage imo.
Die paar Stimmen von Ökonomen, die ich gehört bzw. gelesen habe, sind sich uneins.

Herr Redeker aus dem Hause BNP Paribas und andere vertreten die These, dass die letzten US-Arbeitsmarktzahlen sich bei der nächsten Veröffentlichung nicht so hoch wiederholen werden, die entsprechenden Zahlen also enttäuschen werden. Zudem zweifeln sie an, dass die EZB die Zinsen senken und die US-Fed die Zinsen erhöhen wird und verweisen u. a. darauf, dass die Marktstimmung so Euro-nagativ sei wie schon seit "ewigen Zeiten" nicht mehr, also es in den nächsten Wochen an der Zeit sei, die ganzen Euro-Shorts im Markt aufzuräumen. Beide o. g. Zinsänderungen seine heute bereits voll im EUR/USD-Kurs eingepreist, die Märkte seien in dieser Hinsicht wieder einmal weit vorausgeeilt, man sei also extrem anfällig für konjunkturenttäuschende Daten. Zitat: "Es gibt keine Alternative zu einem schwachen Dollar", sagte Hans Gunter Redeker, Chef der Devisenstrategie von BNP Paribas. "Zugrunde liegen ein riesiges US-Außenhandelsdefizit und ein Wirtschaftswachstum auf Pump. Bald müssen die Amerikaner ihren Haushalt konsolidieren", sagte Redeker. "Und es gibt nicht mehr viel, mit dem sie die Wirtschaft dann noch stimulieren können." Kurzfristig erwartet er jedoch einen Euro-Kurs von 1,1950 $. Zitatende.
Redeker's Kursziel deckt sich ziemlich gut mit meiner Fibro-Abschätzung, siehe unter http://www.traderboersenboard.de/sho...313#post111313
Bei rund 1,198 waren wir doch erst am 6. 4. 04. War's das bereits gewesen?

Mein Fazit daraus: Bottom für Euro evtl. unmittelbar nach Veröffentlichung der kommenden US-Arbeitsmarktzahlen in ca. 3 Wochen - falls diese tatsächlich unter etwa 150000 liegen sollten. Vermutlich oberhalb der 1,1860. Davor läuft ohnehin das nächste G7-Treffen, wo die USA den Dollar werden - indirekt - abschwächen wollen. Die US-Aktien würden voraussichtlich im April oder Mai ihr Top für 2004 sehen, falls dies nicht schon gesehen wurde; US-Anleihen seien auch unattraktiv, also warum sollten die für eine Dollarkonstanz notwendigen 1,5 Mrd US-$ täglich in die USA fließen, wenn die Asiaten (vor allem die BoJ) das Ausmaß ihrer Interventionen allmählich herunterfahren und also weniger US-Anleihen kaufen?

Die andere Ökonomenschule sagt, nach der letzten US-Arbeitsmarktzahl muss von einer Trendwende ausgegangen werden, die US-Ökonomie entwickelt gerade noch rechtzeitig eine selbsttragende Dynamik, die längerfristig anlageattraktiv ist, also sie gehen von EUR/USD-Kurszielen von ca. 1,10 (u. U. tiefer) aus. Danach dann langer Euroaufstieg auf 1,35 und darüber, wohl in 2005.

Also, falls die 1,1860 brechen, dann haben wir voraussichtlich ein Trendwende nach Elliott - es sei denn, die ganze Aufwärtsbewegung seit 1,07xx (Beginn der übergeortneten Welle 5 des mehrjährigen Impulses) war nur die dreiwellige a-Welle eines riesigen Ending Diagonal Triangles, dessen b-Welle (in der wären wir gerade) unter die 1,1860 gehen darf, ohne das Muster zu gefährden, dass in einer endlosen Wackellei über mehrere Monate grundsätzlich nach oben zeigen würde. Mein Problem damit: Die Zeit für diese Welle 5 wäre voraussichtlich arg lang im Verhältnis der übrigen Wellen-Zeiten. Also insgesamt möglich, aber unwahrscheinlich, weil unharmonisch - imo.

Mich verwirrt derzeit auch der Gold-Kurs, der kriesenbedingt sich schon seit einer Weile vom Dollarkurs abgekoppelt hat und gerade in den letzten Zügen seiner Welle 5 liegt. Dort sehe ich jetzt nach Elliott 2 Möglichkeiten:
Entweder ist die langfristige Impulsbewegung jetzt - jedenfalls recht bald - vorbei. Dann ginge es langfristig - wohl über Jahre - in eine Korrektur und deflationären Zeiten entgegen.
Oder wir erleben gerade nur das Ende der Unterwelle 1 einer sich künftig dehnenden übergeortneten Welle 5. Letzteres ist bei Rohstoffen häufig zu beobachten. In dem Fall gäbe es demnächst nur eine begrenzte Korrektur (Welle 2 der 5), und dann würden wir eine um so heftigere Aufwärtsbewegung sehen (Welle 3 der 5); die Leute mit Gold-Long-Hebelprodukten würden über viele Monate jubeln. Vermutlich sähen wir parallel eine Mischung aus weltpolitischen Kriesen und Furcht vor künftiger Inflation.

Der Punkt: In beiden Fällen sollte es nach dem unmittelbar anstehenden Top erst einmal wieder tüchtig herunter (die o. g. Subwelle 2 der 5; z. B. weil die Irak-Situation sich nicht räumlich ausdehnt). Ist diese absehbare Abwärtsbewegung des Goldes nach einem Top (irgendwann in den nächsten Tagen/Wochen) dann als Vorbote einer Dollaraufwertung zu sehen? Oder bleiben Gold und Dollar entkoppelt?

Also, mein Gold-Long ist gestern verkauft worden (weil ich das Top der 5 bzw. der 1 der 5 nach Elliott recht nahe sehe; leider kann auch diese Welle sich in ihrer Subwave 5 dehnen (eine Leidenschaft bei Rohstoffen!!!), dann wäre ich blöderweise viel zu früh ausgestiegen und hätte zusätzlichen Gewinn verpaßt), EUR/USD bin ich nicht engagiert, derzeit versuche ich mein Glück eher mit anderen Währungspaaren (Euro-Yen, Euro-Pfund) und mit asiatischen Aktien, bei denen viele - imo - in ihrer letzten Welle 5 sind. Also man muß sich darauf einstellen, dass Ende April/irgendwann im Mai bei vielen Aktien ein mittelfristiges Top erreicht sein wird (Elliott deckt sich hier mit "Sell in May and go away!"). Na, dann dürfte wohl für den Rest von 2004 auch einiges mit Aktien- bzw. Index-Shorts zu verdienen sein. Das muss sich aber erst noch weiter entwickeln und bestätigen und nicht vorschnell übers Knie gebrochen werden.

Schöne Ostern!
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Beste Grüße, Benjamin

Geändert von Benjamin (12-04-2004 um 17:46 Uhr)
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