so sieht es Prof. Norbert Walter
zum thema pessimismus:
Mein Gott, welch ein Fehlstart in das Jahr 2005. Hiobsbotschaften von der Konjunktur, über das Weihnachtsgeschäft. Niederschmetternde Zahlen von der Arbeitslosenfront. Lohnspirale nach unten. Kürzungen wohin man sieht. Privatkonkurse auf Stratosphärenniveau. Nervöse Unternehmenschefs, hilflose Politiker. Prognostiker Arm in Arm beim Abwärtsrevidieren ihrer schon schwachen Prognosen. Eine Nation beim Löffel abgeben. Aber halt! Gibt es da nicht ständig Unternehmensnachrichten, die überraschende Erfolge dokumentieren. Beim Export steigt im Januar 2005 der Lastwagenexport um mehr als ein Fünftel im Vergleich zum Vorjahresmonat. BASF und andere melden Umsätze und Gewinne selbst über den Erwartungen optimistischer Analysten. Da sind die deutschen Stahlkocher vor Stolz kaum wieder zu erkennen. Da gibt es bei der Inflation zwei Quartale hintereinander Meldung über kompletten Exit. Und da bleiben die Aufträge nach einem nie da gewesenen Anstieg im Dezember auch im Januar 2005 auf richtig hohem Niveau. Und da steigt im Januar die Industrieproduktion nach fast 1 Prozent im Dezember um volle 3 Prozent. Im Vorjahresvergleich landen wir damit bei einem Zuwachs von gut 3 Prozent. Wo bleiben die Kommentare über diese Erfolge? Wie kommt es, dass die Deutschen die Wahrnehmung ihrer Erfolge komplett verweigern? Sind wir alle Psychopaten? Und wie kann man sich den lemminggleichen Eifer der Prognostiker auf dem Weg nach unten erklären? Nun ja, wenn man die Zahlen für die Sozialproduktentwicklung für 2004 für bare Münze hält, haben wir das Jahr 2005 ohne „Überhang“ begonnen. Das heißt, das Sozialprodukt war am Jahresende nur so hoch wie im Jahresdurchschnitt. Wer deshalb - wie ich - 2% Wachstum für 2005 für möglich hält, muss im Durchschnitt für 2005 von Quartal zu Quartal - nach Adam Riese – ein Wachstum von 4 Prozent erwarten. Und dies ist, das ist einzuräumen, nach all den Stagnationsjahren starker Tobak, insbesondere im Angesicht hoher Ölpreise und eines sehr teuren Euro. Aber warum sollte der Investitionsboom in der Weltwirtschaft uns Deutsche nicht noch einmal mit Pfeffer zum Exportweltmeister machen, warum sollten deutsche Unternehmen nicht 2005 ihren reichlichen Cash Flow zu einer kräftigen Investitionsaufstockung zur Modernisierung nutzen? Warum sollten fortgesetzt niedrige Zinsen nicht den Ersatzbedarf bei langlebigen Gebrauchsgütern anregen? Wieso eigentlich sollten nicht überfällige staatliche Investitionsprojekte als Public Private Partnerships rasch auf den Weg gebracht werden? Warum würde ein Unternehmer auf wirtschaftlichpolitische Klarheit setzen, wenn es sie vor Frühjahr 2007 ohnehin nicht gibt? Vielleicht sogar auch danach nicht. Wer als Unternehmer „zur Sicherheit“ bis Frühjahr 2007 warten will, wird vielfach in unserer schnelllebigen Zeit von der Konkurrenz weit überholt sein. Er braucht dann nicht mehr seine Zukunft zu gestalten, sie ist dann bereits vorbei. Wetten, dass die Deutschlandprognosen ab Ostern nach oben revidiert werden! quelle: deutsche bank |
Energiepreis - Menetekel an der Wand? Jetzt haben wir es amtlich. Die Verteuerung von Öl und insbesondere Benzin treibt die Inflation. Im September und Oktober hat die Inflationsrate die Marke von 2 Prozent in Deutschland klar überschritten. Dies ist nicht das Ende der Fahnenstange: Denn nur bei Benzin und Heizöl gibt es zeitnahe Anpassungen an die Preisbewegungen an den Rohölmärkten. Bei Gas und Strom ist diese Preiserhöhung zeitverzögert. Damit blüht uns auch noch ins Jahr 2006 hinein eine Belastung unserer Budgets. Und die Hurrikansaison ist noch nicht vorbei. Auch gibt es plausible Berichte, dass die Haushalte wegen der im ganzen Sommer hohen Preise recht wenig Heizöl gekauft haben. Dies könnte sich nun rächen und einen eigenständigen Preisschub beim Heizöl auslösen. Wie dürfte es mit den Energiepreisen weitergehen und welche wirtschaftlichen Folgen sind zu erwarten? Da die Effekte vermutlich gravierend sind, was werden die wirtschaftspolitischen Instanzen hier und andernorts tun? Anders als bei der Ölpreisexplosion in den 70er Jahren erwartet man diesmal keine Rezession. Meist wird die Erwartung weniger dramatischer Folgen darauf zurückgeführt, dass der Ölpreisansteig diesmal nicht Folge einer Angebotsverknappung ist, sondern praktisch allein als Konsequenz einer sehr starken, nachhaltigen Expansion der Energienachfrage. Trotz mehrjähriger Verteuerung von Öl, 2005 besonders massiv mit über 20 $ je Fass, laufen die Motoren der Weltwirtschaft auf praktisch unverändert hoher Tourenzahl. Auch Schwellenländer in Lateinamerika und Mittel- und Osteuropa blieben in einem robusten Aufwärtstrend. Selbst Japan gelang der Ausbruch aus der Stagnation. Zugegeben, Europa krebst und dies obwohl die Exporte nach wie vor die Wirtschaft solide stützen. Aber nunmehr beginnen die Effekte zu „beißen“. Wenn Amerikaner für die Gallone Benzin 3 Dollar zahlen müssen, bricht für viele die Welt der Sport-Utility- Vehicles zusammen. Und die Air-Condition im Sommer und die Heizung im Winter bei schlecht schließenden Fenstern wird zum Dollargrab. In vielen Schwellen- und Entwicklungsländern können die Regierungen die Subventionen für Energie nicht mehr fortsetzen; denn die Haushaltslöcher, die diese Preissubventionen rissen, sind gigantisch und nicht durchhaltbar. Wir alle haben die auf die Preisanpassung folgenden Demonstrationen etwa in Indonesien wahrgenommen. Also jetzt rezessive Folgen der Ölpreissteigerung? Zuerst einmal, was sich in den letzten beiden Jahren bei den Energiepreisen ereignet hat, entspricht der Wirkung nach einer 3%igen Mehrwertsteuererhöhung bei den Ölverbrauchsländern. Das ist kein Pappenstiel. Und es ist offenkundig besonders schmerzhaft für die, deren Wachstumsdynamik nicht wie in den USA, Indien und China groß ist, sondern wie bei uns in Europa und Deutschland nicht vorhanden ist. Hier geht die Belastung entsprechend direkt auf die Knochen. Aber bevor spiralartige Prozesse nach unten als Folge dieser Ereignisse als unvermeidbar angesehen werden: Es gibt Gegenkräfte: Erstens, da seit einiger Zeit geglaubt wird, dass Energie nicht bald wieder billig sein wird, kommt es bei Öl und Gas, aber auch Kohle, Kernenergie, Biomasse, Wind- und Solarenergie zu kräftigen Anstiegen der Investitionen. Dies stärkt die Ausweitung des Energieangebots. Zweitens, die nachhaltig erhöhten Preise sorgen für Energieersparnis. Energiesparende Autos gewinnen Marktanteile und generell wird mit natürlichen Ressourcen besser gehaushaltet. Die Nachfrage sinkt. Drittens gewinnen die deutschen Anbieter zusätzlichen Absatz in Ländern, die Energie exportieren. Dies gilt für Norwegen, Russland, aber auch für den Nahen Osten und einige Länder Afrikas. Nicht unbedeutend ist zudem, dass deutsche Unternehmen oftmals Güter exportieren und für den heimischen Markt liefern, die besonders energiesparend sind (Wäschetrockner, Heizkessel) und Produkte für die Gewinnung regenerativer Energie herstellen. Aus dieser Kombination von Faktoren resultiert zwar nicht, dass Deutschland von hohen Ölpreisen profitiert. Aber der Energiepreisanstieg ist gesamtwirtschaftlich für Deutschland bei weitem nicht so nachteilig wie eine isolierte Betrachtungsweise der erhöhten Ölrechnung vermuten lässt. |
Norbert Walter
Energiepolitik in den USA - modernes Antiquariat? In vielen Bereichen sind die USA absolute Weltspitze. Auch im Ölverbrauch. Sie benötigen fast achtmal soviel wie Deutschland, haben aber nur ein Dreifaches der deutschen Bevölkerung. Und sie sind abhängig vom Erdöl, so abhängig wie kein anderes Land der Welt. Deshalb richten sie ihre Energiepolitik seit Jahren strategisch an der Erschließung neuer Märkte, beispielsweise in Westafrika oder im Nahen Osten aus. Prinzipiell streben die USA ähnliche energiepolitische Ziele wie die übrigen Industrieländer an. Sicherheit und ökologische Nachhaltigkeit stehen oben auf der Agenda. Doch Wirtschaftlichkeit steht in den USA eindeutig im Vordergrund. So werden im Konfliktfall die Umweltinteressen hintangestellt. Antiquierte Energiepolitik, meinen deshalb die Europäer, und wissen nicht so recht, ob sie die Amis auslachen sollen, oder ob ihnen das Lachen dabei im Halse stecken bleibt. Denn die Erderwärmung hat längst begonnen. Das stärkste Hurrikanjahr aller Zeiten, 2005, hat bei den Amerikanern vor der eigenen Haustüre gekehrt. Doch das Kyoto-Abkommen ratifizieren die USA auch weiterhin beharrlich nicht. Warum? Sie berufen sich auf die minimale Temperatursenkung des globalen Klimas von 0,03 Grad, die die Umsetzung des Kyoto Protokolls bewirken würde und auf die boomenden Schwellenländer, die den eigenen Energieausstoß zunächst nicht mindern müssen. In Europa werden seit langer Zeit fleißig Gebäude isoliert, Filteranlagen in Fabriken einbaut, Autos mit geringem Verbrauch produziert, Benzin besteuert und sogar im privaten Bereich Energiesparlampen installiert. Die amerikanische Gesellschaft aber ist auf billige Energie getrimmt. Für Nachhaltigkeit im Energiesektor und für deren Förderung wird nur wenig Geld ausgegeben. Denn die Gesellschaftsphilosophie der USA basiert darauf, dass billige Energie ein Grundrecht ist. Und so schockiert es nur europäische Ohren, wenn Vizepräsident Cheney öffentlich äußert, dass Energiesparen vielleicht eine persönliche Tugend sei, aber nicht die Grundlage für eine umfassende vernünftige Energiepolitik. Doch die Amerikaner finden dies strategisch clever: kurzfristige und teure Emissionssenkung wird vermieden. Wunsch der Regierung ist es stattdessen durch die Entwicklung neuer Technologien eine größere Senkung der Emissionen möglich zu machen - und dies zu niedrigeren Preisen. Erste Schritte hierfür sind bereits getan. So sind die USA weltweit auf Platz 2 bei der Produktion von Ethanol und auf Platz 3 bei der Produktion von Solarzellen. Das klingt wirtschaftlich sinnvoll durchdacht, ist aber ein Spiel mit dem Feuer. Katrina und Rita haben es den Amerikanern gezeigt: die globale Erwärmung ist da. Sicher können wir hoffen, dass Zukunftstechnologien uns den Weg weisen, um in ein paar Jahren richtig viel Energie zu sparen und das auf eine effiziente Weise. Vielleicht ist es ungefährlich, jetzt viele Ressourcen zu verbrauchen und gute Gewinne einzufahren, um später mit enormem Potential einzusparen. Aber Sicherheit darüber gibt es nicht. Wenn man nicht weiß, wann mit dem Sparen begonnen werden muss, möchte ich es lieber mit Dagobert Duck halten und früh Reserven bilden. Deshalb sollte sich die amerikanische Bundesregierung lieber die Initiativen einzelner Bundessaaten zu Herzen nehmen. Diese werden zwar bei der europäischen Energieschimpfe auf die USA häufig ignoriert, haben aber einiges vorzuweisen: so hat doch der am stärksten bevölkerte Bundesstaat Kalifornien schon mit seiner als 'California Effect' bezeichneten Abgasgesetzgebung ein positives Stück Regulierungsgeschichte geschrieben. Europa kann sich in punkto Wirtschaftlichkeit und strategischer Ausrichtung ein Beispiel an der Energiepolitik der USA nehmen. Doch die Amerikaner dürfen die Nachhaltigkeit nicht weiterhin so notorisch vernachlässigen. Weder im globalen noch im eigenen Interesse. Energie ist ein knappes Gut, ihre effizientere Nutzung ist eine Investition in die Zukunft. Die Amerikaner denken Modernisierung wird es richten; die internationale Ausrichtung an Nachhaltigkeit sorgt aber dort, wo sie ernst genommen wird für eine sachgerechte Orientierung des technischen Fortschritts und damit für einen Vorsprung nicht durch Technik, sondern durch Vorausschau. G:\Walter\ZEITUNG\PB Newsletter\23_12_05_Energiepolitik_in_den_USA.doc |
Es ist jetzt 13:12 Uhr. |
Powered by vBulletin® Version 3.8.4 (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2025, Jelsoft Enterprises Ltd.