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Starlight 10-08-2005 20:19

Bigamie a la Wall Street

Wie wird diese Schlacht wohl ausgehen? Werden die robusten Wirtschaftsdaten die Trends an der Wall Street dominieren oder geben letztendlich doch die steigenden Leitzinsen die Richtung an?

Wer mit seinem Investment garantiert richtig liegen, sollte auf die Investment Bank Morgan Stanley hören. Auf gleich zwei Hochzeiten tanzend, sind die dortigen Aktienstrategen bei Bullen und Bären prominent vertreten. Was wie Bigamie aussieht, nennt man in Fachkreisen auch Hedging. Einer der Aussagen wird schon zutreffen, egal wohin das Börsenpendel ausschlägt.

„Mein revidiertes Bewertungsmodell zeigt, dass der Aktienmarkt rund 20 Prozent unterbewertet ist”, so Byron Wien. Und trotzdem bleibt der US-Aktienstratege der Investment Bank im Lager der Skeptiker. „Auch im zweiten Halbjahr dürfte der amerikanische Aktienmarkt Schwierigkeiten haben die Gewinne auszubauen“, heisst es weiter. Die Schlacht zwischen der robusten Konjunktur und den gleichzeitig steigenden Leitzinsen dauert an und ist noch nicht entschieden. Wenig Hilfreich ist auch das hohe Mass an Optimismus.

An nur dieser Stelle scheint man sich im eigenen Hause einig zu sein. „Der Aktienmarkt muss die jüngsten Kurssteigerungen und den überhöhten Optimismus erstmal verdauen”, meint der US-Aktienstratege Henry McVey. Ist dieser Prozess erstmal abgeschlossen, sollen die Karten für das zweite Halbjahr jedoch rech gut stehen.

Was die Kapitalinvestitionen von Corporate Amerika betrifft, sei mit einem deutlichen Anstieg zu rechnen. Auch die verkündeten Quartalszahlen liegen meist über den Schätzungen der Wall Street. Ein echter Optimist, könnte man meinen. Und doch liegt sein Kursziel für den S&P 500 Index nicht einmal 1 Prozent über dem aktuellen Niveau. Eine Messlatte, die durchaus übertroffen werden könnte, zieht McVey Bilanz.

So ist das Leben an der Börse: Ratschläge sind meistens mehr Schläge als Rat. Überlassen wir es doch einfach dem Aberglaube. Schliesslich steht der September vor der Tür und damit ein ausgesprochen gefährlicher Börsenmonat. Der Monat brachte dem S&P 500 und Dow Jones Index in den vergangenen 52 Jahren die größten Verluste ein. In 65 Prozent der Fälle ging es in dieser Phase beim Dow Jones abwärts. Was in der Kehrtwende bedeutet, dass es in 35 Prozent der Fälle anders kam.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 10-08-2005 23:22

ATTACKE AUF ANALYSTEN

Finanzvorstände auf Rachefeldzug


Von Marc Pitzke, New York

Ein Fall von Analysten-Mobbing erschüttert die US-Börsen. Der Chip-Hersteller Altera untersagte einem unliebsam-kritischen Beobachter jeden weiteren Kontakt zur Firma. So etwas kommt immer öfter vor - viele Analysten klagen über den Druck der Konzerne.

...

http://www.spiegel.de/wirtschaft/att...-a-368753.html

Starlight 11-08-2005 21:07

Sexy lohnt sich nicht

Es ist Sommer, und die Röcke werden kürzer – bisweilen auch am Arbeitsplatz. Aufklärung hin, Emanzipation her, immer noch versucht so manche ehrgeizige Frau in der Karriere ein wenig schneller voranzukommen. Ob das moralisch vertretbar ist oder nicht, sei einmal dahingestellt. Funktionieren tut das Konzept jedenfalls nicht.

Sex sells? – Das kann schon sein, aber nicht am Arbeitsplatz. Und auch nicht im Umfeld einer karriere-fixierten TV-Show. Viele Zuschauer wunderten sich nach den ersten Folgen der Donald-Trump-Show „The Apprentice“ über den Chef. Der hatte nämlich für einige Management-Aufgaben ein Männer- gegen ein Frauen-Team antreten lassen. Die Herren der Schöpfung verloren vier Mal in Folge, nicht zuletzt, weil die Kostüme der Damen von Folge zu Folge immer knapper wurden und das Team so mehr Eis verkaufen und mehr Kunden für andere Ventures gewinnen konnte.

Nur nicht prüde sein, mag daher nach ein paar Wochen die erste Lektion für manche Zuschauerin gewesen sein. Doch dann kam Trump. Und ausgerechnet der größte Macho in Corporate America, der mittlerweile zum dritten Mal mit einem Model verheiratet und Mit-Besitzer des „Miss Universe“-Wettbewerbs ist, machte dem sexy Treiben ein Ende. Er rate ihnen, so Trump zu den Damen, nicht länger auf die Sex-Karte zu setzen. Der Schuss könne schnell nach hinten losgehen.

Und genau das haben nun Wissenschaftler an der Tulane University in New Orleans (US-Bundesstaat Louisianna) bewiesen. Ihre Erkenntnis: Frauen, die sich im Berufsleben gerne sexy geben und auch mal mit dem Kollegen oder dem Chef flirten, werden weniger häufig befördert und verdienen weniger Geld als die züchtigen Mitarbeiterinnen.

Das ganze in Zahlen: 49 Prozent der von den Forschern befragten Frauen haben zugegeben, hin und wieder die Sex-Karte gespielt zu haben, mal über eine ausgedehnte Rückenmassage für den Chef, mal über eine mehr oder wenig eindeutigen Email, immer wieder aber auch nur über aufreizend knappe Kleidung.

Die Gruppe dieser Frauen berichtete im Durchschnitt über zwei Beförderungen und befand sich in der Gehaltsklasse größtenteils zwischen 50 000 und 75 000 Dollar.
Die 51 Prozent der Befragten, die sexy Verhalten am Arbeitsplatz in jeder Form ausschließen, waren hingegen im Schnitt drei Mal befördert worden und befanden sich in der Gehaltsklasse zwischen 75 000 und 100 000 Dollar.

Der Leiter der Studie, Professor Arthur Brief, zieht eine klare Bilanz: „Sex am Arbeitsplatz zahlt sich nicht aus“, so der Experte. Jedenfalls nicht finanziell.


Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 12-08-2005 21:16

Zuviel Werbung für einen Fuß

Werbung tut weh, jedenfalls wenn einem die fast 500 Seiten starke „Vanity Fair“ auf den Fuß fällt, wie mir gestern am Flughafen. Geschätzte 300 Seiten in dem Mode- und Reportageblatt promoten Klamotten und anderen Kommerz, dem Magazin scheint es gut zu gehen. Am Freitag beschäftigt Werbung indes nicht nur meinen Fuß, sondern auch die Wall Street.

Gleich zwei Unternehmen melden zum Wochenschluss eigenartiges aus dem PR-Department. Da wäre zunächst der Einzelhändler Target. Dessen Name spiegelt sich im Unternehmenslogo wider, einer rot-weißen Zielscheibe. Doch so gezielt wie sonst will man in der letzten August-Woche nicht werben, vielmehr feuert Target eine Breitseite auf den Verbraucher ab, interessanterweise auf den intellektuellen.

Das hoch angesehene Magazin „New Yorker“ nämlich wird in seiner Ausgabe vom 22. August außschließlich Target-Anzeigen drucken – der Einzelhändler und größte Wal-Mart-Konkurrent ersetzt sogar die regelmäßig geschalteten kleinen Anzeigen von Restaurants und lokalen Dienstleistern, die sich gewöhnlich im hinteren Teil des Heftes drängen.

Dass Abonnenten des „New Yorker“ von so viel Werbung für einen einzigen Konzern abgeschreckt werden, ist nicht zu befürchten. Immerhin ist die Kampagne genau auf die kunst- und kulturinteressierte Leserschaft abgestimmt: Die 17 bis 18 ganzseitigen Anzeigen wurden von ebensovielen Künstlern entworfen, die sich nur an wenige Auflagen halten mussten und weitgehend der Fantasie freien Lauf lassen konnten: Allein ein Bezug zu New York war gewünscht, die Verwendung des Target-Logos, sowie des gemeinsamen Erscheinungsbildes wegen die ausschließliche Verwendung der Farben rot, weiß und schwarz.

Prominente Zeicher wie Milton Glaser, Robert Risko und Ruben Toledo haben sich der Herausforderung gestellt. Zu den Motiven gehören ein auf Manhattan gerichteter Target-Schuh in Anlehnung an die Brooklyn-Bridge, ein Dog-Walker oder ein überdimensionales Ring-Werfen, bei dem die Target-Scheiben über stilisierte Wolkenkratzer downtown fliegen.

Es ist davon auszugehen, dass der „New Yorker“ erstmals in seiner 80-jährigen Geschichte Kunden findet, die das Blatt wegen der Werbung kaufen, immerhin sind solcherlei Sonderausgaben stets beliebte Sammlerstücke. Insofern ist die Kampagne auch eher als Image- denn als Direktkampagne zu verstehen. Schließlich betreibt die Kette noch nicht einmal einen Laden in Manhattan, lediglich in Brooklyn, Queens und der Bronx gibt es fünf Filialen und weitere im Einzugsbereich von New Jersey und Long Island.

Während Target durch seine Aktion mehr Aufmerksamkeit erregen will, strebt man anscheinend bei Pfizer das Gegenteil an. Der Pharma-Gigant will seine Werbung entschärfen und sachlicher gestalten, vor allem für den wichtigsten Umsatzbringer Viagra. Zwei Gründe werden am Freitag angeführt: In Zeiten immer schärferer Jugendschutzbestimmungen will man ein Erektionsmittel nicht allzu publik anpreisen, und zudem plane die FDA eine genauere Überwachung der Branchenwerbung.

Die sei nämlich in vielen Fällen irreführend, wie die Zulassungsbehörde regelmäßig anmerkt. Pharmazeuten priesen ihre Produkte zu reißerisch an und hielten Nebenwirkungen zurück, obwohl die Ausweisung solcher Begleiterscheinungen strikt vorgeschrieben ist.

Was ganz aus dem Pfizer-Konzept verschwinden soll – und nach Verbraucherprotesten wohl bald aus anderen Pharma-Werbungen – ist der Hinweis: „Fragen Sie Ihren Arzt nach…“. Häufig ist dieser Satz in amerikanischen Spots der Gipfel einer Heile-Welt-Bildfolge, in der die zu behandelnde Krankheit gar nicht angesprochen wird. Dass die FDA eine solche Werbung nach ihrer aktuellen Einsichtnahme in die Problematik vermutlich ohnehin verboten hätte, mindert Pfizers Aktionismus nicht. Im Gegenteil: Der Pharmazeut geht einen Schritt weiter und will künftig Aufklärungs-Sports senden, die Verbrauchern von überhöhtem Medikamentenverbrauch – vor allem bei Krankheiten wie Depressionen – abraten.

Meinem werbe-geplagten Fuß indes hilft das nicht, auch rechtfertigt der blaue Zeh noch keine Schmerztablette. Als Reaktion auf mein Missgeschick wäre höchstens noch wünschenswert, dass irgendein zuständiger Branchenverband die erlaubte Werbe-Menge einschränkt, so dass auch Mode-orientierte Magazine wieder unter drei Pfund ausgeliefert werden können.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 15-08-2005 20:31

Wal-Mart ist immer billig - auch an der Börse

Der Werbespruch von Wal-Mart ist verführerisch einfach: „Immer kleine Preise“, heißt es über den weltgrößten Einzelhändler. Zu dumm: Nicht nur Kunden, sonden auch Aktionäre des Unternehmens können davon ein Lied singen. Denn nicht nur Fahrräder und Ginger Ale sind billig, sondern auch die Wal-Mart-Papiere.

Am Montagmorgen notiert die Aktie des Einzelhandels-Giganten bei 48,70 Dollar und damit genau 30 Cent unter dem Stand von vor fünf Jahren. In der Zwischenzeit pendelte das Papier zwischen einem Tief von 44 Dollar und einem Hoch im März 2002 von 63,55 Dollar – das ist ein dürftige Bilanz, vor allem gemessen an der Performance zahlreicher Konkurrenten.

Die Aktie von Target hat sich in den letzten fünf Jahren von 26 Dollar auf 56 Dollar fast verdoppelt, und JC Penney ist von 15 Dollar auf 52 Dollar geschossen. Auffällig an den Charts der jeweiligen Aktien ist, dass Target und JC Penney seit Jahren einen recht stabilen Aufwärtstrend zeigen, während Wal-Mart mal flach handelt und mal – zuletzt seit gut 18 Monaten – weitgehend ungebremst fällt.

Zahlreiche Analysten haben daher immer wieder erklärt, dass Wal-Mart ein Schnäppchen sei – an der Börse noch mehr als an der Kasse. Zuletzt meinte Oppenheimer-Analyst Bernard Sosnick in der vergangenen Woche: „Wal-Mart ist so groß und hat eine so starke Kaufkraft, dass man die Preise dauerhaft niedrig halten kann.“ Das würde langfristig wieder mehr Kunden anziehen und Wachstum bringen – für Umsatz und Aktie.

Gerade der Umsatz hätte mehr Wachstum dringend mötig. Die Wachstumsstatistik für die letzten Jahre fällt steil ab. Stand das Umsatzplus 1999 noch bei 9 Prozent, wies man 2000 noch knapp 8 Prozent aus, in den beiden Folgejahren waren es 6 Prozent, 2003 schließlich 5 Prozent, 2004 nur noch 4 Prozent, und in diesem Jahr sollen es wie im vergangenen noch etwa 3,5 Prozent werden. So jedenfalls die aktuellsten Zahlen vor der Quartalskonferenz des Einzelhändlers, der am Dienstag vermutlich ein Update liefern wird.

Allzu viel neues erhoffen sich Experten indes nicht. Denn Wal-Marts größtes Problem, so glauben viele, ist mangelnde Flexibilität in der Produktauswahl und ein zu strenger Fokus auf eine Kundenschicht, die man als „das Herz Amerikas“ bezeichnet. Diese Kundengruppe hat nämlich immer weniger frei verfügbares Einkommen auszugeben, was nicht zuletzt an den hohen Energiepreisen liegt. Die strenge Niedrigpreispolitik hat es Wal-Mart bisher aber unmöglich gemacht, in neue Kundensegmente vorzudringen, vor allem in den Mittelstand. Andere haben das geschafft.

Der größte Konkurrent Target, zum Beispiel, bietet seine Klamotten im Schnitt 14 Prozent teurer an als Wal-Mart, hat aber dafür attraktive Stücke von namhaften Designern wie Isaac Mizrahi im Angebot. Ein Gewinnwachstum von 50 Prozent im abgelaufenen Quartal schreibt Target vor allem dem Erfolg solcher gefragter Produkte zu. Zum Vergleich: Bei Wal-Mart verirrt sich nur ein Drittel der Kunden überhaupt in die Modeabteilung, deutlich weniger kaufen dort ein.

Doch nicht nur im Modebereich gelingt es Target, ein besser betuchtes Publikum abzusprechen als der selbst ernannte Billigheimer aus Arkansas. Die breite Kundenstatistik spricht eine deutliche Sprache. Während Wal-Mart alle Altersgruppen anspricht, konzentriert sich Target auf den Sektor der ausgabefreudigeren Generation zwischen 25 und 34 Jahren. Der durchschnittliche Wal-Mart-Kunde verdient weniger als 50 000 Dollar im Jahr, der durchschnittliche Target-Kunde macht mehr als 50 000 Dollar und hat eine höhere Schulausbildung.

Dass Wal-Mart außer für billige Preise für Massenklagen wegen Diskriminierung von Frauen und Minderheiten am Arbeitsplatz bekannt ist, und dass der erhebliche Preisdruck auf Zulieferer oft fatale Folgen für kleine Unternehmen hat, dass fast alle Wal-Mart-Produkte bekanntlich aus China importiert werden und jeder neue Laden zahlreiche alteingessesene lokale Einzelhändler in den Ruin treibt, hilft dem Konzern auch nicht. Und doch dürfte ein ganz anderes Problem noch schwerweigender sein:

Wal-Mart wächst weiter, eröffnet ständig neue Filialen – allein 200 sollen in diesem Jahr in den USA hinzukommen. Viele liegen so nahe an bereits eingeführten Läden, dass sich kannibalisitsche Effekte nicht vermeiden lassen. Umso mehr rechnen Analysten mit einem Durchbruch für die Aktie, wenn sich künftig mehr Aktivitäten im Ausland abspielen, vor allem im Wachstumsmarkt China. Trotz erster Erfolgsgeschichten aus dem Raum ist indes noch lange nicht sicher, ob Wal-Mart in China eine ähnliche Erfolgsgeschichte werden kann wie in der amerikanischen Heimat. Allein auf den Konsum der Asiaten zu bauen, dürfte also zu wenig sein, um Anleger wieder anzulocken.

So zeichnet sich eines wiederum ab: Unabhängig von Ergebnissen und Prognosen bei der morgigen Quartalskonferenz dürfte es das Wal-Mart-Papier schwer haben, im Handel durchzustarten.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 17-08-2005 00:26

Aktienstratege Bernstein rät zum Verkauf von amerikanischen Aktien

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http://www.faz.net/aktuell/finanzen/...n-1253817.html

Starlight 17-08-2005 21:14

Ein Wal-Mart-Kuriosum: Sittenwächter verkauft Alkohol

Tanken wird immer teurer. Das ist ein alter Hut. Doch Ausnahmen bestätigen die Regeln, und so wird bei Wal-Mart das Tanken billiger, wenngleich der Einzelhändler weniger ans Auto, als an den Fahrer denkt. Eine Allianz mit Diageo soll dem Branchenriesen einen neuen Sektor erschließen – gegen alle moralischen Bedenken.

Von einem unternehmerischen Standpunkt betrachtet macht die Zusammenarbeit durchaus Sinn. Wal-Mart ist der größte Einzelhändler in den USA und versorgt so viele Kunden wie kein anderer, und zwar vor allem mit Lebensmitteln. Diageo hingegen ist der größte Spirituosenhändler der USA, der Marken wie Johnnie Walker und Smirnoff Vodka vertreibt, und der seine Ware über Wal-Mart einem breiteren Publikum anpreisen kann denn je zuvor.

Während Diageo auf ein Umsatzplus bauen kann, sprechen die jüngsten Statistiken aus der Branche auch für Wal-Mart. In den letzten beiden Jahren wuchsen US-weit die Umsätze mit Spirituosen deutlich stärker als die Umsätze mit Bier und Wein. Und die Zahlen, die Wal-Mart in einigen Testmärkten bereits seit dem Jahr 2000 ermittelt hat, sprechen ohnehin eine klare Sprache: Danach haben die Alkoholumsätze um 154 Prozent zugelegt, was nur noch der Sektor frischer Lebensmittel mit 170 Prozent übertrifft. Während letzterer allerdings 2004 für einen Umsatz von 15,1 Milliarden Dollar sorgte, steuerte Alkohol gerade mal 1 Milliarde Dollar bei – da ist Potenzial vorhanden.

Die Aussichten auf starke Zahlen lassen das Wal-Mart-Management ausnahmsweise auch die sonst so moralische Rolle des Konzerns vergessen. Die hatte sich zuletzt darin widergespiegelt, dass der Einzelhändler Zeitschriften mit anzüglichen Titelbildern ebenso aus dem Regal nahm wie CDs mit missliebigen Texten.

Dass sich Wal-Mart also eines Tages US-weit auf den Alkoholverkauf einlassen würde, galt bislang als undenkbar. Umso schockierter sind nun die kleineren Liquor-Stores, denen bald das gleiche Schicksal blühen könnte wie zuvor den Buch- und Musikhändlern, Sportgeschäften und anderen spezialisierten Einzelhändlern. Die verdrängte Wal-Mart oft binnen weniger Monate vom lokalen Markt, da sie mit der Preispolitik des Branchenriesen nicht mithalten konnten. Dass das auch beim „Booze“ so sein wird, zeigen erste Preisbeispiele: In einem Wal-Mart in Missouri gibt es Johnny Walker Black Label und Cognac Hennesy für jeweils unter 29 Dollar, im kleinen Alkohollädchen neben an kosten die selben Flaschen jeweils 35 Dollar.

Was sich indes nach einem leichten Spiel für Wal-Mart anhört, dürfte die komplizierteste Erweiterung der Produktpalette werden, die man sich je aufgeladen hat. Denn Alkohol zu verkaufen ist nicht so einfach wie der Handel mit Bananen, Turnschuhen und Unterhemden. So dürfen Supermärkte überhaupt nur in 24 US-Staaten Alkohol im Regal nehmen, und nur in 17 Staaten macht der Erwerb einer Lizenz wirtschaftlich Sinn, wie Experten meinen. Hinzu kommen die vielen Schikanen, die Wal-Mart von einzelnen Staaten und teilweise auch vom Management selbst auferlegt werden.

So darf Alkohol nicht wie andere Ware rund um die Uhr, sondern nur zu bestimmten Zeiten verkauft werden. Die Regale, in denen Diageos Stoff lagert, müssen so täglich für mehrere Stunden abgesperrt werden, was das Einkauferlebnis vieler Kunden stören könnte. Zudem müssen Einzelhändler Alkohol von Großhändlern kaufen und dürfen laut Gesetz nicht direkt mit dem Hersteller verhandeln. Dabei ist der Großhändler üblicherweise der Zwischenmann, den Wal-Mart ausschaltet, um seine Preisvorteile zu erreichen.

Dazu kommt, dass Wal-Mart selbst ein alkoholfreier Arbeitgeber ist und auf dem Gelände des Unternehmens weder Bier noch Wein noch Whiskey konsumiert werden dürfen. Das dürfte es nicht zuletzt den Einkäufern schwerer machen, die Ware der Zulieferer zu testen, denn solche Tests samt anschließender Verhandlungen finden traditionell in der Konzernzentrale in Bentonville im Staate Arkansas statt. Ach ja, Benton County rund um die Wal-Mart-Zentrale, ist ein „trockener Landkreis“, indem sowieso kein Alkohol verkauft werden darf.

Das alles wird Wal-Mart nicht davon abhalten, künftig Alkohol in die Regale zu stellen – interessanterweise sogar Getränke, die es bislang nicht einmal gab. Denn wenn Wal-Mart mit seiner breiten Kundenbasis „aus dem Herzen Amerikas“ eines kennt, dann den Willen der Verbraucher. Die seien ganz heiß auf „Dulce-con-leche“-Eiskrem, verriet Wal-Mart vor einigen Monaten dem neuen Partner Diageo. Man solle doch ein Mixgetränk auf der Basis des Karamell-ähnlichen Geschmacks erfinden. Gesagt, getan – „Dulseda“ verkaufte sich in ersten Tests gut und soll exklusiv bei Wal-Mart zu kaufen sein.

Ob das die ganz moralischen Kunden stört, auf deren Bedürfnisse Wal-Mart bislang so gebaut hat, bleibt abzuwarten. Es ist aber durchaus wahrscheinlich, dass der Einzelhändler diese Frage recht kühl betrachtet. Immerhin findet sich das moral-fanatischste Publikum im ländlichen bis sehr ländlichen Bereich. Und da ist Wal-Mart weitenteils Monopolist.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 18-08-2005 20:33

Herzlichen Glückwunsch, Google!

Bei Google wird gefeiert: Seit einem Jahr ist die Suchmaschine an der Börse notiert, und es war auf keinen Fall ein gewöhnliches Börsenjahr. Im Gegenteil: Das Nasdaq-notierte Papier mit dem Tickersymbol „GOOG“ hat sämtliche Erwartungen geschlagen, Rekorde aufgestellt und ist auf dem Weg in eine rosige Zukunft.

Dabei sah am Anfang alles gar nicht so gut aus. Das IPO der Suchmaschine, die im täglichen Gebrauch an Büro- und Heimcomputern Konkurrenten wie Yahoo oder Ask Jeeves längst abgehängt hatte, sollte es nämlich nicht allzu billig geben. Für 24,6 Millionen Aktien strebten das Management und die federführenden Banken Morgan Stanley und Credit Suisse First Boston einen Emmissionskurs zwischen 180 und 135 Dollar an.

Da jedoch schien der Anleger nicht mitzuspielen. Ein IPO im dreistelligen Bereich, so etwas hatte es seit den Neunzigerjahren nicht mehr gegeben, und wirkliche Lust auf gehypte und grotesk überbewertete Anlagen hatte man seither nicht mehr gehabt. Für 85 Dollar pro Papier ging Google letztlich an den Start, und zwar im Stile einer „dutch auction“, die an den US-Börsen recht selten durchgeführt wurde und auch seit Googles Start nur noch dreimal von vergleichsweise kleinen Unternehmen aufgegriffen wurde.

Auf 85 Dollar notierte Google allerdings nicht lange, streng genommen… nie. Die Aktie eröffnete mit etwas Verspätung am Vormittag bei 100,01 Dollar, und nach einem recht stabilen Tageshandel schloss sie bei 100,33 Dollar. Abgesehen von einem kleinen Schwächeanfall in der zweiten Woche sah die Aktie den zweistelligen Dollarbereich nie wieder.

Dafür schien das Papier auf Rekordjagd und unterwegs zu immer neuen Rekordhochs zu sein. Zweieinhalb Monate nach dem Börsengang kletterte Google über 200 Dollar. Nach zehn Monaten schließlich hatte die Aktie die 300-Dollar-Hürde genommen, zwei Wochen nachdem die Analysten der CSFB ihr Kursziel auf 350 Dollar aufgestockt hatten. Binnen weniger Tage sollten Lehman Brothers und Standard & Poor’s folgen und ihre Kursziele deutlich über 300 Dollar setzen.

Nach einer kleinen Verschnaufpause notiert Google am Jubeltag bei 285 Dollar. Das ist zwar deutlich unter dem Zwischenhoch, aber als Performance in einem ersten Börsenjahr absolut rekordverdächtig.

Und doch hat der starke Lauf des Papieres durchaus seine Berechtigung. Denn die Google Boys gaben Anlegern ständig neue Kaufgründe, was man so gar nicht kommen sehen hatte. War die Roadshow vor dem IPO noch einem Fiasko gleichgekommen, da kaum ein Analyst irgendetwas über die Perspektiven des Unternehmens herauszubekommen schien, stellte Google plötzlich eine Innovation nach der anderen vor, allesamt mit Gewinnpotenzial.

Da war zum einen Google Maps, ein Landkartenservice, der der Suchmachine die Türe zu lokalen Anzeigenkunden öffnete. Aus Google Maps wurde mittlerweile der spektakuläre Karten- und Satellitenbilder-Service Google Earth, der manchem ein wertvolles Recherche-Tool ist und manchem ein Spielzeug. Bald soll Google Earth mit GPS gekoppelt als Navigationssystem für handgehaltene Kleinrechner fungieren, die Werbemöglichkeiten damit sind kaum auszudenken.

Zu weiteren Google-Erfindungen gehörte Google-Video, mit dem Benutzer Fernsehsendungen nach Inhalt durchsuchen können, und eine Textsuchmaschine, die durch Bücher blättert. Ferner stellte Google einen Desktop-Assistenten vor, der verloren gegangenes auf dem heimischen PC findet, und mit dem Web Accelarator beschleunigen Google-User all dieser Funktionen noch.

Soviel Innovation spricht sich in der Branche herum. Die Suchmaschine gilt allgemein als erstklassiger „Think Tank“ und landete in einer Unternehmensumfrage von Boston Consulting auf dem siebten Platz der innovativen Welt-Unternehmen.

Die ausgezeichnete Marktpositionierung von Google schlägt sich nun im Aktienkurs nieder, von dessen Entwicklung keiner so profitiert wie die Gründer. Sergey Brin und Larrs Page haben seit dem Börsenstart jeweils fast 4 Millionen Papiere verkauft und damit 824,3 Millionen beziehungsweise 740,4 Millionen Dollar gemacht. CEO Eric Schmidt hat 1,4 Millionen Google-Papiere für 257,7 Millionen Dollar verkauft. Langfristig sind alle drei auf dem Weg, die ersten Google-Billionäre zu werden, und das Schönste daran ist: Da sämtliche Insider ihre Aktien nach vorher festgelegten und veröffentlichten Plänen abstoßen, reagiert die Börse nicht panisch, sondern hält das Google-Papier hoch.

Mit Neid blicken viele Börsianer indes nicht nur auf die Google-Boys selbst, sondern auf jeden, der weitsichtig (und glücklich) genug war, am IPO-Tag oder kurz danach Google-Anteile zu erwerben. Eine Mehrheit hat den kometenhaften Aufstieg von Google nur aus der Ferne verfolgt, doch werden die Papiere künftig in weiteren Portfolios vertreten sein – ob das der Anleger will oder nicht.

Denn mit dem einjährigen Börsenjubiläum hat die Suchmaschine das letzte Kriterium erfüllt, um in einige Indizes aufgenommen zu werden, darunter zunächst in den Nasdaq-100 und in den S&P-500. Index-orientierte Funds werden das Papier dann kaufen müssen, weshalb die Zahl der Google-Aktionäre demnächst wohl steil zulegen wird. Ob die Rallye derweil weitergeht, bleibt natürlich abzuwarten – solange: Herzlichen Glückwunsch!

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.

Starlight 19-08-2005 20:48

Zuviel Jeans, zu viele Nüsse

Wenn amerikanische Medien über die US-Konjunktur berichten, sind sie meist optimistisch bis euphorisch gestimmt – abgesehen vielleicht von Geschichten rund um den Ölpreis. Allein, in letzter Zeit hört sich mancher Bericht an, als stünden USA und Wall Street die biblischen Plagen bevor.

So sollen die Märkte unter zu großen Mengen von Jeansstoff leiden, wie eine Reporterin auf CNBC neulich zu berichten wusste. Die „Denim Glut“ soll schon den Branchenriesen Jones Apparel dazu gezwungen haben, eine Fabrik zu schließen und Sonderabschreibungen über 14 Millionen Dollar zu verbuchen, um nicht gänzlich in der Flut blauer Stoffe zu versinken.

Doch nicht nur zuviel Stoff, auch zuviel Kaffee macht der Wall Street Sorgen. So seien die Preise für Arabica-Kaffee jüngst auf bedenklich niedrige Niveaus gestürzt. Was gute Nachrichten für Kaffee-Käufer wie Starbucks oder Peet’s Coffee sind, sind geradezu katastrophale Nachrichten für… ja, für wen eigentlich. Wer weiß?

Anderswo wiederum steigen die Preise, so beim Zement. Im aktuellen Boom reiche der Vorrat nicht aus, der wichtigste Baustoff werde knapp, klagt die Branche. Was tun? Bis mehr Zement angeliefert wird, könnten die Bauarbeiter vielleicht in der Sonne sitzen und Ersnüsse knabbern. Das würde ganz nebenbei das Problem der Erdnuss-Flut lösen, von der die Medien dieser Tage berichten.

Die Details aus dem Peanut-Sektor, dessen berühmtester Züchter Jimmy Carter einmal Präsident der USA war: In diesem Jahr rechnen Experten mit einer Rekordernte von 2,3 Millionen Tonnen, die zu den rund 215 Tonnen kommen, die noch aus dem letzten Jahr übrig sind. Unterm Strich stehen den Amis nun mindetens eine halbe Million Tonnen mehr zur Verfügung als für gewöhnlich gegessen werden. Wer damit ein Problem hat, sind indes nicht die Bauern, sondern der Steuerzahler. Die Regierung garantiert Erdnussfarmern nämlich einen Festpreis von 355 Dollar pro Tonne – der Anbau wird also teuer subventioniert.

Ob die US-Konjunktur nachhaltig unter der Erdnuss- oder der Jeansflut leidet, ist schwer abzusehen. Wahrscheinlich ist es nicht. Und so überrascht auch das Ergebnis einer Umfrage nicht, in dem der Wirtschaftssender CNBC wissen wollte, wovor sich Anleger am meisten fürchten: 3 Prozent klickten auf die Erdnuss-, 4 Prozent auf die Jeans-Flut. Jeweils 20 Prozent sahen in der Kaffeekrise und der Zementknappheit eine Gefahr. Eine Mehrheit von 52 Prozent hingegen fürchtet sich am meisten vor… der Dunkelheit.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.

Starlight 22-08-2005 20:22

Vioxx-Urteil: Merck hat Schmerzen

Nachdem Urteil im Vioxx-Prozess hatte so mancher Beteiligter selbst wohl eine Schmerztablette nötig. Den Pharmazeuten aus New Jersey hat die Schadenssummer von 253,4 Millionen Dollar kalt erwischt, und auch die Wall Street hatte damit nicht gerechnet. Die Folgen für den Konzern sind nicht absehbar, die Aktie rutscht am Montag weiter ab.

Man mag darüber streiten, wie sinnvoll das amerikanische Geschworenensystem in vielen Fällen wirklich ist. Laien ohne jedes Hintergrundwissen entscheiden Fälle, in denen es um Wirtschafts- und Bilanzbetrug geht oder, wie im Vioxx-Fall, um wissenschaftlich höchst komplizierte und umstrittene medizinische Zusammenhänge. Doch Laien hin, Geschworene her – das Urteil gegen Merck steht erst einmal: 253,4 Millionen Dollar muss der Konzern an die Witwe eines 59-jährigen Triathleten zahlen, der vor vier Jahren im Schlaf an Herzversagen starb. Er hatte seit acht Monaten Vioxx genommen.

Der Triathlet ist nicht das einzige Opfer von Vioxx. Im Gegenteil: Spätestens seit einem Jahr weiß man auch außerhalb der Merck-Zentrale um die gefährlichen Nebenwirkungen des Schmerz- und Arthritismittels, dass der Pharamzeut nicht umsonst vom Markt genommen und seither nicht mehr zurückgebracht hat. Dabei dürfte man das durchaus. Nach einer eingehenden Untersuchung hat die Zulassungsbehörde FDA erklärt, dass zwar Vioxx und das Konkurrenzpräparat Celebrex vom ebenfalls Dow-notierten Pharmazeuten Pfizer starke Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System hätten, dass beide aber verkauft werden dürften. Allein Bextra, ein weiteres Pfizer-Präparat, müsse weiter aus dem Markt herausgehalten werden.

Dass Merck trotzdem Schadenersatz leisten muss, kommt indes nicht ganz überraschend. Schon seit einiger Zeit ist bekannt, dass Merck um einige Nebenwirkungen von Vioxx gewusste hatte, ohne auf Packung und Beipackzettel darauf hinzuweisen – nach Erkenntnis mehrerer Experten und Prozessbeobachter sollen finanzielle Überlegungen hinter der Vertuschung gestanden haben. So soll Merck (zu Recht) befürchtet haben, mit schärferen Warnhinweisen für Vioxx Marktanteile an Pfizer zu verlieren.

Dass Merck, wie auch andere Pharmazeuten, finanzielle Aspekte über den Dienst am Patienten stellen, ist ebenfalls nicht überraschend. Nicht zuletzt mit Unterstützung der Bush-Regierung sind die Preise für Medikamente in den letzten Jahren auf obszöne Niveaus gestiegen, in der Branche klingeln die Kassen wie nie zuvor. Insofern wird sich die Zahl derer, die dieser Tage mit Merck fühlen, in Grenzen halten.

Dennoch ist unklar, wie das Gericht die Schadenssumme von 253,4 Millionen Dollar bemessen hat, die der Witwe gezahlt werden sollen. Abgesehen davon, dass alles Geld der Welt den toten Sportler nicht wiederbringen wird und dass sich die trauernde Dame unsinnigerweise auf einen Schlag unter den reichsten Menschen des Landes wiederfindet, sprengt die Summe zahlreiche Richtlinien, weshalb Merck ein Einspruch vor einem höheren Gericht nicht schwerfallen wird.

Was dem Unternehmen letztlich droht, ist im Moment nicht abzusehen – schwere Zeiten stehen auf jeden Fall bevor. Denn bereits vor der Urteilsverkündung sah sich Merck 4200 weiteren Vioxx-Klagen gegenüber, es könnten jetzt noch mehr werden. Ein Gericht in New Jersey, wo bisher die meisten Klagen verwaltet werden, rechnet mit bis zu 100 000 Eingaben.

Analysten gingen bisher davon aus, dass Merck eine Schadenssumme von bis zu 18 Milliarden Dollar drohen könnte. Rückstellungen hat man bislang keine gebildet, jedenfalls nicht für die Zahlung an Hinterbliebene. Lediglich für die Begleichung von Gerichtskosten sind 675 Millionen Dollar reserviert.

Dass sich Merck nicht besser rüstet, könnte durchaus Strategie sein. Denn noch wartet das Unternehmen ab, nach Einschätzung des Klage-Anwalts Mark Lanier vermutlich bis September 2006. Dann werden seit dem Vioxx-Rückruf zwei Jahre vergangen sein, und danach können keine neuen Klagen mehr eingereicht werden. Merck, so Lainer, werde vermutlich dann alle Klagen auf einmal beilegen, wobei sich die Entschädigungssummer pro Fall nach der Zahl der Fälle richten werde.

Damit wäre die jetzt im Triathlon-Fall beschlossene Schadensummer ohnehin hinfällig. Dass die Aktie von Merck nach ihrem 8-Prozent-Sturz am Freitag zum Wochenbeginn erneut nachgibt, ergibt dennoch Sinn: Teuer wird Vioxx für Merck nämlich auf alle Fälle, und mit jeder weiteren Klage und jeder weiteren Schlagzeile wird es die gesamte Pharmabranche in Zukunft schwerer Profite zu konzentrieren.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.

Starlight 23-08-2005 07:06

US-Rüstungsboom ungebrochen

Es gibt nicht viele Branchen, die von dem überbordenden US-Haushalt langfristig profitieren. Die amerikanische Rüstungsindustrie gehört zweifellos dazu. Die militärischen Beschaffungsprogramme laufen auf Hochtouren.


Mag die Zustimmung für George W. Bush in den USA auch bröckeln. An einem Ort ist dem Präsidenten die Unterstützung sicher: Bei den milliardenschweren US-Rüstungskonzernen, denen es unter seiner Regierung besser denn je geht.

Der Grund liegt nahe: Die unablässig steigenden Ausgaben des Pentagon für den "Krieg gegen den Terror" im In- und Ausland füllen die Auftragsbücher wie noch nie. Allein für 2006 plant die US-Regierung einen Verteidigungsetat von 441 (Vorjahr: 420) Milliarden Dollar - das sind 362 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Der deutsche Verteidigungsetat umfasst rund 24 Milliarden Euro. Die großen Forschungs- und Entwicklungsprogramme versprechen auch in den kommenden Jahren gute Geschäfte.

Milliardenschwere Entwicklungsprogramme
Zu dem regulären Etat kommen noch milliardenschwere Bewilligungen für den Irak und Afghanistan. Für 2006 will der Kongress 79 Milliarden Dollar für Waffen und Beschaffung bewilligen und etwa 69 Milliarden Dollar für Rüstungsforschung und -entwicklung.

Eines der längerfristigen Entwicklungsprojekte ist "Future Combat Systems" (FCS), das die GIs durch Integration neuer Waffen- und Kommunikationssysteme schlagkräftiger machen soll. An dem 125 Milliarden Dollar schweren Projekt unter Federführung von Boeing sind fast alle US-Rüstungsfirmen beteiligt.

Boeing will auch das umkämpfte Flugzeugtanker-Programm für sich gewinnen. Daran ist auch die europäische EADS interessiert. Aber die Europäer haben es generell schwer auf dem US-Markt. Nicht zuletzt, weil sich der gigantische US-Rüstungshaushalt leichter durchsetzen lässt, wenn vor allem heimische Firmen davon profitieren (vgl. den Beitrag "Rüstungsindustrie: Die transatlantische Einbahnstraße").

Branchenprimus Lockheed...
Der größte US-Rüstungskonzern Lockheed Martin ist der führende Anbieter gesicherter Computersysteme. Daneben ist Lockheed stark bei der Raketenabwehr, integrierten elektronischen Kampfsystemen und militärischen Raumfahrtprogrammen positioniert. Dagegen gab es bei Militärflugzeugen wegen stockender Auslieferungen von F-16-Jets einen Umsatzrückgang. Im ersten Halbjahr setzte der Rüstungsgigant 17,8 Milliarden Dollar um, nach 17,1 Milliarden im Vorjahreszeitraum. Der Gewinn sprang um 41 Prozent auf 830 Millionen Dollar. Lockheed erwartet einem Jahresumsatz von 36,5 bis 38 Milliarden Dollar.

... Boeing ...
Boeing, zuletzt von der EADS-Tochter Airbus als weltgrößter Verkehrsflugzeug-Bauer überflügelt, ist gleichzeitig der zweitgrößte US-Rüstungskonzern. Der Halbjahresumsatz erhöhte sich um acht Prozent auf 27 Milliarden Dollar. Der Gewinn fiel wegen Sonderfaktoren um zehn Prozent auf 1,1 Milliarden Dollar. In der Rüstungssparte stieg der operative Gewinn bei einem Halbjahresumsatz von 15,3 Milliarden um 16 Prozent auf 1,7 Milliarden Dollar. Für das Gesamtjahr peilt Boeing einen Konzernumsatz von 58 Milliarden Dollar an.

... und weitere Milliardenkonzerne teilen sich den Kuchen
Northrop Grumman baut Kriegsschiffe, Militärflugzeuge und ist in der Informationstechnologie sowie in der Raumfahrt aktiv. Der Halbjahresumsatz gab leicht von 13,9 auf 13,4 Milliarden Dollar nach. Der Halbjahresgewinn erhöhte sich dagegen von 534 auf 776 Millionen Dollar.

Der auf Rüstungselektronik und -systeme konzentrierte Konzern Raytheon steigerte den Halbjahresumsatz um acht Prozent auf 10,4 Milliarden Dollar und den Gewinn massiv von 20 Millionen auf 367 Millionen Dollar.

Der Kriegsschiff-, Panzer- und Munitionsanbieter General Dynamics steigerte seinen Halbjahresumsatz um 7,9 Prozent auf zehn Milliarden Dollar und den Gewinn um 19,7 Prozent auf 681 Millionen Dollar.

Auch die Mischkonzerne Honeywell und United Technologies mit ihren großen Rüstungssparten haben in den ersten sechs Monaten dieses Jahres gut verdient.

ARD online

Starlight 23-08-2005 19:27

Beliebtheits-Studie: Erfolg schafft keine Freunde

Wenn es zur Zeit eine Branche gibt, die sich vor Geld kaum retten kann, dann ist es der Energie-Sektor. Dank hoher Ölpreise und einer scheinbar grenzenlos steigenden Nachfrage sind die Kassen von ExxonMobil & Co. gut gefüllt – doch anderswo fehlt es den Unternehmen. Beliebt sind sie nicht, wie eine aktuelle Umfrage zeigt.

Die Meinungsforscher von Gallup haben tausende von Amerikanern gefragt, welchen Unternehmen sie Respekt und Sympathie entgegenbringen. Die Ergebnisse dürften keinen wirklich erschüttern, nennenswert sind sie aber: Die Öl-Industrie hat sich erwartungegemäß den letzten Platz gesichert, wobei Gallup darauf hinweist, dass der Sektor auch bei Befragungen in der Vergangenheit nie beliebt gewesen war – aber andererseits auch nie zuvor derart unbeliebt wie heute.

Kein Wunder: Trotz eines historisch hohen Ölpreises, den der Kunde an der Tankstelle ebenso präsentiert bekommt wie am Flugticket-Schalter oder winters mit der Heizöl-Rechnung, trotz der immensen Gewinne für die Unternehmen und rekordverdächtiger Bilanzen, hat sich die Branche gerade im Rahmen eines neuen Energiegesetzes neue Steuervorteile gesichert. Zudem treibt man weiter die Öl-Suche im Naturschutzgebiet von Alaska voran und ignoriert weiterhin die internationalen Bemühungen, den gefährlichen Klimawandel zu stoppen. Bilanz laut Gallup: 20 Prozent der Bevölkerung sehen die Ölbranche in einem guten Licht, 62 Prozent sehen sie in einem schlechten Licht – das ergibt einen Punktestand von -42.

Tief im Minus notieren drei weitere Branchen, die sich nicht gerade um Sympathiepunkte bemüht haben: Die Justiz, deren gierige Anwälte längst nicht mehr im Sinner des Klienten klagen, sondern mit reißerischen Methoden möglichst viele schlagzeilenträchtige Sammelklagen anzuhäufen versuchen, notiert mit -20 Punkten auf dem vorletzten Platz.

Jeweils -18 Punkte haben die Pharma- und die Gesundheitsbranche. Während erstere zur Zeit vor allem unter dem Vioxx-Skandal leidet, dürften auch andere Punkte die Beliebtheit gedrückt haben. So dürfen die großen Unternehmen in den USA ihre Mittel zu jedem beliebigen Preis verkaufen, ohne dass Großkunden wie die steuerfinanzierte Kranken- und Sozialkasse auch nur verhandeln dürfen. In anderen Ländern müssen sich Merck, Pfizer & Co. den Gesetzen des Marktes beugen, weshalb Medikamente jenseits der US-Grenzen billiger sind, allein, importiert werden dürfen die nicht.

Weiter am Schluss der Liste stehen die US-Regierung mit einem Beliebtheitsgrad von -12 Punkten und die Film-Industrie mit einem Stand von -6 Punkten. Während die Kritik an der Bush-Regierung nicht neu ist und hier nicht weiter ausgeführt werden soll, ist der Tadel in Richtung Hollywood bisher nie so deutlich geworden. Begründet ist er indes: Die Filmemacher in Kalifornien haben seit langem Kommerz vor Kultur gesetzt, und mittlerweile hat man das Spiel zu weit getrieben. Den Dumpfsinn dieses Jahres wollte kaum noch jemand sehen; die Besucherzahlen in den Kinos sind stark rückläufig.

Nicht viel beliebter als die Filmindustrie sind indes andere Freizeitbranchen. Das Fernsehen kommt auf der Beliebtheitsskala auch nur auf -3 Punkte und ist damit immer noch besser als die Sportindustrie mit -5 Zählern. Deren Image dürfte nicht zuletzt unter den jüngsten Dopingskandalen in der Baseball-Liga gelitten haben, und auch die Tatsache, dass im letzten Jahr die ganze Eishockey-Liga ausfiel, nachdem sich Spieler und Team-Besitzer nicht über die Gehälter einigen konnten, hat wohl einige Fans gekostet.

Soweit die Verlierer. Im Mittelfeld der Beliebtheitsskala stehen die Airlines – überraschenderweise mit einem Punktestand von +11 –, und ferner die Automobil- und die Telekomindustrie. Weitere ungewöhnlich gute Platzierungen schafften die Banken und erstaunlicherweise sogar die Bilanzprüfer, die sich von den Skandalen der letzten Jahre etwas erholt haben. Von den Spitzenplatzierungen früherer Jahre ist man nach Enron, WorldCom und anderen Zwischenfällen indes noch weit entfernt.

Die Gewinner der jüngsten Umfrage finden sich im Einzelhandel, wo sowohl Kaufhäuser als auch Lebensmittelmärkte gut abschneiden. Noch besser rangieren die Lebensmittel-Erzeuger, namentlich die Landwirtschaft. Auf Platz zwei der Gallup-Liste liegt derweil die Computerbranche mit +47 Punkten.

Absoluter Gewinner mit einer Bilanz von +50 Zählern ist der Restaurant-Sektor. 58 Prozent der Befragten stehen der Branche positiv gegenüber, nur 8 kritisieren den Sektor. Gastfreundschaft kommt also weiter an, was sich indes vor allem auf Main Street zeigt – nicht aber an der Wall Street. Von den Renditen der unbeliebten Öl-Industrie können die Wirte und ihre Anleger nämlich nur träumen.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.

Starlight 23-08-2005 22:40

S&P rechnet mit Verlusten bei amerikanischen Aktien
Von Mark Arbeter, S&P

...

http://www.faz.net/aktuell/finanzen/...n-1256624.html

Starlight 23-08-2005 22:43

Amerika
Angst vor dem September

...

http://www.faz.net/aktuell/finanzen/...r-1255605.html

Starlight 24-08-2005 20:35

Wer wird der neue Greenspan?

Eine Ära geht zu Ende. Seinen letzten Rechenschaftsbericht vor dem Kongress hat Alan Greenspan bereits hinter sich, und am Freitag wird er zum letzten Mal das jährliche Fed-Symposium in Jackson Hole, Wyoming, eröffnen. Dann folgen noch zwei Fed-Sitzungen, bevor der oberste Notenbanker im Januar in den Ruhestand gehen… könnte.

Was genau im Januar passiert, ist zur Zeit bekanntlich offen. Die Bush-Regierung möchte nur allzu gerne an dem Fed-Chef festhalten, der sich in den letzten Jahren als zuverlässiger Unterstützer selbt höchst umstrittener Maßnahmen erwiesen hat. So zuverlässig, dass Greenspan hin und wieder in den Verdacht geriet, seine Neutralität aufgegeben und ins Regierungslager gewechselt zu haben. Man denke nur an die Unterstützung des Fed-Chefs für des Präsidenten milliardenschwere Steuersenkungen. Dass sich „Mr. G“ einst nicht für niedrigere Abgaben, sondern für eine Senkung des Haushaltsdefizits ausgesprochen hatte, ist nur noch eine ferne Erinnerung.

Doch so sehr Bush seinen Fed-Chef halten möchte, unproblematisch ist das nicht. Greenspan hat die Altergrenze für seine Position überschritten, eine abermalige Verlängerung seiner Amtszeit ist nicht möglich. Seit geraumer Zeit kursieren Gerüchte, wonach George W. Bush nun die Nominierung eines Greenspan-Nachfolgers hinauszögern und so den Alten zumindest als Interims-Chef behalten könnte – doch das würde seinen Abschied höchstens um einige Monate verzögern.

So stellt sich weiter die Frage: Wer kommt nach Greenspan? Drei Kandidaten sind im Gespräch, und alle drei werden am Wochenende in Jackson Hole sein. Die Wall Street wird ein Auge auf alle drei haben, zumal Experten zur Zeit keine klare Präferenz haben. Mit allen dreien dürfte auszukommen sein, immerhin sind die Kandidaten jeweils seit Jahrzehnten in hohen finanzpolitischen Positionen tätig.

Da wäre zum einen Ben Bernanke, der lange als aussichtsreichster Greenspan-Nachfolger galt. Des alten Fed-Chefs Vize wechselte allerdings Anfang dieses Jahres ins Weiße Haus, wo er als Bushs wichtigster Wirtschaftsberater fungiert. Von Bernanke weiß die Wall Street, dass er der Fed gerne die Annahme eines offiziellen Inflationsziels aufdrücken würde, an dem die künftige Zinspolitik auszurichten wäre.

Ein weiterer Kandidat für die Greenspan-Nachfolge ist Glenn Hubbard, der Rektor der Columbia University Business School, der Präsident Bush in dessen erster Amtszeit half, die Steuersenkungen durch den Kongress zu bekommen. Ebenfalls im Rennen ist Martin Feldstein, ein Harvard-Professor und der aktuelle Präsident des National Bureau of Economic Research. Feldstein diente bereits unter Präsident Reagan, aus dessen Regierung er im Streit um das hohe Bilanzdefizit ausschied. Dass Feldstein im Vorstand der zuletzt unter Beschuss geratenenen American International Group sitzt, hat seinem Ansehen zwar geschadet, Experten, unter anderem vom angesehenen Cato Institut, sehen die Chancen für alle drei möglichen Greenspan-Nachfolger allerdings noch immer etwa gleich groß.

Die Entscheidung darüber, wer ab nächstem Jahr Fed-Chef sein wird, liegt bei George W. Bush, der seine Wahl allerdings vom Kongress absegnen lassen muss. Dass Bush überhaupt zwischen drei Kandidaten wählen kann, scheint manchem Kritiker eine glückliche Fügung. Angesichts der wackligen Konjunktur sei es ein Wunder, dass überhaupt jemand Greenspans Posten übernehmen wolle, lästern Zyniker in Washington.

Und in der Tat: Ein neuer Fed-Chef dürfte es nicht leicht haben. Die aktuelle US-Konjunktur ist nur auf den ersten Blick stabil, getragen wird sie von einer Immobilienblase und der Bereitschaft der Verbraucher, ihre Ausgaben immer mehr fremd zu finanzieren. Beobachtern graut es seit geraumer Zeit vor einer Stagflation, der Arbeitsmarkt ist anhaltend schwach, und langfristig muss die USA ihr Import- und Exportkonzept ändern. Der wachsende Hunger der Amerikaner nach ausländischen Waren hat die Handelsbilanz auf den Kopf gestellt und den Dollar geschwächt.

Weniger Besorgnis erregend beurteilen viele Beobachter mittlerweile die Frage, ob denn Greenspans große Fußabdrücke so leicht auszufüllen seien. Greenspan dürfte zwar als einer der einflussreichsten und erfolgreichsten Fed-Chefs in die Geschichte eingehen, zahlreiche Kritiker glauben aber, dass „Mr. G“ vielleicht gar nicht so sehr ein finanzpolitisches Genie, als vielmehr zur rechten Zeit am rechten Ort war.

Dass beispielsweise unter Greenspan der größte Börsenboom aller Zeiten stattfand, lässt sich nur schwer dem Fed-Chef zuschreiben. Und dass Rezessionen unter Greenspan stets vergleichsweise mild waren, wird dadurch ausgeglichen, dass die Erholungsphasen stets langwierig und von einem schwachen Arbeitsmarkt geprägt waren.

Greenspan, so wird zum Ende seiner Amtszeit klar, mag seine Verdienste um die Finanz- und Zinspolitik der USA haben, ersetzbar aber ist er. George W. Bush mag das nicht gefallen, allein, er muss sich fügen. Ein paar Monate wird er Greenspan wohl über das offizielle Abschiedsatum hinaus halten können, doch dann muss und wird er einen Nachfolger berufen – die Märkte dürfte die Anlöse nicht allzu sehr durcheinanderbringen.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.

Starlight 25-08-2005 20:31

Turbulenter Herbst für GM und Ford

Gepumpte Zeit, so lautet das Motto von Ford und General Motors. Die drastischen Sonderangebote verlieren zunehmend ihre Wirkung. Verbraucher lassen sich von den schmackhaften Mitarbeiterkonditionen nicht mehr anlocken. Nach dem Verkaufsboom im Juni und Juli stehen drastische Einbrüche bevor.

Ford und GM haben die Umsätze künstlich vorgezogen und dabei die Gewinnmargen durch den Schornstein gejagd. Die Absatzzahlen für den August dürften deutlich unter dem Niveau der vorhergehenden Monate liegen.

“Ob die Mitarbeiterkonditionen oder die 0 Prozent-Finanzierungen, die Effektivität der Sonderprogramme lässt nach“, so John Casesa von Merrill Lynch. Die Auto-Absatzzahlen dürften im August bei einer Jahresrate von 16,9 Millionen Dollar liegen. Im Juli wurde noch ein Niveau von 20,7 Millionen Fahrzeugen erreicht.

Geht es nach dem Brokerhaus Lehman Brothers, stehen den Verkaufszahlen im Herbst erhebliche Einbrüche bevor. Kündigen sich erstmal die Modelle des Baujahres 2006 an, die Mitarbeiterkonditionen laufen aus, und die Nachfrage kühlt ab, brechen für die zwei US-Autohersteller noch schwierigere Zeiten an.

Was den August betrifft, scheint zudem die japanische Konkurrenz die Marktanteile weiter auszubauen. In den vergangenen zwei Wochen weitete Honda die Marktanteile von 8 auf 9,5 Prozent aus. Toyota verbucht sogar eine Steigerung von 12 auf 15 Prozent. Trotz all der neuen Fahrzeugmodelle wird der Kuchen von Ford und GM immer kleiner. GMs Marktanteil dürfte von 29 auf 25 Prozent geschrumpft sein. Während Ford nur noch 19 Prozent des Marktes kontrolliert, dürfte Chrysler einen stabilen Anteil von 13 Prozent halten. Einen Großteil der

Verkaufseinbrüche dürften sich auf GM konzentrieren. Nach den robusten Verkäufen in den vergangenen zwei Monaten, sind die Lagerbestände bei vielen Händlern auf einen Tiefstpunkt gesunken. Der mangelnde Bestand an Fahrzeugen wirkt sich auf den August folglich belastend aus. Um rund 12 Prozent dürfte der Absatz im August gesunken sein.

Die Ratingagentur Moody’s hat nicht umsonst die Bonität von Ford und General Motors auf Müll abgestuft. Die operativen Ergebnisse und der Cash Flow von Ford habe sich weiter verschlechtert. In der Auto-Sparte sei in diesem Jahr mit einem Vorsteuerverlust zu rechnen.

Auch bei dem großen Konkurrenten General Motors bleibt die Lage angespannt. Im Zuge einer erfolgreichen Restrukturierung müssen die hohen Festkosten durch die Krankenversicherungen ins Visier genommen werden. Es gilt auch die überschüssigen Produktionskapazitäten zu reduzieren. Erst wenn dieser Weg erfolgreich beschritten wurde, kann GM die hohen Sonderangebote reduzieren und die Margen aufbessern.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.

Starlight 26-08-2005 20:37

Die Warnung zum Abschied

Doktor Greenspan weigert sich die Angstneurose der Wall Street zu behandeln. Statt den zittrigen Börsianern eine nervenberuhigende Impfung zu verpassen, verschreibt der mächtige Notenbanker ein Aufputschmittel.

„Der boomende Immobilienmarkt ist ein wirtschaftliches Ungleichgewicht das üble Folgen für die Konjunktur haben kann”, warnt Greenspan in seiner Rede in Jackson Hole, Wyoming. Die Immobilienpreise seien nicht zuletzt deshalb hoch, weil Investoren geringe Risikoprämien akzeptieren. Sollte die Risikobereitschaft jedoch sinken, und Anleger verlangen höhere Renditen, droht ein böses erwachen.

Die Preise würden in Folge dessen sinken und Kredite müssten liquidiert werden. Was nach reichlich vorhandener Liquidität aussieht, würde schlagartig versickern. „Die Vergangenheit lehrt, dass die Zeit nach einer längeren Phase niedriger Risikoprämien meist schwierig ausfällt”, zog Greenspan Bilanz.

Mit seinen ungewöhnlich deutlichen Worten giesst der bald in Ruhestand gehende Notenbanker Öl ins Feuer. Statt in Anbetracht der hohen Energiepreise und den Gefahren einer Konjunkturabkühlung ein Ende der Zinsanhebungen zu signalisieren, wird ein weiteres Schreckgespenst aus dem Hut gezaubert.

Dass das Verbrauchervertrauen sinkt, die Auftragseingänge der Industrie enttäuschen und der IWF vor einem Abschwung in Asien warnt, scheint Greenspan kaum zu stören. Selbst der Immobilienmarkt hat zunehmend Sand im Getriebe. Während die Durchschnittspreise für Neubauten seit Jahresauftakt sinken, sackten die Verkäufe von Altbauten im Juli um 2,6 Prozent ab. Auch der Bestand an zu verkaufenden Häusern ist seit Monaten am steigen.

„Immobilien sind nicht mehr glühend heiss, sondern nur noch heiss”, beurteilt der Bau-Konzern Toll Brothers die Lage. Ein Ergebnis, zu dem selbst der Verband der Immobilienmakler kommt. Doch was läuft wie eine Ente und schwimmt wie eine Ente, muss nicht zwingend eine Ente sein. Greenspans Werk ist erst vollendet, wenn die Zeichen einer Abkühlung eindeutig auszumachen sind.

Wenigstens zeigt sich „Mr. G.”zuversichtlich, dass die Adjustierung am Immobilienmarkt graduell vollzogen werden kann, ohne dabei in eine Rezession abzurutschen. Bleibt nur zu hoffen, dass die Notenbank an der Zinsfront nicht über ihr Ziel hinausschiesst – wie in der Vergangenheit oft geschehen.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.

Starlight 29-08-2005 20:25

Ratespiel um Katrina

Das Geschreih ist groß, aber nicht an der Wall Street. Der Monster-Hurrikan Katrina versetzt die Bären in Wallung, lässt den Aktienhandel aber kalt. Wo ist sie hin, die berüchtigte Angstneurose der Börsianer?

Selbst der Ölpreis reagiert auf die drohenden Produktionsausfälle kaum und rutscht in den ersten Handelsstunden unter die Marke von 68 Dollar pro Fass. Dabei wird im Golf von Mexico rund 25 Prozent des amerikanischen Öls gefördert. Einer Antwort nie verlegen, liegt die Erklärung für das wundersame Verhalten der Kapital- und Energiemärkte schon parat: „Der Effekt von Katrina wurde vorweggenommen.”

Obgleich die Schäden noch schwer abzuschätzen sind, sei das Schlimmste überstanden. Was sich nach einer überzeugenden Erkenntnis anhört, ist vorerst nichts weiter als ein Ratespiel. Statt sich in Geduld zu üben, versuchen Analysten das unmöglich zu erraten. Manchmal muss man sich über die Vergesslichkeit der Börsianer wundern. Erst Tage nach dem Wirbelsturm Dennis wurde bekannt, dass BPs Thunder Horse-Bohrinsel stark beschädigt wurde.

Dass Katrina das Zentrum von New Orleans verfehlt hat, ist eine zweifelsohne erfreuliche Nachricht. Ob der Sturm größere Schäden in der Öl-Industrie angerichtet hat, wird sich aber erst in den nächsten Tagen zeigen.

Hurrikan Ivan, der im vergangenen September durch die Region fegte, belastete über viele Monaten hinweg die Förderquoten. Erschwerend kommt hinzu, dass diesesmal zwei große Raffinerien gelähmt werden. Chevrons Pascagoula- und Exxons Baton Rouge-Raffinerie produzieren täglich rund 900.000 Fass. Der Benzin-Ausstoss durch Katrina wird durch Katrina um kurzfristig 1,8 Millionen Fass reduziert. Damit fällt rund 10 Prozent der täglichen US-Produktion aus.

Kein Beinbruch, wären die Lagerbestände nicht im Vorfeld des Sturms stark abgeschmolzen. Zudem zieht die Nachfrage im Vorfeld des verlängerten Labor-Day-Wochenendes meistens kräftig an. In anderen Worten: Benzin droht kurzfristig teurer zu werden. Jeder Cent, um den Treibstoff an den Tankstellen teurer wird, kostet die Verbraucher rund 1,5 Milliarden Dollar.

Bereits Mitte August warnte Wal-Mart, dass das Umsatzwachstum durch die hohen Energiepreise gebremst wird. An eine Freigabe der strategischen Öl-Reserven von Uncle Sam ist kaum zu denken. Laut der Internationalen Energiebehörde liegt der Öl-Lagerbestand der Regierung über den vorgeschriebenen neunzig Tagen. Präsident George Bush betont jedoch, dass eine Freigabe nur in Frage kommt, wenn es zu einem Ausfall ausländischer Öl-Importe kommt.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.

Starlight 30-08-2005 20:21

Erst denken, dann handeln!

„Die Wissenden geben keine Prognosen. Die Prognostizierenden haben kein Wissen”. Was der chinesiche Poet Lao Tzu schon im sechsten Jahrhundert vor Christus wusste, kommt Börsianer diese Woche teuer zu stehen.

Statt voreilig die Schäden durch Katrina zu verharmlosen, hätten die Experten warnen müssen. Wie auch bei dem Hurrikan Ivan, im September letzten Jahres, wurden die Produktionsschäden der Öl-Industrie masslos unterschätzt. Das Ergebnis: Panikkäufe an den Energie-Märkten. Öl schiesst über 70 Dollar, mit einem Ansieg der Benzinpreis um zeitweise 14 Prozent. Sieben der neunzig Bohrinseln treiben herrenlos durch den Golf von Mexico, berichtet die US-Küstenwache. Wie schnell die anderen Bohrinseln wieder den Betrieb aufnehmen können, wird erst in den nächsten Tagen bekannt sein.

Sorgen bereitet vor allem der „Port Fourchon“-Hafen in Louisiana. Über den Hafen wird fast 70 Prozent des amerikanischen Öls abgefertigt. Außerdem handelt es sich um den einzigen Hafen in den USA, an dem Mega-Tankschiffe anlegen können. Wie ein Sprecher erklärt, stellt vor allem die Stromversorgung ein größeres Problem dar. Katrina hat die meisten Strommasten entweder beschädigt oder komplett rausgerissen.

Es besteht auch die Gefahr, dass die Hafeneinfahrt durch Geröll und Schlamm verstopft wurde. Größere Schiffe könnten in diesem Fall auch längerfristig nicht anlegen. Um so ärgerlicher, dass der Alternativ-Hafen in Venice noch stärker getroffen wurden.

Die Schadensbilanz bei den Raffinerien fällt kaum besser aus. Insgesamt neun Raffinerien wurden durch den Hurrikan geschlossen. Darauf basierend liegt der Produktionsausfall von Benzin bei täglich rund 1,8 Millionen Fass oder rund 10 Prozent der gesamten US-Produktion. Es kursieren Gerüchte, wonach einige dieser Raffinerien bis zu zwei Meter unter Wasser stehen. Der Betrieb bei vier weiteren Raffinerien musste reduziert werden. Eine unerfreuliche Nachricht, zieht die Nachfrage nach Benzin im Vorfeld des bevorstehenden Labor-Day-Wochenendes meistens kräftig an.

Selbst wenn die USA die strategischen Öl-Reserven freigeben würde, ändert dies nichts an den drohenden Engpässen bei Benzin. Selbst vor dem Einzelhandel hat Katrina kein Halt gemacht. Wal-Mart, der weltgrößte Einzelhändler, musste 123 Kaufhäuser schliessen. Erst Mitte August warnte das Management, dass der hohe Energiepreis den Konsum bremst.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.

Starlight 31-08-2005 21:06

Benzin steigt um 35%
Die Wall Street ist erstarrt, so scheint es jedenfalls. Trotz der explodierenden Energiekosten präsentiert sich der Handel erstaunlich widerstandsfähig.

Es mag makaber klingen, und doch dürften die Aufbauarbeiten in New Orleans die Konjunktur eher anfachen. Sorgen machen sich die Volkswirte vorrangig um die hohen Energiepreise. Die Renditen der 2-jährigen US-Staatsanleihen liegen nun leicht über dem Niveau der 3-jährigen Staatsanleihen. Ein Signal, dass das Risiko einer Rezession zugenommen hat.

Bleibt eine Entspannungen an den Energiemärkten aus, droht eine rapide Verschlechterung des Wirtschaftsumfelds. Dass die Lage kritisch ist, zeigt auch die Reaktion der amerikanischen Regierung. Laut Samuel Bodman, der Chef des US-Energie-Ministeriums, wird ein Teil der strategischen Reserven freigegeben.

In Uncle Sams Kammern schlummern 700 Millionen Fass Öl. Werden die Tore erstmal geöffnet, kann der wichtige Rohstoff per Pipeline, Tankschiff oder Lkw an die Raffinerien ausgeliefert werden. Vorausgesetzt es kommt zu keinen Angebotsengpässen im Mittleren Westen, dürfte sich die Weiterverarbeitung zu Benzin in Texas konzentrieren.

Höchste Eile ist geboten, denn die US-Lagerbestände an Benzin sind in der Woche vor dem Sturm erneut um 1,7 Millionen Fass gesunken, berichtet das US-Petroleum Institut. So leer waren die Lager fast noch nie. “Im Golf von Mexico werden in den nächsten 10 bis 30 Tage rund 50 Prozent der Öl- und 28 Prozent der Gasproduktion ausfallen“, befürchtet zudem Kinetic Analysis.

Liegen die Analysten richtig, drohen 25 Prozent der US-Öl-Produktion auszufallen. Von den neun stillgelegten Raffinerien liegen drei unter Wasser.

„Die Preise an den Tankstellen dürften somit über viele Wochen hinweg hoch bleiben“, mahnt Merrill Lynch. An vielen Orten der USA explodierte der Benzinpreis über Nacht um 20 Prozent auf 3,09 Dollar pro Gallone. Kommt es zu keiner Korrektur, und die Preise halten sich auf diesem Niveau, dürfte das BIP um 0,3 bis 0,5 Prozent reduziert werden, schätzt Global Insights.

Sollte sich die Schadensbilanz von Katrina weiter verschlechtern, und Benzin hält sich in den nächsten vier bis sechs Monaten bei 3,50 Dollar, droht das BIP im vierten Quartal auf Null einzubrechen. Ein noch unwahrscheinliches, aber nicht ausgeschlossenes Szenario.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.

crazy_coco 01-09-2005 14:37

Benzin: Engpässe erwartet

Laut dem Energieministerium bewegen sich die Lagerbestände nahe an dem Rekordtief. Zudem zieht die Nachfrage im Vorfeld des verlängerten Labor-Day-Wochenendes deutlich an. Uncle Sam kann durch die Öffnung der strategischen Reserven an der Situation nicht viel ändern. Schliesslich lag die Auslastung der amerikanischen Raffinerien bereits im Vorfeld des Hurrikans Katrina bei 97 Prozent. Und trotzdem sind die Lagerbestände in der vergangenen Woche um 1,7 Millionen Fass gesunken.

Selbst Tankstellen im Bundesstaat New York könnten den Effekt bereits ab diesen Donnerstag spüren. Dass die Plantation Pipeline nicht beschädigt wurde, ist eine ausgesprochen erfreuliche Nachricht. Durch die fast 5.000 Kilometer lange Pipeline fliessen täglich 600.000 Barrel Benzin, Diesel oder Kerosin. Neben Atlanta wird auch Charlotte, Washington und die Ostküste durch diese Pipeline versorgt.

Da die Stromversorgung in der Region ausgefallen ist, kann der Betrieb aber trotzdem nicht aufgenommen werden. Man versucht nun durch temporäre Generatoren zumindest eine Teilversorgung aufzubauen.

Die Herstellung der Stromversorgung stellt sich ausgesprochen schwierig dar. Mit den beschädigten Stromleitungen im Flutwasser, sind Kurzschlüsse vorprogrammiert. Abgesehen davon könnten dadurch auch Menschenleben gefährdet werden. Es herrscht nach dem Sturm auch ein akuter Mangel an Elektriker and Fachkräften. Die Entwicklung der Benzinpreise dürfte nun vor allem von den Importen abhängen.

Dass Uncle Sam die Umweltrichtlinien kurzfristig gelockert hat, erlaubt den Import von einer schlechteren Qualität an Benzin. Bleibt nur zu hoffen, dass sich kein weiterer Sturm ankündigt. Die Saison für Hurrikans ist noch längst nicht beendet.


© Wall Street Correspondents Inc.

Starlight 01-09-2005 20:55

Baumarkt-Werte profitieren von Katrina

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http://www.faz.net/aktuell/finanzen/...a-1258518.html

Starlight 02-09-2005 21:21

Schlechte Noten für George Bush

In den Umfragen dürfte George W. Bushs Popularität auf neue Tiefstpunkte sinken.

Die Bevölkerung ist über die langsam anlaufende Hilfsaktion der Regierung verärgert. Auch die schlechte Vorbereitungen auf den Sturm wird als mangelhaft bewertet. „Die Entscheidungsträger müssen endlich ihre Hintern in Bewegung setzen”, beschwert sich der Bürgermeister von New Orleans. Erst am Freitag reiste Präsident Bush in das Krisengebiet.

„Wie groß die Folgen der Flutkatastrophe für die Konjunktur und die Versicherungen sein werden, hängt massgeblich vom Reaktionstempo der Regierung ab”, schätzt Laurie Johnson von Risk Management Solutions.

Die schlechte Vorbereitung und langsame Reaktion dürfte die Schäden zweifelsohne aufblähen, so die Spezialistin für die Risikoberechnung von Katastrophen.

Experten vergleichen die erschütternde Lage in New Orleans mit einer ähnlichen Flut in den Niederlanden. Beide Gebiete lagen unter dem Meeresspiegel und wurden von mangelhaften Staudämme geschützt. Die holländische Flutkatastrophe im Jahr 1953 fordert über 1.800 Todesfälle und führte zum Abriss von 47.000 Gebäuden. Erst nach sechs Monaten war das gesamte Flutwasser aus dem betroffenen Gebiet abgepumpt.

Je zügiger die Wasserpumpen in New Orleans reaktiviert und zusätzliche Kapazitäten installiert werden, um so schneller zieht sich auch das Flutwasser zurück. Obgleich die größten Schäden zu Beginn von Flutkatastrophen entstehen, leidet die Baustruktur der unzähligen Holzhäuser unter dem warmen und verdreckten Wasser. Wegen des rapide voranschreitenden Zerfalls kommt in vielen Fällen nur noch der Abriss in Frage. Mit mindestens 150.000 Gebäuden unter Wasser werden jegliche Rekorde der Vergangenheit übertroffen.

Wenn das Wasser abgepumpt ist, wird die Stadt vom normalen Betrieb noch weit entfernt sein. Die Unterbrechung der Wirtschaftsaktivität in der Region kostet täglich über 100 Millionen Dollar. Auch wenn die versicherten Schäden bei vermutlich 25 Milliarden Dollar liegen werden, dürfte der Hurrikan und die Überflutung zu wirtschaftlichen Verlusten von insgesamt über 100 Milliarden Dollar führen. Der Kollaps der Schutzdämme verursachte mindestens die Hälfte dieser Verluste. Amerika hätte besser vorbereitet sein müssen!

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.

Starlight 06-09-2005 19:22

Katrinas langfristige Folgen

Auch eine Woche nach dem Hurrikan ist die Tragödie kaum zu fassen, die „Katrina“ über New Orleans und das Umland gebracht hat. Am Dienstagmorgen sind zwei wichtige Dämme repariert und die ersten Pumpen arbeiten, unter den Fluten rechnet man mit tausenden Toten. Auch der konjunkturelle Schaden ist schwer zu beziffern.

Für die Wall Street nämlich – das ist nicht überraschend – stehen die finanziellen Folgen von „Katrina“ im Vordergrund. Das heißt nun nicht, dass die menschlichen Schicksale an den Händlern vorbeigehen. Im Gegenteil: Auch auf dem Parkett trauert man um die Toten, und auf den zahlreichen Fernsehschirmen im Gebäude der New York Stock Exchange laufen Geschichten über Kinder auf der Suche nach ihren Eltern und Hunden, die zu Tränen rühren.

Doch letztendlich geht es an der Börse um nackte Zahlen und darum, wer zuerst einen Schaden beziffern kann. Noch gehen die Schätzungen von Konjunkturexperten und Unternehmen weit auseinander, doch liegen zumindest einige Zahlen vor – vor allem seitens der Versicherer.

So geht Lloyds of London von einem Schaden in Höhe von 40 Milliarden Dollar aus, die vor allem aus dem Öl- und Casinobereich eingefordert werden könnten. Der Rückversicherer dürfte zu den am stärksten betroffenen Unternehmen der Branche gehören, gefolgt von der Münchner Rück, Swiss Re und Berkshire Hathaway sowie dem Dow-notierten Assekuranzriesen AIG.

Die Schadensexperten bei Risk Management Solutions (RMS) dürften ihre Schätzungen nach diesen Branchendaten noch einmal erhöhen. Man war zunächst von einen Schaden zwischen 10 und 25 Milliarden Dollar für die Versicherungen ausgegangen. Dass die Rechnung jetzt teurer werden dürfte, liegt nicht zuletzt an der nicht zufriedenstellenden Reaktion der US-Behörden auf die Katastrophe. Das langsame Fortschreiten der Arbeiten in New Orleans lässt den Schaden wachsen: Je länger Häuser unter Wasser stehen, so Experten, desto wahrscheinlicher wird, dass sie nicht mehr renoviert werden können, sonden abgerissen und neu gebaut werden müssen.

Betroffen sind nach recht zuverlässigen Zählungen 150 000 Grundstücke, die zur Zeit unter Wasser stehen. Auf ihnen stehen Sachwerte von insgesamt etwa 100 Milliarden Dollar, von denen ein Großteil bereits verloren sein dürfte. Doch dürften die langfristigen Folgen der Flut nach „Katrina“ die einmaligen Kosten deutlich übersteigen und die US-Wirtschaft noch für einige Zeit unter Druck setzen.

So schätzen die Experten von RMS, dass unterbrochene Wirtschaftsaktivitäten in der Region New Orleans den Staat täglich 100 Millionen Dollar kosten dürften. Dazu kommen hohe Kosten, mit denen sich US-Verbraucher auch weit außerhalb der überfluteten Regionen konfrontiert sehen: Die hohen Energiepreise, die durch „Katrina“ endgültig in unerträgliche Sphären geschraubt wurden, machen dem Verbraucher zu schaffen. Der tankt zur Zeit so teuer wie nie zuvor in der US-Geschichte und mag an die im Winter bevorstehenden Heizkosten gar nicht denken. Auch dass sich zahlreiche Verbraucher mit langfristigen Festpreis-Verträgen gegen ansteigende Ölpreise abgesichert haben, macht die Lage nicht einfacher: Zahlreiche lokale und regionale Öl-Lieferanten könnten unter der Last der teuren Rohstoffe pleite gehen.

Das teure Benzin sorgt unterdessen dafür, dass so ziemliche alle Artikel im amerikanischen Einzelhandel teurer werden dürften. Unternehmen werden hohe Transportkosten irgendwann an die Kunden weitergeben, wenngleich sich die Branche – allen voran Wal-Mart mit einer eigenen Lkw-Flotte – noch dagegen sträuben.

Teurer werden indes auch zahlreiche Produkte, die Amerika über die Häfen in der Golfregion importiert – und die aufgrund der Hurrikan-Schäden nicht angeliefert werden können. Dazu gehören Kaffee und Kakao sowie Bananen. Zwar gibt es auch einige landwirtschaftliche Produkte, die aus ähnlichen Gründen billiger werden dürften, doch ist das kein Grund zur Freude. Getreide, Mais oder Sojabohnen nämlich können über die zerstörten Häfen nicht exportiert werden und erhöhen daher das Angebot im eigenen Land. Da sinken die Preise und verrotten Waren, während die Landwirte langfristige Folgen fürchten: So könnten Abnehmer die Krise nuzten, sich bei anderen Lieferanten umzusehen. Mais könnte künftig verstärkt aus China, Sojabohnen aus Südamerika nachgefragt werden – beides auf Kosten der USA.

Der Schaden, den „Katrina“ kurz-, mittel- und langfristig verursacht hat, ist zur Zeit wohl nicht zu beziffern. Sicher sind Experten nur in der Aussage, dass der jüngste Hurrikan der schlimmste und teuerste in der US-Geschichte ist. Sicher sind indes die Meteorologen, dass es nicht der letzte ist: Die Hurrikan-Saison ist gerade erst zur Hälfte gelaufen, weitere Unwetter kündigen sich an.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.

Starlight 07-09-2005 20:43

Antithese: Wirkt Katrina als Wirtschaftsmotor?

Eine Woche nach dem verheerenden Hurrikan, der neben Hochwasser und Tod auch wirtschaftliche Schäden in Milliardenhöhe gebracht hat, streifen sich die ersten Volkswirte die Trauerbinde ab. Eine Rezession befürchten viele nach ersten Berechnungen nicht mehr, vielleicht habe Katrina sogar einen positiven Effekt.

Eine solch radikale Formulierung ist natürlich gewagt – und moralisch nicht vertretbar. Doch verbirgt sich hinter ihr ein Grundoptimismus, den die Wall Street seit Jahren zur Schau stellt. Immerhin: Während in New Orleans die ersten Pumpen angesprungen sind, die in vielleicht wochenlanger Arbeit die Stadt trockenlegen sollen, und während Hunderttausende Menschen aus ihren Häusern vertrieben sind, Angehörige suchen und sich auf grausige Szenarien in einer von Stadt voller Leichen gefasst machen, legten die US-Börsen zum Wochenbeginn dreistellig zu. Am Mittwoch handeln die Indizes erneut im Plus.

Im Prinzip ist zu hoffen, dass die Vertriebenen aus New Orleans keine Möglichkeit haben, das Treiben am US-Aktienmarkt zu verfolgen – es müsste ihnen als ein Schlag ins Gesicht vorkommen. Doch immerhin kommen auch die Betroffenen langsam zu Geld: Die Regierung hat am Mittwochmittag im Astrodome von Houston begonnen, Geldkarten über 2000 Dollar zu verteilen, mit denen die Opfer von Katrina zumindest Kleidung und Lebensmittel kaufen können. Darüberhinaus sind Versicherungen und Krankenkassen vor Ort und die Betreuung der Opfer verbessert sich stündlich.

Doch zurück zur Wirtschaft und zu einem zumindest auf den ersten Blick schwer nachvollziehbaren Optimismus der Volkswirte. Die anerkennen schlechtes Timing von Katrina, die den Wirtschaftsstandort USA gerade in einer Zeit heimsuchte, als das Wirtschaftswachstum ohnehin langsamer wurde und einige Beobachter schon das böse „R-Wort“ im Mund hatten.

Doch sieht man in Katrina keinen Auslöser für eine Rezession, wie Robert Allsbrook von der AmSouth Bank meint, der die Wirtschaft in den Südstaaten beobachtet. Auch Sherry Cooper vom kanadischen Brokerhaus Nesbitt Burns sieht „wenig Risiko für eine Rezession“, und Economy-com-Experte Mark Zandi sagt ebenfalls: „Es scheint sehr unwahrscheinlich, dass Katrina eine Rezession auslösen könnte.“

Damit widersprechen namhafte Volkswirte den ersten Befürchtungen des Marktes – aber mit gutem Grund: Während sich der Hurrikan negativ auf das dritte und vierte Quartal niederschlagen dürfte, könnte er nach verbreiteter Meinung nämlich ausgerechnet im ersten Halbjahr des nächsten Jahres für Schwung sorgen. Experten hatten vor Katrina befürchtet, dass ab Januar das Wirtschaftswachstum bedenklich zurückgehen werde. Ein Wiedererwachsen der Region um New Orleans könnte diesen Trend umkehren.

Zudem machen die Experten von Standard & Poor’s eine einfache Rechnung auf: Chef-Volkswirt David Wyss glaubt nämlich, dass die gewaltigen Investitionen nach Katrina – immerhin müssen nicht nur Häuser, sondern eine ganze Infrastruktur mit Straßen, Brücken, Dämmen, Strom- und Wassernetzen repariert werden – den Ausfall wirtschaftlicher Aktivitäten direkt nach der Katastrophe wettmachen dürfte.

Zudem weisen einige Experten darauf hin, dass Katrina die Notenbank beeinflussen könnte. Schon seit Tagen debattieren Fed-Kenner darüber, ob Alan Greenspan & Co. beim nächsten Treffen Mitte des Monats die Zinsanhebungen für zumindest einen Monat unterbrechen werden. Niedrigere Zinsen hätten wiederum positive Auswirkungen auf die US-Wirtschaft, vor allem auf den Wachstumssektor Immobilien.

Eine Sorge indes teilen auch die Optimisten unter den Volkswirtschaftlern. Der Verbraucher ist alles andere als stabil. Überschuldet und von hohen Ausgaben für Benzin und Heizöl geplagt wird er eines Tages kollabieren. Das wäre umso schlimmer für das System USA, als es zu zwei Dritteln durch Konsum getragen wird. Entsprechend vorsichtig und mit Vorbehalt formulieren die Experten ihre Prognosen. Die optimistischeren können nur zutreffen, so die vorherrschende Meinung, wenn zumindest die Energiepreise wieder sinken.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.

Starlight 08-09-2005 20:21

Apple’s jüngster Coup: Klein, Kleiner, Mini, Nano…

Die Schlagzeilen an der Wall Street gehören auch in der zweiten Wochenhälfte Katrina, und Katrina allein. Das ist typisch für die amerikanischen Medien, die sich stets auf ein Großereignis konzentrieren, als stüne rundherum die Welt still. Nur einem gelingt es, Katrina für einen Moment aus den News zu schieben: Steve Jobs, dem CEO von Apple.

Als einer der charismatischsten CEOs in Corporate America hat sich Steve Jobs schon immer die Aufmerksamkeit der Medien gesichert. Jede Pressekonferenz des Mannes, der mit Apple und dem Trickfilmer Pixar zwei der interessantesten US-Unternehmen führt, jede Neuvorstellung eines Films, Computers oder sonstigen Gadgets wird von einem wahren Pressezirkus begleitet – meist zurecht, wie im Nachhinein Analysten und letztlich der Aktienkurs bestätigen.

In dieser Woche schlug Jobs gleich zweimal zu. Da war zum einen ein Product-Launch in Kooperation mit Motorola, der Apple in ein ganz neues Segment bringt. Die beiden Unternehmen werden am dem Wochenende ein neues Handy auf dem Markt haben: den Motorola ROKR – sprich: „Rocker“. Das Mobiltelefon ist mit der Musikdatenbank iTunes gekoppelt, hält 100 Songs und präsentiert diese über Speziallautsprecher in Stereo. Dann läuft es auch noch länger als herkömmliche Handys, wofür neue, langlebigere Batterien sorgen.

Die Deutsche Bank ist begeistert. Wieviele ROKRs Apple und Motorola absetzen könnten, hänge nicht von der Nachfrage ab, sondern von der Produktionsgeschwindigkeit – von solchen Rahmenbedingungen träumt wohl jedes Unternehmen.

Doch war der ROKR noch nicht einmal Apples wichtigste Innovation der Woche, wie sich am Mittwochabend zeigen sollte. „Das ist die Hosentasche, in der bisher der iPod steckte“, erklärte Jobs den Jeansträgern bei einer Tagung in San Francisco. „Haben Sie sich schon einmal gefragt, wofür die andere Tasche ist“, fuhr er fort mit Griff an die kleinere Tasche, in die bislang mancher lässig den Daumen hakte und die für die meisten doch nicht mehr als eine modische Applikation war. Jobs’ Erklärung: „Die ist für den iPod Nano.“

Dieser iPod Nano soll ab sofort den iPod Mini ersetzen, den beliebtesten Spieler der Baureihe, die den mp3-Markt seit Jahren klar dominiert. Dünner als ein Bleistift und etwa kreditkartengroß hält der iPod Nano doch erstaunliche 1000 Songs und verfügt über dasselbe Steuerrad und dieselben Funktionen wie seine großen Brüder. An Eleganz ist der Zwerg nicht zu überbieten, und dass der neue ein Renner sein wird, ist auf den allerersten Blick klar.

Wie sich der Kleine auf die Bilanzen von Apple niederschlagen wird, bleibt indes abzuwarten. Teurere Komponenten drücken die Margen des Nano unter die bisherigen Werte, an die Apple mit den übrigen iPods gewöhnt war. Zudem ist in Zahlen schwer auszudrücken um wieviel Prozent der Nano zum einen den Markt für mp3-Spieler und zum anderen die Marktanteile der Jobs-Schmiede darin ausweiten kann.

Sicher ist hingegen, dass exklusiver Kontent von Madonna und ein nicht minder exklusives Abkommen mit Harry-Potter-Autorin J.K. Rowling nur helfen können, den Nano in Rekordzeit zum heißesten Gadget des schon bald beginnenden Weihnachtsgeschäfts werden zu lassen. In ein paar Monaten wird sich dann auch zeigen, welches der beiden Modelle besser ankommt: Die 1000-Song-Version mit einem 4GB-Speicher soll 249 Dollar kosten, das 2GB-Modell mit einer Kapazität von 500 Songs soll es für 199 Dollar geben.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 09-09-2005 00:06

Charttechnik
Aktien müssen Federn lassen
Von Mark Arbeter

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http://www.faz.net/aktuell/finanzen/...n-1256066.html

Starlight 09-09-2005 20:27

Langsamer Fortschritt mit Öl, Gas und Strom

Am zehnten Tage… geht das Aufräumen weiter. In New Orleans werden die letzten Einwohner mit Gewalt vertrieben, um Krankheiten zu vermeiden. Die Pumpen drücken weiter Wasser aus der Stadt, und hunderte Unternehmen arbeiten an der Infrastruktur. Die Energieunternehmen legen eine erste Bilanz vor.

Was Öl- und Gas-Produzenten sowie die Stromversorger vor dem Wochenende berichten, hört sich allerdings nicht ganz so optimistisch an, wei sich noch vor wenigen Tagen hatte vermuten lassen. Da hatten nämlich Schlagzeilen die Runde gemacht, wonach die Reparaturen schneller vorankämen als erwartet – mittlerweile stottern nur noch vereinzelt Erfolgsmeldungen über die Ticker. Ein Überblick:

Der Stromversorger Mississippi Power, ein Tochterunternehmen der börsennotierten Southern Co., hat die Zahl der Kunden ohne Saft von anfangs 2,7 Millionen auf nur noch 689 000 gesenkt. Diese übrigen werden aber mindestens bis Sonntag warten müssen, bis auch in ihren Häusern wieder Strom aus der Steckdose kommt. Von den Kunden, die sich auf den Konkurrenten Entergy Corp. verlassen haben, waren anfangs 1,1 Millionen ohne Strom, jetzt sind es nch 363 000.

Unter den Kunden, denen der Saft fehlt, sind zahlreiche Unternehmen – auch aus der Öl-Branche. Das ist wiederum ein Problem nicht nur für die Unternehmen und deren Aktionäre, sondern auch für den Verbraucher, dem die mangelnden Raffinerie-Kapazitäten weiterhin den Benzinpreis in die Höhe treiben.

Die größte vom Stromausfall nach Katrina betroffene Raffinerie ist eine Anlage von ChevronTexaco in Pascaguola, Mississippi, in der vor dem Sturm täglich 325 000 Fass Rohäl auvereitet wurden. Diese Raffinerie ist allerdings nicht mit einer Reparatur des Stromnetzes alleine gerettet. Nach einem Deichbruch sind weite Teile der Anlage überflütet und beschädigt. Nach Auskunft des Managaments wird es mehrere Tage dauern, bis Pascaguola wieder Benzin ausspuckt.

Noch länger dürfte es dauern die anderen Anlagen im Katastrophengebiet zu reparieren, da die Betreiber teilweise große Schäden melden. Eine davon ist die Belle-Chasse-Raffinerie von ConocoPhillips, die normalerweise 247 000 Fass Öl pro Tag verarbeitet, eine andere ist Chalmette von ExxonMobil, dessen Kapazität 187 200 Fass pro Tag beträgt. Weitere 120 000 Fass pro Tag gehen verloren, so lange Meraux von Murphy Oil nich am Netz ist.

Etwas besser sind die Nachrichten um eine Raffinerie von Shell/Motiva. Noch am Wochenende könnte dort die Arbeit wieder aufgenommen werden, heißt es aus dem Management, das vor dem Sturm die Aufbereitung von 226 500 Fass Öl pro Tag überwachte.

Gute Nachrichten gibt es auch vom Louisiana Offshore Oil Port. Der größte amerikanische Importhafen für Öl hat 75 Prozent seiner Kapazität wieder hergestellt, und will ab nächster Woche mit der Inbetriebnahme von Port Fourchon wieder auf vollen Touren arbeiten können. Durch den Hafen gehen fast eine Million Fass Öl pro Tag, er ist damit einer der wichtigsten Teile der Energie-Infrastruktur und soll auch die Vorräte aufnehmen, die Europa und Japan den Amerikanern infolge der Krise zur Verfügung gestellt haben.

Weniger gut hört sich an, was die Öl-Unternehmen über die Arbeiten vor der Küste berichten. Die Inspektion der Pipelines zwischen Öl-Plattformen und dem festland hat länger gedauert als erwartet. Mittlerweile wird zwar wieder gefördert, es werden aber lediglich 901 726 Fass Öl pro Tag gezählt. Das sind 60 Prozent der Kapazität von 1,5 Millionen Fass pro Tag, die vor Katrina bestanden hatte.

Unverändert fällt seit zwei Tagen die Lage bei den Erdgas-Förderern aus. Die schaffen zur Zeit 113 Millionen Kubikmeter Gas und damit 40 Prozent der Kapazität.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 12-09-2005 20:21

Wer steht schon gerne zwischen zwei Fronten?

Nachdem sich Siebel Systems viele Jahre gegen eine Übernahme gewehrt hat, scheint die Schlacht nun endgültig verloren.

Zerrieben zwischen SAP und Oracle muss der Firmengründer Thomas Siebel einlenken und die weisse Fahne hissen. Gewinneinbrüche und stetig sinkende Marktanteile zwingen den Spezialisten für Kundenmanagement-Software vor den Traualtar. Die einst widerspenstige Braut muss Oracles Larry Ellison das Ja-Wort geben.

Berücksichtigt man die hohen Barreserven von Siebel Systems, liegt das Preisschild bei letztendlich 3,65 Milliarden Dollar. Daran gemessen werden die Aktionäre voraussichtlich mit einem Kursaufschlag von 17 Prozent abgefunden. Ganz zur Freude der Analysten soll die Transaktion großenteils in Bar abgewickelt werden.

Um den Ertrag pro Aktie nicht unnötig zu verwässern, sollen nur bis zu 30 Prozent der ausstehenden Siebel-Aktien für einen Umtausch in Frage kommen. Oracle plant im Gegenzug die gleiche Anzahl eigener Aktien durch Rückkäufe vom Markt zu nehmen. Nicht zuletzt deshalb wird sich die Kombination bereits im Fiskaljahr 2007 auf das Gewinnwachstum vorteilhaft auswirken.

Im Gegensatz zur feindlichen Übernahme von PeopleSoft ist dieses Mal mit keinen kostspieligen Komplikationen zu rechnen. Neben dem Aufsichtsrat hat auch Thomas Siebel seinen Segen gegeben. Eine schwierige Entscheidung, kehrt der eigensinnige Enterpreneur nach fünfzehn Jahren doch zu seinem ehemaligen Arbeitgeber zurück. Ein klares Indiz dafür, dass Siebel Systems mit dem Rücken zur Wand steht.

Weder die Pläne einer Privatisierung konnten umgesetzt werden, noch liess sich ein weißer Ritter finden. „SAP hat zu keinem Zeitpunkt an einer Hochzeit Interesse gehabt”, winkt der deutsche Rivale ab.

Oracle hat Siebel wohlgemerkt nicht aus Mitleid geschluckt, sondern aus stragischen Gründen. Durch die Hochzeit wird ein Konkurrent aus dem Weg geräumt und eine wichtige Geschäftslücke geschlossen. Der Bereich Kundemanagement-Software galt bisher als Schwachpunkt des Konzerns.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 13-09-2005 23:38

Ford ist Hertz-los

Scheidungen haben für gewöhnlich kein Happy End. Zu den wenigen Ausnahmen gehört die Trennung von Ford und Hertz.

Für 5,6 Milliarden Dollar geht das beste Pferd im Stall an Clayton Dubilier & Rice, die Carlyle Group und Merrill Lynch Global Private Equity. Die Investorengruppe übernimmt außerdem 10 Milliarden Dollar an Verbindlichkeiten.

Auch wenn der Kaufpreis lediglich im Mittelfeld liegt, kann Ford zufrieden sein. Das Management kann sich fortan auf das schwierige Kerngeschäft mit Autos konzentrieren. Die seit dem ersten Quartal von 22,9 auf 21,8 Milliarden Dollar abgesackten Barreseven werden auch aufgebessert.

Als wahrer Gewinner der Transaktion dürfte sich allerdings Hertz entpuppen. Logik statt Hilfsaktion lautet das neue Motto. Befreit von den lästigen Fesseln des angeschlagenen Auto-Konzerns darf sich die weltgrößte Autovermietung auf bessere Aussichten freuen. Mit der zunehmenden Unabhängigkeit steigt die Handlungsfreiheit des Managements.

Statt sich um das Wohl der kranken Mutter kümmern zu müssen, rückt das hauseigene Ertragswachstum in den Vordergrund. Nicht nur die angebotene Fahrzeugflotte kann unabhängiger gestaltet werden, auch sinnvollere Mietpreise werden ermöglicht.

Teure Autos zu übertrieben tiefen Schleuderpreise gehören der Vergangenheit an. Ein gut geöltes Unternehmen, mit einem seit Jahren erfolgreichen Management. „Unmittelbare Veränderungen in der Führungsetage sind nicht geplant”, erklären die frisch gebackenen Eigentümer.

Während Fords Schicksal ungewiss bleibt, steht bei Hertz eine Frage im Vordergrund: Werden der Autovermietung mehr Schulden aufgehalst? Derartige Übernahmen werden häufig auf Kosten des Unternehmens finanziert. „Kommt es dazu, droht die Bonität auf Müll zu sinken”, mahnt die Ratingagentur Moody’s Investors.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.

Starlight 14-09-2005 07:38

Starker September für Aktien
Von Mark Arbeter, technischer Chefstratege bei S&P

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http://www.faz.net/aktuell/finanzen/...n-1259064.html

Starlight 14-09-2005 20:16

Bilaterale Gespräche ohne Folgen

Dass George W. Bush von den Vereinten Nationen nicht viel hält, ist kein Geheimnis.

Dass viele Protestanten vor dem UN-Hauptquartier in New York nicht viel von Bush halten, auch nicht. Dennoch sprach der US-Präsident am Dienstag zur Vollversammlung, und nebenbei nutzte er den Gipfel zu bilateralen Gesprächen.

Für manche Randbegegnung während des Gipfels interessiert sich auch die Wall Street. Zum Beispiel für ein Treffen, das Bush mit dem chinesischen Präsidenten Hu Jintao hatte. Die US-chinesischen Beziehungen stehen dauernd im Mittelpunkt des Interesses für alle, die an langfristigen Konjunkturprognosen interessiert sind. Denn für die ist das US-Handelsbilanzdefizit wichtig, das mit keinem Land so groß ist und so schnell steigt wie mit China.

Erst im Juli musste das Handelsministerium in Washington einen neuen Rekordwert verkünden: Das Defizit war allein auf Monatssicht auf 17,7 Milliarden Dollar gestiegen. In 2004 hatte das Defizit 162 Milliarden Dollar betragen, im Jahr zuvor 125 Milliarden Dollar – allein das entsprach einem Anstieg um fast 30 Prozent, woran einerseits die explodierenden Textil-Importe schuld sind, im Grunde aber vor allem der Hunger amerikanischer Konsumenten nach immer mehr Ware, die so billig wie in China im eigenen Land nie hergestellt werden könnte.

China will nun, so scheint das Treffen von Bush mit Hu ergeben zu haben, an einer Reduzierung des Defizits arbeiten. „Ich will betonen, dass China keineswegs ein explizites Interesse daran hat, einen Handelsbilanzüberschuss mit den USA zu etablieren“, so der chinesische Präsident fast entschuldigend. Man wolle künftig gerne mehr US-Ware importieren, um die Bilanz etwas mehr auszugleichen. Allgemein seien „die guten Beziehungen der beiden Länder eine Situation, in der beide Seiten gewinnen.“

Wenn die Wall Street die bilateralen Gespräche zwischen Bush und Hu nicht weiter zur Kenntnis nimmt, dann darf das nicht überinterpretiert werden. Auf dem Parkett ist man an einer Reduzierung des Defizits natürlich höchst interessiert. Allein, wie sehr sich Bush dafür einsetzen wird, ist unklar, zumal es bei den jüngsten Gesprächen nicht alleine um wirtschaftliche Belange ging. Auch auf der Tagesordnung: Die multilateralen Verhandlungen, die China und die USA gemeinsam mit Russland, Japan und Südkorea mit der Atommacht Nordkorea führen. Da geht es um die Bedrohung, die ein Mitglied der „Achse des Bösen“ der Welt sein könnte. Und dass solche Fragen Bushs wahres Steckenpferd sind und den Texaner eher aufregen als Verhandlungen über Defizite – auch das ist kein Geheimnis.


Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.

Starlight 15-09-2005 20:21

Nach Katrina kommen die Betrüger



Der Hurrikan war eine Frage von Stunden, nach zwei Tagen gaben die Deiche nach. Anhaltender als die Katastrophe selbst sind die Folgen, und auch nach Katrina machen sich zweierlei bemerkbar. Auf der einen Seite sieht man eine Welle der Hilfsbereitschaft, auf der anderen Seite scheint es jetzt die ersten Betrüger zu geben, die mit Katrina Geld machen wollen.

Am meisten Geld, das haben mittlerweile auch die Schurken erkannt, lässt sich gar nicht vor Ort machen – bei den meisten Vertriebenen ist ohnehin nichts zu holen. Lukrativer ist da der Betrug an der Börse, und vor ersten Signalen aus der Unterwelt warnt nun die Commodity Futures Trading Commission (CFTC), die Aufsicht über den Rohstoff- und Warenterminmarkt hat.

Dieser Bereich wird im täglichen Handel nur von einigen Experten verfolgt, von Ausnahmen abgesehen. Seit geraumer Zeit bestimmt der Ölpreis weitgehend den Handel, und auch der Wert der Feinunze Gold ist für den normalen Anleger immer wieder von Interesse. In den letzten Tagen indes richteten sich immer mehr Blicke auf die Warenterminbörsen: Infolge des Hurrikans an der Golfküste bewegten sich plötzlich die Preise von Importgütern wie Kaffee und Schokolade, von Exportgütern wie Mais und Soja, aber auch von allerlei anderen, teils landwirtschaftlichen Gütern. So wurde Mitte vergangener Woche berichtet, dass die Truthahnpreise nach Katrina steigen dürften, was mit einigen zerstörten Farmen zu tun hat und den Verbraucher am Thanksgiving-Wochenende belasten wird.

Das plötzliche Interesse an Warentermingeschäften scheinen Betrüger nun zu nutzen, wie die Behörden mitteilen. So seien erste Werbebotschaften – per Email, Telefon und Fax – aufgetaucht, in denen Firmen auf todsichere Gewinne im Zusammenhang mit dem Hurrikan hinweisen. Es wird für Anlagen in Öl und landwirtschaftlichen Güter geworben, was vor allem nach dem jüngsten Medieninteresse an dem Sektor manchen Investor verführen könnte.

„Sämtliche Anzeigen, in denen es um Katrina-Profite geht, sind mit größter Wahrscheinlichkeit betrügerisch“, statuiert nun die CFTC. Der Hurrikan habe den Rohstoffmarkt zwar gründlich in Schwung gebracht, er sei aber keinesfalls berechnbar geworden. Im Gegenteil: Naturkatastrophen wie der jüngste Hurrikan rufen stets Spekulanten auf den Plan, die eher für eine Destabilisierung der Märkte sorgen als für erhöhte Gewinnchancen.

Die CFTC kündigt an, Betrüger scharf zu verfolgen und zu ahnden. Gesetze hat man zuhauf in der Hand, um Bösewichte hinter Schloss und Riegel zu bringen. So ist es Brokern verboten, in ihrer Werbung die Proditabilität möglicher Investitionen zu übetreiben oder Gefahren einer Geldanlage herunterzuspielen. Genau dies dürfte aber der Fall sein, wo Beratungsfirmen das schnelle Geld dank einer Naturkatastrophe versprechen. Naturkatastrophen sind in einem Gesetz sogar spezifisch erwähnt: So ist es generell verboten, erhöhte Gewinnchancen nach solchen Ereignissen oder auf der Basis saisonaler Einflüsse oder globaler Konflikte zu versprechen.

An der Börse stößt die Behörde auf Zustimmung von allen Seiten. Tim Evans, ein Analyst beim Brokerhaus IFR Markets, lobt das Engagement der CFTC, obwohl er selbst noch nicht auf unseriöse Angebote gestoßen sein will. „Im Zweifelsfall schlagen sich viele Firmen im Gespräch mit Kunden auf die Seite eigener Profite“, erklärt er. Wer sich im Markt nicht auskenne, mache mit größter Wahrscheinlichkeit Verluste – unabhängigen Studien zufolge 85 bis 90 Prozent. „Im Warentermingeschäft lässt sich mit Brokergebühren mehr verdienen als mit der Investition direkt“, so Evans.

Dass das nicht allzu oft passiert, will die CFTC garantieren – auch jetzt, wo sich erneut Betrüger ans Werk machen. Erfolg dürfte man dabei mit einem Merksatz haben, den die Behörde genau so gerne zitiert wie zahlreiche andere Verbraucherschützer: „Wenn ein Angebot zu schön ist um wahr zu sein, dann ist es wahrscheinlich auch nicht wahr.“


Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.

crazy_coco 16-09-2005 14:22

News


Katrina: Folgen machen sich bemerkbar

Auch an anderer Stelle machen sich die Folgen bemerkbar. Der Stahl-Konzern AK Steel wird die Verkaufspreise in der kommenden Woche um 10 Prozent anheben. Schuld daran seien die gestiegenen Transport- und Treibstoffkosten. Eine Nachricht, die Alan Greenspan nicht gern hört, scheinen doch die Risiken von Inflation zuzunehmen.

Mit deutlichen Kurseinbrüchen muss auch CEC Entertainment leben. Die Restaurant-Kette beklagte schleppende Umsätze, verursacht durch die hohen Benzinpreise. Außerdem musste wegen des Sturms einige Standorte zeitweise geschlossen werden.


© Wall Street Correspondents Inc.

Starlight 18-09-2005 08:15

Schwere Zeiten für Konjunktur-Optimisten

Schon wieder ein Tiefschlag für die amerikanische Konjunktur: Mit 76,9 Punkten lag der Index der Uni Michigan zum Verbrauchervertrauen deutlich unter den Erwartungen. Auch die US-Leistungsbilanz enttäuschte.


Analysten hatten den vorläufigen Wert für September im Schnitt auf 85 Zähler geschätzt. Im August hatte der viel beachtete Index noch einen Wert von 89 Punkten erreicht.

Ganz unvorbereitet trifft dieser Einbruch die Märkte allerdings nicht. Denn zuletzt hatten einige Beobachter - vor allem nach dem schwachen Konjunkturindex der Notenbank von Philadelphia am Donnerstag - einen wesentlich stärkeren Rückgang für möglich gehalten. Das Wachstum des Verarbeitenden Gewerbes in der Region um Philadelphia war entgegen den Analystenerwartungen im September offenbar fast zum Stillstand gekommen.

USA bekommen Leistungsbilanz nicht in den Griff
Doch auch schon vor dem Wirbelsturm "Katrina" ließ die Dynamik der amerikanischen Wirtschaft zu wünschen übrig, wie das Defizit in der US-Leistungsbilanz im zweiten Quartal 2005 zeigt.

Dieses ging weniger als erwartet zurück. Der Fehlbetrag lag bei 195,66 Milliarden Dollar, teilte das US-Handelsministerium in Washington um 14:30 Uhr mit. Analysten hatten im Schnitt einen stärkeren Rückgang auf 193,0 Milliarden Dollar erwartet.

Im ersten Quartal hatten sich die Vereinigten Staaten ein Rekorddefizit von revidiert 198,7 (ursprünglich 195,1) Milliarden Dollar geleistet. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt lag das Defizit im zweiten Quartal bei 6,3 Prozent.

Die Leistungsbilanz umfasst sämtliche Handelstätigkeiten der USA mit dem Ausland. Das hohe amerikanische Leistungsbilanzdefizit gilt als eines der größten Risiken für die Weltwirtschaft, da die USA zur Finanzierung des wachsenden Fehlbetrags immer mehr ausländisches Kapital benötigen. Kämen diese Zuflüsse ins Stocken, würde eine massive Dollar-Abwertung drohen (vgl. den Beitrag "Das Bibbern nach dem großen Sturm").

Euro schlecht in Form
Der Euro konnte allerdings von den Daten nicht profitieren – gegenüber dem Dollar driftete er wieder in Richtung der 1,22-Dollar-Marke ab. Devisenhändler machen dafür die Unsicherheit vor den deutschen Bundestagswahlen verantwortlich.

Besonders die angelsächsischen Investoren hielten sich beim Euro zurück, nachdem die jüngsten Wahlumfragen ein Kopf-an-Kopf-Rennen des bürgerlichen und des linken Lagers vorausgesagt hatten.

Setzt die Fed ihren Zinskurs fort?
Mit den heutigen Daten werden die Fragezeichen größer, ob die Fed ihre Zinszügel am Dienstag tatsächlich weiter anzieht. Noch immer gehen die "Fed-Watcher" genannten Volkswirte mehrheitlich davon aus, dass die Fed den Leitzins nächste Woche weiter auf dann 3,75 Prozent erhöhen wird.

Angesichts der unübersehbaren Bremsspuren in der US-Konjunktur, die sich auch schon vor "Katrina" angedeutet haben, wird das Lager der Zweifler aber größer.

Quelle: ARD online

Starlight 19-09-2005 20:37

„Koz“ und Swartz gehen hinter Gitter

Einer der Aufsehen erregendsten Betrugsfälle, die die Wall Street in den letzten Jahren verfolgt hatte, ist zu Ende: Der ehemalige Tyco-Chef Dennis Kozlowski und sein Finanzchef Mark Swartz wurden am Montagmittag in Handschellen aus dem Gerichtssaal geführt, ihre 25-jährige Haftstrafe begann sofort.

Dass der Gerichtssaal in Downtown Manhattan bis zum Bersten gefüllt war, überraschte niemanden. Der Tyco-Skandal war einer der aufregendsten Fälle selbst an der Wall Street, wo man in den vergangenen Jahren soch so manchen großen Dienstahl und manchen langen Prozess mitverfolgt hat. Doch selbst in einem Umfeld von Enron und WorldCom war der Fall Tyco etwas besonderes. Denn nirgendwo sonst manifestierte sich so bunt die blanke Gier, die Kozlowski und Swartz kriminell werden ließ.

Unvergessen sind die Bilder von einer Geburtstagsparty, die Kozlowski auf Firmenkosten seiner Frau Karen ausrichten ließ. Transport und Unterbringung von hunderten von Gästen nach Sardinien, eine römisch inspirierte Orgie samt halbnackter Gladiatoren und der Musik von Party-Legende Jimmy Buffet kosteten den NYSE-notierten Konzern mehrere Millionen Dollar. Ein Duschvorhang für 6000 Dollar in der Wohnung des CEO war ebenso in den Schlagzeilen wie der noch teurere Schirmständer. Und über den illegalen Transfer einiger Kunstwerke über verschiedene Tyco-Niederlassungen, mit dem Kozlowski die Steuer umgehen wollte, las man auch in epischer Breite.

Das Interesse der Bevölkerung an einer Verurteilung Kozlowskis war umso höher als ein erster Prozess vor einem Jahr ohne Urteil endete. Es war einer jener Fälle, in denen Otto Normalverbraucher und Experten in Wirtschaft und Recht gemeinsam am Sinn des Geschworenen-Systems zweifeln. Eine einzelne, ältere Dame in der Laien-Jury hatte im ersten Prozess die Schuld der Tyco-Chefs nicht erkannt, womit ein einstimmiges Urteil passe und eine Strafe für Kozlowski erst einmal vom Tisch waren.

Dass Kozlowski nun für bis zu 25 Jahre hinter Gitter muss – auch wenn er theoretisch nach einem Drittel der Zeit begnadigt werden könnte –, ist Beobachtern umso wichtiger, als der Tyco-Prozess der erste auf Staats-Ebene war. Die 25-jährige Gefängnisstrafe für den WorldCom-Chef Bernie Ebbers war ebenso wie die 15-Jahres-Strafe für den Adelphia-CEO John Rigas von Bundesrichtern gegeben worden – jetzt sind Beobachter beruhigt darüber, dass die staatlichen Stellen ebenso harsche Strafen geben.

Apropos harsch: Mitleid hat kaum jemand mit Kozlowski und Co. In einer CNN-Umfrage direkt nach der Erklärung des Strafmaßes urteilten 66 Prozent der Befragten, dass „Koz“ noch viel zu gut weggekommen sei. 30 Prozent finden, dass die Strafe angemesen ist und nur 4 Prozent hätten den ehemaligen Tyco-Chef weniger hart angefasst.

Das könnte damit zusammenhängen, dass sich Kozlowski und Swartz bis zuletzt keiner Schuld bewusst waren. Im Gegenteil: Noch am Montagmorgen hatte der Hauptangeklagte mit dem zuständigen Richtger verhandelt und gebeten, man möge bei der Einschätzung des Strafmaßes doch auch beachten, wieviele gute Taten und vor allem Spenden er in den letzten Jahren gegeben habe. Da diese aber von den rund 600 Millionen Dollar bezahlt wurden, die Kozlowski und Swartz ihrem Unternehmen geklaut hatten, scheint der Richter durch das Last-Minute-Geplärr nicht mehr zu beeindrucken gewesen sein.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.

Starlight 20-09-2005 17:40

„Katrina war’s“ - Plumpe Ausrede zieht nicht

Wer am Dienstag zwischen dem Börsensender CNBC, dem Nachrichtenkanal CNN und dem Weather Channel hin und her schaltet, merkt nicht auf den ersten Blick einen Unterschied. Nach Katrina beansprucht mit Rita schon der zweite Hurrikan Sendezeit rund um die Uhr, doch wird die Prominenz der Wirbelstürme manchmal mißbraucht.

Gleich vier Unternehmen haben am Dienstag Gewinnwarnungen für das laufende Quartal ausgesprochen und die schwachen Aussichten mehr oder weniger auf Katrina geschoben. Unglücklicherweise äußerte sich allerdings fast gleichzeitig der Konsumriese Procter & Gamble, und dort hält man an den aktuellen Umsatz- und Gewinnprognosen fest.

Das ist umso interessanter, als das Unternehmen unmittelbar nach dem Unwetter durchaus pessimistischer geklungen hatte. Immerhin schadete Katrina den Kaffee-Ablegern Folger’s und Millstone, denen tonnenweise Röstgut verloren ging. Zudem leidet man in der Kaffee- und in anderen Sparten unter den hohen Rohstoffpreisen und nicht zuletzt unter dem Katrina-Aufschlag auf Öl. Zu guter Letzt hat P&G in der Gegend um New Orleans auch noch vier Werke mit 560 Angestellten. Allein: Die 1 bis 2 Cent, die Katrina das Unternehmen kosten werde, könne man mit einem allgemeinen Umsatzplus in anderen Bereichen wieder ausgleichen, heißt es.

Solche Töne will die Wall Street hören, für die Aktie von Procter & Gamble geht es am Dienstag um 1,5 Prozent hinauf.

Doch kommen wir zu den vier anderen Katrina-Aktien im Dienstagshandel. Da wäre zum einen der Kosmetikkonzern Estee Lauder. Das Unternehmen will Anlegern tatsächlich weis machen, dass ein unerwartet deutlicher Umsatzeinbruch vor allem mit dem Hurrikan an der Golfküste zusammenhängt, und dass man nun „bedeutend weniger Gewinn machen“ werde als im Vorjahresquartal. Hätte man die Quartalswarnung mehr mit den hohen Öl- und Benzinpreisen und der sinkenden Konsumlust der Verbraucher begründet, stünde die NYSE-notierte Aktie vielleicht nicht mit 10 Prozent im Minus.

Um ganze 16 Prozent verschlechtert sich der Chemiker Chemtura. Der wird nach eigenen Angaben im laufenden Quartal etwa 40 Millionen Dollar weniger einnehmen als ursprünglich erwartet. Man begründet das zu 60 Prozent mit der schwachen Nachfrage nach Verbraucherprodukten, Polymer-Stabilisatoren und anderen Spezialmitteln. Zu 15 Prozent sei aber Katrina schuld, heißt es ohne weitere Erklärung, und das ist der Wall Street nicht genug.

Nicht nachvollziehbar ist eine Gewinnwarnung von Brunswick, dem Hersteller von Bootsmotoren, Bowlinganlagen und Billardtischen. Die dreiste Absicht des Managements, die schwache Nachfrage nach solchen Produkten mit dem durch Katrina gedrückten Verbrauchervertrauen zu begründen, kostet die Aktie 10,5 Prozent.

Den Vogel abgeschossen hat aber Tempur-Pedic. Der Matratzenhersteller handelt mit einem Abschlag von 24 Prozent und hat das wohl weniger der Gewinnwarnung als der mitgelieferten Begründung zuzuschreiben. Dabei kreidet man das schlechte Quartal gar nicht nur Katrina an, der Hurrikan ist nur das dritte Argument in einer absurden Reihe von Entschuldigungen.

Da wären zum einen die lukrativen Sonderangebote der Autohersteller, die Verbraucher vom Matratzenkauf abgehalten hätten, heißt es. Dass die Mehrheit der Amerikaner nun also abends die Autositze ausbaut um darauf zu nächtigen, will indes die Wall Street nicht glauben. Oder ist es vielleicht so, dass der Hurrikan die Amerikaner dazu gebracht hat, forthin gleich im Auto zu schlafen, um im Falle einer Evakuierung schneller fahrbereit zu sein?

Die Wall Street glaubt auch das nicht, und ebensowenig, dass das Verbrauchervertrauen die Umsätze gedrückt haben soll. Matratzen gehören eigentlich nicht zu den Produkten, die besonders stimmungsabhängig sind. Nun, Katrina wird es auch nicht gewesen sein, und erst ein vierter Punkt wird an der Börse anerkannt: der hohe Konkurrenzdruck. Der kommt nicht nur von anderen, besser gemanagten Herstellern wie Serta und Sealy, sondern auch von chinesischen Firmen, die den nur zum Teil patentierten Aufbau der hochwertigen Tempur-Pedic-Matratzen einfach nachbauen. Solche Konkurrenz dürfte dem Matratzenhersteller langfristig den Schlaf rauben.

Gut zu wissen, dass auch die Wall Street nicht schläft. Nach dem Hurrikan – und vor Ankunft des nächsten – hat man zumindest ein wachsames Auge und nimmt Gewinnwarnungen streng auseinander. Unternehmen, die ihre schwachen Geschäfte einfach auf das Wetter schieben, kommen damit nicht durch.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.

Starlight 20-09-2005 17:48

Warnsignale für Aktien
Von Mark Arbeter, technischer Chefstratege bei S&P

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http://www.faz.net/aktuell/finanzen/...n-1255737.html

Starlight 21-09-2005 20:23

GM bleibt auf dem Pannenstreifen

Optimismus ist bei General Motors längst zu einem Fremdwort geworden. Der Autokonzern hat zu lange auf dem Pannenstreifen gesessen, als dass man die Konkurrenz jetzt noch einholen könnte. Zur Wochenmitte stellt GM neue SUV-Modelle vor, rechnet aber nicht mehr damit, dass diese für eine Trendwende sorgen.

Dass sich GM von seinen neuen Modellen – unter klangvollen Namen wie Yukon Denali und Escalade – selbst nicht mehr verspricht als jetzt bei einer Pressekonferenz bekannt wurde, ist fast schon ein bisschen tragisch. Denn die eigentliche Ursache für den stagnierenden Verkauf der durstigen Familienschiffe hat der einst weltgrößte Autobauer ausgemerzt: Man hat die Fahrzeuge ein wenig sparsamer gemacht, und manche der neue Modelle sollen jetzt pro Gallone noch weiter fahren können als die SUV des asiatischen Konkurrenten Toyota.

Das Problem: Mittlerweile ist Benzin so teuer geworden, dass Jane und John Doe auch ein sparsames SUV noch zu teuer sein dürfte. Solange die Amerikaner 3 Dollar pro Gallone zahlen – und angesichts des Hurrikans Rita und der anhaltenden Engpässen in den US-Raffinerien dürfte sich daran alsbald nicht viel ändern –, sind die großen Kisten mit drei Sitzreihen, riesigem Kofferraum und abenteuerlicher Bodenfreiheit nicht gefragt.

„Das SUV-Segment wird wohl nicht mehr wachsen“, gesteht GM-Vize Robert Lutz ein. Man habe früher einmal gedacht, den Bereich auf 1 Million verkaufter Autos pro Jahr ausbauen zu können, „es dürfte aber bei den 750 000 Wagen bleiben, die im Moment verkauft werden.“ Von denen setzt GM 60 bis 62 Prozent ab und ist damit Marktführer.

Diese Position glaubt man weiterhin sicher, so Lutz. Man könne ja auf Kosten der anderen wachsen. Wachstum dürfte aber auch das nicht bringen, „denn während wir Marktanteile ausbauen, wird der Markt im Allgemeinen wohl ein wenig schrumpfen“, so Lutz.

Es ist ein Trauerspiel, doch wirklich leid tun muss einem GM nicht. Zwar kann der Automobilriese nicht viel für den hohen Öl- und Benzinpreis, man hätte sich aus der Abhängigkeit von dem wichtigsten Rohstoff aber längst befreien können. Jahrzehntelang hat es GM – wie auch Konkurrent Ford – versäumt, die Motoren zu modernisieren und sparsamer zu machen. Man hatte das nicht nötig, weil Lobbyisten in Washington für volle Rückendeckung seitens der Regierung gesorgt hatten.

Darüber freute man sich in Detroit eine Zeit lang, denn die Geschäfte gingen umso besser je weniger Geld in Innovation und Forschung gesteckt werden musste. Mittlerweile hat zwar auch der dümmste Mitarbeiter kapiert, dass man sich mit dieser Taktik das eigene Grab geschaufelt hat, doch ist es nun zu spät. Wenn das SUV-Segment stagniert, dann mit ihm die wichtigste Sparte des Unternehmens. Der Aktie sieht man die Problematik an, der Dow-Wert ist auf Talfahrt. Nicht nur, dass man von einstigen Spitzenwerten von fast 70 Dollar nur träumen kann, seit man Tiefpunkt bei 25 Dollar durchschritten hat. Allein in den letzten vier Monaten ging es um gute 20 Prozent auf die aktuellen 30 Dollar herab.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.

Starlight 22-09-2005 21:43

Großraumflieger und Pleitegeier

Delta Air Lines will bis zu 9000 Stellen streichen. Für ein Unternehmen, das seit geraumer Zeit im Gläubigerschutz steht und um eine Zukunft kämpft, ist das keine große Nachricht. Interessanter ist da schon ein Blick auf die ganze Airline-Branche, wo mittlerweile mehr Pleitegeier als Jumbo-Jets den Luftraum verstopfen.

Wie schlecht es einzelnen Firmen, ganzen Branchen oder auch der Volkswirtschaft im Allgemeinen geht, bekommt der Einzelne hin und wieder auch am eigenen Leib zu spüren. Ich selbst beispielsweise vor einigen Wochen auf einem Flug mit Delta Air Lines. Dass die Gesellschaft auf Inlandsflügen statt eines vollen Menüs nur einen Snack serviert, überrascht Vielflieger längst nicht mehr. Dass ich aber die ganze Strecke Atlanta–Anchorage (Alaska) mit einem Tütchen Erdnüsse bewältigen musste, war ein Schock. Immerhin beträgt die Flugzeit rund zehn Stunden, und die Erklärung, dass man sich doch nur innerhalb der USA bewege, half mir nicht.

So knurrte mein Magen einen guten halben Tag lang, und auf dem Flughafen von Anchorage trieb es mich entsprechend ohne Umwege zum nächsten Brezelstand. Ich ärgerte mich vor allem darüber, dass Delta Air Lines keine Hinweisschilder aufgestellt und dazu geraten hatte, eigene Verpflegung mitzubringen. Ein näherer Blick auf die Branche zeigte mir dann aber, dass ich mir das auch von vorne herein hätte denken können.

Immerhin: Delta Air Lines galt schon Wochen vor meinem Flug als Pleite-Kandidat. So etwas ist in der Branche keine Schande mehr, man teilt sich die Bühne mit Northwest Airlines, United und US Airways sowie unzähligen kleinen Anbietern. Laut Standard & Poor’s gehören zur Zeit fast 60 Prozent der Passagiersitze in amerikanischen Maschinen zu Gesellschaften im Gläubigerschutz. Ein solches Verfahren bedeute aber keinesfalls, so Experten in dieser Woche bei einer Branchenkonferenz, dass der Service für Passagiere schlechter würde.

Das stimmt. Denn interessanterweise sind die amerikanischen Airlines in bezug auf ihren Service schon vor Jahren so tief gesunken, dass sie das Niveau auch im Gläubigerschutz locker halten können. So wurden mehr Sitzreihen in die Flugzeuge gequetscht, Flüge hoffnungslos überbucht und Passagiere rüde sitzen lassen, das Essen wurde zunehmends schlechter, die Bord-Kopfhörer mit einer Gebühr zwischen 2 und 5 Dollar belegt… zuletzt hat American Airlines, wo man noch nicht Kurs auf Chapter 11 genommen hat, die Kopfkissen aus den Flugzeugen entfernt, um deren Reinigungskosten einzusparen. Dass mancher Passagier gerne ein paar Cent mehr hinlegen würde, um diesen Aufwand mitzutragen, kam dem Management bislang nicht in den Sinn.

Man fragt sich also, warum die schlechten Geschäfte den Service überhaupt beeinflussen sollten? Ob es nicht vielmehr anders herum lief, dass also der schlechte Service amerikanischer Gesellschaften dazu geführt hat, dass Kunden die Gesellschaft wechselten? Das ist nicht unwahrscheinlich, denn während die großen Gesellschaften früher für eine edle, fast schon elitäre Atmosphäre an Bord bekannt waren, haben mittlerweile sätliche Billigflieger auf in diesem Bereich einen Vorsprung. Sei das JetBlue mit Ledersitzen und Live-Fernsehen, Song mit Wellness-Food oder auch Hooters Air mit seinen sexy Stewardessen.

Für David Callaway, Chefredakteur des Börsendienstes von CBS und Airline-Kenner, ist der Service-Einbruch der großen Fluggesellschaften keine Überraschung. Er erinnert sich an eine Branchenmesse vor zwei Jahren, als er die Chefs mehrere Fluggesellschaften gefragt habe, mit welchen Service-Innovationen man sich gegen die zunehmende Konkurrenz der kleinen Gesellschaften verteidigen wolle. Die überraschende Antwort sämtlicher Manager: Man wolle gar nicht so sehr in Service investieren, sondern lege viel mehr Wert auf pünktliche Abflugs- und Ankunftszeiten.

Pünktliches Fliegen wiederum ist ja schön und gut – es sollte aber eigentlich selbstverständlich sein. Wenn die Airlines schon das Vermeiden von Schlampigkeit und unnötigen Verspätungen als nennenswerte Innovation und besonderen Pluspunkt empfinden, dann überrascht es wirklich nicht, dass immer mehr von ihnen in die Pleite steuern.

Im Donnerstagshandel handelt die Branche gemischt, die meisten großen Unternehmen notieren erneut mit Verlusten. Im Plus hingegen notiert die Aktie von JetBlue, obwohl ausgerechnet diese Billiglinie am Vorabend eine schlagzeilenträchtige Notlandung in Los Angeles hinlegen musste. Doch selbst eine solches Manöver scheint Anleger weniger zu schocken als der dauernde Blindflug der großen Carrier.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.


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