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Starlight 09-09-2008 17:39

merika droht ein Konkurs
Montag, 8. September 2008

Peter G. Petersen hat eine Botschaft für die Amerikaner. Der frühere Handelsminister von Richard Nixon hat sich mit anderen Prominenten der Finanzwelt zusammengetan und einen Brief an Barack Obama und John McCain geschrieben. Darin geht es um Verantwortung, wirtschaftliche Ziele – und es gibt eine Ohrfeige für die Amis.

Das Volk hätte sich daran gewöhnt, alles haben zu können, ohne dafür zu bezahlen – Steuersenkungen, höhere Staatsausgaben und zwei Kriege. Die Politiker, und in den letzten acht Jahren vor allem die Republikaner, hätten auch alles dafür getan, diesen Glauben zu verstärken. Das müsse aufhören, fordern Petersen und seine Unterstützer.

Washington müsse lernen, die Wahrheit zu sagen, und die Wähler müssen lernen, eben diese Wahrheit zu honorieren und nicht leere Versprechungen, die unter Umständen schöner klingen. „Wenn (die Politiker) sagen, dass wir alle zahlen müssen, um Herausforderungen anzugehen und den Weg in eine bessere Zukunft zu bahnen, sollten sie nicht für ihre Ehrlichkeit bestraft werden.“ Das wurden sie aber zuletzt, und auch im laufenden Wahlkampf wehrt sich McCain vor allem mit einem Argument gegen Obama: Der Demokrat würde die Steuern erhöhen, droht der Senator aus Arizona, und das könne sich das Land einfach nicht leisten.

Das Gegenteil ist der Fall: Amerika kann es sich nicht mehr leisten, die Steuern derart niedrig zu halten. Aktuell sei die Regierung für 53 Billionen Dollar in ausstehenden Forderungen und bereits zugesagten, nicht finanzierten Verpflichtungen verantwortlich. Damit steht jeder Haushalt rein rechnerisch mit 455 000 Dollar in der Kreide, was etwa zehn Mal so hoch ist wie das durchschnittliche Jahreseinkommen dieser selben Haushalte. Die Tendenz ist steigend.

Aus diesem Loch könne sich die US-Konkunktur nicht einfach durch Wachstum befreien, schreiben die Experten, zu denen neben Petersen auch die früheren Finanzminister Paul O’Neill und George Schultz, der ehemalige Fed-Chef Paul Volcker, diverse Gouverneure und Senatoren und die Gründerin des Congressional Budget Office gehören. Um aus einem Schuldenloch von 53 Billionen Dollar herauszukommen, müsse das Wirtschaftswachstum mehrere Jahrzehnte lang im zweistelligen Prozentbereich liegen, hat man berechnet. Das ist unmöglich; selbst in den boomenden Neunzigerjahren legte das US-Bruttoinlandsprodukt im Jahresdurchschnitt gerade einmal um 3,2 Prozent zu.

Der größte Teil der US-Verschuldung und Verpflichtungen kommt aus dem Gesundheitssektor. Dort steigt der Fehlbetrag um jährlich bis zu 3 Billionen Dollar, was bereits zu Lasten anderer staatlicher Programme gehe. Petersen und Co. zählen auf: Investitionen in Infrastruktur, Bildung und Erziehung sowie Katastrophenhilfe seien in den letzten Jahren dramatisch gekürzt worden, weil die Mittel fehlten.

Doch nicht nur beim Haushalt, auch bei der Handelsbilanz sehen die Experten Reformbedarf. Ein Defizit von zur Zeit 800 Milliarden Dollar und eine Sparrate von etwa Null mache Amerika immer mehr angreifbar für Investoren aus dem Ausland. Weite Teile der US-Wirtschaft und zahlreiche Grundstücke und Immobilien in New York, Los Angeles, Chicago und anderen Wirtschaftszentren sind bereits in asiatischer und arabischer Hand. Diesen Ausverkauf gelte es zu stoppen, ansonsten seien die USA auf dem Weg in einen Konkurs.

Petersen und seine Mitstreiter, darunter übrigens Demokraten und Republikaner, fordern „großangelegte Reformen“ und dass der neugewählte Präsident umgehend ein Kommittee einberufen solle, das sich um eine verantwortungsvolle Ausgabenpolitik kümmere.

Ihre Kernforderung in dem offenen Brief, der am Wochenende unter anderem in der New York Times zweiseitig erschien, geht aber an das Volk, das dringend umdenken müsse.
© Inside Wall Street

Starlight 10-09-2008 18:12

Ein teurer Fehler im System
Mittwoch, 10. September 2008

Wenn das mal kein gutes Argument für den „human factor“ an den amerikanischen Börsen ist. In einer Zeit, in der immer weniger Trader auf dem Parkett arbeiten und immer mehr Aktien elektronisch gehandelt werden, zeigt ein mehrstündiges Drama um United Airlines, dass Maschinen den Menschen nicht ersetzen können.

Wir erinnern uns: Am Montag kam an den New Yorker Börsen das Gerücht auf, United Airlines hätte Konkurs angemeldet. Binnen weniger Minuten brach die Aktie von 12,50 Dollar auf 3 Dollar ein, einzelne Trades wurden sogar zu 1 Cent pro Papier ausgeführt – das entsprach einem Kurseinbruch von 99,99 Prozent.

Anleger waren schockiert, und Branchen-Insider auch. Von einem Konkurs bei United Airlines war in den letzten Monaten keiner ausgegangen – zu Recht. Denn die Story war vier Jahre alt und erzählte davon, wie das angeschlagene Unternehmen 2002 in den Gläubigerschutz ging. Als das durchdrang erholte sich das Papier mit dem Nasdaq-Kürzel UAUA schnell; der Carrier schloss am Enee mit einem vergleichsweise überschaubaren Verlust von 13 Prozent.

Mittlerweile haben Experten herausgefunden, warum ein völlig veralteter Zeitungstext den Handel derart beeinflussen konnte: Schuld sind automatisierte Programme.

Eines davon ist der „Crawler“ von Google, der ununterbrochen im World-Wide-Web unterwegs ist, und der am vergangenen Wochenende auf der Homepage der South Florida Sun-Sentinel einen neuen Link fand. Unter den meist gelesenen Stories in der floridianischen Tageszeitung fand sich ein Link auf die Chicago Tribune, die über den Konkurs von United berichtete. Wie der Text in diese Liste kam? Ganz einfach. Geplagt von Hurrikans und Tropenstürme haben Internet-Leser in Florida zuletzt nach Flügen aus dem Sonnenstaat gesucht – online. Über die Eingabe „United Airlines“ in der Suchmaske fand sich irgendwann der alte Text, der vom Crawler weitergericht wurde.

Und zwar an den Finanzdienst Bloomberg und die Google-Ergebnisliste. Beides hatte Folgen: Die Bloomberg-Leser waren ohnehin alarmiert; die Google-Ergebnisse wiederum schlugen zu all denen durch, die einen „Nachrichten-Alarm“ etwa mit „United Airlines“ bestückt hatten. Einmal draußen gab es für das Gerücht kein Halten mehr. Es setzte verschiedene Verkaufsprogramm in Gang, die United Airlines abstoßen. Die ließen die Kursverluste gnadenlos anziehen – das Unternehmen war längst machtlos.

Erst als die Nasdaq die UAUA-Aktie von Handel ausschloss, beruhigte sich die Lage. Man erkannte, dass ein einfacher Broker oder Spezialist, wie sie etwa an der New York Stock Exchange im Einsatz sind, den Schmuh sofort bemerkt und dem Unsinn ein Ende gemacht. Er hätte bei allzu dramatischen Meldungen sofort deren Wahrheitsgehalt überprüft und einen Wertverfall gestoppt. Haben die Händler an der Wall Street neuen Grund zur Hoffnung? Wohl kaum, denn das nächste, bessere Tradingprogramm wird kommen – und es wird derlei Unstimmigkeiten genau so aufspüren und ausgleichen können wie es bisher nur Joey und Jimmy auf dem Trading Floor gekonnt haben.
© Inside Wall Street

Starlight 15-09-2008 06:57

Massive Krise erschüttert das US-Finanzsystem

NEW YORK (Dow Jones)--Eine massive Krise erschüttert das US-Finanzsystem in seinen Grundfesten und wird zu tiefgreifenden Umwälzungen in der Bankenlandschaft führen. Während die US-Investmentbank Lehman Brothers am Montagmorgen Gläubigerschutz nach Chapter 11 beantragte, erklärte sich die traditionsreiche Investmentbank Merrill Lynch bereit, von der Bank of America für 50 Mrd USD übernommen zu werden.

Unterdessen kämpft die Versicherungsgesellschaft American International Group (AIG) um ihr Überleben und bemüht sich um einen Überbrückungskredit der US-Notenbank in Höhe von 40 Mrd USD. Ein internationales Bankenkonsortium kündigte in der Nacht zum Montag an, 70 Mrd USD zur Verfügung zu stellen, um drohende Liquiditätsengpässe zu verhindern.

Angesichts der Turbulenzen hat die US-Notenbank Maßnahmen zur Unterstützung der Finanzmärkte angekündigt. Damit sollen "die potenziellen Risiken und die Störungen des Marktes abgeschwächt werden", erklärte Fed-Chairman Ben Bernanke am Sonntag. Unter anderem will die Federal Reserve weitere Sicherheiten für die Ausgabe von Notfalldarlehen akzeptieren als bisher, wie die Zentralbank mitteilte.

Ein Zusammenschluss von zehn großen Banken kündigte an, 70 Mrd USD zur Verfügung zu stellen, um Liquiditätsengpässe von Banken abzufedern. Wie Bank of America, Deutsche Bank, Credit Suisse, UBS, Barclays, Morgan Stanley, Citibank, Goldman Sachs, J.P. Morgan und Merrill Lynch gemeinsam erklärten, will jedes Institut 7 Mrd USD in den Fonds einzahlen. Außerdem wollten sie sich gemeinsam an einer "geordneten Lösung" der Probleme von Lehman Brothers beteiligen.

Lehman Brothers hatte in der vergangenen Woche wegen der Hypothekenkrise einen Verlust von 3,9 Mrd EUR im dritten Quartal bekannt gegeben. Die Aktie der Investmentbank verlor seit Wochenbeginn mehr als drei Viertel ihres Werts. Am Sonntag wurde bekannt, dass sich die britische Barclays Bank und die Bank of America aus den Verhandlungen über einen Kauf der New Yorker Investmentbank zurückgezogen haben.

Der Bank of America waren zuvor große Chancen eingeräumt worden, die angeschlagene Investmentbank Lehman Brothers zu kaufen. Stattdessen kauft der Bankenkonzern nun aber für 50 Mrd USD Merrill Lynch.

Lehman Brothers steht nun vor der Auflösung. Nach dem bereits angekündigten Verkauf der Sparte Investment Management steht jetzt auch das Broker-Dealer-Geschäft des Instituts zum Verkauf. Alle Töchter der Holding seien vom Antrag auf Gläubigerschutz ausgenommen, erklärte die Bank.

Der US-Versicherer AIG bemüht sich nach Informationen der "New York Times" (NYT) bei der US-Notenbank um einen Überbrückungskredit im Volumen von 40 Mrd USD. Die Zeitung schreibt am Montag in ihrer Online-Ausgabe, es sei nicht klar, ob die Fed der Anfrage stattgeben werde.

Die AIG-Führung hat das Wochenende über nach Möglichkeiten gesucht, frische Mittel zu bekommen, um eine Herabstufung durch die Ratingagenturen zu verhindern. Der Zeitung zufolge würde der nach der Allianz zweitgrößte Erstversicherer der Welt nach einer solchen Ratingsenkung maximal 48 bis 72 Stunden überleben.

Nach Informationen des "Wall Street Journal" (WSJ) wird AIG möglicherweise im Tagesverlauf den Verkauf von Vermögenswerten mitteilen, darunter das Geschäft mit dem Flugzeugleasing. Dem "WSJ" zufolge versucht AIG ferner, sich mehr als 10 Mrd USD frisches Kapital zu besorgen. Ursprünglich wollte AIG einen Restrukturierungsplan am 25. September vorlegen. Wie die Zeitung schreibt, ist jetzt bereits für den Montagmorgen (US-Zeit) mit einer Mitteilung zu rechnen.

DJG/apo/rio

(END) Dow Jones Newswires

Starlight 16-09-2008 18:21

Luxus-Schlitten ohne Käufer
Dienstag, 16. September 2008

Es ist kein guter Zeitpunkt für die Motorexpo in New York. In den nächsten Tagen werden im World Financial Center die tollsten Schlitten präsentiert; vor der New York Stock Exchange parken am Dienstag ein Aston Martin DB9, ein Bentley Continental GTC und ein Porsche Boxster – potenzielle Käufer gibt es kaum.

Schließlich bricht die Wall Street gerade zusammen. Eine Bank nach der anderen geht pleite, es hagelt Verluste und Abschreibungen, das Vertrauen der Anleger ist dahin – und das Geld ist auch weg. Die Giganten der Branche, die in den letzten Jahren zig Millionen eingestrichen haben, sehen ihre Aktien und Optionen einbrechen. Der frühere Chef von AIG, Hank Greenberg, hat binnen einer Woche 6 Milliarden Dollar verloren.

Einen Bentley wird er sich in den nächsten Tagen wohl nicht kaufen. Ein anderes Auto wohl auch nicht. So wie zur Zeit ohnehin keiner Autos kauft – ein Trend, der Insidern zufolge einige Jahre lang anhalten dürfte. Selbst innerhalb der Branche, wo man sich sonst um optimistische Töne bemüht, spricht man immer mehr davon, dass die schwachen Umsatzzahlen von 2007 in den nächsten vier bis fünf Jahren wohl nicht übertroffen werden können.

Schuld daran ist die ganze konjunkturelle Krise, angefangen von den fallenden Häuserpreisen über den schwachen Arbeitsmarkt bis hin zu den steigenden Spritkosten. Letztere haben dazu beigetragen, dass sich die Amerikaner immer mehr spritsparende Wagen asiatischer Herkunft kaufen und die einst so beliebten SUV und Trucks der US-Konzerne stehen bleiben. Die Prognosen für den neuen F-150 und den neuen Dodge Ram, die jeweils Bestseller für Ford und Chrysler hätten werden können, sind im Keller.

Das liegt allerdings nicht nur am hohen Verbrauch der Maschinen, sondern an der schwierigen Finanzierung. In den USA ist Leasing zur Zeit völlig out, weil sich die Hersteller finanziell nicht weiter belasten wollen. Gleichzeitig sind die Preise für Gebrauchtwagen gefallen, womit Kunden weniger Geld für einen Tausch bekommen. Hypotheken-Darlehen, früher ein beliebtes Mittel zur Finanzierung von Autos, sind angesichts der Immobilienkrise sowieso nicht zu kriegen.

Experten zufolge kann nur ein Weg die US-Autobauer aus der Krise führen: Innovation. Die Hersteller müssen dringend mit kleineren Wagen und effizienten Motoren auf den Markt kommen – doch das ist nicht so einfach. Ein Paket von 25 Milliarden Dollar in Niedrigzins-Krediten, das die Regierung den Unternehmen für die Forschung geschnürt hat, scheint GM unf Ford nicht zu reichen: Man fordert 50 Milliarden Dollar.

Doch selbst wenn dieser unglaubliche Betrag fließen würde: Die richtigen Wagen zu entwickeln, zu bauen und zu verkaufen wird Jahre dauern. Die unerwartet frühe Präsentation des GM Volt am Dienstagmorgen täuscht nicht darüber hinweg, dass dieses Modell noch nicht serienreif ist und in seiner aktuellen Ausführung mit Spezialbatterien für eine angemessene Reichweite 40 000 Dollar kosten müsste.

Noch schlimmer für die Branche: Selbst wenn die kleineren Wagen einmal entwickelt sind, verstärkt man sich damit in dem Teil des Marktes, der in der Vergangenheit die geringsten Margen abgeworfen hat. Die dicksten Gewinne zogen die Firmen jeweils aus Trucks und SUV, und deren Zeiten sind vorbei. „Es ist wirklich schwierig, sich ein schlechteres Szenario für die Branche vorzustellen“, schreibt ein Auto-Analyst am Dienstag.

Die blankpolierten Luxusschlitten vor der New Yorker Börse können darüber nicht hinwegtäuschen.
© Inside Wall Street

Starlight 17-09-2008 17:25

Rettung wird kritisch gesehen
Mittwoch, 17. September 2008

Am Dienstag fallen die Kurse zu Handelsbeginn, obwohl die Versicherung AIG durch eine Verstaatlichung zunächst gerettet ist. Allerdings ist die Rettung sehr profitabel für die Regierung und an den Märkten bleibt Unsicherheit bestehen. Aber Morgan Stanley denkt ernsthaft darüber nach, seine Unabhängigkeit aufzugeben.

Der Dow-Jones-Index fällt um 181 Zähler oder 1,6 Prozent auf 10 878 Punkte. Der marktbreite S&P-500-Index sinkt um 21 Zähler oder 1,7 Prozent auf 1193 Punkte.

Die Hightech-orientierte Nasdaq gibt um 35 Zähler oder 1,6 Prozent auf 2173 Punkte ab.

Die Baubeginne sind im August um 6,2 Prozent zurückgegangen, deutlich stärker als erwartet. Damit fallen die Baubeginne auf ein 17 ½ Jahres-Tief. Auch die Anzahl der Anträge für Baugenehmigungen ging deutlich zurück. Allerdings kann eine Wende am Immobilienmarkt nur durch den Abbau von Inventar herbeigeführt werden, was den Rückgang an Baubeginnen zu einer positiven Meldung macht.

Der Ölpreis steigt nach dem steilen Fall der vergangenen Tage um 1,99 Dollar pro Fass auf 93,14 Dollar an. Angesichts der kritischen Lage in Nigeria sei der Preis zu stark gefallen, so einige Händler. Mit einem starken Anstieg wird aber nicht gerechnet, selbst die Analysten von Goldman Sachs, die bisher immer sehr optimistisch waren, haben ihr Preisziel bis Jahresende von 149 auf 115 Dollar pro Fass gesenkt.

Die Regierung hat erneut in die Wirtschaft eingegriffen und stellt der Versicherung AIG einen Kredit in Höhe von bis zu 85 Milliarden Dollar für eine Laufzeit von zwei Jahren zur Verfügung. Im Gegenzug erhält sie knapp 80 Prozent am Unternehmen und der Vorstand wird ausgetauscht. Die Zinsrate für den Fed-Kredit ist allerdings sehr hoch, sie liegt 8,5 Prozent über LIBOR, was zu einem derzeitigen Zinssatz von 11,4 Prozent führt. Dadurch soll AIG gezwungen werden, Anlagen und Unternehmensteile zu verkaufen um den Kredit zurückzuzahlen.

Durch die Rettung ist zwar ein Chaos an den Finanzmärkten verhindert worden, denn AIG hat 1,1 Billiarden Dollar quer über den Sektor investiert. Ein Zusammenbruch hätte so den gesamten Finanzsektor stark belastet. Die Anleger sind sich aber einig, dass die Rettung für die Regierung profitabler ist als für AIG, denn der Versicherungskonzern wird nun wohl trotzdem liquidiert werden, nur langsamer und mit mehr Ordnung. Dadurch fällt die Aktie von AIG erneut um 35 Prozent. Die Regierung hat mit diesem Schritt im laufenden Jahr 900 Milliarden Dollar in die Rettung von Unternehmen investiert.

Die britische Bank Barclay’s gab Einzelheiten zur Übernahme der Geschäftsbereiche von Lehman Brothers bekannt. Die Bank übernimmt den Investmentbank- und den Kapitalmarktarm sowie das Hauptbüro in New York und zwei Datenverarbeitungscenter und hat dafür 1,75 Milliarden Dollar bezahlt. Die Meldung war schon am Dienstag bekannt geworden, doch erst jetzt offiziell bestätigt worden.

Angesichts des Schicksals von Lehman und Merrill überlegt eine der übrigen unabhängigen Investmentbanken, Morgan Stanley, ob sie unabhängig bleiben soll und denkt ernsthaft über einen Einstieg einer Bank nach. Dies lässt die Aktie um 13,6 Prozent fallen und zieht den Bankensektor mit nach unten. Dabei hatten die vorgezogenen Quartalszahlen noch in eine andere Richtung gezeigt. Der Gewinn von 1,41 Milliarden Dollar war zwar 7 Prozent niedriger als vor einem Jahr, aber deutlich höher als die Erwartungen der Analysten.

Außerhalb der Finanzwerte hat der Speichermedienhersteller SanDisk ein Übernahmeangebot von Samsung in Höhe von 5,85 Milliarden Dollar oder 26 Dollar pro Aktie abgelehnt, da das Unternehmen dadurch unterbewertet sei. Die Papiere schießen deshalb am Morgen um 44,2 Prozent hoch.
© Inside Wall Street

Starlight 18-09-2008 18:00

Forbes lobt Power-Frau Merkel
Mittwoch, 17. September 2008

Sarah Palin regiert die Schlagzeilen. Seit John McCain die bis dahin recht unbekannte Gouverneurin von Alaska als mögliche „VP“ vorstellte, ist die Frau von keiner Titelseite wegzudenken. Wirklich wichtig ist sie dehalb noch lange nicht, und unter den 100 wichtigsten Frauen der Welt sucht man ihren Namen vergeblich.

Dafür rangiert eine andere politische Powerfrau auf Platz 1 der Liste, die jedes Jahr vom amerikanischen Wirtschaftsmagazin Forbes ermittelt wird: Angela Merkel. Die Bundeskanzlerin hat es als einzige Deutsche in die „Top 100“ geschafft und gleich auf den Spitzenplatz.

Die Begründung: „Mit einem Bruttoinlandsprodukt von 3,3 Billionen Dollar ist Deutschland die größte Konjunktur in Europa, und Merkels Reformen haben sie zu neuem Leben erweckt. Die Arbeitslosigkeit fällt (auch wenn das Verbrauchervertrauen jüngst auf ein Fünf-Jahres-Tief gefallen ist). Sie hat ein höheres Rentenalter durchgesetzt, mehr Frauen auf Top-Regierungsposten gesetzt und das Elterngeld erhöht.“

Soweit das Urteil der Wirtschaftsexperten, die dem noch respektvoll hinzufügen: „Sie prescht wie ein Bulldozer durch Kontroversen: Sie hat den Dalai Lama empfangen, Mugabe verurteilt und will die globale Bedeutung des Euro stärken, während der Dollar schwächelt. Sie will Deutschland mit höheren Abgas-Steuern umweltfreundlicher machen. Die Europäer haben sie zur einflussreichsten Politikerin gewählt.“

Hinter Merkel finden sich zunächst vor allem Frauen aus der Geschäftswelt. Auf Rang 2 steht etwa Sheila Bair, die der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt sein dürfte, die aber als Vorsitzende der FDIC eine Hauptrolle in der aktuellen Finanzkrise in den USA spielt. Über die FDIC sind die Spareinlagen der Amerikaner versichert, deren Sicherheit zuletzt oft angezweifelt wurde. Bair fällt im Moment eine Schlüsselrolle zu: Sie muss das Vertrauen der Bürger halten und einen Ansturm auf die Banken vermeiden, der noch manches US-Finanzhaus in Liquiditätsnöte treiben könnte.

Unter den Top-Frauen sind ferner Indra Nooyi, die Vorstandsvorsitzender des 39 Milliarden Dollar schweren PepsiCo-Konzerns, und ihre Kollegin beim Konkurrenten Kraft Foods, Irene Rosenfeld. Aus Corporate America hat es sonst noch Angela Braly geschafft, die den Krankenversicherer WellPoint mit immerhin 35 Millionen Mitgliedern leitet; ihr folgen Cynthia Carroll, die Chefin des Rohstoffriesen Anglo American, und Xerox-CEO Anne Mulcahy.

Abgerundet wird die Top 10 von der amerikanischen Außenministrerin Condoleezza Rice und zwei Frauen aus dem Ausland: Ho Ching aus Singapur hat die dortige Temasek Holding von einem auf Singapur konzentrierten Unternehmen zu einem der wichtigsten asiatischen Konzerne vergrößert. Im 100 Milliarden Dollar schweren Investmentportfolio der Holding liegen Beteiligungen an indischen und chinesischen Unternehmen – leider auch ein 15-prozentiger Anteil an Merrill Lynch.

Die Französin Anne Lauvergeon ist unterdessen Chefin des Kernkraftwerkriesen Areva, bei dem es in diesem Jahr bereits zwei Unfälle gegeben hat. Ihr fällt die Aufgabe zu, den Ruf der Kernkraft zu retten. Ob das gelingt oder nicht, wird angesichts der globalen Energiekrise Auswirkungen in allen Ländern haben.

Nennenswerte Power-Frauen, die unter den ersten 25 auf der Forbes-Liste auftauchen, sind die ukrainische Premierministerin Yulia Tymoshenko, Sonia Gandhi, die Vorsitzende der indischen National Congress Party, und die chilenische Präsidentin Michelle Bachelet.

Die New Yorker Senatorin und frühere Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton rangiert auf Platz 28, knapp vor First Lady Laura Bush und Melinda Gates, der Frau von Bill Gates und Chefin der milliardenschweren Gates-Stiftung. Ebenfalls auf der Liste stehen Queen Elizabeth II. und sämtliche weiblichen Nachrichtensprecherinnen der großen US-Sender.
© Inside Wall Street

Starlight 23-09-2008 17:17

Der 700-Milliarden-Dollar-Skandal
Montag, 22. September 2008

Die jüngsten Entwicklungen in Washington D.C. sind haarsträubend. Die amerikanische Regierung plant ein Rettungspaket für die Finanzriesen, das mit 700 Milliarden Dollar sogar den gigantischen US-Verteidigungsetat übersteigt – und das von einem einzigen Mann verwaltet werden soll. Ohne Abstimmung. Ohne jede Kontrolle.

Dass sich in den letzten Tagen mit Finanzminister Hank Paulson, Fed-Chef Ben Bernanke und einigen Leuten bei der SEC Befürworter für ein solches Paket gefunden haben, ist nicht das eigentlich Schlimme. Wirklich erschütternd ist, mit welcher Eile ausgerechnet der ahnungslose US-Präsident George W. Bush dieses Paket durch den Kongress drücken will.

Wenn man aus den Terrorattacken von 2001 eines gelernt habe, so Bush, dann doch wohl, dass die Regierung schnell handeln müsse, um Krisen zu bewältigen. Das ist absurd. Wenn man aus den Fehlern der letzten Jahre überhaupt etwas gelernt haben sollte, dann vor allem, dass man sich in schwierigen Zeiten nicht von einer korrupten Regierung zu panischen Entschlüssen treiben lassen sollte, die am Ende die Lage nur noch schlimmer machen.

Denn das ist bisher geschehen und hat zum Einmarsch im Irak ebenso geführt wie zur illegalen Abhörung von privaten Telefongesprächen ohne jede richterliche Genehmigung.

Der aktuelle Plan der Bush-Regierung würde Finanzminister Paulson einen Blankoscheck über 700 Milliarden Dollar geben, für den er keine Rechenschaft schuldig wäre. Das Finanzministerium möchte mit dem Geld der Steuerzahler den Banken nicht nur die ursprünglich angepeilten „schlechten Hypotheken“ abkaufen, sondern plötzlich alle „schlechten Anlagen“. Man möchte das unbürokratisch und ohne Abstimmung tun und verlangt dafür auch Immunität. Kein Richter und kein Gericht soll Paulson und seinem Team an den Karren fahren können, wenn das Geld wirkungslos verbrannt wird.

In einem Land, dass sich regelmäßig auf seine Verfassung, Bürgerrechte und Demokratie beruft, und dessen Regierung für „weniger Macht für Washington und mehr Selbstbestimmung für den Bürger“ eintritt, ist das nicht weniger als schockierend. Eine Allmacht für Hank Paulson – der sicherlich ein begabter Finanzexperte ist – wäre in einer Diktatur besser angesiedelt; der Kongress mus sich mit Händen und Füßen dagegen wehren.

Zumindest müssen einige Details offen diskutiert und geklärt werden. So ist bisher etwa unklar, zu welchem Preis die Regierung die kaputten Anlagen der Finanzhäuser übernehmen soll. Zum aktuellen Marktwert? Dann hätte das ganze ja keinen Sinn für die Banken und den Markt. Zu einem überhöhten Preis? Dann würde der Steuerzahler den Banken direkt Geld zustecken und für deren Fehler büßen.

Die Demokraten haben zudem einen Gegenentwurf zur Paulson-Vorlage erarbeitet, der vorsieht, dass die Regierung für ihren Einsatz bei den Banken wenigstens jeweils Unternehmensanteile in entsprechender Höhe bekommt. Damit wäre sichergestellt, dass der Steuerzahler direkt davon profitiert, wenn der teure Plan gelingt.

Die Republikaner sperren sich gegen solche Details und wollen möglichst über Nach ein Gesetz ohne Haken und Ösen durchfechten. George W. Bush hat erklärt: „Die ganze Welt schaut auf uns und sieht zu, wie wir das Problem lösen.“ Im Moment sieht die ganze Welt Krisenmanagement durch einen Narren, der aus der Vergangenheit nichts gelernt hat. Oder – noch schlimmer – eine Regierung, die kurz vor dem möglichen Machtwechsel auf Kosten des Mittelstandes ihre Gönner ausbezahlen will.
© Inside Wall Street

Starlight 23-09-2008 17:18

Super Bowl ohne GM-Spots
Dienstag, 23. September 2008

Die amerikanische Regierung hat hunderte von Banken bestimmt, deren Aktien nicht mehr leerverkauft werden dürfen. Damit will man die Papiere vor Spekulanten schützen, die mit weiter fallenden Kursen rechnen. Mitten auf der Liste fallen einige Unternehmen auf, die gar nicht so recht zu den anderen passen: die Auto-Hersteller.

General Motors zählt zu den Papiere, die von der Börsenaufsicht als schützenswert angesehen werden. Damit rangiert der einstige Industrieriese bereits zum zweiten Mal in kürzester Zeit mitten unter den Banken. Zuletzt hatte die Regierung bekanntlich milliardenschwere Rettungspakete für Bear Stearns, Fannie Mae, Freddie Mac und andere geschnürt – und GM und Ford hatten sich gleich mit angestellt.

Die beiden Konzerne, die einst hunderttausende Amerikaner beschäftigt haben, die aus der Industrialisierung des Landes nicht wegzudenken sind, und die nicht nur im Mittleren Westen die Kultur des Landes entscheidend mitgeprägt haben, rollen mit platten Reifen und gebrochenen Achsen vor sich hin… dem Schrottplatz entgegen. Zuletzt hatte man vergeblich auf 50 Milliarden Dollar von der Regierung gehofft, die man in die Erforschung alternativer Energien stecken wollte. Man bekommt „nur“ 25 Milliarden Dollar.

Selbst das ist zuviel, denn GM und Ford brauchen nicht mehr Geld, sondern einfach ein wenig Verantwortungsbewusstsein, vorausschauendes Managements und kreative Ideen. Wobei man letztere schon hin und wieder hatte. Ford hat es ja gerade geschafft, einen neuen Fiesta mit sparsamerer Technik auf den Markt zu bringen – allerdings nur in Europa. Für den heimischen Markt zwischen New York und Kalifornien hält man das Teil für ungeeignet.

Auch in Zeiten einer andauernden Ölkrise, hoher Arbeitslosigkeit und steigenden Umweltbewusstseins gehören große Schlitte eben zu Amerika wie die Freiheitsstatue, Apple Pie und der Super Bowl.

Von letztem allerdings hat sich nun zumindest General Motors verabschiedet. Um Kosten zu sparen will man in diesem Jahr zum ersten Mal keine Anzeigen während des Footballfestes schalten. So lässt sich in der Tat sparen, denn das ganze Jahr über ist Sendezeit nicht so teuer wie während des Endspiels, wenn das ganze Land vor dem Bildschirm sitzt und konsumgierig auf die Commercials wartet.

Satte 3 Millionen Dollar verlangt der ausstrahlende Sender NBC für einen 30 Sekunden langen Spot. Zwei davon hatte GM im letzten Jahr noch: einen für den Chevrolet Tahoe und einen für den GMC Yukon Hybrid. In diesem Jahr spart man sich die Ausgabe, von der man immerhin ein paar hundert Mitarbeiter ein Jahr lang beschäftigen könnte. Auch während der teuren Oscar- und und der Emmy-Awards hält sich GM zurück.

Ob sich das Unternehmen so sanieren lässt, kann wohl bezweifelt werden. Doch wenigstens hat man einmal eine Entscheidung gefällt, ohne auf Weisung aus Washington zu warten. Das ist ein guter Schritt.
© Inside Wall Street

Starlight 25-09-2008 17:18

Ein Buffett macht noch keine Rallye
Donnerstag, 25. September 2008

Wenn Warren Buffett bis zu 10 Milliarden Dollar in die Märkte pumpt, dann sollte das eigentlich zu einer Rallye führen. Tut es aber nicht. Die Wall Street dümpelt am Mittwoch recht lustlos durch den Tag; die Bullen können von dem überraschenden Vertrauensbeweis durch das „Orakel von Omaha“ nicht profitieren.

Das könnte daran liegen, dass sich Buffett zwar für das 700 Milliarden Dollar schwere Rettungspaket von Bush, Bernanke, Paulson & Co. ausgesprochen hat – dass er aber nicht etwa darauf setzt, sondern auf Goldman Sachs.

Der einstige Investmentriese, die unumstrittene Nummer Eins der Branche mit dem besten Ruf an der Wall Street, ist zwar von der aktuellen Finanzkrise gebeutelt, steht aber immer noch viel besser da als die Konkurrenz. Dass das Unternehmen mitten im Subprime-Boom einen Hedge gegen die Billig-Kredite abgeschlossen hat, fand manch einer zwar verwerflich… doch darauf kommt es im New Yorker Finanzdistrikt längst nicht mehr an.

Vielmehr geht es um nackte Zahlen, und da steht Goldman Sachs einfach besser da als die anderen. Und das hat Warren Buffett inspiriert, in großem Stil einzusteigen. Schauen wir doch hinter den Milliarden-Deal: Die Aktien kosten zur Zeit rund 125 Dollar und damit halb soviel wie vor einem Jahr. Es ist vier Jahre her, dass Goldman Sachs so billig war. Und trotzdem hat sich Buffett noch einen Rabatt von 10 Prozent zusichern lassen, wenn er noch einmal für bis zu 5 Milliarden Dollar Anteile nachkaufen will.

Damit spricht Buffett zwar Goldman Sachs sein Vertrauen aus, und er hofft auf ein Rettungspaket aus Washington. Er sagt aber nicht, dass mit letzterem zu rechnen wäre. Der Markt hat das erkannt, was nach zweitägiger Diskussion vor dem Kongress auch nicht schwer ist. Es zeichnet sich immer mehr ab, dass die anfangs von den Republikanern bedingungslos geforderten 700 Milliarden Dollar doch nicht so schnell fließen, sondern dass sie mit Haken und Ösen kommen werden.

So müssen die Firmen, denen staatliche Unterstützung zuteil wird, ihre CEO-Boni begrenzen. Sie müssen mehr Transparenz schaffen. Sie müssen Unternehmensanteile an den Staat abtreten. All das ist auch mehr als verständlich, wenn der Staat für zig Milliarden Anlage-Ramsch aus den Bilanzen kauft.

Doch selbst mit den besprochenen Einschränkungen sind Kosten und Nutzen des Rettungspaketes nicht klar. Selbst das Congressional Budget Office, die Bilanzprüfer in der Hauptstadt, kritisiert fehlenden Einblick in die Konzepte. Eine Schätzung der wirklichen Kosten für den Steuerzahler sei zur Zeit nicht möglich, heißt es von Insidern. Vor allem in einem umstrittenen Wahlkampf sind solche Aussagen unpopulär.

Insofern wird es wohl noch dauern, bis ein Retttunspaket aus Washington an der Wall Street eintrifft. Die ständigen Mahnungen von Henry Paulson, dass Eile geboten und ein Eingreifen binnen der nächsten Tage notwendig sei, erhöht das Vertrauen der Anleger nicht. Sie entfernen sich weiter aus dem Markt – und daran kann nicht einmal Warren Buffet etwas ändern.
© Inside Wall Street

Starlight 26-09-2008 17:10

Deutsche Politiker schlagen Wellen
Donnerstag, 25. September 2008

Jedes Jahr gegen Ende September findet an der Wall Street ein internationales Schaulaufen statt. Anlässlich der Generalversammlung der Vereinten Nationen sind immerhin Staatsoberhäupter aller möglichen Länder in New York, und viele wollen sich ein medienwirksames Foto an der New York Stock Exchange nicht entgehen lassen.

NYSE CEO Duncan Niederauer hat also ein paar spannende Tage hinter sich. Am Montag führte er den Premierminister von Kuwait und den Präsidenten von Montenegro auf den kleinen Balkon, wo jeden Tag per Glockenschlag der Handel eröffnet und beendet wird. Am Dienstag kam der Präsident der Ukraine, am Mittwoch läuteten der Premierminister von Dänemark und der Präsident von Mexiko die Glocke, am Donnerstag war Portugal am Ruder, und zum Wochenschluss erwartet man noch das türkische Staatsoberhaupt.

Zwischen all den Staatschefs bleibt wenig Zeit für Gäste aus der zweiten Reihe, doch eine Ausnahme machte die Börse gerne: Für den deutschen Außenminister Frank-Walter Steinmeier nahm man sich am Mittwoch Zeit. Eine halbe Stunde lang diskutierte der Vize-Kanzler mit Niederauer in dessen Büro im sechsten Stock – über die Finanzkrise ebenso wie über die zurückliegende Steuben Parade; immerhin war Niederauer als Sohn deutscher Einwanderer mit von der Partie und Steinmeier ist als Unterstützer der deutsch-amerikanischen Kulturarbeit bekannt.

Doch das hektische Auf und Ab auf dem Parkett bestimmte natürlich das Gespräch der beiden, denn Deutschland sorgt sich ebenso über die instabile Lage an den US-Finanzmärkten wie der Rest der Welt. Das brachte zuletzt Steinmeiers Berliner Kollege, Finanzminister Per Steinbrück, auf den Punkt, dessen Kommentare vor dem Bundestag in den USA allerdings als wenig diplomatisch aufgenommen werden.

Der Fingerzeig auf Amerika als Urheber der Finanzkrise kam dabei zwar nicht überraschend, wurde aber ebenso mißmutig zur Kenntnis genommen wie Steinbrück’s Mahnung, dass sich die Vorherrschaft der Amerikaner als wirtschaftliche Weltmacht dem Ende neige.

Das hört man nicht gerne in den USA, und kaum ging die Meldung aus Berlin über die Ticker, meldeten sich die Blooger zu Wort. Viel Munition hatten sie allerdings nicht. Der Kommentator „Griffiths“ wirft Deutschland vor allem Neid vor; schließlich sei das Land „nur ein Viertel so groß wie Amerika“ und dazu eine „Bürokratie“, die „technisch nicht auf der Höhe der Zeit“ sei. Der Blogger „Freedomman“ fragt, wie der Deutsche sich solche Töne überhaupt erlauben könne… schließlich habe Amerika das Land nach dem Zweiten Weltkrieg wieder auf die Beine gebracht.

Doch anerkennende Kommentare sind in der Überzahl: „Traderjoeny“ gibt zu, dass eine historische Konsumsucht Amerika in Schwierigkeiten gebracht hat, ein anderer Blogger anerkennt, dass das Land „konkurs“ sei, und „kelcuk“ freut sich geradezu „darauf, nicht mehr Supermacht sein zu müssen“. Dieser Status habe die USA jehrzehnteland Geld gekostet und „Hybris und Arroganz“ in die politische Führung gebracht.

Inmitten der Finanzkrise schlagen die Wellen auf beiden Seiten hoch, doch darf sich Finanzminister Steinbrück wohl Hoffnung machen, an der Wall Street doch noch empfangen zu werden, wenn er wieder einmal New York einen Besuch abstatten wird.
© Inside Wall Street

Benjamin 27-09-2008 23:31

27. September 2008, 20:33 Uhr

MILLIARDENPOKER IN WASHINGTON
Die Nacht, die Amerikas Banken retten soll


Den Unterhändlern von Republikanern und Demokraten im US-Kongress steht eine lange Nacht bevor. Denn bisher zeichnet sich bei den Gesprächen über das 700 Milliarden Dollar schwere Rettungspaket zur Bekämpfung der US-Bankenkrise kein Durchbruch ab. Doch die Zeit drängt.

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http://www.spiegel.de/wirtschaft/mil...-a-580911.html

Benjamin 27-09-2008 23:44

http://www.nytimes.com/
Consensus on Wall Street Rescue Plan Is Said to Be Near
By DAVID M. HERSZENHORN and CARL HULSE 3:43 PM ET

Officials said that the core of the proposal put forward by the Treasury secretary remained intact, and that a deal might be announced on Sunday evening before the markets open in Asia.

The spending plan, passed by a vote of 78 to 12, totals more than $630 billion. It includes nearly $23 billion in disaster aid for storm-ravaged parts of the country and also allows the expiration of a quarter-century-old ban on new oil drilling off the Atlantic and Pacific Coasts, handing Republicans a political victory. It also provides $25 billion in loan guarantees for the auto industry.
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"Traders will probably trade small with the high drama in Washington going on. If we finally do get an agreement, the market will get the lift but it won't last more than a day before the reality of the poor economic backdrop and the upcoming earnings season comes into focus," said Elliot Spar, option-market strategist at Stifel, Nicolaus & Co.
http://www.marketwatch.com/news/stor...5E2208E800F%7D

Benjamin 28-09-2008 18:47

Finanzmarktkrise in den USA

Einigung auf Rettungsplan für Banken


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http://www.tagesschau.de/wirtschaft/...gsplan104.html


US-Kongress gewährt günstige Kredite
25 Milliarden Dollar für US-Autohersteller


Nach der Finanzbranche erhalten auch die kriselnden US-Autobauer staatliche Milliarden-Hilfen. Der US-Kongress verabschiedete ein Paket mit zinsgünstigen Krediten im Umfang von 25 Milliarden Dollar für die Hersteller. Die Darlehen sollen Unternehmen wie der Opel-Mutter General Motors, Ford und Chrysler LLC dabei helfen, benzinsparende Fahrzeuge und Lastwagen zu bauen und damit den Spritverbrauch wie geplant bis 2020 um 40 Prozent zu senken. Zur Absicherung der Kredite will die Regierung 7,5 Milliarden Dollar an Steuergeldern einsetzen.

Die Hilfen sind der erste staatliche Eingriff in die US-Autoindustrie seit der Rettung von Chrysler 1980. Deutsche Hersteller haben die Finanzspritze als wettbewerbsverzerrend kritisiert. Zulieferer hoffen dagegen auf neue Aufträge.

Kredite Teil eines ganzen Finanzpakets

Die Subventionen für die US-Autoindustrie sind Teil eines umfangreichen Ausgabengesetzes über 634 Milliarden Dollar, das der Senat mit 78 zu 12 Stimmen verabschiedete. US-Präsident George W. Bush hatte bereits angekündigt, das entsprechende Gesetz nach der Zustimmung des Kongresses schnell unterschreiben zu wollen. Mit den nun beschlossenen Ausgaben soll die Finanzierung der Regierung über die Zeit der bevorstehenden Präsidenten- und Kongresswahlen hinaus sichergestellt werden.

Kriegskasse und Ölbohrungen

In dem Paket sind auch 488 Milliarden Dollar für das Verteidigungsministerium enthalten. Die Summe sichert den Pentagon-Haushalt bis Ende September 2009.
Die Kosten der Kriege in Afghanistan und dem Irak sind in anderen Gesetzen abgedeckt. Die Gesetzesvorlage wurde vom Kongress aber auch dazu genutzt, ausstehende Vorhaben der Bush-Regierung noch umzusetzen. Es sieht auch die Aufhebung des Verbots von Ölbohrungen vor der Atlantik- und der Pazifikküste vor.

Quelle: Tagesschau.de

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Still, Republican House members are waiting to see the compromise proposal written into legislation before making a final decision to support it, said Representative Eric Cantor of Virginia.

``We're waiting to see what this looks like on paper to see if we have an agreement,'' Cantor said.

The proposal immediately provides $250 billion, and another $100 billion could be used at the request of the president. Congress would have to review the expenditure of the remaining $350 billion, according to an outline distributed to reporters.

Companies that sell debt to the government will issue stock warrants to the government so that taxpayers ``can gain as companies recover'' from economic difficulties.

Republican leadership aides said that provisions favored by unions that own significant stakes in companies through pension plans were dropped. That includes a requirement for shareholder votes on executive-compensation issues.


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Paulson and Bernanke have tried one thing after another to stimulate lending and restore confidence since the markets blew up in the summer of 2007, but nothing has worked for more than a brief period.

The two amigos had to ask Congress to fund the bailout, which comes directly from taxpayer money. But for the past 14 months they've thrown hundreds of billions of dollars of fed assets into the market, and lenders still won't lend. Recent figures show that the Fed has used recently created programs to put about $400 billion of cash and Treasury securities (which are the same as cash) into the credit markets, much of it as loans against hard-to-value securities. Despite that, debt markets are still glopped up (though things might be far worse, absent these programs).

What I find especially disturbing is that the Fed's post-Bear-Stearns-collapse program to lend to investment banks didn't forestall runs on investment banks, and Paulson's guarantee of Fannie Mae and Freddie Mac debt didn't settle those markets, forcing the Treasury to take the companies over. I thought both those programs would work.

It's going to take quite a while to see whether the debt markets' depression is lifted by the bailout - I wouldn't place much faith in early reports.

And let's not forget that there's a long-term psychological cost to this fix: It has enraged ordinary taxpayers-and rightly so. Don't be surprised if they lose faith in the supposed miracle of free markets, and in the financial system, and in the Fed and Treasury, which - unlike Washington pols - have been generally revered. That loss, in fact, may be the bailout's biggest cost of all.
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Finanzspritze
Washington hilft Autobauern mit Milliarden


Nach der Finanzbranche erhalten auch die kriselnden US-Autobauer Milliardenhilfen: Der Senat hat ein Paket mit zinsgünstigen Krediten für die Produktion benzinsparender Fahrzeuge verabschiedet. Auch Ölbohrungen vor US-Küsten sind nun erlaubt.

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http://www.ftd.de/unternehmen/indust...en/419273.html

Benjamin 28-09-2008 20:38

Godmode sieht zunächst eine positive Marktreaktion, die dann später durch "weitere Ereignisse" gedreht würde und zu einem tieferen Tief führen sollte (Kapitulation?).

Danach dann Bullentraum. Das würde - alles in allem - in etwa mit dem oben gesagten übereinstimmen.

https://ssl.godmode-trader.de/charts...80928daxw1.gif

https://ssl.godmode-trader.de/charts...0928dax601.gif

Starlight 29-09-2008 18:08

Angst vor dem Weihnachts-Schock
Freitag, 26. September 2008

Die Wall Street zerfällt, das Vertrauen der Anleger ist dahin… dabei ging es in den letzten Tagen fast nur um den Finanzsektor – eine einzige Branche unter vielen, die zur Zeit leiden. Aus zahlreichen anderen Branchen stehen weitere schlechte Nachrichten an, die den Dow Jones weiterhin belasten dürften.

Außer der Finanzbranche steht der Automobilsektor regelmäßig unter Beobachtung, damit hat es sich aber schon. Selbst der sonst viel beachtete Energie- und Ölsektor hat seine jünsten Kursverluste fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit weggesteckt, und die Warnungen aus dem Hightech-Sektor, wo man mit deutlich sinkenden IT-Investitionen der amerikanischen Unternehmen rechnet, machen keine großen Schlagzeilen mehr.

Und dann gibt es noch eine ganze Reihe von Unternehmen, die den größten Teil der US-Konjunktur stemmen und doch aus dem Blickfeld vieler Investoren verschwunden sind: die Einzelhändler. Die haben gerade das Geschäft zum Schulanfang mehr schlecht als recht hinter sich gebracht und arbeiten jetzt auf Weihnachten zu – die Aussichten sind trübe.

Die Experten von Deloitte & Touche gehen davon aus, dass das Weihnachtsgeschäft in diesem Jahr nur 2,5 bis 3 Prozent über dem Vorjahresvolumen liegen dürfte. Das wäre das schwächste Wachstum seit 17 Jahren.

Ganz überraschend wäre das nicht. Dass der amerikanische Verbraucher unter der Finanz- und Immobilienkrise leidet, kaum mehr Kredite aufnehmen kann und unter Inflationsdruck leidet, ist weithin bekannt. Und dass Inflation trotz der jüngst fallenden Energiepreise ein Problem ist, weiß man auch; schließlich sind auch die Lebensmittelkosten dramatisch angestiegen.

Dazu kommen die Sorgen um einen immer schwächeren Arbeitsmarkt mit einer historisch hohen Arbeitslosenquote, und all diese Faktoren führen dazu, dass Verbraucher zur Zeit weniger frei verfügbares Geld haben – entsprechend wird Weihnachten bei amerikanischen Familien etwas sparsamer ausfallen. Da aber die USA ebenso wie die Börse weitgehend konsumabhängig sind, bahnen sich hier weitere Kurseinbrüche an.
© Inside Wall Street

Starlight 29-09-2008 18:08

Rettungspaket lässt Börsen kalt
Montag, 29. September 2008

Sie haben es geschafft. Republikaner und Demokraten haben sich in Washington zusammengerauft und ein 700 Milliarden Dollar schweres Hilfspaket für die Wall Street gepackt, das ganze auch noch rechtzeitig vor Handelsbeginn an den Weltbörsen. Und trotzem brechen die Märkte am Montag ein… kein Wunder.

Denn um das Hilfspaket aus Washington ranken sich – in den USA und auch an den Handelsplätzen in Asien und Europa – viele Fragen. Kommt das Paket überhaupt durch den Kongress? Kann der Zuschuss aus der Hauptstadt Vertrauen in die Märkte bringen? Und die ungeheuerlichste Frage: Sind 700 Milliarden Dollar genug?

Letztere Frage wird am Montag überall aufgeworfen, und damit zeigt sich eigentlich schon, dass mit dem Rettungspaket längst nicht alle Sorgen vom Tisch sind. Obwohl nun der amerikanische Steuerzahler bluten muss, obwohl pro Haushalt mehr als 6000 Dollar gezahlt werden, fürchten manche Insider, dass zu wenig zu spät kommt.

Durch weitere Bankenpleiten zum Wochenstart wird dieser Eindruck verstärkt. Die amerikanische Großbank Wachovia geht an die Citigroup, und jenseits der Grenzen gibt es weitere Opfer: In Benelux stürzt Fortis, in Großbritannien wird die Hypothekenbank Bradford & Bingley verstaatlicht, und in Deutschland steht die Hypo Real Estate vor dem Kollaps.

Damit ist nun endgültig klar, wie dramatisch die globalen Folgen der US-Finanzkrise sein können. Naiv wer glaubt, dass es bei den drei Banken bleibt, die am Montag Schlagzeilen machen. Schon jetzt sorgen sich Anleger um die Commerzbank, der Haushaltsausschuss in Berlin trifft sich zu einer Krisensitzung… und die Wall Street bekommt das alles mit und weiß: Die Sache ist noch lange nicht vom Tisch.

Zumal man sich in Washington noch lange nicht auf den besten Weg aus der Krise geeinigt hat. In beiden Parteien gibt es Gegenstimmen, die das 700 Milliarden Dollar schwere Paket stoppen wollen. Der texanische Abgeordnete Jeb Hensarling stimmt mit Sicherheit gegen die Maßnahme, da die USA „über dieses Paket langsam in den Sozialismus“ abrutsche. Finanzminister Paulson bezeichnet er schon einmal als „King Henry“ – und auf eine Finanz-Monarchie will zumindest er sich nicht einlassen.

Auch die Demokraten sind nicht happy: In ihren Augen hilft das Paket zuwenig den Hausbesitzern, die von den Banken mit unfairen Hypotheken abgezockt wurden. Denen wollten sie die Gelegenheit geben, ihre Kredite neu zu verhandeln, doch dieser Aspekt ist aus dem mittlerweile 150 Seiten dicken Gesetzvoschlag herausgefallen.

Was den Fortschritt in Washington ebenfalls erschwert: Der Wall Street schlagen in ihrer Not nicht gerade Wellen der Sympathie entgegen. Den Wählern ist klar, dass die Gier und Hybris der Banker die Krise herbeigeführt hat – und dass deren Spiel noch lange nicht zu Ende ist. Erst am Freitag kam heraus, dass der letzte CEO von Washington Mutual mit einem Bonus von 20 Millionen Dollar verabschiedet wird. Dabei war er nur drei Monate an der Spitze gestanden. Dass er eingestellt wurde, um eine Pleite zu verhindern, und dass er genau das nicht geschafft hat, schlägt sich auf die großzügige Entlohnung nicht durch.

Angesichts solcher Fälle überlegen sich zahlreiche Abgeordnete, ob die der Wall Street mit einem Rekordbetrag zur Seite springen sollen. Solange aber solche Zweifel im Raume stehen, kann sich die Börse nicht erholen… ob sie es später schafft, wenn das Paket beschlossen ist, bleibt abzuwarten.
© Inside Wall Street

Starlight 01-10-2008 17:58

Schon wieder ein „Bailout“
Mittwoch, 1. Oktober 2008

Wenn die Amerikaner 2008 nicht nur einen Präsidenten, sondern auch ein „Wort des Jahres“ wählen müssten, es gäbe einen klaren Sieger: „Bailout“. Als Verb steht „to bail out“ für „auslösen“ oder „freikaufen“, und es bezeichnet was die US-Regierung seit geraumer Zeit tut: Sie schießt kaputten Unternehmen Geld zu, um sie vor einer Pleite zu retten.

Der größte Bailout, ein 700 Milliarden Dollar schweres Geldpaket für die Finanzbranche, ist wohlgemerkt noch immer umstritten; eine erste Absage des Kongresses hat die Wall Street auf eine historische Achterbahnfahrt geschickt. Doch vor dem richtig dicken Brummer, um den Republikaner und Demokraten zur Zeit in Washington kämpfen, gab es schon eine ganze Reihe kleinerer Aktionen.

So kaufte die Regierung jüngst Fannie Mae und Freddie Mac auf, man schoss dem illiquiden Versicherungsriesen AIG 85 Milliarden Dollar zu, man sprang auch dem Investmenthaus Bear Stearns zur Seite – dem Konkurrenten Lehman Brothers allerdings nicht. Und auch außerhalb der Finanzbranche hat man Geld verteilt, unter anderem an die Autofirmen. Satte 25 Milliarden Dollar fließen dieser Tage nach Detroit; dort ist man damit nicht einmal zufrieden, denn zuletzt hatten General Motors und Ford 50 Milliarden Dollar gefordert.

Hinter dem Auto-Bailout steht ein ungeheuerliche Denkweise. Die Unternehmen scheinen endlich erkannt zu haben, dass man mit den alten Spritschleudern und ineffizienten Motoren in Zeiten hoher Öl- und Benzinpreise und eines stärkeren Umweltbewusstseins nicht mehr bestehen kann. Sie scheinen auch erkannt zu haben, dass man darauf schon viel früher hätte kommen können, und dass die Konkurrenz in Asien und Europa zur Zeit einen Vorsprung hat, den sie kaum einholen können.

Dass das alles selbstverschuldet ist, sieht man natürlich nicht. Vielmehr bemüht man sich plötzlich um die Erforschung alternativer Konzepte und energiesparender Motoren, und genau diese Forschungsarbeit will man sich vom Staat bezahlen lassen… davon, dass die Steuerzahler nachher an den Gewinnen der Unternehmen beteiligt werden, findet sich in der Vorlage wohlgemerkt nichts.

Das ist ebenso ungeheuerlich wie die Tatsache, dass die großen Automobilhersteller die neuen Technologien längst besitzen. GM hat den „Volt“ auf der Basis von Lithium-Ionen-Batterien bereits vorgestellt und für 2010 in Serie angekündigt. Ford hat effiziente und spritsparende Wagen in Europa auf dem Markt, bringt sie aber wegen zu geringer Margen nicht auf amerikanische Straßen.

Branchenanalysten gehen davon aus, dass GM und Ford das Geld aus Washington gar nicht in die weitere Forschung, sondern in die Produktion stecken. Doch selbst das garantiert noch nicht einmal, dass die bereits entwickelten Konzepte künftig en masse verwendet werden. Für den „Volt“ von GM sind im ersten Produktionsjahr etwa magere 25 000 Einheiten geplant, später will das Unternehmen bis zu 60 000 Wagen pro Jahr herstellen. Warum dafür zig Millionen aus den Steuerkassen fließen sollen, ist den meisten Amerikanern unklar.

Wahrscheinlich wird „Bailout“ deshalb auch nicht zum „Wort des Jahres“ gekürt werden – eher zum „Unwort“.
© Inside Wall Street

Starlight 03-10-2008 18:21

Der Frust der Volkswirte
Freitag, 3. Oktober 2008

Dass Amerika auf einem steilen Weg bergab ist, bestreitet längst keiner mehr. Und die jüngsten Arbeitsmarktzahlen bestätigen, dass die Rezessionsängste, die Skeptiker seit langem hegen. Umso dringender bemüht sich Washington, noch vor Wochenschluss das viel diskutierte Rettungspaket für die Wall Street zu verabschieden. Ob es hilft?

Das Rettungspaket für die Wall Street, das zunächst auf 700 Milliarden Dollar taxiert war und dann mit völlig überflüssigen und von Steuerzahlerverbänden massiv kritisierten Zusätzen auf 850 Milliarden Dollar aufgebläht wurde, dürfte am Freitagmittag vom Repräsentantenhaus verabschiedet werden. Daran ändern auch unzählige Demonstrationen nichts, bei denen tausende von Bürgern gefordert haben, dem Spuk ein Ende zu machen und nicht mit Steuergeldern die Banken freizukaufen.

Die Abstimmung im Senat, wo das Rettungspaket mit einer Dreiviertel-Mehrheit abgesegnet wurde, hat gezeigt, dass US-Politiker auch unter dem großgeschriebenen Motto „Change“ zu eben diesem Wechsel doch nicht bereit sind. Zu mächtig sind die Banken, als dass man ihnen diesmal Hilfe aus Washington verweigert hätte. Dabei hätte man das durchaus tun und das Rettungspaket ablehnen können, meinen zumindest führende Volkswirte. Die kaufen das Argument nicht, dass Washington sich gerade zum kleineren Übel durchringe und keine andere Chance habe. Im Gegenteil: Viele - darunter einige aus dem Obama- oder McCain-Lager sowie politisch unabhängige – halten die 451 Seiten starke Vorlage für wirkungslos.

Jonathan Berk, Finanzprofessor an der renommierten Stanford University, war „noch nie so frustriert. (…) Die Politiker wissen nicht was sie tun, sie kennen sich in der Materia überhaupt nicht aus.“

Für einige Volkswirte beginnt es damit, dass Washington die Situation nicht richtig einschätze und das Rettungspaket zu groß und zu weitläufig gemacht habe. „Einige Boote sinken“, erklärt John Cochrane von der University of Chicago Business School. „Statt diese Boote zu retten, sprengt man den Damm und flutet den ganzen See.“

Auch Robert Hansen von der Tuck School of Business am Dartmouth College meint, das ein Eingreifen der Regierung wohl nötig ware. „Aber ein Eingreifen in dieser Höhe? Nein.“ Der Wirtschaftsnobelpreisträger Daniel McFadden, Professor in Berkeley, sieht die USA mittlerweile da, “wo die Sowjetunion 1988 war”, nämlich ein Jahr vor ihrem Zusammenbruch.” McFadden sieht dringenden Handlungsbedarf, sagt aber: „Ich glaube nicht, dass das (aktuelle Paket) ein gutes Paket ist.

Die Mängelliste der Experten ist lang, doch in einigen Punkten sind sich die meisten Experten einig: Sie glauben, dass das Paket nicht nur zu groß und zu teuer ist, sondern dass es auch am falschen Ort einsetzt. Sie halten zudem die zahlreichen Einschübe für überflüssig, mit denen sich Kritiker Steuervergünstigungen für alle möglichen Sonderprojekte und einzelne Branchen gesichert haben. Diese haben mit dem eigentlichen Paket nichts zu tun und scheinen nur ihren Weg in das Gesetz gefunden zu haben, um skeptischen Abgeordneten eine Ja-Stimme abzutrotzen.

Unterm Strich ist das Rettungspaket für die Wall Street also für Wirtschaftsexperten und für die Mehrheit des Volkes eine Katastrophe. Durchkommen dürfte es dennoch, und in bezug auf die bevorstehenden Präsidentschaftswahlen wirft das zumindest eine Frage auf: Während sich das Stimmenverhältnis zwischen Barack Obama und John McCain – beide stimmten im Senat für das Paket – nicht verändert hat, fragt sich, ob Wähler ihren Frust anderweitig zeigen und am Ende etwa die mühsam erarbeitete Wahlbeteiligung leidet.
© Inside Wall Street

Starlight 23-10-2008 18:33

Warren Buffett: Jetzt Aktien kaufen!


Warren Buffett gibt es zu: „Die Finanzwelt ist ein einziges Chaos, sowohl in den USA als auch im Ausland. Die Probleme haben auf die Konjunktur übergegriffen (…) bald wird die Arbeitslosigkeit steigen, die Geschäftsaktivitäten werden sinken und Schlagzeilen schlecht bleiben“. Was macht der Mann? – Er kauft Aktien.

Sein ganzes persönliches Portfolio habe er in den letzten Tagen von Anleihen auf Aktien umgestellt, erklärte der reichste Mann der Welt in einem Gastbeitrag für die New York Times. Und zwar nicht in irgendwelche Aktien, sondern in amerikanische. Das liegt allerdings nicht an einem hingebungsvollen Patriotismus, den Buffett zur Schau stellen will, sondern an einer einfachen Überlegung: Die amerikanischen Aktien hat es in den letzten Monaten am schlimmsten getroffen – also sind sie auch am billigsten.

Entsprechend rät Buffett anderen Investoren, ebenfalls einzusteigen. Anleger sollten sich, wie er selbst, an einem einfachen Grundsatz orientieren: „Sei vorsichtig, wenn andere zu gierig werden. Sei gierig, wenn andere zu vorsichtig werden.“

Zur Zeit seien Anleger an den amerikanischen Aktienmärkten nicht nur vorsichtig, sondern geradezu panisch. Sie haben quer durch die Branchen hindurch alle möglichen Papiere verkauft… und damit die Kurse auf unglaublich attraktive Niveaus geknüppelt. Das heiße nun nicht, dass Anleger wahllos zugreifen sollten. Denn einige Unternehmen seien ja völlig zurecht unter Druck geraten. Doch erinnert Buffett an die vielen amerikanischen Konzerne, deren Geschäfte solide laufen, und die nach ein paar möglicherweise schwachen Quartalszahlen langfristig wieder deutlich anziehen dürften.

Dabei ist „langfristig“ das wichtigste Wort. Buffett ist als Investor mit weitem Horizont bekannt geworden; auf kurzfristig hohe Renditen setzt er nicht. Viel interessanter: Wo steht ein Unternehmen – und damit eine Aktie – in fünf, zehn oder zwanzig Jahren?

Zur Zeit sei diese Frage ganz einfach zu beantworten: Besser als heute. Das dürfte zumindest für die überwältigende Mehrheit gelten, und daher solle der Investor jetzt in den Markt gehen. Die Geschichte gibt Buffett übrigens recht: Ob während der Weltkriege oder während der Weltwirtschaftskrise: Aktien fanden immer einen Boden, bevor sich die eigentlichen Probleme hinter dem ursprünglichen Abschwung erledigt hatten.

Ob die Anleger auf Warren Buffett hören werden, ist natürlich offen. Historisch gesehen tun sie das nicht. In Krisenzeiten haben vor allem private Kleinanleger oft genug von der Börse und steigen mit hohen Verlusten ein. Sie ziehen sich in andere Anlagen zurück, zur Zeit vor allem in Cash – in Inflationszeiten wohlgemerkt die schlechteste Idee.

Lust auf Aktien bekommen Durchschnittsanleger dan erst wieder, wenn die Börsen schon lange in einer Boom-Phase sind; den größten Teil der Gewinne haben sie dann verpasst. Sie steigen dann teuer ein und haben damit den nächsten Frust vorprogrammiert: Kommt es erneut zu einer Baisse, sing ihre Verluste erneut höher als die der Profis, die viel früher – und viel billiger – eingestiegen waren.

In seinem Tip an Anleger, sich jetzt ungeachtet der letzten Wochen günstig zu positionieren, beruft sich Warren Buffett in der New York Times zuletzt auf ein Zitat von Wayne Gretzky: Der legendäre Eishockey-Star hat einmal erklärt: „Ich skate dorthin wo der Puck sein wird – nicht dorthin, wo er gerade war.“
© Inside Wall Street

Starlight 23-10-2008 18:34

Amerika entlässt en masse
Mittwoch, 22. Oktober 2008

Die amerikanischen Börsen haben seit Jahresbeginn etwa ein Drittel an Wert verloren; in den letzten Wochen waren die Indizes im freien Fall. Doch ein Boden ist nicht in Sicht. Im Gegenteil: Inmitten der Finanzkrise sorgt man sich um immer neue Probleme, nicht zuletzt um den Arbeitsmarkt.

Der Arbeitsmarkt, der seit Jahresbeginn jeden Monat schwächer geworden ist, leidet massiv unter den Schwierigkeiten bei den Banken. Die haben nämlich nicht nur an der Wall Street zu Massenentlassungen geführt. Im Gegenteil: Es gibt kaum eine Branche, in der zur Zeit nicht entlassen wird – in den Finanzschluchten von New York, wo gerade 150 Mitarbeiter der Rohstoffbörse Nymex entlassen wurden und tausende Leute bei Merrill Lynch ihre Schreibtische räumen, hat das ganze lediglich begonnen.

Bis zu 40 000 Stellen dürften gestrichen werden, wenn General Motos und Chrysler mergen. Der Deal ist zwar keineswegs sicher, doch auch alternative Überlegungen – etwa ein Einstieg von Renault-Nissan – dürften nicht ohne Kostensenkungen abgehen. Außerhalb der Großindustrie gibt es Entlassungen etwa bei Yahoo, wo sich in kurzer Zeit jeder zehnte Mitarbeiter verabschieden muss. Mehr als 7000 Stellen will der Pharmazeut Merck streichen, wie viele Angestellte bei Boeing gehen müssen ist noch unklar.

Unter den Einzelhändlern hat zunächt der Elektronikspezialist Ciscuit City Entlassungen angekündigt. Weitere Unternehmen dürften nachziehen, denn für das vierte Quartal zeichnet sich ein schwaches Weinachtsgeschäft ab. Wenig Kundenandrang in den Läden wird manchen CEO dazu bringen, Personal einzusparen.

Die aktuelle Statistik des Arbeitsministeriums in Washinton ist entsprechend beunruhigend. Die Zahl der Massenentlassungen – also der Entlassung von jeweils mehr als 50 Angestellten auf einen Schlag – hat sich im vergangenen Monat von 497 auf 2269 mehr als vervierfacht. Damit ist die Situation so dramatisch wie seit den Terroranschlägen vor sieben Jahren nicht mehr.

„Die großen Unternehmen gehen mit der Machete vor“, meint Paul Sarvadi von der Arbeitsagentur Administaff. „Wenn die Umsätze einbrechen, wird berechnet, wie weit die Kosten gesenkt werden müssen, um die gesteckten Quartalsziele noch zu erreichen.“ Diese Kosten würden dann schnell auf Personen umgelegt, wobei das Schlimmste noch bevorstehe.

Experten rechnen nämlich damit, dass nicht nur weitere Stellen gestrichen werden, sondern dass gekündigte Mitarbeiter langfristig nicht mehr eingestellt werden. Vielmehr würden die Unternehmen in Hightech investieren und die Arbeit auf Maschinen und effizientere Systeme verteilen. Wer im Unternehmen nicht dringend gebraucht wird, müsse sich warm anziehen, heißt es.
© Inside Wall Street

Starlight 23-10-2008 18:34

Aderlass beim CEO
Donnerstag, 23. Oktober 2008

Anleger haben in diesem Jahr an der Börse Milliarden verloren – und Schuld daran sind, so das fast einstimmige Urteil, die gierigen Bosse. Doch sind zumindest auch die nicht ungeschoren davongekommen: Eine Studie zeigt, dass die CEOs der größten US-Konzerne seit Januar mehr als 40 Milliarden Dollar verloren haben.

So ist etwa der bekannteste Großinvestor des Landes betroffen: Warren Buffett, CEO der Holding Berkshire Hathaway und eine Legende an der Wall Street, blickt seit Januar auf ein Minus von 9,6 Milliarden Dollar. Und das ist nur der Verlust, den er mit Aktien seines eigenen Unternehmens einstecken musste. Denn wenngleich sich das teuerste Papier der Welt – die Berkshire-Aktie notiert im sechsstelligen Bereich – besser schlägt als viele andere Unternehmen, ist sie doch zuletzt mit dem Markt eingebrochen.

Weitere Großverlierer: Larry Ellison, CEO von Oracle, blickt seit Beginn des Jahres auf ein Aktienminus von 6,6 Milliarden Dollar, Steve Ballmer von Microsoft sind 4,8 Milliarden Dollar abhanden gekommen, der Wert der Unternehmensbeteiligungen von Jeff Bezos (Amazon) ist um 4,2 Milliarden und der von Rupert Murdoch (News Corp.) um 3,9 Milliarden Dollar gefallen.

Die Chefs der 175 größten amerikanischen Unternehmen – für die Studie wurde die Top 200 zugrunde gelegt, abzüglich ausgeschiedener und gekündigter CEOs sowie bankrotter Titel –, blicken insgesamt auf Einbußen von 42,3 Milliarden Dollar oder 28 Prozent ihres jeweiligen Aktienbesitzes.

Die größten Kursverluste haben die CEOs erlitten, die selbst Gründer ihrer Konzerne sind. Denn traditionell sind diese mit hohen Paketen beteiligt, während Nicht-Gründer in der Regel kleinere Anteile halten. Dafür haben letztere oft große Anteile an Optionen, die ihrerseits in den meisten Fällen wertlos geworden sind.

Trost für die Bosse: Man kann es sich leisten. Selbst nach den jüngsten Verlusten hält der Durchschnitts-CEO zur Zeit noch eigene Aktien im Wert von 2,8 Milliarden Dollar bei Gründern, beziehungsweise 26,7 Millionen Dollar bei Nicht-Gründern – immer noch eine ganze Menge.
© Inside Wall Street

Starlight 04-11-2008 17:26

Keine Angst vor Präsident Obama
Dienstag, 4. November 2008

Die Wall Street ist am Wahltag euphorisch und göönt sich eine Rallye. Die Blue Chips legen zeitweise um satte 300 Punkte zu, und das zeigt zweierlei: Einerseits freut man sich, den aggressiven Wahlkampf hinter sich zu aben, und andererseits hat die Wirtschafts- und Finanzwelt keine Angst vor Präsident Obama.

Im Gegenteil: Immer mehr Experten auf dem Parkett, in den Banken und Finanzmedien haben in den letzten Wochen erkannt, dass ein Wahlsieg für den demokratischen Kandidaten kein Risiko für die Wall Street darstellt. So revolutionär ist diese Erkenntnis freilich nicht, denn in den vergangenen Jahrzehnten ist man im New Yorker Finanzviertel auch in demokratischen Zeiten recht gut gefahren.

Besser sogar als unter republikanischer Führung, wie einige Statistiken zeigen: Seit den Fünfzigerjahren sind etwa das Bruttoinlandsprodukt und das Pro-Kopf-Einkommen der Amerikaner unter demokratischen Präsidenten stets stärker gestiegen als unter republikanischen. Und an der Wall Street ging es im ersten Jahr nach einer Wahl meist aufwärts. Um durchschnittlich 4 Prozent nach einem Sieg der Republikaner, um 6 Prozent nach einem Sieg der Demokraten… und um 14 Prozent, wenn die Demokraten die Republikaner im Weißen Haus ablösten.

Den Unternehmen, die der Wall Street am nächsten stehen – den Banken und Investmenthäusern – ist zudem klar geworden, dass ein wenig Regulierung in den letzten Jahren nicht geschadet hätte. Und sie wissen, dass sowohl Barack Obama als auch John McCain für das 700 Milliarden Dollar schwere Rettungspaket gestimmt haben, das der Branche wieder auf den Damm helfen soll.

Auch die übrigen Branchen müssen sich vor einem Präsidenten Obama nicht unbedingt fürchten. Die Öl-Industrie kann sich zwar darauf gefasst machen, in den nächsten Jahren keine milliardenschweren Steuervergünstigungen mehr zu kassieren und stattdessen möglicherweie eine Steuer auf außergewöhnliche hohe Profite zahlen zu müssen. Doch vielleicht schaffen sie unter entsprechenden Bedingungen eher die Wende zur Entwicklung effizienterer Kraftstoffe und damit in Richtung Zukunft.

Ähnliche Gedanken wird man in der Automobilindustrie haben. Vor allem die zigtausend Arbeiter, die in den letzten Monaten ihre Jobs verloren haben, dürften sich fragen, ob eine frühzeitige Förderung neuer Technologien nicht einigen Schaden verhindert hätte. Und sie werden mitbekommen, dass Obama mit seinen geplanten Investitionen in dieser Richtung hunderttausende neue Arbeitsplätze schaffen könnte – vor allem in Ohio und Michigan, den beiden am sclimmsten gebeutelten Staaten.

Andere Branchen werden es unter Präsident Obama zwar schwerer haben als in den Bush-Jahren. Darunter etwa die Pharma-Industrie, deren Lobbyisten in den letzten Jahren freie Hand hatten. Doch hat auch John McCain im Wahlkampf versprochen, mit harter Hand gegen die Abzocke in der Arzneimittelindustrie vorzugehen.

Alle Branchen haben in den letzten Monaten heftig über die beiden Präsidentschaftskandidaten gestritten, und die meisten – abgesehen von Rüstung – haben keine Probleme, wenn Barack Obama ins Weiße Haus einzieht. Viel unklarer als dessen Politik ist wohlgemerkt, ob er all seine Ideen und Initiativen in der aktuellen Finanzkrise überhaupt umsetzen kann. Diese Frage allerdings müsste man auch bei seinem republikanischen Konterpart stellen.
© Inside Wall Street

Starlight 05-11-2008 18:33

Das Obama-Portfolio
Mittwoch, 5. November 2008

Am Wahltag hat die Wall Street bereits eine beeindruckende Rallye hingelegt, doch jetzt zeigt sich das wahre Herz der Finanzwelt. Barack Obama ist der 44. Präsident der Vereinigten Staaten, die Demokraten halten mindestens 56 Sitze im Senat und damit eine beeindruckende Mehrheit… Anleger müssen sich jetzt entsprechend positionieren.

Analysten haben bereits Tips gegeben, wie sich ein Portfolio am besten auf Barack Obama optimieren lässt.

In bezug auf einzelne Sektoren ist das gar nicht allzu schwierig. So empfiehlt es sich vermutlich, Finanz- und Investmentwerte und die Öl-Branche zunächst zu untergewichten. Erstere, weil sie nicht nur in einer tiefen Krise stecken, sondern auch Umsatzeinbrüche hinnehmen dürften, wenn die Demokraten die Kapitalertragssteuer anheben.

Letztere, weil Konzerne wie ExxonMobil und Chevron einerseits auf die bisherigen Steuersenkungen verzichten müssen, und andererseits von einer Sondersteuer bedroht sind, die Obama im Falle außergewöhnlich hoher Gewinne nicht ausgeschlossen hat. Zudem ist nun unwahrscheinlich, dass allzu viele Neubohrungen vor der amerikanischen Küste genehmigt werden, und die Bohrpläne im Naturschutzgebiet von Alaska sind wohl vom Tisch.

Andererseits muss sinkende Öl-Produktion irgendwie ersetzt werden. Branchenanalysten rechnen damit, dass die USA zunächst mehr Öl importieren müssen und raten daher, die französische Total, die spanische YPF oder China Petroleum in Augenschein zu nehmen.

Darüberhinaus bietet sich natürlich der Einstieg in Alternative Energien an. Solar- und Windenergie-Werte stehen vor guten Zeiten. Doch Kritiker warnen, dass hoher Enthusiasmus für diese lange vernachlässigte Branche eine Spekulationsblase auslösen könnte und manche Aktien aus dem Sektor bald sehr hoch bis zu hoch notieren könnten.

Weniger offensichtlich ist hingegen der Blick auf eine Zuliefererbranche, die von allen neuen Technologien profitiert: Hightech. Vor allem Chipwerte – einige Beobachter empfehlen Intel – rücken ins Rampenlicht, wenn es um die Entwicklung von energieeffizienten Maschinen geht.

Unabhängig vom Wahlsieg Obamas müssen sich Investoren aber vor allem über eines im Klaren sein: Die US-Konjunktur steckt in einer Rezession, der Verbraucher in der Krise, und die Kreditkartenbranche droht zu kollabieren. Auch der strahlendste Hoffnungsträger im Weißen Haus kann die Auswirkungen schlechten Managements der letzten Jahre nicht komplett verhindern – durch eine gewisse Bereinigung müssen die Märkte wohl gehen.
© Inside Wall Street

Starlight 07-11-2008 18:36

Das Obama-Portfolio
Mittwoch, 5. November 2008

Am Wahltag hat die Wall Street bereits eine beeindruckende Rallye hingelegt, doch jetzt zeigt sich das wahre Herz der Finanzwelt. Barack Obama ist der 44. Präsident der Vereinigten Staaten, die Demokraten halten mindestens 56 Sitze im Senat und damit eine beeindruckende Mehrheit… Anleger müssen sich jetzt entsprechend positionieren.

Analysten haben bereits Tips gegeben, wie sich ein Portfolio am besten auf Barack Obama optimieren lässt.

In bezug auf einzelne Sektoren ist das gar nicht allzu schwierig. So empfiehlt es sich vermutlich, Finanz- und Investmentwerte und die Öl-Branche zunächst zu untergewichten. Erstere, weil sie nicht nur in einer tiefen Krise stecken, sondern auch Umsatzeinbrüche hinnehmen dürften, wenn die Demokraten die Kapitalertragssteuer anheben.

Letztere, weil Konzerne wie ExxonMobil und Chevron einerseits auf die bisherigen Steuersenkungen verzichten müssen, und andererseits von einer Sondersteuer bedroht sind, die Obama im Falle außergewöhnlich hoher Gewinne nicht ausgeschlossen hat. Zudem ist nun unwahrscheinlich, dass allzu viele Neubohrungen vor der amerikanischen Küste genehmigt werden, und die Bohrpläne im Naturschutzgebiet von Alaska sind wohl vom Tisch.

Andererseits muss sinkende Öl-Produktion irgendwie ersetzt werden. Branchenanalysten rechnen damit, dass die USA zunächst mehr Öl importieren müssen und raten daher, die französische Total, die spanische YPF oder China Petroleum in Augenschein zu nehmen.

Darüberhinaus bietet sich natürlich der Einstieg in Alternative Energien an. Solar- und Windenergie-Werte stehen vor guten Zeiten. Doch Kritiker warnen, dass hoher Enthusiasmus für diese lange vernachlässigte Branche eine Spekulationsblase auslösen könnte und manche Aktien aus dem Sektor bald sehr hoch bis zu hoch notieren könnten.

Weniger offensichtlich ist hingegen der Blick auf eine Zuliefererbranche, die von allen neuen Technologien profitiert: Hightech. Vor allem Chipwerte – einige Beobachter empfehlen Intel – rücken ins Rampenlicht, wenn es um die Entwicklung von energieeffizienten Maschinen geht.

Unabhängig vom Wahlsieg Obamas müssen sich Investoren aber vor allem über eines im Klaren sein: Die US-Konjunktur steckt in einer Rezession, der Verbraucher in der Krise, und die Kreditkartenbranche droht zu kollabieren. Auch der strahlendste Hoffnungsträger im Weißen Haus kann die Auswirkungen schlechten Managements der letzten Jahre nicht komplett verhindern – durch eine gewisse Bereinigung müssen die Märkte wohl gehen.
© Inside Wall Street

Starlight 07-11-2008 18:36

Teures Aus für die Homo-Ehe
Freitag, 7. November 2008

Die Amerikaner bejubeln noch immer den Wahlsieg von Barack Obama, und eine knappe Mehrheit hofft, dass sich im ganzen Land nun eine tolerantere und zukunftgewandte Politik breit macht. Das dürfte allerdings dauern: Drei Staaten haben in dieser Woche etwa die Homo-Ehe verboten – mit teuren Folgen für die Konjunktur.

Vor allem die Republikaner, deren fundamental christlicher Arm für gewöhnlich hinter jedem Votum gegen Schwule, Lesben oder generell Andersdenkende steht, haben wohl nicht darüber nachgedacht, dass sie mit ihren jüngsten Kampagnen der Staatskasse schaden. Mitten in einer Wirtschaftskrise hatten sie Barack Obama als „Sozialisten“ beschimpft und sich als Heilsbringer für eine angeschlagene Konjunktur präsentiert – ohne Erfolg.

Gleichzeitig kämpften sie mit konservativen, moralischen Themen um Stimmen, und in Kalifornien, Florida und Arizona ist es ihnen tatsächlich gelungen, die gleichgeschlechtliche Ehe per Verfassung zu verbieten. Das wiederum kommt die Staaten teuer zu stehen: Allein Kalifornien dürften in den nächsten drei Jahren fast 70 Millionen Dollar an Steuern und Gebühren entgehen.

Dabei sind andere Umsätze noch gar nicht eingerechnet. Seit im Juni diesen Jahres die ersten Homo-Ehen geschlossen wurden, hat die Hochzeitsbranche einen deutlichen Aufschwung erlebt. Für Saalvermieter, Schneider und Frack-Verleiher, Blumenläden, Konditoren und einen Unternehmer, der sich auf Glückwunschkarten für schwule und lesbische Paare spezialisierten, liefen die Geschäft gut. Auch Hotels, Autovermietungen und Fluggesellschaften verdienten mit, da Paare aus dem ganzen Land etwa nach Kalifornien reisten, wenn sie in ihrem eigenen Staat keine Ehe schließen durften.

Der Homo-Tourismus an die Pazifikküste droht künfitg unter dem intoleranten Anhang an die Verfassung zu leiden. Kalifornien hatte bisher in der Szene einen guten Ruf; mit Los Angeles, San Francisco, San Diego und Palm Springs lagen dort vier der „Top 10 Reiseziele“ für gleichgeschlechtliche Paare. „Das ist nun ganz schlechtes Marketing für uns“, gibt David Paisley zu, der sich in San Francisco auf die Tourismusbranche spezialisiert hat.

Den Republikanern ist das egal. „Es ging darum, die Ehe als Einheit zwischen Mann und Frau zu sichern, wie das tausende Jahre lang der Fall war“, meint Frank Schubert von Project Marriage, einer Interessensgruppe gegen die Homo-Ehe. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass uns das finanziell ins Unglück stürzt.“

Damit hat er wohl recht. Mit rund 70 Millionen Dollar ließe sich etwa das 11-Milliarden-Loch im kalifornischen Haushalt nicht stopfen; doch will man in schweren Zeiten ja nicht auf zusätzliche Einnahmen verzichten. So sah das auch der republikanische Gouverneur Arnold Schwarzenegger. Der hatte sich vor der Wahl häufig gegen „Proposition 8“ – und damit für eine Tolerierung der Homo-Ehe – ausgesprochen, nicht zuletzt aus wirtschaftlichen Gründen. Das Geld hätte er gerne eingesteckt, obwohl er auch noch andere Mittel kennt: Schwarzenegger hat bereits sein Kabinett zusammengerufen, um über Steueranhebungen zu diskutieren.
© Inside Wall Street

Starlight 11-11-2008 17:20

Angst um die Schnäppchenjäger
Dienstag, 11. November 2008

Sechs Wochen vor Weihnachten ist die Stimmung im US-Einzelhandel trübe. Höhe Inflation bei Energie und Lebensmitteln machen den Amerikanern zu schaffen, das Land zählt mehr Arbeitslose als je zuvor in den letzten zwanzig Jahren, und Rezession und Kreditkrise haben psychologische Spuren hinterlassen.

Schon jetzt ist klar: Das Weihnachtsgeschäft dürfte so schlecht ausfallen wie seit Jahrzehnten nicht. Und das, obwohl die Branche vorgesorgt hat. Bereits im Sommer fuhren zahlreiche Ladenketten ihre Bestellungen herunter, da erste Anzeichen auf einen flauen Winter deuteten und man keine hohen Lagerbestände aufbauen wollte. Dann brach im September alles zusammen, und jetzt hat man doch wieder zuviel eingekauft.

Um zumindest einen Großteil der Weihnachtsartikel – Kleidung, Spielzeug, Elektronika – los zu werden, müssen die Läden wieder die Preise senken. Doch nicht wie in früheren Jahren, als eine Handvoll Lock-Angebote am „Black Friday“ die Kundschaft in die Shops trickste, wo dann auch abseits der Schnäppchentische kräftig eingekauft wurde. Nein, in diesem Jahr müssen die Preise für alle Artikel gesenkt werden, und dann auch noch dramatisch – sonst ist kaum eine Seele aus dem Haus zu locken.

Somit sind die Margen über Weihnachten im Eimer. Dieser Umstand wiederum gibt einigen Optimisten Auftrieb. Die glauben daran, dass die dramatisch gesenkten Preise nun doch allerhand Kundschaft reizen. Denn jeder halbwegs gebildete Amerikaner hat mittlerweile erfahren, wie schlecht es um den Einzelhandel steht und dass in den nächsten Wochen historische Sonderangebote locken… entsprechend dürfte nun jeder, der noch ein wenig Cash hat, zuchlagen.

Das Szenario birgt zwei Fehler: Zum einen ist die Zahl derer, die noch ein wenig Cash haben, erschütternd gering.

Zum anderen hat ein Großteil der Amerikaner mittlerweile erkannt, wie man in die aktuelle Kreditkrise gerutscht ist. Das ganze Land hat nämlich jahrelang über seine Verhältnisse gelebt und auf Pump gekauft. Viele haben aus ihren Fehlern gelernt und dürften an Weihnachten selbst die tollsten Schnäppchen ausschlagen und lieber Schulden abbezahlen, um einem privaten Konkursverfahren zu entgehen. Für die Einzelhandelsaktien wird es daher weiter bergab gehen.
© Inside Wall Street

Starlight 13-11-2008 18:09

Das 700-Milliarden-Durcheinander
Donnerstag, 13. November 2008

Mit einem 700 Milliarden Dollar schweren Hilfspaket wollte die US-Regierung vor sechs Wochen die angeschlagene Bankenbranche retten. Einige Finanzhäuser haben sich mittlerweile aus dem Steuertopf reichlich bedient, und das passt vielen Amerikanern gar nicht, zumal die versprochene Übersicht nicht gegeben ist.

Eigentlich sollte die größte staatliche Hilfe, die der Wall Street jemals gegeben wurde, von Washington aus streng überwacht werden… doch die Realität sieht ganz anders aus. Zunächst hat das Finanzministerium unter Minister Henry Paulson gerade den Ansatz des gesamten Paketes geändert und will nicht mehr, wie ursprünglich geplant, kaputte Anlagen übernehmen. Vielmehr schießt man den Unternehmen einfach Geld zu.

Zudem hat man neben den ursprünglich angepeilten Großbanken immer mehr Unternehmen in den Reihen der Hilfesuchenden akzeptiert, darunter die Kreditkarten-Konzerne, den Versicherer AIG, Investmenthäuser wie Goldman Sachs und Morgen Stanley – Gerüchten zufolge könnten auch General Electric und der kaputte Autobauer General Motors Zugriff auf die Gelder haben, in beiden Fällen über ihre Finanztöchter.

Die Nachfrage nach Geld aus dem Hilfs-Fond ist gewaltig. Zahlreiche Unternehmen haben den nur zwei Seiten langen Antrag ausgefüllt; mittlerweile sind rund 290 Milliarden Dollar verbraucht. Doch in einem anderen Punkt ist man in Washinton noch keinen Schritt weitergekommen: Die versprochenen, und im Gesetz um den Hilfs-Fond verankerten Aufsichtsbehörden bestehen noch nicht.

„Das ist ein riesiges Durcheinander“, urteilt Eric M. Thorson, der Generalinspekteur im Finanzministerium. „Ich laube nicht, dass zur Zeit irgendjemand weiß, wie wir das Ganze unter Kontrolle und Aufsicht bekommen können.“ Die Frist für einen ersten Aufsichtsbericht über die Verteilung der Gelder ist bereits abgelaufen, ohne dass ein solcher begonnen worden ist; Schlüsselstellen in den Bereichen Aufsicht und Verwaltung sind noch nicht besetzt; die Ernennung eines Spezialaufsehers muss vom Kongress bestätigt werden, was sich über Monate hinziehen könnte.

Unterdessen reagieren Amerikaner gereizt auf das Wort „Bailout“, was direkt mit dem Benehmen der Banken an der Wall Street zu tun hat. Die scheinen sich nämlich nicht an die Auflage zu halten, nach der Banken, die Gelder aus dem Hilfs-Fond beziehen, keine Boni an das Management zahlen dürfen. Offiziell heißt es: Die Hilfsgelder werden nicht direkt zur Zahlung von Boni verwendet – dass sie aber intern nur umgebucht werden, leuchtet auch dem unbedarften Beobachter (und Steuerzahler) ein.

Überdenken will man das an der Wall Street indes nicht: Goldman Sachs und Morgan Stanley haben bereits mehrere Milliarden für Management-Boni zurückgelegt. Und allgemein dürften die Sonderzahlungen im Finanzsektor zwar um 40 bis 70 Prozent zurückgehen, doch fallen sie immer noch großzügig aus und liegen bei manchen Managern beim Vierfachen des eigentlichen Gehalts. „Die Banken haben keine andere Wahl“, erklärt John Challenger von der Job-Beratung Challenger Gray & Christmas die Lage zu rechtfertigen. „Wenn einige Banken diese Boni nicht mehr zahlen, verlieren sie einen Wettbewerbsvorteil.“ Das Risiko: Top-Leute könnten zur Konkurrenz wechseln.

Daher wird die Forderung lauter, Boni in diesem Jahr gesetzlich zu verbieten. Verständlich ist der Aufruhr, denn dem Steuerzahler, der letztlich für das Hilfspaket gerade stehen muss, ist egal, ob die Manager weniger verdienen als im Vorjahr – sie verdienen immer noch ein Vielfaches dessen was der durchschnittliche Arbeitnehmer einstreicht, der sein Unternehmen wohlgemerkt nicht in eine Milliardenkrise gesteuert hat.

Das Gezerre um das 700 Milliarden Dollar schwere Rettungspaket der Regierung wird sich noch lange hinziehen, und Anleger schauen genau hin. Sie haben bereits erkannt, dass die Hilfe nicht so ankommt wie sie geplant war, weshalb der Markt auf die gigantische Finanzspritze auch nicht reagiert hat.
© Inside Wall Street

Starlight 19-11-2008 18:17

Kein Bonus für die Zocker
Montag, 17. November 2008

Gute Ideen werden oft in Krisenzeiten geboren… auch in der Finanzkrise lässt sich Corporate America allerhand einfallen, um Schlimmeres zu verhindern. Einen ganz und gar historischen Schritt geht jetzt Goldman Sachs: Die Bank wird – man halte sich fest! – ihren sieben Top-Managern in diesem Jahr keinen Bonus zahlen.

Unglaublich. CEO Lloyd Blankfein und sechs seiner Top-Kollegen werden in diesem Jahr mit ihrem Grundgehalt von jeweils rund 600 000 Dollar auskommen müssen. Da wird das Weihnachtsfest wohl etwas bescheidener ausfallen… für eine neue Strandvilla wird es wohl nicht reichen, auch eine neue Yacht wird man sich vorerst abschminken müssen.

Und trotzdem macht das Beispiel Schule. Bei der UBS in Zürich hat man gerade beschlossen, die Bonuszahlungen künftig mehr an die geleistete Arbeit und den Gewinn des Unternehmens zu koppeln.

Dass solche Ideen jetzt aufkommen, in der Fachpresse gemeldet und reichlich diskutiert werden, zeigt erst, wie pervers die Lage an der Wall Street in den letzten Jahren war. Bei Goldman Sachs und den Konkurrenten, darunter Morgan Stanley und die schon fast vergessenen Merrill Lynch, Bear Stearns und Lehman Brothers, hatten die Boni für Top-Manager schon lange ihre klassische Bedeutung verloren. Wie jeder Latein-Schüler weiß, sollten diese Extrazahlungen am Jahresende ursprünglich einmal besonders gute Arbeit belohnen – garantierte Boni ohne Bezug zur geleisteten Arbeit machen keine Sinn.

An der Wall Street waren sie Managern aber seit Jahren in die Verträge geschrieben, womit sich die Firmen – hinterher ist man immer schlauer! – wohl selbst ein Grab geschaufelt haben. Denn der Bonus hatte plötzlich seine eigentliche Funktion verloren: die Manager anzuspornen, aber auch bei Vernunft zu halten. Immerhin: Zu hohes Risiko nimmt keiner nicht in Kauf, wenn nicht nur ominöse Anleger-Milliarden, sondern auch das eigene Weihnachtsgeld gefährdet sein könnten.

An der Wall Street könnte der Bonus-Verzicht eine Welle auslösen. Denn wo ein Unternehmen mutig voranschreitet, verlieren die anderen das einzige Argument, dass sie in ihrer Gier am bisherigen System hätte festhalten lassen können: den Gruppenzwang. Auf den hatte man sich in den letzten Wochen immer wieder berufen. Man könne die Boni im Interesse des Unternehmens nicht senken, hieß es, weil dann die Top-Leute zur Konkurrenz überlaufen könnten.

Wenn nun alle senken, ist diese Gefahr gebannt. Allerdings ist zur Zeit nicht klar, ob und vor allem wie weit „alle“ ihre Sonderzahlungen senken werden. Selbst bei Goldman Sachs sind Fragen offen. Noch in der vergangenen Woche hieß es, dass man 11 Milliarden Dollar für die Bonuszahlungen an insgesamt 433 Manager zurückgestellt habe. Jetzt heißt es, dass sieben Manager verzichten… da bleiben ja noch 426 übrig, die offensichtlich weiterhin glauben, für gute Arbeit belohnt werden zu müssen.

So ist völlig klar: Eine radikale Reform muss her. Ein Bonus ist nur zu zahlen, wenn ein Unternehmen die Erwartungen (Umsatz, Gewinn, Marktanteil, etc.) erfüllt oder sogar schlägt. Wenn nicht, dann gibt es keinen Bonus – und wenn ein Quartals- oder Jahresverlust gemacht wird, dann schon gar nicht.

Erstaunlich viele Insider an der Wall Street stehen einer solchen Reform mittlerweile offen gegenüber, wie sich ganz klar an den Blogs erkennen lässt. Wo man noch vor ein paar Monaten den freien Kapitalismus, Risiko und Gier ungebremst gefeiert hat, sind erstaunlich viele zur Vernunft gekommen. Sie sehen, dass sich das System Wall Street selbst zerstört hat… was zu retten ist, muss gerettet werden. Und dafür lohnt es sich, Opfer zu bringen.
© Inside Wall Street

Starlight 19-11-2008 18:18

Truthahn am Flughafen?
Dienstag, 18. November 2008

Amerikas Truthähne gehen schon einmal in Deckung… am Wochenende wird Thanksgiving gefeiert, und zwar mit allen Traditionen. Zum Truthahn gibt es Süßkartoffeln und Preiselbeeren, vor dem Abendessen eine Danksagung und danach Kürbis-Kuchen. Je nach Wetter gibt es jede Menge Verwandtschaftsbesuch, und entsprechend Gedränge an den Flughäfen – auch in Krisenzeiten.

Denn inmitten der Rezession dürften zwar weniger Amerikaner als sonst durch das Land reisen. Branchenexperten gehen davon aus, dass die US-Fluggesellschaften 10 Prozent weniger Passagiere haben werden als im vergangenen Jahr, und dass sie damit ihren ersten Umsatzrückgang im Thanksgiving-Geschäft seit fast zehn Jahren einstecken müssen. Experten wissen aber auch, dass die Unternehmen vorbereitet sind. Im Rahmen der jüngsten Kostensenkungen wurden massiv Flüge gestrichen, Personal abgebaut – und damit dürfte der Stress zwischen JFK, ATL, CHI und LAX in diesem Jahr noch schlimmer werden als sonst.

Der Official Airline Guide, das Branchenverzeichnis für Flugpläne, zeigt einen Rückgang von 9 Prozent bei den landesweiten Flügen; bei einigen Carriern sieht es schlimmer aus: United Airlines hat satte 15 Prozent der Kapazitäten gestrichen, Delta Air Lines verzichtet auf 16 Prozent und American Airlines auf 12,5 Prozent.

Damit stellen die Fluggesellschaften sicher, dass die Flüge gut ausgebucht sind – rund 90 Prozent der Sitze dürften über die Feiertage belegt sein. Damit stellen sie aber auch nahezu sicher, dass es zu absolutem Chaos kommen wird, wenn Passagiere wegen Verspätungen ihre Anschlüsse verpassen und wegen mangelnder Kapazitäten nicht mehr umgebucht werden können. In der Vergangenheit ist das regelmäßig passiert. Bilder von tausenden gestrandeten Amerikanern an den Flughäfen dominieren traditionell das Fernsehprogramm… sie gehören fast schon zu Thanksgiving dazu.

Branchen-Experten rechnen angesichts der angespannten Lage in der Airline-Industrie nicht damit, dass sie die Lage irgendwann entspannen wird. An Thanksgiving solle wirklich nur ins Flugzeug steigen „wer stundenlange Wartezeiten auf der Startbahn ertragen kann“, meint etwa Brent Bowen, der als Professor an der Universität von St. Louis über Flugtourismus doziert.

Interessant, wie sich damit die Familiendynamik von Millionen von Amerikanern verschieben dürfte. Gäste zu haben, ist plötzlich gar nicht mehr so schlimm… Gast zu sein könnte viel anstrengender werden.
© Inside Wall Street

Starlight 19-11-2008 18:18

Auto-Pleiten würden ganz Amerika belasten
Dienstag, 18. November 2008

„Die großen Drei“ sind zwar längst eher die „kleinen Drei“ oder „drei unter ferner liefen“, und doch dominieren die einstigen Industrie-Giganten General Motors, Ford und Chrysler das Gespräch an der Wall Street – und in Washington, wo am Dienstagnachmittag schon wieder über einen Bailout gestritten wird. Experten glauben nicht, dass der US-Autobranche zu helfen ist.

Doch Experten werden in Washington seit Jahren geflissentlich überhört. Denn Politiker haben zahlreiche Interessen, wenn es um weitreichende – und teure – Entscheidungen geht. Für den neugewählten Präsidenten Barack Obama sähe es schlecht aus, wenn ausgerechnet zu Beginn seiner Amtszeit die Branche zugrunde gehen würde, die seine Heimatregion dominiert. Seine Stadt Chicago liegt nur wenige Kilometer von Detroit entfernt, und wer hier nicht bei den „großen Drei“ arbeitet, der steht bestimmt bei einem Zulieferer am Fließband. Oder kocht in einer Großküche für die Kantinen der Autobauer. Oder verkauft Wagen im Autohaus. Oder schreibt für eine Zeitung, die einen Großteil ihrer Anzeigeneinnahmen von den Autohäusern bezieht. Oder… und da liegt der Kern des Problems: An den „großen Drei“ hängen zig Millionen von Jobs; einge direkt, andere (sehr) indirekt.

Über die direkten Jobs gibt es recht genaue Statistiken. GM beschäftigt noch 120 000 Mitarbeiter, Ford 80 000 und Chrysler 60 000. Insgesagt stehen also eine starke Viertelmillion in den Diensten der Unternehmen. Dazu kommen 740 000 Angestellte in den rund 14 000 Autohäusern, und 610 000 Arbeiter bei den Zulieferern. Insgesamt summieren sich die indirekten Auto-Jobs laut einer Studie von Moody´s auf knapp 2,3 Millionen. Damit sind rund 2 Prozent aller arbeitenden Amerikaner irgendwie von den drei Unternehmen abhängig, und zwar in allen Gegenden.
Gingen GM, Ford und Chrysler unter, befürchten Insider, könnten allein die direkten Zulieferer – Glas, Stahl, Stoffe, Elektronik – hunderttausende von Leuten entlassen und eine Arbeitslosenschneise von Wisconsin bis Texas und von Vermont bis Florida schlagen. Doch unklar ist, ob und wie schnell das geschehen würde.

Denn ein geordneter Bankrott für einen oder alle der großen US-Hersteller hieße nicht, dass ab morgen keine Autos mehr vom Band rollen würden. Im Gegenteil: In einem Verfahren nach „Chapter 11“ können Unternehmen weiter bestehen und unter Aufsicht Unternehmensteile verkaufen, Schulden begleichen und den Betrieb restrukturieren. Für die Autobranche brächte „Chapter 11“ die einmalige Chance, die bestehenden Gewerkschaftsverträge aufzulösen, die mit unnötig hohen Versicherungs- und Rentenzahlungen den Untergang der Branche eingeleitet haben.

Ein solcher Vorgang könnte die Branche also revolutionieren; vielleicht würden sogar ausländische Investoren Teile der US-Autobauer aufkaufen, wenn diese nicht mehr an die Gewerkschaftsverpflichtungen gebunden wären.

Ein Argument hingegen spricht gegen „Chapter 11“: Die Unternehmen fürchten, dass ein offizielles Konkursverfahren die ohnehin dramatisch schwachen Automobilabsätze gänzlich kaputt machen würde. Kein vernünftiger Kunde würde schließlich ein Auto kaufen, dessen Hersteller keine sichere Zukunft hat. Immerhin würden mit der Existenz des herstellers Garantie-Leistungen, Service-Verträge und nicht zuletzt der Wiederverkaufswert steigen und fallen.

Die Fakten über die Autobranche und einen möglichen Bailout liegen also auf dem Tisch; in Washington wird nun abgewägt. An der Wall Street ist klar, dass ein geordneter Bankrott der Branche wohl eher helfen könnte als einige Milliarden, die die Regierung bereits kaputten Unternehmen hinterherschmeißen würde. Allerdings hat man im New Yorker Finanzviertel die Sorgen der Arbeiter nicht so sehr im Blick.

Die Gespräche in der Hauptstadt werden in den nächsten Tagen weiter das Interesse der Wall Street und von Amerikanern im ganzen Land auf sich lenken. Dabei kann es durchaus vorkommen, dass der aktuelle Kongress keine Hilfe für die „großen Drei“ beschließt und entsprechende Maßnahmen der Regierung Obama überlässt. Bis die vereidigt wird, könnte es aber zumindest für GM schon zu spät sein.
© Inside Wall Street

Starlight 19-11-2008 18:18

Demokratie auf dem Schwarzmarkt
Mittwoch, 19. November 2008

Während die Aktien an der Wall Street immer billiger werden, ist die Rallye bei einem einzigen Papier nicht aufzuhalten: Karten für die offizielle Amtseinführung von Präsident Barack Obama werden im Internet für mehr als 40 000 Dollar gehandelt. Politiker sind entsetzt, den eigentlich gibt es die Tickets kostenlos über die zuständigen Senatoren.

Die erleben in diesen Tagen wohlgemerkt einen noch nie gesehenen Ansturm. Im Büro des New Yorker Senators Chuck Schumer etwa, dessen Schäfchen im Vorwahlkampf noch Hillary Clinton unterstützten, dann aber letztlich mit 62 zu 37 Prozent für Obama gestimmt haben, kümmern sich vier Mitarbeiterinnen vollzeit um die Kartenvergabe. Er habe allerdings so viele Anfragen erhalten, so Schumer, dass es nur einen gerechten Weg der Verteilung gebe: eine Lotterie.

Wer sich auf pures Glück nicht verlassen will, wendet sich vorab an kommerzielle Tickethändler. Diese, die sonst Karten für Rock-Konzerte, Broadway-Shows und den SuperBowl verkaufen, machen mit dem “hottest ticket in town” ein Millionengeschäft – das natürlich nicht dem eigentlichen Sinn der Feier als Höhepunkt des demokratischen Prozesses entspricht.

Entsprechend sind die Veranstalter sauer. Diane Feinstein, die demokratische Senatorin aus Kalifornien, die dem Kommittee für dieVeranstaltungen um die Vereidigung des neuen Präsidenten vorsteht, hat bereits eine Reihe von Ticket-Händlern abgemahnt. Der allergrößte hat sich bereits kooperativ gezeigt: Das Internet-Auktionshaus Ebay hat alle Angebote rund um die “Inauguration” von der Website entfernt.

Die Politiker bekämpfen mit ihrem Einsatz wohlgemerkt nicht nur alle diejenigen, die mit dem historischen Ereignis in Washington gutes Geld machen wollen. Sie treten auch aktiv als Verbraucherschützer auf. Denn selbst wer einen fünfstelligen Betrag überweist, um vor der Westseite des Capitols mitzuerleben, wie der erste schwarze Präsident Amerikas sein Amt aufnimmt, hat keine Garantie, letztlich nicht doch vor einem Hotelfernseher zu enden.
Denn die Ticket-Händler haben keine garantierten Tickets. Die insgesamt 250 000 Karten, die das Veranstaltungskommittee drucken lassen hat, lagern zur Zeit noch an einem geheimen Ort. Ausgegeben werden sie erst in den Tagen vor der Veredigung, und zwar nur – wie vorgesehen – an die Abgeordneten, die sie dann nach ihrem Ermessen weiterleiten.

Die Abgeordneten selbst werden sich wohl kaum auf schmutzige Geschäfte auf dem Schwarzmarkt einlassen. Doch verlassen sich die Händler auf Mitarbeiter in den Abgeordneten-Büros und auf Insider, die über ihre guten Kontakte zu Senatoren Karten bekommen, sie aber gar nicht selbst brauchen. Die sollen aufgekauft und mit einem entsprechenden Aufpreis weitergegeben werden. Doch die hohe Nachfrage last jetzt schon absehen, dass viele Händler ihre Kontingente nicht decken können und entsprechende Rückerstattungen zahlen müssen.

Amerikaner die am 20. Januar gerne dabei wären, wenn in Washington Geschichte gemacht wird, können sich auf die Inauguration Parade freuen, die Barack Obama, seine First Family sowie Joe Biden und Familie in Richtung Weißes Haus bringen wird. Sie wird auf der Pennsylvania Avenue stattfinden und gar nichts kosten. Nicht-Amerikaner werden es schwer haben, bei dem hohen Karteninteresse aus der Wählerschaft Eintritt zu Erlangen. Wer dennoch auf dem laufenden sein will, kann sich unter http://inaugural.senate.gov/ informieren, der Website des Amtseinführungs-Kommittees.
© Inside Wall Street

Starlight 20-11-2008 18:13

Demokratie auf dem Schwarzmarkt
Mittwoch, 19. November 2008

Während die Aktien an der Wall Street immer billiger werden, ist die Rallye bei einem einzigen Papier nicht aufzuhalten: Karten für die offizielle Amtseinführung von Präsident Barack Obama werden im Internet für mehr als 40 000 Dollar gehandelt. Politiker sind entsetzt, den eigentlich gibt es die Tickets kostenlos über die zuständigen Senatoren.

Die erleben in diesen Tagen wohlgemerkt einen noch nie gesehenen Ansturm. Im Büro des New Yorker Senators Chuck Schumer etwa, dessen Schäfchen im Vorwahlkampf noch Hillary Clinton unterstützten, dann aber letztlich mit 62 zu 37 Prozent für Obama gestimmt haben, kümmern sich vier Mitarbeiterinnen vollzeit um die Kartenvergabe. Er habe allerdings so viele Anfragen erhalten, so Schumer, dass es nur einen gerechten Weg der Verteilung gebe: eine Lotterie.

Wer sich auf pures Glück nicht verlassen will, wendet sich vorab an kommerzielle Tickethändler. Diese, die sonst Karten für Rock-Konzerte, Broadway-Shows und den SuperBowl verkaufen, machen mit dem “hottest ticket in town” ein Millionengeschäft – das natürlich nicht dem eigentlichen Sinn der Feier als Höhepunkt des demokratischen Prozesses entspricht.

Entsprechend sind die Veranstalter sauer. Diane Feinstein, die demokratische Senatorin aus Kalifornien, die dem Kommittee für dieVeranstaltungen um die Vereidigung des neuen Präsidenten vorsteht, hat bereits eine Reihe von Ticket-Händlern abgemahnt. Der allergrößte hat sich bereits kooperativ gezeigt: Das Internet-Auktionshaus Ebay hat alle Angebote rund um die “Inauguration” von der Website entfernt.

Die Politiker bekämpfen mit ihrem Einsatz wohlgemerkt nicht nur alle diejenigen, die mit dem historischen Ereignis in Washington gutes Geld machen wollen. Sie treten auch aktiv als Verbraucherschützer auf. Denn selbst wer einen fünfstelligen Betrag überweist, um vor der Westseite des Capitols mitzuerleben, wie der erste schwarze Präsident Amerikas sein Amt aufnimmt, hat keine Garantie, letztlich nicht doch vor einem Hotelfernseher zu enden.
Denn die Ticket-Händler haben keine garantierten Tickets. Die insgesamt 250 000 Karten, die das Veranstaltungskommittee drucken lassen hat, lagern zur Zeit noch an einem geheimen Ort. Ausgegeben werden sie erst in den Tagen vor der Veredigung, und zwar nur – wie vorgesehen – an die Abgeordneten, die sie dann nach ihrem Ermessen weiterleiten.

Die Abgeordneten selbst werden sich wohl kaum auf schmutzige Geschäfte auf dem Schwarzmarkt einlassen. Doch verlassen sich die Händler auf Mitarbeiter in den Abgeordneten-Büros und auf Insider, die über ihre guten Kontakte zu Senatoren Karten bekommen, sie aber gar nicht selbst brauchen. Die sollen aufgekauft und mit einem entsprechenden Aufpreis weitergegeben werden. Doch die hohe Nachfrage last jetzt schon absehen, dass viele Händler ihre Kontingente nicht decken können und entsprechende Rückerstattungen zahlen müssen.

Amerikaner die am 20. Januar gerne dabei wären, wenn in Washington Geschichte gemacht wird, können sich auf die Inauguration Parade freuen, die Barack Obama, seine First Family sowie Joe Biden und Familie in Richtung Weißes Haus bringen wird. Sie wird auf der Pennsylvania Avenue stattfinden und gar nichts kosten. Nicht-Amerikaner werden es schwer haben, bei dem hohen Karteninteresse aus der Wählerschaft Eintritt zu Erlangen. Wer dennoch auf dem laufenden sein will, kann sich unter http://inaugural.senate.gov/ informieren, der Website des Amtseinführungs-Kommittees.
© Inside Wall Street

Starlight 20-11-2008 18:13

Im Privat-Jet zur Suppenküche
Donnerstag, 20. November 2008

An der Wall Street glaubt kaum einer mehr, dass die US-Regierung die kaputte Automobilindustrie mit Milliarden-Krediten aus der Krise führen könnte. Nicht zuletzt der Auftritt der Auto-Bosse vor dem Kongress hat nämlich bewiesen: In Detroit hat man den Bezug zur Realtität verloren… den drei Konzernen ist nicht mehr zu helfen.

Der demokratische Abgeordnete Gary Ackerman aus New York war der erste, der im Rahmen der Befragung einen unglaublichen Missstand ans Tageslicht brachte. „Es ist schon sehr ironisch“, so der Politiker, „wenn drei Privat-Jets in Washington landen, und die Passagiere steigen aus und betteln um Geld.“

In der Tat: GM-Chef Rick Wagoner, sein Ford-Kollege Alan Mulally und Chrysler’s CEO Robert Nardelli waren im Privatjet in die Hauptstadt geflogen. Allesamt aus Detroit, jeweils für geschätzte 20 000 Dollar. Hätte man nicht gemeinsam fliegen können? Oder gar Linie, was selbst in der Ersten Klasse keine 1000 Dollar gekostet hätte.

„Das ist hier als käme einer in Frack und Zylinder zur Suppenküche“, höhnte Ackerman. Und sein kalifornischer Kollege Brad Sherman ließ die Anreise der Bosse zur Anhörung sogar ins Protokoll meißeln. Er bat die drei CEOs „die Hand zu heben, wenn Sie heute mit einem Linienflug gekommen sind. Das Protokoll möge festhalten, dass keine Hand gehoben wurde. Ich bitte Sie nun die Hand zu heben, wenn Sie planen, Ihren Privatjet zu verkaufen und künftig mit Linienmaschinen zu fliegen. Das Protokoll möge festhalten, dass heine Hand gehoben wurde.“

Damit haben es die drei CEOs selbst den wohlmeinendsten Politikern noch schwerer – vermutlich sogar unmöglich – gemacht, Milliardenkredite an die Branche gegenüber dem Steuerzahler zu rechtfertigen. Die Anreise der Top-Manager im Privat-Jet zeigt wieder einmal, was in den Unternehmen falsch läuft. Man stellt das Wohl und den Komfort einiger Weniger über das Wohl des Konzerns. Das läuft schon seit Jahren so. Mit Deckung von Washington hat man Spritschleudern gebaut, die sich kurzfristig gut verkaufen ließen und für Profite sorgten… langfristigen Wünschen der Kunden oder gar umweltpolitische Gedanken räumte man keinen Platz ein.

Und umdenken will man in Detroit nicht. General Motors rechtfertigt den Privat-Jet für Rick Wagoner mit dem Hinweis, das „ist eben so üblich“. Damit gesteht man aber auch ein, dass man eben nicht gewillt ist, selbst in Krisenzeiten den Rahmen des Üblichen zu verlassen und zu neuen Maßnahmen zu greifen. Zu Kostensenkungen in der Chef-Etage, etwa. GM kann aber, wenn überhaupt, nur gerettet werden, wenn im Konzern ein radikales Umdenken stattfindet, wenn ineffiziente Modelle komplett eingestellt werden, wenn spritsparende Modelle aus dem europäischen Markt sofort auf dem US-Markt gepusht werden, und, und, und.

Zu solchen Schritten ist die Branche nicht in der Lage – im Gegenteil: Man weist die Schuld weit von sich, sträubt sich förmlich gegen jede Einsicht. „Um die Privat-Jet-Frage jetzt ein großes Theater zu veranstalten, wo es doch um die Arbeitsplätze von so vielen Amerikanern geht“, sei unproduktiv, schimpft ein GM-Sprecher. Damit macht er klar, wie es zwischen GM und Washington bestenfalls weitergehen soll. Die Regierung schießt dem Unternehmen Geld zu, soll sich aber bitte raushalten, wenn die Kohl verschwendet wird und GM am Ende doch abstürzt.

Seit dem Auftritt der Auto-Bosse in Washington ist klarer als je zuvor, dass die Regierung den Unternehmen nicht mehr helfen darf. GM ist verloren und dürfte bereits in den nächsten Wochen in Gläubigerschutz treten, Ford und Chrysler haben zumindest noch etwas mehr Zeit… das ist kein schönes Ende für die Industrie-Legenden, und es ist schlimm für die Arbeitnehmer. Es ist aber nicht zu vermeiden und ein Resultat von inkometenter und selbstsüchtiger Politik der letzten Jahre.
© Inside Wall Street

Starlight 25-11-2008 17:36

Dicke Luft in Hollywood
Montag, 24. November 2008

Inmitten einer Finanzkrise und Rezession bangen Millionen von Amerikanern um ihren Job. Die Banker zittern, wenn sie nicht schon ihre Schreibtische geräumt haben, bei den Auto-Riesen drohen Massenentlassungen, überall wird gekürzt. Nur in Hollywood ist die Lage anders: Da wollen die Schauspieler für höhere Löhne streiken.

Die Screen Actors Guild (SAG), die mehr als 120 000 Schauspieler in den ganzen USA repräsentiert, bittet ihre Mitglieder, einen Streik als Druckmittel im Kampf für höhere Honorare zu erlauben. Am Wochenende sind die Verhandlungen der SAG mit der Alliance of Motion Picture and Television Producers gescheitert, die 350 Produktionsfirmen vertritt. Damit sind die Schauspieler die ersten, die sich in der jüngsten Verhandlungsrunde nicht einigen konnten; in den vergangenen Monaten haben andere Film- und Fernseh-Branchen ihre Tarifverträge verabschiedet.

Das Verständnis der Amerikaner für einen Streik in Hollywood ist erwartungsgemäß gering. Kommentare im Internet reichen von einfachen Beschimpfungen gegen die „geldgierigen Primadonnen“ bis hin zu zynischen Anmerkungen. „Lasst sie doch streiken“, meint ein Blogger. „Dann müssen wir wenigstens den Mist nicht mehr sehen, der in Hollywood produziert wird.“

Viele Blogger kennen allerdings die Hintergründe der SAG-Verhandlungen nicht. Der Schauspieler-Gewerkschaft geht es nämlich nicht um die Honorare für Superstars; dass Leonardo Di Caprio und Merrill Streep genug verdienen, stellt niemand in Frage.

Vielmehr geht es um die Forderungen von zig tausenden unbekannter Schauspieler, die in Filmen und Fernsehserien als Statisten auftreten, die in einzelnen Szenen im Hintergrund zu sehen sind, oder die hin und wieder einen Werbespot zur Ausstrahlung im Fernsehen oder Internet filmen. Die werden für ihre Arbeit nämlich alles andere als fürstlich entlohnt.

Ein Statist bekommt bei Aufnahmen für Kinofilme knappe 130 Dollar pro Drehtag, für eine kleine Sprechrolle sind es 140 Dollar. Die oft namenlosen Hauptdarsteller in Werbespots bekommen rund 500 Dollar pro Tag. Sämtliche Zahlen lassen sich allerdings nicht, wie etwa in anderen Branchen, beliebig auf ein Monats-Salär multiplizieren, denn Schauspieler arbeiten projektbezogen und sind zwischen ihren Auftritten immer wieder mal arbeitslos. Wer es auf hundert Drehtage schafft, gehört in New York oder Los Angeles schon zu den Vielbeschäftigten.

Insofern sind höhere Honorare für die Schauspieler keine völlig unerhörte Forderung. Dass sie in einer Zeit kommt, in der andere Branchen allerdings von Gehaltserhöhungen nicht einmal zu träumen wagen, macht eine schnelle Einigung unwahrscheinlich.
© Inside Wall Street

Starlight 26-11-2008 17:25

Truthahn am Flughafen?
Dienstag, 25. November 2008

Amerikas Truthähne gehen schon einmal in Deckung… am Wochenende wird Thanksgiving gefeiert, und zwar mit allen Traditionen. Zum Truthahn gibt es Süßkartoffeln und Preiselbeeren, vor dem Abendessen eine Danksagung und danach Kürbis-Kuchen. Je nach Wetter gibt es jede Menge Verwandtschaftsbesuch, und entsprechend Gedränge an den Flughäfen – auch in Krisenzeiten.

Denn inmitten der Rezession dürften zwar weniger Amerikaner als sonst durch das Land reisen. Branchenexperten gehen davon aus, dass die US-Fluggesellschaften 10 Prozent weniger Passagiere haben werden als im vergangenen Jahr, und dass sie damit ihren ersten Umsatzrückgang im Thanksgiving-Geschäft seit fast zehn Jahren einstecken müssen. Experten wissen aber auch, dass die Unternehmen vorbereitet sind. Im Rahmen der jüngsten Kostensenkungen wurden massiv Flüge gestrichen, Personal abgebaut – und damit dürfte der Stress zwischen JFK, ATL, CHI und LAX in diesem Jahr noch schlimmer werden als sonst.

Der Official Airline Guide, das Branchenverzeichnis für Flugpläne, zeigt einen Rückgang von 9 Prozent bei den landesweiten Flügen; bei einigen Carriern sieht es schlimmer aus: United Airlines hat satte 15 Prozent der Kapazitäten gestrichen, Delta Air Lines verzichtet auf 16 Prozent und American Airlines auf 12,5 Prozent.

Damit stellen die Fluggesellschaften sicher, dass die Flüge gut ausgebucht sind – rund 90 Prozent der Sitze dürften über die Feiertage belegt sein. Damit stellen sie aber auch nahezu sicher, dass es zu absolutem Chaos kommen wird, wenn Passagiere wegen Verspätungen ihre Anschlüsse verpassen und wegen mangelnder Kapazitäten nicht mehr umgebucht werden können. In der Vergangenheit ist das regelmäßig passiert. Bilder von tausenden gestrandeten Amerikanern an den Flughäfen dominieren traditionell das Fernsehprogramm… sie gehören fast schon zu Thanksgiving dazu.

Branchen-Experten rechnen angesichts der angespannten Lage in der Airline-Industrie nicht damit, dass sie die Lage irgendwann entspannen wird. An Thanksgiving solle wirklich nur ins Flugzeug steigen „wer stundenlange Wartezeiten auf der Startbahn ertragen kann“, meint etwa Brent Bowen, der als Professor an der Universität von St. Louis über Flugtourismus doziert.

Interessant, wie sich damit die Familiendynamik von Millionen von Amerikanern verschieben dürfte. Gäste zu haben, ist plötzlich gar nicht mehr so schlimm… Gast zu sein könnte viel anstrengender werden.
© Inside Wall Street

Starlight 02-12-2008 17:17

Tod im Weihnachtsgeschäft
Montag, 1. Dezember 2008

Zuerst die gute Nachricht: Für den amerikanischen Einzelhandel waren die Umsätze am „Black Friday“ etwas besser als im vergangenen Jahr. Die schlechte Nachricht: Die Kunden waren fast ausschließlich an Schnäppchen interessiert. Und die katastrophale Nachricht: Die Gier nach Billig-Angeboten war so groß, dass ein Wal-Mart-Angestellter von der Meute totgetrampelt wurde.

Eine bessere Metapher für einen völlig außer Kontrolle geratenen Konsumenten kann man sich nicht vorstellen. Amerikaner kaufen schon seit Jahren, und in einem wirtschaftlich schlechten Umfeld umso mehr, lieber billiger ein als weniger. Statt in schlechten Zeiten den Konsum zurückzufahren oder die Zahl der Weihnachtsgeschenke zu reduzieren, kämpft man um reduzierte Ware – offensichtlich mit allen Mitteln.

Der weltgrößte Einzelhändler Wal-Mart, der als Billig-Anbieter zur Zeit besser da steht als die gesamte Konkurrenz, hatte für den Start ins Weihnachtsgeschäft ein paar Margen erschütternde Sonderangebote im Programm. Eine Digitalkamera für 69 Dollar, ein Navigationssystem für 97 Dollar, ein HP Desktop mit 19-Zoll-Flachbildschirm unter 400 Dollar… sämtliche Hightech-Angebote galten allerneuesten Modellen. Und auch in anderen Abteilungen gab es Ramschpreise: einen Küchenmixer für 4 Dollar, DVDs für 2 Dollar, Kinderfahrräder für 29 Dollar.

Solche Preise kann sich nicht einmal Wal-Mart leisten, weshalb es von jedem Artikel pro Laden auch immer nur ein paar wenige gibt. Die sind dann oft in weniger als einer Minute ausverkauft, weshalb sich Shopper traditionell schon am Abend vor „Black Friday“ auf dem Parkplatz einreihen, um dann pünktlich um 5 Uhr früh das Schlachtfeld zu stürmen. Das dabei Blut vergossen wird, ist eigentlich nicht geplant. Doch ein 34-Jähriger, der in dem Laden auf Long Island bei bei New York für Sicherheit sorgen sollte, wurde überrannt, als 2000 gieriger Konsumenten wie eine Rinderherde durch die Schiebetüre drängten.

In der Schnäppchengier trampelten sie den jungen Mann nieder, verletzten drei weitere schwer und machten es Ersthelfern schwer, überhaupt zu den Opfern vorzudringen. Als der Laden nach kurzer Zeit geschlossen wurde und die Polizei vor Ort ermittelte, waren hunderte erbost, die sich von dem „Vorfall“ nicht die Einkaufslaune verderben lassen wollten.

„Es ist ermutigend, dass die Amerikaner wieder einkaufsfreudig scheinen“, kommentiert Tracy Mullin vom Branchenverband des US-Einzelhandels, NRF, zwar nicht die Katastrophe auf Long Island, aber den übrigen „Black Friday“. Der sah nämlich – Samstag und Sonntag mit eingerechnet – einen Umsatz von 41 Milliarden Dollar; der durchschnittliche Kunde soll nach ersten Berechnungen 372,57 Dollar ausgegeben haben und damit rund 7 Prozent mehr als im Vorjahr.

Die NRF hält an ihrer Prognose fest, dass das Weihnachtsgeschäft in diesem Jahr rund 2,2 Prozent mehr einbringen kann als in der vergangenen Saison. Es gibt aber auch weniger optimistische Prognosen: Zahlreiche Branchen-Analysten gehen davon aus, dass die Umsätze erstmals seit mehr als zehn Jahren fallen könnten. Und für die Gewinne sieht man sowieso schwarz, wenn die Umsätze vor allem mit radikal reduzierter Ware gemacht werden.

Heute geht das Rennen um die Weihnachts-Schnäppchen weiter, allerdings im Internet. Die Branche spricht vom „Cyber Monday“, an dem die Online-Händler ihre Lock-Angebote auslegen. Bis zu 84 Millionen Kunden werden erwartet… doch dürfte es in der virtuellen Welt wenigstens keine Todesopfer geben.
© Inside Wall Street

Starlight 02-12-2008 17:17

Bushs Versagen in der Hypotheken-Krise
Dienstag, 2. Dezember 2008

Es sind nur noch Tage, bis George W. Bush das Weiße Haus für immer räumt, und die Mehrheit der Amerikaner kann es kaum erwarten. Vergessen wird man den ungeliebten Präsidenten und seine korrupte Gang nicht so schnell, denn die Regierung hinterlässt einen Scherbenhaufen – vieles hätte man verhindern können, unter anderem die aktuelle Finanzkrise.

Das geht aus Untersuchungen der Associated Press hervor, die in den letzten Wochen offizielle Protokolle und Unterlagen in bezug auf die Kreditkrise recherchiert hat. Danach ist ganz klar: Zahlreiche Experten haben die Bush-Regierung schon ab 2005 vor riskanten Geschäften im Hypothekenmarkt gewarnt. Man müsse die Branche stärker als bisher regulieren, forderten viele. Schließlich wurden Konzepte erarbeitert – und fallen gelassen. Der Grund: Die Industrie machte sich gegen die neuen Regelungen stark; vor allem die Firmen, die heute auf Milliarden-Spritzen angewiesen oder pleite sind.

So hatte man etwa darüber nachgedacht, die Anteile von Risiko-Hypotheken mit variablen Zinssätzen in den Portfolios der Großbanken mit einem Grenzwert zu belegen. Doch es gab Gegenstimmen. „Diese Hypotheken sind als Anlagen sicherer als viele Kredite mit festen Zinssätzen“, sagte etwa David Schneider einem Ausschuss in Washington. Schneider war seinerzeit Hypotheken-Chef bei Washington Mutual – seither ist das Unternehmen mit der größten Bankenpleite in der US-Geschichte berühmt geworden.

Experten hatten auch geraten, die Vergabepraxis für Risiko-Hypotheken zu prüfen. Und zu verbieten, dass etwa ein interessierter Kunde einen Kredit bekommt, den er sich nicht leisten könnte. Solche Einschränkungen passten den Banken nicht, denn die hatten sich längst auf Hypotheken ohne Anzahlungen spezialisiert, tricksten mit minimalen Monatsraten und sukzessiv steigender statt fallender Verschuldung. Solche Einschränkungen durch die Regierungen seien „exzessiv und würden weitere Innovation im freien Markt verhindern“, monierte Mary Jane Seebach, die PR-Chefin von Countrywide Financial. Das Unternehmen ist heute pleite.

„Ein freier Markt garantiert, dass unterschiedliche Institutionen ihre eigenen Wege gehen“, versicherte auch Joseph Polizzotto, der als Berater bei Lehman Brothers fungierte. Auch diesen Laden gibt es nicht mehr.

Den Banken gelang es binnen mehrerer Monate, sämtliche harten Vorschläge aus den Gesetzentwürfen zu entfernen. Man brauche sie nicht, so die vorherrschende Meinung in der Branche. Allein der freie Markt könne seine Regeln bestimmen… bis nun die Regierung mit Milliarden-Zuschüssen auf Kosten des Steuerzahlers eben diesen Markt freikaufen musste.

Auch in anderen Belangen hat die Bush-Regierung bekanntlich versagt. Dem Automobil-Sektor hätte man etwa vor Jahren mit strengeren Anforderungen an den Benzinverbrauch auf die Sprünge helfen können. Auch hier scheint nach jahrelanger Blingheit jetzt nur noch ein Bailout möglich. Eine Wanderung durch die Branchen deckt noch viele Katastrophen auf; einige dürften die USA über Jahre hinaus verfolgen.

Die Bush-Regierung hat nicht nur Amerika gespalten, und das Land in eine tiefe Krise geführt. Sie hat auch dauerhaft das Bild von den Republikanern als wirtschaftlich kompetente Partei zerstört. Amerika blickt jetzt nach vorne. Die Feiern rund um die Vereidigung von Barack Obama dürften die größten werden, die das Land je gesehen hat.
© Inside Wall Street

Starlight 03-12-2008 17:39

Vertrauenskrise im Spielzeugland
Mittwoch, 3. Dezember 2008

Für viele amerikanische Unternehmen ist der Dezember ein harter Monat: Die Wall Street zittert einer miserablen Jahresbilanz entgegen, die Auto-Bauer bangen um ihre Jobs, und der Einzelhandel fürchtet sich vor schwachen Umsätzen im Weihnachtsgeschäft. Die niedrigen Verbraucherausgaben sind wohl die Hauptsorge für die US-Konjunktur – doch sind sie nicht nur der Finanzkrise geschuldet.

Der Einzelhandel mag mit der Tatsache kämpfen, dass die hohe Arbeitslosigkeit die Kunden zum Sparen zwingt. Und dass sich viele Amerikaner keine Weihnachtsgeschenke leisten können, weil ihre Kreditkarten überzogen und keine weiteren Kredite erhältlich sind. Doch einer der bedeutendsten Sektoren im Weihnachtsgeschäft hat zudem mit einem massiven Vertrauensverlust zu kämpfen, die Spielzeugbranche, die noch immer für ihre Rückruf-Aktionen abgestraft wird.

Im abgelaufenen Jahr ist die Zahl der Rückrufe im Spielzeugsektor um fast 20 Prozent gestiegen. Ganze 563 Produkte mussten aus den Läden genommen werden, weil sie entweder giftige Stoffe enthielten oder auf andere Art und Weise den Verbraucherschutzbestimmungen nicht entsprachen. Satte 97 Prozent der zurückgerufenen Produkte waren Importe, der weitaus größte Teil kam aus chinesischen Fabriken.

Zu den am stärksten betroffenen Unternehmen gehören der Baby- und Kleinkinder-Ausstatter RC2, der vor allem Plastikspielzeug für die Kleinsten vertreibt. Erneut betroffen war auch Spin Master, der Konzern, dessen „Aquq Dots“ bereits im vergangenen Jahr Schlagzeilen gemacht hatten. Damals hatte ein Inhaltsstoff, der K.O.-Tropfen ähnlich war, zahlreiche Kinder in die Krankenhäuser gebracht.

Auch bei etablierten Branchenriesen wie Mattel gab es im vergangenen Jahr wieder Rückrufaktionen, uind auch Einzelhändler direkt waren betroffen. Babies´r´Us musste etwa Kinderkrippen zurückrufen. Seither haben die Muttergesellschaft Toys´r´Us und der Branchenführer Wal-Mart ihre Ansprüche an die Zulieferer dramatisch verschärft – doch das Vertrauen der Verbraucher hat Schaden genommen.

Der Verbraucherschutzverband Consumers Union steuert nun gegen eine Vertiefung der Krise. Die Organisation bestätigt, dass sämtliche betroffenen Spielzeug-Hersteller und Einzelhändler erfolgreich Maßnahmen gegen gefährliche Importe unternommen und in den letzten Monaten die Zahl der nötigen Rückrufe deutlich gesenkt hätten. Ob es reicht, besorgte Eltern vor Weihna chten in sie Läden zu bekommen, bleibt abzuwarten. Sich ist, dass die wöchentlichen Umsatzdaten aus dem Einzelhandel die Wall Street bis Jahresende mehr bewegen dürften als alle anderen Zahlen.
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Starlight 04-12-2008 18:15

Kaderschmiede im Bärenmarkt
Donnerstag, 4. Dezember 2008

So wie Harvard jedes Jahr die besten Studenten der Welt anzieht und ausbildet, so zieht die Stiftung der hoch angesehenen Elite-Uni die besten Fond-Manager an, die den mit zig Milliarden Dollar bestückten „Harvard Endowment Fund“ verwalten. Doch auch die besten konnten in den letzten vier Monaten einen Einbruch um 22 Prozent nicht verhindern.

Damit steht Harvard zwar besser da als der breite Aktienmarkt. Der S&P-500-Index hat seit Anfang August immerhin 41 Prozent abgegeben; die Blue Chips verzeichnen ein Minus von 34 Prozent. Trotzdem hat das Fond-Management jetzt erstmals einen außerzyklischen Zwischenbericht vorgelegt, um die Fakultät auf die schwierige finanzielle Lage vorzubereiten. Immerhin geht man davon aus, dass die Anlagen bis zum Ende des Fiskaljahres noch weiter abrutschen könnten – ein Minus von 30 Prozent wird nicht ausgeschlossen.

Das würde Harvard schwer treffen. Ganze 35 Prozent der operativen Kosten des Universität werden vom „Endowment Fund“ getragen, einige Abteilungen decken sogar die Hälfte ihrer Kosten aus den Zuschüssen. Damit ist klar: Harvard muss das Budget für das laufende Geschäftsjahr überarbeiten; zahlreiche Programme müssen wohl gestrichen werden.

Unklar ist, welche Auswirkungen das auf die jüngst beschlossenen Stipendien-Programme haben wird. Erst Ende letzten Jahres hat Harvard beschlossen, sich bewusst Studenten aus unteren und mittleren Einkommensschichten zu öffnen. So sollten Eltern mit einem Jahreseinkommen zwischen 120 000 und 180 000 Dollar nur 10 Prozent ihres Einkommens als beitragen müssen, den Rest wollte man bezuschussen. In der Vergangenheit hatten die Studiengebühren von mehr als 45 000 Dollar einen Großteil der Bevölkerung von der Kaderschmiede ferngehalten.

Große Vorwürfe werden sich die Fond-Manager trotz der erlittenen Verluste nicht anhören müssen, und auch die Anlagestrategie scheint sich nicht groß zu ändern. Kein Wunder. Denn dass Harvard den breiten Markt erneut geschlagen hat, liegt an einer außergewöhnlichen Diversifizierung. Der „Endowment Fund“ hat 12 Prozent seiner Anlagen in US-Aktien, weitere 12 Prozent in Aktien der großen internartionalen Märkte, und 10 Prozent in Aktien aus Schwellenländern.

Neben dem Wertpapier-Portfolio legt man großen Wert auf anderweitige Anlagen: So stecken 11 Prozent in privaten Anlagen, 9 Prozent in Wald und Forst und weitere 9 Prozent in Immobilien. Aus diesem recht stabilen Bereich könnten jetzt Anlagen veräußert werden, damit Harvard mit dem Erlös Aktien nachkaufen kann. Denn Experten wissen: Nach dramatischen Einbrüchen am Aktienmarkt dürfen Anleger nicht etwa den Mut verlieren, sondern müssen einsteigen, um die Erholung nicht zu verpassen.
© Inside Wall Street

Starlight 10-12-2008 19:15

Später Ruhm für einen Frack-Schneider
Mittwoch, 10. Dezember 2008

Noch nie war ein gewählter US-Präsident vor seiner Vereidigung so präsent wie Barack Obama in den letzten Wochen. Der Demokrat, der am 20. Januar ins Weiße Haus einziehen wird, bekommt mehr Geheimdienst-Briefings und hält mehr Pressekonferenzen als der scheidende Amts-Inhaber. Entsprechend hält das Obama-Fieber an; die Amis sind heiß auf ihren neuen Präsidenten.

Der Wirbel um Barack Obama hat historische Ausmaße. Zur Vereidigung werden zig Millionen Amerikaner in Washington, D.C. erwartet. Tickets für die Zeremonie vor dem Kapitol sind längst nicht mehr zu haben, für Karten zu den offiziellen Bällen werden Rekordpreise gezahlt – und schon sechs Wochen vor dem großen Event spekuliert Amerika darüber, was die First Family am Tag der Amtseinführung wohl tragen wird.

Die First Lady, die stilistisch bereits mit Jackie Kennedy verglichen wird, wird von Designern aus aller Welt umworben. Die Website Women´s Wear Daily veröffentlicht exklusive Entwürfe von Isaak Mizrahi, Badgley Mishka, Diane von Fürstenberg, Nicole Miller und anderen, die Michelle Obama mal in den Nationalfarben Rot-Weiß-Blau, mal in eleganter Silhoutte sehen. Ein Entwurf kommt von Karl Lagerfeld für Chanel, der die First Lady aber wohl nicht ausstatten wird; Mrs. Obama wird wohl einen amerikanischen Ausstatter wählen – der Symbolik wegen. Heiß im Rennen: Oscar De La Renta, der interessanterweise auch Laura Bush ausstattet, mit Henry Kissinger befreundet ist und damit politisch nicht einzuordnen ist.

Entwürfe für die Töchter Malia und Sasha kommen von Reem Acra, Olive Juice und der Vogue-Expertin Plum Sykes.

Weniger Spekulationen ranken sich um die Mode des künftigen Präsidenten. Insidern zufolge soll sich Barack Obama für einen elegangten Frack von Hart Schaffner Marx entschieden haben. Der Traditionsschneider hat sein Hauptquartier in Obamas Heimatstadt Chicago, er ist durch und durch gewerkschaftlich organisiert, und hat das „Gold Trupeter Black Tuxedo“ für 895 Dollar im Angebot.

Mit dem Frack rückt ein Unternehmen in die Schlagzeilen, das ein branchentypisches Schicksal hat. Hart Schaffner Marx wurde 1872 von den Brüdern harry und Max Hart gegründet. Man stellte zunächst feine Herrenmode her, ab dem Ersten Weltkrieg auch Uniformen für das US-Militär. Das Unternehmen wuchs rapide; inden Sechziger- und Siebzigerjahren unter anderem durch weitsichtige Akquisitionen, die dem Hersteller eine ganze Reihe Boutiquen und Ladenketten einbrachten.

Spätestens seit TV-Legende Johnny Carson seiner Show 1966 einmal in Mode von Hart Schaffner Marx moderierte und das Unternehmen später dessen Namen für eine eigene Reihe lizensierte, wurde der Name US-weit bekannt. Weitere Lizenzlinien mit den Namen der Golf-Stars Jack Nicklaus und Bobby Jones taten ein weiteres, später auch Verträge mit Christian Dior und Nino Cerutti.

In den Neunzigerjahren fiel es Hart Schaffner Marx immer schwerer, preislich mit der Konkurrenz mitzuhalten. Die Manufaktur der edlen Kleider wurde nach Fernost, Mexiko und Costa Rica verlegt. Das trieb die Gewinnmargen noch einmal an, doch zur Zeit plagen das Traditionshaus große Sorgen. Quartal für Quartal schreibt man Verluste, für das laufende Geschäftsjahr wird ein Minus von rund 10 Millionen Dollar erwartet – daran ist wohlgemerkt vor allem die aktuelle Rezession schuld, die es nicht nur Hart Schaffner Marx, sondern auch der Konkurrenz schwer macht, Kleidung im mittleren und gehobenen Preissegment an den Mann zu bringen.

Wenn Barack Obama am 20. Januar 2009 in einem Frack des Unternehmens vereidigt wird, dürfte das zumindest US-weit für Schlagzeilen sorgen – und dem Geschäft vielleicht neuen Zulauf bringen. Der Aktie des Mutterhauses Hartmax wird das indes nicht viel nützen: Sie wurde Ende November an der New York Stock Exchange aus dem Handel genommen, nachdem sie mehr als einen Monat lang für Pennies gehandelt hatte und die Marktkapitalisierung unter den NYSE-Grenzwert von 25 Millionen Dollar gefallen war. An der Chicagoer Börse ist das Papier weiter erhältlich.
© Inside Wall Street


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