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Starlight 21-02-2008 20:02

Peinliche Pannen über den Wolken
Donnerstag, 21. Februar 2008

Über den Wolken wird konsolidiert. Seit Jahren spekuliert die Wall Street über Merger unter den US-Fluggesellschaften, und langsam scheinen sich zwei Hochzeiten abzuzeichnen: Bei Delta Air Lines und Northwest haben sich die Gewerkschaften zusammengeschlossen, und auch United und Continental sollen verhandeln.

Amerikanische Analysten sind unterdessen längst nicht sicher, dass Konsolidierung in den Sektor die Probleme der Branche lösen wird. Denn die sollten eigentlich einmal in Kostensenkungen liegen – doch von denen steht bisher nichts in den Verhandlungsunterlagen.

Dabei wäre das Einsparpotenzial riesig, wie ein Beispiel mit den möglichen Partnern Delta und Northwest zeigt. Bei den Unternehmen überschneiden sich zahlreiche Routen. Sechsmal am Tag fliegt etwa Delta von Nashville zum Heimatflughafen Memphis, dem Knotenpunkt mit Anschlussflügen in andere US-Metropolen. Northwest fliegt die gleiche Strecke dreimal täglich. Gemessen am Passagieraufkommen könnten von den gemeinsamen neun Flügen ganze drei gestrichen werden, ohne die Bedarfsdeckung zu gefährden. Das würde massiv kosten sparen – ist aber Insidern zufolge nicht geplant.

Vielmehr scheinen die Unternehmen an ihren bisherigen Flügen festhalten und die Passagierzahlen, sprich: Marktanteile erhöhen zu wollen. Doch das wird nicht leicht sein, immerhin wird durch den Merger die Konkurrenz nicht schwächer. Kostensenkungen plant man hingegen nur auf der organsiatorischen Ebene, also beispielsweise durch eine Zusammenlegung von Management und Buchungssysteme. Doch die möglichen Ersparnisse in diesem Bereich halten sich in Grenzen, während jeder gestrichene Flug vor allem angesichts dramatisch steigender Ölpreise die Bilanz massiv entlasten würde.

Allerdings haben sich Analysten und Aktionäre längst daran gewöhnt, bei den Fluggesellschaften höchstens bedingt optimistisch zu sein. Allzuviel haben sich die Unternehmen in der Vergangenheit geleistet, womit man die eigene Bilanz und die Zufriedenheit der Kunden – und damit die künftigen Umsätze – gefährdet hat. Das Wirtschaftsmagazin Fortune hat die peinlichsten Fehler der letzten Jahre zusammengestellt:

Unvergessen ist natürlich, wie Jet Blue Hunderte von Passagieren im letzten Winter bis zu elf Stunden in verschiedenen Flugzeugen sitzen ließ, weil die Maschinen wegen Schneefalls nicht abheben konnten. Peinlich: Die Flugzeuge waren nur ein paar Meter neben dem Flugsteig geplant, man hätte die Gäste problemlos aussteigen und in das bequemere Flughafengebäude entlassen können.

Doch gab es schlimmere Verfahlungen: British Airways platzierte eine Passagierin, die während des Fluges gestorben war, kurzerhand neben einen schlafenden Passagier in der ersten Klasse – der erschrak gehörig als er aufwachte. Entschädigt wurde er für seinen Schrecken nicht. SkyWest verbot unterdessen einem Passagier auf einem nur einstündigen Flug die Toilette zu benutzen. Der urinierte in seiner Not in die Spucktüte und wurde bei der Ankunft prompt von der Flughafenpolizei vernommen.

Singapure Airlines trieb es in seiner Prüderie ein wenig zu weit: Im neuen Airbus A380 bietet man besonders zahlungskräftigen Kunden zwölf Kabinen mit Doppelbett an – und bittet um Zurückhaltung. Sex sei nicht erlaubt, heißt es zur Verwirrung der Pasagiere, die berechtigt fragen, wozu man dann ein Doppelbett anbietet.

Prüderie schadete auch Southwest Airlines: Das Bodenpersonal im kalifornischen San Diego wollte eine 23-jährige Studentin und Kellnerin bei der freizügigen Fastfoodkette Hooter’s nicht an Bord lassen, weil man deren kurzen Rock und Bauchfrei-Top zu sexy fand. Die junge Frau ging an die Öffentlichkeit, wurde prompt von Virgin-Airlines-Chef Richard Branson angeheuert und bekam eine Fotostrecke im Playboy – für Southwest blieben Hohn und Spott.
© Inside Wall Street

Starlight 22-02-2008 21:05

Müllhalden zu Golfplätzen
Freitag, 22. Februar 2008

„Grün investieren“ ist seit Jahren ein beliebter Trend. Dass sich mit dem wachsenden Umweltbewusstsein und mit energiefreundlichen Technologien gute Geschäfte machen lassen, haben Anleger längst verstanden. Doch es geht auch andersrum: Eine Investmentfirma aus North Carolina macht Umweltsünden zu barem Geld.

Man könnte Cherokee Investment Partners als Heuschrecke bezeichnen. Doch übernimmt das Unternehmen nicht etwa siechende Unternehmen, sondern deren verlassene Produktionsstätten. Etwa ein kanadisches Werk von General Motors, eine marode Textilfabrik von Burlington Mills oder einen entkernten Supermarkt von Kmart.

Produktionsstätten von United Technologies und Halliburton schrecken die Investoren nicht einmal wenn sie Asbest-versucht sind, und auch eine alte Shell-Raffinerie in Italien schien ein gutes Objekt zu ein. Zuletzt kaufte Cherokee noch vier erschöpfte Müllhalden in New Jersey, einen Steinwurf vom hektischen Treiben in Manhattan entfernt.

Die Pläne für die Altlasten anderer Unternehmen sind so naheliegend wie genial: Man räumt auf, entgiftet und wandelt die Grundstücke in reizvolle neue Kommunen, Parks oder ähnliches um. Auf dem Müll von New Jersey sollen in den nächsten Jahren etwa Häuser, Läden und Restaurant sowie ein Golfplatz mit Welt-Niveau entstehen, der vom New Yorker Immobilien-Modul Donald Trump mitentwickelt wird. Das Projekt hat ausgezeichnete Erfolgsaussichten, profitiert es doch nicht nur von der Nähe zu New York, sondern auch vom Verkehr der umliegenden Meadowlands-Anlagen, zu denen neben einer Konzerthalle auch das Stadion der Super-Bowl-Champions New York Giants gehört.

Auch mit weniger klangvollen Namen in direkter Nachbarschaft glaubt Cherokee dicke Gewinne erzielen zu können. Die gute Infrastruktur in und um die aufgekauften Projekte hilft dabei. Immerhin liegen zahlreiche alte Werkshallen nicht etwa an der Peripherie, sondern nahe am Stadtzentrum, an Eisenbahnlinien und Straßen. Sie sind also gut angebunden und daher für Haus- und Wohnungskäufer sowie andere Investoren interessant.

Das Konzept kommt an: In den letzten zehn Jahren hat Cherokee mehr als 2,1 Milliarden Dollar an Kapital angehäuft. Ähnlich wie bei einem Fond lebt das Unternehmen von einer Management-Gebühr von 1,5 Prozent und einer Gewinnbeteiligung von 20 Prozent.

Dass man im aktuell schwierigen Immobilien-Umfeld auch Schwierigkeiten habe, leugnet Cherokee-CEO Tom Darden nicht. Allerdings sind sie kaum bedrohlich für die Geschäfte, da das Unternehmen als Käufer und als Verkäufer auftritt. Während es zur Zeit alles andere als angenehm sei, fertige Projekte an den Mann zu bringen, macht man auf der anderen Seite ein Schnäppchen nach dem anderen und kauft billig. „Da geht es uns wie dem Mann mit den Händen im Ofen und den Füßen im Kühlschrank“, meint Darden. „Am Ende läuft es für uns selbst in der Krise mittelmäßig.“
© Inside Wall Street

Starlight 25-02-2008 20:20

Oscar´s Glanz an der Börse
Montag, 25. Februar 2008

4485 Kilometer liegen zwischen der New York Stock Exchange an der Wall Street und dem Kodak Theater am Hollywood Boulevard in Los Angeles. Das ist ein ganzer Kontinent. Und wer beide Orte kennt, der weiß, dass sie nicht verschiedener sein könnten. Berührungspunkte gibt es kaum – außer in der Oscar-Nacht.

Denn obwohl die wenigsten Broker den fünfstündigen Jahrmarkt der Eitelkeiten selbst mitverfolgt haben, so interessieren sie sich doch für die Ergebnisse – jedenfalls für einige bestimmte. Dafür etwa, wer mit mit dem Oscar für den besten Film, die beste Regie oder die höchste schauspielerische Leistung ausgezeichnet wurde. So etwas schlägt sich nämlich an der Kinokasse und im DVD-Geschäft durch und kann manch einem Filmstudio Millionen in die Kassen spülen.

Der Oscar-Hauptgewinner „No Country For Old Men“, der von der Disney-Tochter Miramax vertrieben wird, konnte die Einspielergebnisse allein in den Wochen zwischen Oscar-Nominierung und Gala um mehr als 50 Prozent steigern. Aktuell bilanziert das Unternehmen Ticket-Einnahmen von 64 Millionen Dollar für den Western der Coen-Brüder, die damit den größten Erfolg ihrer Karriere verbuchen.

Ähnliche Erfolge haben die übrigen Nominierten in der Königskategorie erlebt: „Juno“ von Fox Searchlight aus der Murdoch-Gruppe News Corp., der Viacom-Erfolg „There Will Be Blood“ sowie „Atonement“ von Focus Features, einer Kooperation zwischen Vivendi und der General-Electric-Tochter NBC Universal, zogen an der Kasse steil an, seit ihre Nominierungen bekannt waren.

Selbst George Clooney´s „Michael Clayton“, das bei sieben Nominierungen mit nur einem Oscar am Sonntag eher enttäuschte, hat in den letzten Wochen um 50 Prozent auf mittlerweile 327 Millionen Dollar angezogen. Nach der Preisverleihung dürfte das Justiz-Drama seinen Oscar-Bonus vor allem im DVD-Geschäft sehen; die Silberscheibe ist seit dem Wochenende im Handel. Die vier Konkurrenzfilme werden ab März für das Heimkino freigegeben.

Am längsten werden die Fans dabei auf „There Will Be Blood“ warten müssen; der Öl-Western erscheint erst im April im Kleinformat. Vorher rechnet man bei der Viacom-Tochter Paramount damit, dass der Oscar für Hauptdarsteller Daniel Day-Lewis die Einnahmen in den Kinos noch einmal um 20 Prozent anfeuern dürfte. Ähnliche Zahlen kennt man aus den letzten beiden Jahren, als Philip Seymour Hoffman für „Capote“ und Forest Whittaker für „Last King Of Scotland“ gewannen.

Allzu voreilig sollten Film- und Börsen-Enthuasisaten allerdings nicht versuchen, die Oscar-Erfolge in ein Plus für einzelne Aktien umrechnen. Schließlich sind die Filmstudios meist nur Teile von börsennotierten Medienriesen, auf deren Bilanz in einzelner Hit mehr oder weniger kaum Auswirkungen hat. Der Dow-notierte Branchenriese Walt Disney ist etwa nicht nur von Kinoerfolgen abhängig, sondern auch von seinem Freizeitpark-Geschäft und den Erfolgen der Fernseh-Tochter ABC. Die allerdings gehörte ebenfalls zu den Oscar-Gewinnern. ABC übertrug das Spektakel aus Hollywood und strich dafür die Werbe-Millionen ein.
© Inside Wall Street

Starlight 27-02-2008 19:46

Bush bleibt „Big Oil“ treu
Mittwoch, 27. Februar 2008

Mitten im Wahlkampf drohen die Amerikaner manchmal den Blick darauf zu verlieren, was wirklich wichtig ist: Nach acht langen Jahren geht die Ära Bush zu Ende. Der Mann, der seinem Land zwei Kriege und ein Billionen-Defizit beschert hat, verlässt das Weiße Haus – doch es gibt durchaus ein paar Leute, die das bedauern.

Obwohl George W. Bush wirtschaftspolitisch sicher kein großer Präsident war, hat er zumindest eines getan: die Steuern gesenkt. So sehr wohlgemerkt, dass dem Land an allen Ecken und Enden Geld fehlt, dass Kriege nicht finanziert und die Infratruktur nicht repariert werden können – doch diejenigen, denen Bush´s rücksichtslose Steuerpolitik bares Geld sparte, werden ihn vermissen.

Denn wer auch immer nach ihm kommt, vor allem falls sich ein Demokrat durchsetzen kann, wird wohl manchen Unternehmen die Steuergeschenke der letzten Jahre wieder wegnehmen. Vor allem einige allgemein ungeliebte Branchen werden dran glauben müssen, wenn W. sie nicht mehr schützt.

Die Tabakbranche etwa. Denen wollten die Demorakten bereits im vergangenen Jahr die Zigarettensteuer erhöhen, um von den Mehreinnahmen eine Bildungsinitiative für unterpriviligierte Kids zu finanzieren. Ein entsprechender Gesetzentwurf fand im Kongress Zustimmung, bevor er im Weißen Haus mit einem Veto gestoppt wurde.

Jetzt wollen die Demokraten die Steuergeschenke an die Öl-Multis zurückhaben. Angesichts eines Ölpreises von über 100 Dollar pro Fass und Benzinpreisen von durchschnittlich mehr als 3 Dollar pro Gallone kommt bei der Basis an, was ExxonMobil und Co. bluten lässt – entsprechend ist das Konzept nicht nur im Kongress ein Thema, sondern auch im Wahlkampf.

Ein aktueller Gesetzentwurf sieht vor, die in 2005 beschlossenen Steuernachlässe rückgängig zu machen, mit denen die amerikanischen Öl-Konzerne jährlich 18 Milliarden Dollar sparen. Eingeführt hatte Bush das Programm, um die Unternehmen gegenüber den internationalen Konkurrenten zu stärken. Auslaufen soll es, damit die Mehreinnahmen im Staatssäckel für die Förderung und Bezuschussung alternativer Energien genutzt werden können. Von den 18 Milliarden Dollar sollen unter anderem Wind- und Solarinitiativen unterstützt werden und ferner die Forschung an Ethanol, das nicht aus Mais gewonnen wird. Zudem sieht der Kongress Steuernachlässe für Energie-effiziente Porgramme vor.

Gegen eine solche Umfinanzierung ließe sich eigentlich nichts sagen, weshalb sich George W. Bush auch in der Ankündigung seines aktuellen Veto auf Allgemeinplätze beruft. Man dürfe in der Steuerpolitik nicht eine einzelne Industrie benachteiligen, heißt es in einem Statement aus dem Weißen Haus. Dass man gerade dies tut, indem man den Unternehmen hinter alternativer Energie entsprechende Steuergeschenke vorenthält, zählt für Bush und Co. nicht.

In einem Umfeld wachsender ökologischer Sorge ist indes nicht sicher, ob sich Präsident Bush diesmal durchsetzen kann. Die Demokraten, die im Kongress federführend sind, stellen sich auf einen Hammelsprung ein, mit dem das Veto überschrieben werden könnte. In einem Wahlkampf der Wende, in der selbst der republikanische Kandidat so oft wie möglich auf Distanz zu dem Amtsinhaber geht, ist durchaus vorstellbar, dass einige Republikaner überlaufen und gegen Bush stimmen werden.
© Inside Wall Street

Starlight 28-02-2008 20:39

Drinks in der Krise
Donnerstag, 28. Februar 2008

Zwischen Stagflation und Inflation, zwischen Angst vor Rezession, immer neuen Warnungen von Ben Bernanke, der Hypothekenkrise, Milliarden-Abschreibungen und steigender Arbeitslosigkeit gibt es für viele Amerikaner – ob Broker oder nicht – am Abend nur eines: einen guten Whiskey. On the rocks.

In schlechten Zeiten geht es der Getränke-Industrie gut, ist eine alte Regel an der Börse. Doch ganz so einfach ist das in diesen Tagen nicht – im Gegenteil: Viele Unternehmen der Branche, und vor allem die Restaurants, verbuchen fallende Umsätze.

Schuld ist offensichtlich die Inflation, unter der die amerikanischen Verbraucher (und Genießer) am direktesten leiden. Vor allem die hohen Benzinpreise verderben die Laune schon bevor es abends ins Restaurant geht; das Tischgespräch über Entlassungen im Büro und das schwächlnde Aktienportfolio macht es auch nicht einfacher den Geldbeutel zu öffnen. Immer mehr Amerikaner verzichten folglich auf den 12-Dollar-Martini und bleiben beim Bier. Und zwar bei einem einzigen Bier.

„Wir sehen ein schwieriges Umfeld voller Herausforderungen“, klagt der CEO der Restaurantkette Texas Roadhouse, G.J. Hart, im Rahmen der Bar- und Getränke-Messe in Las Vegas. Er hat die Alkohol-Umsätze im letzten Jahr um einen halben Prozentpunkt fallen gesehen, und bei der Konkurrenz sieht es nicht viel besser aus:

Im Durchschnitt machen amerikanische Restaurants 17 Prozent ihres Umsatzes mit dem Verkauf von Alkohol; in einigen Fällen sind es bis zu 30 Prozent. In den letzten Jahren verbuchte die Branche ein jährliches Umsatzwachstum von 5 bis 6 Prozent, berichtet David Ozgo, der Chef-Volkswirt des Branchenverbandes Distilled Spirits Council. Im vergangenen Jahr sei das Wachstum fast auf Null zurückgegangen.

Besonders dramatisch ist das, weil alkoholische Getränke den Restaurants mit Abstand die höchsten Margen bringen. Je höher der Anteil der Alkohol-Umsätze am gesamten Geschäft sind, desto mehr können sie steigende Kosten – etwa für Lebensmittel oder Personal – ausgleichen. Das gelang zuletzt nicht mehr, weshalb die lautesten Klagen direkt von den Bars und Nightclubs kommen, die fast komplett von Drinks leben.

Die Getränke-Hersteller zeichnen indes ein weniger düsteres Bild. Während der Umsatz in Restaurants und Bars stagnieren mag, läuft das Geschäft in den Läden gut. Das heißt: Inmitten der Wirtschaftskrise trinkt der Amerikaner nicht weniger – er trinkt nur billiger, also in den eigenen vier Wänden. Der Direktverkauf an den Konsumenten macht bei den meisten Brauereien und Destillerien rund 75 Prozent des Umsatzes aus, weshalb es von dieser Seite kaum Klagen gibt.

Einige Unternehmen sehen sogar Wachstumschancen: Wenn die Amerikaner schon zu Hause trinken, dann lohnt es sich für viele wieder die teurere Flasche zu kaufen. Die Hersteller von hochwertigeren Bränden, darunter etwa die Patron Spirits Company mit ihrem gleichnamigen Tequila, sehen einen interessanten Trend: „Ein guter Drink ist der Luxus, denn man sich noch gönnt, auch wenn man sich kein neues Auto mehr kaufen kann“, meint COO John McDonnell.
© Inside Wall Street

Starlight 29-02-2008 20:51

Kurskrise bei Google
Freitag, 29. Februar 2008

Die Suchmaschine Google findet so ziemlich alles… außer, so scheint es, einen Weg aus der aktuellen Kurskrise. Seit ihrem Allzeithoch bei fast 750 Dollar hat die Aktie in den vergangenen vier Monaten satte 40 Prozent an Wert eingebüßt. Damit wurden 85 Milliarden Dollar Marktwert vernichtet. Anleger sind besorgt.

Und die Sorgen der Aktionäre sind nicht unbegründet. Denn der Grund für die jüngsten Einbrücke hat nicht etwa mit Spekulation und Short-Selling zu tun, sondern findet sich in ganz fundamentalen Überlegungen. Eine Web-Studie hat vor wenigen Tagen gezeigt, dass die Zahl der Klicks auf Google-Anzeigen im Januar unveränder geblieben ist – unverändert, also kein Wachstum, dass ist neu für das Online-Powerhaus, dessen Papiere in den ersten drei Jahren nach Bösenstart immerhin auf das Zehnfache ihres Ausgabepreises geklettert sind – bis dann ab November die Trendwende kam.

Stagnierende Klick-Zahlen heißt wohlgemerkt nicht, dass Google gar nicht mehr wächst – langsamer aber schon. Innerhalb des letzten Jahres hat sich das gesamte Wachstum im Unternehmen von 56,5 Prozent auf 28,3 Prozent genau halbiert. Und dennoch stellen Anleger die Frage: Hat Google den Gipfel erreicht?

Zumindest eine Überlegung spricht dafür: Nachdem Google mit seinen an Suchbegriffe gekoppelten Anzeigen einen Riesen-Erfolg erzielt hat, fehlt seit geraumer Zeit der nächste Schritt, den Anzeigenkunden erwarten. So sei es eine Sache, meint Iggy Fanlo vom Werbeberade AdBrite, auf die Online-Suche nach „Mietwagen“ beispielsweise eine Anzeige des Autovermieters Hertz zu programmieren. Eine ganz andere Sache sei es hingegen, nicht mehr Themen- sondern Kunden-bezogen Anzeigen zu bringen.

Das Fernsehen, so Fanlo, gehe beispielsweiser eher auf die Kunden ein. So versuchten Unternehmen beim Super Bowl nicht etwa, Sport-Jerseys und Turnschuhe an den Mann zu bringen, sondern Autos, Fastfood und Erektionsmittel. „Die Unternehmen kennen den Zuschauer“, meint der Experte. „Sie wissen, ich bin ein fetter alter Mann, der Football schaut.“

So weit denken die Online-Anzeigen (noch) nicht, und damit erfüllen sie die Bedürfnisse mancher Klienten nicht mehr. Die wollen zudem noch mehr Transparenz. Google muss also nicht nur die betrügerischen und desinteressierten Klicks auf Anzeigen ausfiltern, sondern auch noch nachweisen, eine Zielgruppe zu erreichen. Erste Versuche auf Social Networks wie MySpace hätten jedoch gezeigt, dass das Konzept nicht so leicht umzuzusetzen ist, gab Google-Mitgründer Sergey Brin bei der jüngsten Quartalskonferenz zu.

Analysten warnen jedoch dovor, die Aktie von Google allzu leichtfertig aus dem Portfolio zu nehmen. Google fällt jetzt nicht in ein Loch, meint Doug Anmuth von Lehman Brothers. Vielmehr habe das Unternehmen mit der bereits genehmigten, aber noch nicht vollzogenen Übernahme des Anzeigenspezialisten DoubleClick bereits neues Potenzial. Zudem sei auch Google in bezug auf das schwächere Wachstum ein Stück weit vom schwachen konjunkturellen Umfeld betroffen. Mit einer Erholung sei also zu rechnen.

Angesichts der jüngsten Kurseinbrüche und der allgemeinen Faszination der Börse für Google ist davon auszugehen, dass sich das Papier in den nächsten Tagen wieder etwas erholt. Ob und wann man die Aktie dann wieder einmal für 450 Dollar kaufen kann, ist offen.
© Inside Wall Street

Starlight 03-03-2008 19:44

3 Milliarden für den Stimmenfänger


Wenn auch die Zahl der Übernahmen jüngst nachgelassen hat, so gibt es doch einige – vor allem feindliche! – die für Schlagzeilen sorgen. Nach Microsoft’s Bemühungen um Yahoo und den Verhandlungen zwischen Electronic Arts und Take Two steht jetzt ein Dow-Wert im Rampenlicht, der in das Geschäft mit der Demokratie einsteigen will.

Der Industrie-Multi United Technologies, zu dem so vielseitige Unternehmen wie der Aufzughersteller Otis, der Turbinen-Experte Pratt & Whitney und der Hubschrauberbauer Sikorsky gehören, möchte jetzt gerne eine Firma unternehmen, der noch in diesem Jahr eine ganze Flut von Schlagzeilen bevorsteht: Diebold.

Wer in den letzten Jahren die Präsidentschaftswahlen in den USA verfolgt hat, dürfte mit dem Namen vertraut sein: Diebold stellt die Wahlmaschinen her, die George W. Bush wowohl 2000 als auf 2004 zur Präsidentschaft verholfen haben sollen. Ob die Maschinen, bei denen Amerikaner per Tast-Bildschirm und ohne ausgedruckten Beleg abstimmen, wirklich manipuliert worden sind, wurde zwar nie bewiesen. Dass sie aber recht leicht manipuliert werden können, hat eine ganze Reihe von Tests ergeben.

Umso erstaunlicher, dass die Wahl-Computer immer noch in Gebrauch sind. Und noch seltsamer, dass sich ein renommierter Konzern für das Unternehmen interessiert und sich die Übernahme auch noch einiges kosten lassen will. Satte 3 Milliarden Dollar will United Technologies für Diebold auf den Tisch legen; das entspricht 40 Dollar pro Aktie und damit einer Prämie von 66 Prozent auf den Schlusskurs von letzter Woche.

Wenn sich ein solcher Deal lohnt, dann nur weil Diebold außer dem skandalgeplagten Geschäft mit der Demokratie noch andere Sektoren bedient. Das Unternehmen ist einer der größten Hersteller von Geldautomaten und elektronischen Überwachungssystemen. Damit passt man viel eher zu United Technologies; immerhin gehört zu dem Dow-Konzern bereits seit letztem Jahr der Sicherheits-Experte Initial Electronic Security Systems. Dessen 1,2 Milliarden Dollar schwere Übernahme hat UTX zu einem der stärksten Partner in Sachen Sicherheit gemacht.

Die Übernahme von Diebold gebe UTX nun langfristiges Wachstumspotenzial, rechtfertig CEO George David das Angebot. Für Diebold-Aktionäre sei das Angebot ohnehin verlocken… doch das dürften diese anders beurteilen. Noch vor sechs Monaten notierte die Aktie bei mehr als 50 Dollar; seither ging es im allgemeinen Bärenmarkt nach unten. Dass sich Diebold als Schnäppchen aufkaufen lassen will, gilt an der Wall Street als unwahrscheinlich. Zumal das Unternehmen vor zwei Jahren schon einmal ein Angebot von United Technologies abgelehnt hat.

United Technologies dürfte sich nun an die Diebold-Aktionäre wenden. Dass geht aus einem Kommentar eines Firmensprechers vor, der erklärt, man wisse durchaus, welche Optionen man habe.

Die Aktionäre dürften eine Übernahme wesentlich positiver einstufen als die Diebold-Vorstände. Immerhin hatten die zuletzt kaum Grund, dem Unternehmen weiter die Stange – oder die Aktien – zu halten. Im vergangenen Geschäftsjahr hat man den Gewinn um zwei Drittel sinken gesehen; erst vor einer Woche hat Diebold Entlassungen angekündigt.

Dennoch: Selbst wenn die Aktionäre einer Übernahme zustimmen sollten, dürfte ein Merger in diesem Jahr nicht mehr über die Bühne gehen. Im Weißen Haus dürfte da mancher aufatmen – wäre ja noch schöner, wenn man sich acht Monate vor der Wahl nicht mehr auf die Maschinen und ihre Programmierer verlassen könnte.
© Inside Wall Street

Starlight 04-03-2008 20:29

Zocken mit Polit-Aktien
Dienstag, 4. März 2008

Der „Super Tuesday“ ist schon lange vorbei, jetzt geht es um den „Crucial Tuesday“ – den alles entscheidenden Dienstag. Nach den Vorwahlen in Texas und Ohio dürfte sich entscheiden, ob Barack Obama für die Demokraten in den Präsidentschaftswahlkampf ziehen wird, oder ob Hillary Clinton noch eine Chance hat.

Die Börse hat Hillary Clinton interessanterweise bereits abgeschrieben. Das heißt nicht, dass alle Trade auf dem Parkett kleine Obama-Fähnchen schwenken. Aber zumindest bei den Händlern, die mit barem Geld hinter ihren Prognosen für den Wahlausgang stehen, liegt der junge Senator aus Illinois hoch im Kurs, während Hillary-Aktien das Papier nicht wert sind, auf dem sie gedruckt sind.

Obama teuer? Hillary-Aktien? … Anleger weltweit legen bereits seit Monaten beim Onlinebroker Intrade.com Geld im amerikanischen Wahlkampf an. Das Unternehmen hat seinen Sitz in Irland, verwaltet aber eine Menge Kapital aus den USA. Und nicht nur im Zusammenhang mit Wahlen: Wer möchte, kann bei Intrade.com auch auf die Gefangennahme von Osama Bin Laden, einen Friedensvertrag zwischen Israel und Palästina oder den Schneefall in New York setzen.

Vor allem im aktuellen politischen Zusammenhang sehen viele Experten die Geschäfte bei dem Onlinebroker als recht zuverlässigen Indikator. Abgesehen vom Ausgang der Vorwahlen in New Hampshire und Kalifornien haben die Trader die Schlachten zwischen Obama und Clinton beziehungsweise zwischen den Republikanern John McCain, Mike Huckabee und anfangs noch Mitt Romney zuverlässig vorhergesagt.

Der einfache Grund: Anleger setzen bares Geld, das sie folglich auf verlieren können. Es wetten also vor allem Leute, die sich auskennen. So liegen auch die Prognosen für die Vorwahlen in Texas und Ohio recht nahe an den jüngsten Umfrageergebnissen: In Texas sieht man Barack Obama vorne, in Ohio Hillary Clinton. Dass die ehemalige First Lady die Trifecta Ohio-Texas-Pennsylvania schafft, wird zur Zeit mit einer Chance von 18 Prozent bewertet. Unwahrscheinlich, aber eine gute Wette für risikofreudige Anleger, die Lust auf das schnelle Geld haben.

Denn die prozentuale Chancenberechnung spiegelt sich direkt im Kurs der Wetten wider: Eine Aktie auf die Clinton-Trifecta kostet demnach zur Zeit 1,80 Dollar und bringt 10 Dollar, wenn die New Yorker Senatorin ihren Konkurrenten dreifach ausschaltet.

Andersherum lässt sich mit Obama nicht mehr allzuviel Geld machen. Eine Aktie auf seine Nominierung als demokratischer Präsidentschaftskandidat kostet aktuell bereits 8 Dollar, auch sie wird 10 Dollar bringen, wenn das Ergebnis stimmt. Bei den Republikanern ist das Verhältnis wohlgemerkt noch drastischer: Eine Aktie auf John McCain als Präsidentschaftskandidat kostet 9,40 Dollar. Eine Trading-Gebühr von 50 Cent eingerechnet bleibt dem Anleger also keine Gewinnmöglichkeit mehr. Dem Kandidaten kann es nur recht sein.
© Inside Wall Street

Starlight 05-03-2008 20:28

Frischer Wind macht Strom und Geld
Mittwoch, 5. März 2008

Manches hat zu Unrecht einen schlechten Ruf. New Jersey, zum Beispiel. Der Bundesstaat südlich von New York ist in Amerika gleichbedeutend mit Korruption, Mafia und Müllhalden… vor allem letztere lassen manchen glauben, dass der „Garden State“ seinen Beinamen aus reiner Ironie trage.

Doch wer New Jersey ein wenig besser kennt, der weiß, dass fernab des Flughafen-, Frachthafen- und Autobahngewimmels nahe der Anrainer-Metropole Manhattan manch ein Baum grünt. Und dass New Jersey vielleicht jede Menge Müllhalden hat, aber auch ein Vorreiter in Sachen Umweltschutz ist. Soeben hat das auch die Börse wieder einmal erfahren.

PSEG, der regionale Stromlieferant und einer der größten in den USA, hat gemeinsam mit der New Yorker Energie-Holding Winergy Power ein ambitioniertes Projekt vorgestellt: Man will die erste große Windenergie-Anlage Amerikas bauen. Dazu sollen 25 Kilometer vor der Küste von New Jersey 96 gigantische Turbinen aus dem Meer ragen und den dort tosenden Stürmen 350 Megawatt entreißen.

Ähnliche Projekte sind auch für die Ostküsten-Staaten Massachussetts und Delaware geplant, das nun geplante Vorhaben mit dem offiziellen Namen „Garden State Offshore Energy“ dürfte aber als erstes realisiert werden und könnte bereits 2013 eingeweiht und in Gebrauch genommen werden. Die ersten Anträge sind jedenfalls gestellt.

Auch die Finanzierung scheint gesichert. Die Betreiber PSEG und Winergy Power haben bei ihren Berechnungen sogar die zur Zeit in Washington umstrittenen Steuernachlässe für Energieriesen außer acht gelassen. „Solche Nachlässe wären sicher wünschenswert“, erklärt Nelson Garcez, der als Vize-Präsident für erneuerbare Energien bei PSEG für das Offshore-Projekt zuständig ist. „Wir brauchen sie aber nicht, um den Plan umzusetzen.“

Umso lieber wird man hören, was genau in Washington geplant wird. Während nämlich die Republikaner unter George W. Bush ohnehin an den Steuergeschenken für die Branche festhalten wollen, sind manche Nachlässe auch bei den Demokraten durchaus vorgesehen. Man denkt lediglich daran, die Öl-Konzerne nicht länger zu bevorteilen, sondern das Geld auf die Entwicklung von Wind-, Solar- und ähnlichen Projekten umzulegen.

Das ist nicht nur für die beteiligten Unternehmen gut, sondern auch für die Börse. Die Aktie von PSEG reagierte auf die Ankündigung des Projekts mit einem Kursplus von 2 Prozent.
© Inside Wall Street

Starlight 06-03-2008 20:15

Der 164-Milliarden-Crash (auf der Straße)
Donnerstag, 6. März 2008

Ob High-Speed-Crash auf dem Interstate oder Schlitterpartie im Schneetreiben – auf amerikanischen Straßen kracht es jährlich zigtausend Mal. Der Automobil-Club AAA hat jetzt eine erschreckende Bilanz veröffentlich: Bei Unfällen auf amerikanischen Straßen sterben jedes Jahr 43 000 Menschen, und auch der Schaden für die Konjunktur ist enorm.

Eine aktuelle Studie, die zum ersten Mal so tiefgreifend durchgeführt wurde, kommt zu der Erkenntnis, dass Autounfälle in den USA jährlich mit 164,2 Milliarden Dollar zu Buche schlagen und damit den Steuerzahler pro Kopf etwa 1051 Dollar kosten.

Auf diese Zahlen kam der AAA, nachdem man außer dem Schaden an betroffenen Autos auch die Reparaturen an Leitplanken, Ampeln, Häusern und sonstigen Hindernissen einrechnete. Dazu kamen die Kosten für die medizinische Versorgung von Unfallopfern, die Lohn- und Gehaltsausfälle, anfälige Gerichtskosten und die Verspätungen, die durch Staus nach Unfällen entstehen.

Letztere sind nicht zu unterschätzen: Der amerikanischen Wirtschaft gehen pro Jahr wegen Staus – durch Unfälle, aber auch Baustellen, schlechtes Wetter und andere Ursachen – etwa 67 Milliarden Dollar oder 430 Dollar pro Steuerzahler durch die Lappen.

Zwischen New York und Kalifornien sind die Kosten durch Verkehrsunfälle ungleich verteilt. Der Automobilclub kommt zur Erkenntnis, dass in mittelgroßen Städten unverhältnismäßig viele Unfälle passieren. Die Schäden in der Gegend um Little Rock im Bundesstaat Arkansas belaufen sich etwa auf 2258 Dollar pro Steuerzahler – Rekord in den USA. In den City-Zentren von Pensacola, Florida und Columbia, South Carolina werden Schäden von 1700 beziehungsweise 1500 Dollar pro Kopf errechnet.

In den großen Metropolen ist das Verhältnis etwas günstiger: Im Großraum New York entsteht zwar mit 18 Milliarden Dollar mehr als in jeder anderen Gegend; pro Kopf bleibt aber ein Schaden von rund 960 Dollar. Steuerzahler in Los Angeles kommen auf 10 Milliarden Dollar oder 817 Dollar pro Person.

Angesichts des hohen Schadens und der schockierenden Zahl der Todesfälle fordert der AAA nun die Politiker zu neuen Maßnahmen auf: So sollen die Gesetze gegen unsicheres Fahren verschärft werden. Das ist auch dringend nötig, denn bisher sind die Vorschriften eher lax: Obwohl etwa das Telefonieren beim Fahren in fast allen Bundesstaaten verboten ist, kann die Polizei nur in vier Staaten Autofahrer bei Verstößen anhalten und zur Kasse bitten. In allen anderen Staaten kann das Telefonieren am Steuer nur bestraft werden, wenn der Fahrer gleichzeitig wegen anderer Delikte angehalten und belangt wird.

Ähnlich verhält es sich mit der Anschnallpflicht: Wer in den USA ohne Gurt unterwegs ist, verstößt damit zwar gegen das Gesetz, darf aber nicht angehalten und bestraft werden.

Erstaunlich genug, dass die Gesetze bisher nicht schärfer waren; doch dürfte es keinen wundern, wenn Washingtn nun aktiv wird. Milliarden-Risiken für die Konjunktur möchte – vor allem im Wahlkampf – kein Politiker auf sich sitzen lassen.
© Inside Wall Street

Starlight 07-03-2008 21:22

Die Politisierung des Arbeitsmarktes
Freitag, 7. März 2008

George W. Bush wird sich am Freitag wohl nicht im Rosengarten zeigen. Und sollte er – etwa auf dem Weg zum Hubschrauber – doch über den Rasen des Weißen Hauses laufen, wird er sich von Mikrofonen fernhalten. Das ist nach Arbeitsmarktberichten nicht immer so; fallen sie besser aus, kommentiert der Präsident gerne.

Volkswirte und viele Broker an der Wall Street finden es meist albern, wenn sich der Präsident zu Arbeitsmarkt und ähnlichen Themen äußert. Denn einerseits ist der ohnehin inkompetente Präsident sicher keine Koryphäe in der Interpretation von Wirtschaftsdaten. Zum anderen sind seine Absichten, den jeweils aktuellen Report schönzureden, klar erkenntlich; es scheint, Bush bemühe sich nicht einmal, einigermaßen neutral zu klingen.

So können die Daten Monat für Monat unter den Prognosen der Experten ausfallen; Bush spricht vor dem Presse-Corps immer von einer stabilen Wirtschaft und einem starken Arbeitsmarkt. Er unterlegt das meist mit absoluten Zahlen und rechnet gerne alle während seiner Amtszeit geschaffenen Jobs zusammen. So kommt er auf eine bedeutend klingende Ziffer, die doch nichts mit der wirklichen Lage am Arbeitsmarkt zu tun hat.

Denn was Bush und das Arbeitsministerium regelmäßig verschweigen: Laut unabhängiger Experten muss die US-Wirtschaft monatlich zwischen 100 000 und 250 000 neue Stellen schaffen, um Bevölkerungswachstum und Zuwanderung auszugleichen. In den letzten zwölf Monaten schaffte man allerdings die niedrigste Hürde von 100 000 Stellen nur vier Mal, acht Mal lag die Zahl der neuen Jobs deutlich unter dem sechsstelligen Bereich. Und in den ersten beiden Monaten dieses Jahres gingen nun sogar Jobs verloren.

Für den Februar steht ein Stellenabbau von 63 000 zu Buche, was der schlechteste Stand seit fünf Jahren ist. Im Januar wurden zudem bereits 22 000 Stellen abgebaut. Das mag manche Beobachter überrascht haben, denn ursprünglich hatte man für den Januar einen leichten Stellenzuwachs gemeldet. Doch sind die monatlichen Revidierungen in den USA enrom. Auch für den Dezember wurden die Arbeitsmarktdaten gerade noch einmal nach unten revidiert: Statt 82 000 wurden im Weihnachtsmonat nur 41 000 Jobs geschaffen – gerade einmal halb so viele wie ursprünglich angekündigt.

Was dem Anleger bleibt: Die Erkenntnis, dass die jeweils aktuellen Daten vom Arbeitsmarkt unzuverlässig sind. Doch schlecht sind sie allemal. Das wiederum zeigt sich im Februar-Bericht an der Korrellation zweier Zahlen. So ist nicht nur die Zahl der neuen Stellen zurückgegangen, sondern auch die Arbeitslosenquote. Folglich geben immer mehr Amerikaner die Stellensuche komplett auf, weil sie in ihrem Umfeld keinen Job mehr finden.

Dieses Phänomen gekoppelt mit den sinkenden Netto-Einnahmen, dem allgemein schwachen Wachstum im Produzierenden Gewerbe und dem steilen Verfall des Dollar macht eines immer deutlicher: Die USA stecken mitten in einer Rezession.
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Starlight 12-03-2008 19:49

Spitz, Spitzer… untragbar?


Einen Tag nachdem der New Yorker Gouverneur Eliot Spitzer einen Sex-Skandal zugeben musste, der den einstigen Saubermann seine politische Karriere kosten könnte, jubelt die Wall Street noch immer. Im Finanzdistrikt war Spitzer nämlich äußerst unbeliebt. Derweil verliert das Volk allmählich den Glauben an die Politik.

„Er hat diesen Laden hier kaputt gemacht“, zeterte ein Broker am Dienstagmorgen am Eingang zur New Yorker Börse. Das ist nicht ganz nachvollziehbar. Denn Eliot Spitzer – damals noch Generalstaatsanwalt – hat vor fünf Jahren nicht etwa Marktwirtschaft und Kapitalismus zerstört, sondern lediglich in den dunkelsten Ecken des Gentlemen’s Club an der Wall Street aufgeräumt.

Der Wall Street und besonders der New York Stock Exchange hat das gut getan. Seit der damalige Börsen-Chef Dick Grasso samt seiner Milliarden-Abfindung das Haus verlassen hat, ging es für die NYSE steil aufwärts. Unter der Führung des ehemaligen CEO John Thain wurde die NYSE in ein börsennotiertes Unternehmen umgewandelt, verschmolz mit der pan-europäischen Euronext zu einer der wichtigsten globalen Börsen, expandierte den elektronischen Handel und das Geschäft mit Futures und Optionen, übernahm zuletzt die American Stock Exchange… und sah den Aktienkurs zeitweise auf das Doppelte der Erstnotierung steigen. (Seit etwa einem Jahr leidet die NYSE-Aktie ebenso wie andere Finanzwerte und hat etwa die Hälfte ihres Wertes eingebüßt.)

Abseits der NYSE hat Spitzer die Machenschaften zahlreicher Banken und Brokerhäuser gestoppt, bei denen Investmentbanker und Analysten Hand in Hand arbeiteten und auf Kosten der nichtsahnenden Anleger Wertpapier-Einschätzungen fälschten, nachbörlich handelten, IPO-Zuteilungen nur noch in Insider-Kreisen vornahmen… kurz: so organisiert die Spielregeln verletzten, dass sie letztlich Geldbußen von insgesamt mehr als 2 Milliarden Dollar zahlen mussten.

Schaut man allein auf den Erfolg der Spitzer’schen Aufräumarbeiten vor seiner Zeit als Gouverneur, kann man dem Mann also nicht viel vorwerfen. Was ihm an der Wall Street aber Feinde für’s Leben verschaffte, waren Spitzers Ermittlungs- und Verhandlungstaktiken. In Verhören zerstörte er die Glaubwürdigkeit seiner Zeugen oft, in dem er ihnen private und moralische Verfehlungen unter die Nase rieb, etwa heimliche uneheliche Kinder oder Kontakt zu Prostituierten.

Dass nun, keinen fünf Jahr später, Spitzer selbst die Dienste eines Prostituierten-Rings nutzte, ist blanke Ironie. Er hat sich damit als völlig bigott geoutet und seine hohen ethischen und moralischen Standards als nicht mehr als heiße Luft. Details aus den Ermittlungsunterlagen gegen „Kunde Nr. 9“ zeigen zudem, dass der New Yorker Gouverneur allgemeine Standards noch weit unterboten hat.

So verschaffte er sich offensichtlich nicht nur außerehelichen Sex, sondern verlangte bei seinen „sieben oder acht Terminen“ nach „Dingen, die man vielleicht als unsicher bezeichnen könnte“. Er galt bei dem betroffenen Service Emperors Club VIP als schwieriger Klient – wenn auch als einer, der aufgrund seiner Machtposition durchaus in den Kundenkreis „global führender Herren“ passte. Zumal er offensichtlich bereit war, den üblichen Preis von bis zu 5500 Dollar pro Stunde zu entrichten.

Wieviel – und wie – Spitzer für die Dienst der Prostituierten gezahlt hat, ist ein wichtiger Punkt für die Ermittler. Es besteht der Anfangsverdacht, dass der Gouverneur seine Zahlungen an den Emperors Club VIP tarnte und sich damit möglicherweise der Vertuschung schuldig machte. In Online-Foren wird zudem allerorten gemutmaßt, wie Spitzer sich 5500-Dollar-Frauen haben leisten können; immerhin verdient der New Yorker Gouverneur relativ bescheidene 179 000, von denen er nach Steuern eine fünfköpfige Familie finanziert.

Zu den moralischen Verfehlungen kommen nun also schwerwiegende monetäre Vorwürfe ins Spiel, mit denen Eliot Spitzer jene Glaubwürdigkeit verliert, die ihm vor zwei Jahren einen Erdrutschsieg in den Wahlen beschert hat. In politischen Kreisen in der New Yorker Hauptstadt Albany gilt Spitzer als Gouverneur bereits weitgehen als untragbar. Das wiederum schlägt sich auf den Präsidentschaftwahlkampf nieder. So stellt sich die Frage, ob Hillary Clinton – wie Spitzer bei den New Yorker Demokraten gemeldet – den Rücktritt des ehemaligen Unterstützers fordern wird, um politischen Schaden von sich selbst abzuwehren.

Zudem dürften einige Politiker aufhorchen, die zuletzt im Rennen um die Präsidentschaft standen. So wird bereits diskutiert, ob sich Rudy Giuliani nach seinen gescheiterten Bemühungen um das Weiße Haus einen Job in Albany vorstellen kann. Auch der New Yorker Bürgermeister Michael Bloomberg, der eine Kandidatur als Präsident endgültig abgelehnt hat, dürfte vorgeschlagen werden.

Wer Spitzer bislang von einem Rücktritt abgeraten hat, ist ausgerechnet seine betrogene Ehefrau. Die stand – wie das in Amerika zur Schadensbegrenzung üblich ist – bei Spitzers Pressekonferenz schräg hinter ihm. Doch wird sie nicht das letzte Wort sprechen; Meldungen aus Albany werden zur Zeit an der Wall Street und im Rest der USA minütlich verfolgt.
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Starlight 13-03-2008 20:18

Die Fed in der Zwickmühle
Donnerstag, 13. März 2008

George W. Bush hat es gut. In seinem Parallel-Universum ist die Welt noch in Ordnung. Die Kriege in Afghanistan und Irak laufen erfolgreich, der internationale Terrorismus ist ausgeschaltet, und die US-Konjunktur – nun ja, sie brummt nicht. Sie durchlaufe gerade eine schwierige Zeit, meint der Präsident, aber eine Rezession sehe er nicht.

Darüber kann man geteilter Meinung sein. Man kann zwar in einem abgegriffenen Wirtschaftswörterbuch blättern und darin lesen, dass eine Rezession durch zwei Quartale mit negativem Wirtschaftswachstum definiert ist. Dann könnte man Bush recht geben.

Man könnte sich aber auch von längst überholten Definitionen verabschieden, sich in den Vorstandsetagen von Corporate America, in den Banken oder auf dem Parkett der New Yorker Börse umhören. Dann würde man feststellen, dass wirkliche Experten die US-Konjunktur auch ohne die zwei Minus-Quartale nicht nur in der Nähe einer Rezession sehen – sondern mittendrin.

Nun muss man sich nicht darüber ärgern, was George W. Bush sagt. Die überwältigende Mehrheit der Amerikaner wünscht sich nichts mehr, als dass sich der Präsident bis zum baldigen Ende seiner Amtszeit auf seine Ranch in Texas zurückziehen würde. Aber man darf durchaus wieder einmal den Kopf schütteln angesichts der Ignoranz, mit der das Weiße Haus den Problemen der Zeit entgegentritt.

Zumal diese Probleme nicht zu übersehen sind. Fassen wir zusammen: Die Kredit-Krise hat nicht nur die Bilanzen der Banken zerstört, sondern auch deren Willen künftig wieder Geld zu leihen. Die Kreditmärkte sind so illiquide wie nie zuvor, woran zuletzt nicht einmal die Zinssenkungen und sonstigen Geldspritzen der Fed etwas ändern können.

Überhaupt, die Fed – sie ist zur Zeit absolut hilflos. Und das kann man nicht einmal auf Ben Bernanke schieben, der seine begrenzten Hilfsmittel doch so kreativ und effektiv nutzt wie er nun eben kann. Doch gibt es eben Probleme, die sich durch Notenbankpolitik nicht lösen lassen:

Der Preisverfall am Immobilienmarkt lässt sich beispielsweise nicht geldpolitisch stoppen. Dem Verbraucher fehlt es zudem an Vertrauen und Kaufkraft, wie die jüngsten Einzelhandelsumsätze für den Februar zeigen. Die Rohstoffe – darunter Gold, Öl, aber auch Lebensmittel – werden immer teurer. Letzteres dürfte sich durch weitere Zinssenkungen der Fed sogar noch verschlimmern: Die Notenbank kämpft gegen eine erschreckend hohe Inflation und einen dramatischen Wertverfall beim Dollar; beides kann sie nicht stoppen.

Angesichts dieser stagflationären Trends sind mittlerweile selbst Berufs-Optimisten zur Vernunft gekommen. Hank Greenberg, der frühere CEO der American International Group und als solcher eine Legende im US-Finanzwesen, glaubt, dass der Abwärtstrend für die Konjunktur „mindestens bis Ende 2008 und wahrscheinlich deutlich bis ins Jahr 2009 anhalten“ werde.

Diese Einschätzung ist durchaus realistisch, denn die amerikanische Wirtschaft muss einige ihrer Probleme fundamental lösen. Auf dem Immobilienmarkt, aber auch im Bankenwesen und bei den Rohstoffen, muss eine deutliche Wertbereinigung stattfinden, die noch manches Opfer fordern wird. Zudem muss der Verbraucher umzudenken lernen: Der grenzenlose Konsum auf Pump, der Amerika in den letzten Jahrzehnten nach außen hin als gelobtes Land dastehen ließ, hat den Staat gleichzeitig ausgehöhlt. Insofern ist überhaupt fraglich, ob die Fed mit ihrer Niedrigzins-Masche überhaupt recht hat, oder ob man damit nicht nur die tödliche Sucht eines Junkies befriedigt.
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nokostolany 13-03-2008 21:33

das ist doch echt wahnsinn...... :eek:

was auch immer die FED macht verpufft spätestens 2 tage später wieder ...... :rolleyes:

bei GREENSPAN hätte das so nicht gegeben ! :mad:

Starlight 14-03-2008 20:32

Wall Street glaubt Washington nicht
Freitag, 14. März 2008

Selten hat die Wall Street so geringschätzig nach Washington geschaut wie in diesen Tagen. Was sich in Regierung und Ministerien abspielt, ist aber auch zuviel – vor allem am Freitag: George W. Bush spricht von einer „US-Wirtschaft, auf die der Rest der Welt neidisch ist“, und das Arbeitsministerium bestätigt, dass Inflation kein Thema ist.

Beides ist Blödsinn! Auf Präsident Bushs Äußerungen vor dem „Economic Club of New York“ möchte man gar nicht näher eingehen, so falsch sind sie. Angesichts des aktuellen Haushaltsdefizits, eines dramatisch fallenden Dollars, steigender Preise, hoher Entlassungen und gewaltiger Unsicherheit and den Aktienmärkten dürfte zur Zeit kaum eine Industrienation neidisch auf die USA sein.

Interessanter ist hingegen eine Debatte über die aktuellen Zahlen aus dem Arbeitsministerium. Dort meldete man zum Wochenschluss, dass die Verbraucherpreise im Februar nicht gestiegen seien. Das heißt: Die Inflationssorgen der Anleger sind überzogen; die Fed hat die Lage im Griff.

Das heißt in weiterer Konsequenz, dass die Notenbank am Dienstag keine Vorbehalte haben dürfte, den Leitzins um die vom Markt erwarteten 75 Basispunkte zu senken.

Doch wer sich den Bericht über die Verbraucherpreise genauer ansieht, wird stutzig. Die Energiepreise sollen im Februar um 0,5 Prozent zurückgegangen sein. Das ist angesichts von Rekordpreisen bei Rohöl, Heizöl, Benzin und Erdgas nicht möglich. Und ebenso wenig sind die dramatischen Preisanstiege bei Lebensmitteln, bei Krankenversicherungen und in anderen Alltagsbereichen in dem Bericht aus Washington widergespiegelt.

Es drängt sich die Frage auf, ob die Regierung die – offiziell unabhängige – Notenbank geradezu zu weiteren Zinssenkungen drängen will. Das würde man am einfachsten durch die Zerstreuung von Inflationsängsten erreichen. Einen Grund gäbe es dafür: Washington könnte seine Dollar-Schulden einfacher abbauen.

Die Skepsis der Wall Street gegenüber offiziellen Konjunkturdaten ist in den letzten Wochen gestiegen. Dazu beigetragen hat erst vor wenigen Tagen der Arbeitsmarktbericht, der auf breiter Basis angezweifelt wurde. Obwohl seit Jahresbeginn mehr als 80 000 Stellen vernichtet worden sind, freut sich Washington über eine geringere Arbeitslosenquote von aktuell 4,8 Prozent. Insider wissen, dass viele Langzeitarbeitslose die Hoffnung auf einen Job längst aufgegeben und ihre Stellensuche eingestellt haben – sie tauchen nun in der Statistik nicht mehr auf.

Diese Hintergründe sind dem politisch motivierten Kommentatoren egal; in seiner Rede am Freitag erwähnt George W. Bush die niedrige Arbeitslosenquote sogar explizit als Zeichen der wirtschaftlichen Stabilität im Land. An der Börse drückt sich solches Spinning immer öfter dadurch aus, dass die sonst Nachrichten-bessessenen Broker den zahlreichen TV-Schirmen den Rücken kehren und ungeachtet der Kommentare aus der Hauptstadt ihren Geschäften nachgehen.
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Starlight 14-03-2008 20:35

@ Nok

bin auch a bisserl ratlos :rolleyes:

.....dabei wurde schon seit Monaten alles Mögliche getan, um die Märkte zu beruhigen und die Wirtschaft anzukurbeln. Die Geldinstitute setzten weltweit immer neue, hoch dosierte Geldspritzen, um den Geldmarkt vor dem Austrocknen zu bewahren. Der US-Kongress hat außerdem ein Konjunkturpaket im Wert von 170 Milliarden Dollar beschlossen: Rund 120 Millionen Haushalte bekommen Steuerschecks im Wert zwischen 600 und 1500 Dollar - Geld, das möglichst direkt zurück in den Konsum fließen und so die Nachfrage in wirtschaftlich schwierigen Zeiten stärken soll. Das dritte Stärkungsmittel: Rasche Zinssenkungen. Seit dem 18. September 2007 hat Fed-Chef Ben Bernanke den Leitzins von 5,25 Prozent auf aktuell drei Prozent heruntergenommen. Er legte dabei ein atemberaubendes Tempo vor. Ende Januar drückte er den Leitzins binnen einer Woche um 125 Basispunkte.
Doch an den Börsen ging es in den vergangenen Monaten trotzdem durchgehend bergab. Noch Anfang dieser Woche notierte der Dow Jones auf dem tiefsten Stand seit 17 Monaten. Der S&P 500 hatte seit September bis zum Börsenschluss am Montag rund 16 Prozent an Wert verloren. Dies ist die schlechteste Performance für einen sechsmonatigen Zinssenkungszyklus seit 50 Jahren, wie der Börseninformationsdienst Standard & Poors errechnet hat..... :eek:

Starlight 17-03-2008 05:40

Panik bei der Fed
Montag, 17. März 2008

Die Fed ist verzweifelt. In einer Sonntags-Sitzung hat der Offenmarktausschuss nur zwei Tage vor der nächsten offiziellen Sitzung den Diskontsatz gesenkt und den Finanzmärkten weitere 30 Milliarden Dollar an Liquidität zur Verfügung gestellt. Auf so panische Maßnahmen kann die Wall Street eigentlich nur mit einem Crash reagieren.

Nur zwei Tage vor der Fed-Sitzung hat der Offenmarktausschuss der amerikanischen Notenbank den Diskontsatz um 25 Basispunkte auf 3,25 Prozent gesenkt. Eine weitere Senkung – und eine Senkung des Leitzinses um bis zu 100 Basispunkte auf nur noch 2 Prozent – wird für Dienstag erwartet.

Dass die Notenbank weniger als 48 Stunden vor dem nächsten Meeting dem Markt erneut entgegenkam, könnten Anleger durchaus als panisch und damit negativ auslegen. Ein positiver Effekt für den Markt hingegen droht von vorneherein nur sporadisch zu sein. Schon seit Wochen gelingt es der Fed selbst mit radikalen Zinssenkungen und kreativen Liquiditätsspritzen nur stundenweise für Kauflaune zu sorgen.

Experten an der Wall Street fragen sich zudem immer mehr, wann die ständigen Zinssenkungen der Notenbank auf den angeschlagenen Verbraucher durchwirken. Der zahlt zur Zeit nämlich nur theoretisch niedrigere Zinsen für seine Hypothek, weil Banken die Zinssenkungen nicht in vollem Umfang weiterreichen und auch die über Sonderfinanzierungen von der Fed gestellte Liquidität lieber zur Sanierung des eigenen Portfolios nutzen.

Zudem haben die Zinssenkungen weiter verheerende Auswirkungen auf den Dollar, der gegenüber sämtlichen internationalen Vergleichswährungen weiter abbaut. Zum Börsenstart an den asiatischen Märkten fiel die US-Währung am Montagmorgen (Sonntagabend Ortszeit Washington) unter 97 Yen und damit auf den tiefsten Stand seit mehr als zwölf Jahren.

Insider auf dem New Yorker Parkett rechnen mit einem Ausverkauf von US-Papieren. Dass sich die Börsen in den letzten Wochen noch einigermaßen stabil hielten, schieben viele nicht etwa einer immer wieder aufkommenden Nachfrage zu als vielmehr nervösen Short-Sellern, die ihre Leerverkäufe schon bei relativ geringen Kursstürzen zur Gewinnmitnahme eindecken. Sind einmal die Leerverkäufer bärisch – was durch die unorthodoxe Sonntags-Sitzung der Fed durchaus beschleunigt werden könnte – dürften an der Wall Street alle Dämme brechen.



Action am Sonntag: JP Morgan kauft Bear Stearns


Rettung für Bear Stearns: Zwei Tage nachdem das Unternehmen nur dank einer Milliarden schweren Finanzspritze sein Übernehmen sichern konnte, übernimmt die Großbank J.P. Morgan Chase das traditionsreiche Brokerhaus. Man zahlt für Bear Stearns etwa 2 Dollar pro Aktie – vor einem Jahr hatte das Papier bei fast 170 Dollar notiert.

Die Aktionäre von Bear Stearns müssen einer Übernahme durch J.P. Morgan Chase noch zustimmen. Allerdings hatte sich bereits vor dem Wochenende abgezeichnet, dass das Brokerhaus, das sich im Zusammenhang mit Subprime-Investitionen massiv verspekuliert hatte und letztlich keine Liquidität mehr hatte, nur durch eine Übernahme gerettet werden könnte.

J.P. Morgan Chase und Bear Stearns hatten schon am Freitag erste Übernahmeverhandlungen geführt; ein Deal wurde am Sonntag verkündet. Damit haben die Unternehmen versucht, noch vor Öffnung der asiatischen Aktienmärkte für Beruhigung im angeschlagenen Brokersektor zu sorgen und massive Kurseinbrüche an den internationalen Handelsplätzen zu verhindern.

Wie notwendig eine Übernahme von Bear Stearns geworden war, zeigte sich am Wochenende, als zu der bestehenden Liquiditätskrise auch noch Probleme mit einem asiatischen Investor aufgetaucht waren. So hatte das chinesische Brokerhaus CITIC erklärt, seinen Einstieg bei dem amerikanischen Traditionshaus mit einem geplanten Volumen von 1 Milliarde Dollar zu überdenken.

Mit einem Übernahmepreis von 2 Dollar pro Aktie gibt J.P. Morgan für Bear Stearns nun 236 Millionen Dollar aus. Die Aktie hatte am Freitag nach einem Kurssturz um 47 Prozent bei 30 Dollar geschlossen; vor einem Jahr hatte das Papier des 14 000 Mitarbeiter starken Unternehmens fast 170 Dollar gekostet, bevor es mit dem Ausbruch der Hypotheken- und Kreditkrise in einen steilen Sinkflug fiel.

Dass Bear Stearns für unglaubliche 2 Dollar pro Aktie verkauft wird, lässt Anleger und Analysten darüber rätseln, wie dramatisch die Probleme für das Brokerhaus wirklich waren. Noch mehr als in den letzten Tagen macht sich die Wall Street in den nächsten Tagen auf Hiobs-Botschaften gefasst: In der laufenden Woche melden unter anderem Goldman Sachs, Morgan Stanley und Lehman Brothers ihre Quartalszahlen.

Abgesehen von den Broker-Zahlen ist die Fed-Sitzung am Dienstag der wichtigste Termin der Woche. Anleger gehen davon aus, dass die Notenbank den Leitzins um 75 bis 100 Basispunkte senken wird. Der Offenmarktausschuss hat dem Markt seit Tagen weiteres Entgegenkommen signalisiert und will um jeden Preis Liquidität sichern. Daher senkte man bereits am Sonntag den Diskontsatz, zu dem Banken Geld leihen, um 25 Basispunkte auf 3,25 Prozent.
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Starlight 19-03-2008 20:23

Der Krieg und die Konjunktur
Mittwoch, 19. März 2008

Seit fünf Jahren führt Amerika Krieg im Irak, und die Meinungen über den Einsatz gehen weit auseinander: Während Bush, Cheney & Co. ihre Streitkräfte auf dem rechten Weg sehen, halten 66 Prozent der Bürger den Krieg für falsch. 71 Prozent halten ihn auch noch für teuer und ökonomisch gefährlich, doch auch das sieht man im Weißen Haus anders.

„Ich denke, dass uns der Krieg wirtschaftlich geholfen hat“, gab Präsident George W. Bush nun zu Protokoll. „Wir kaufen Ausrüstung, und das verschafft den Leuten Arbeitsplätze.“ Und einerseits stimmt es natürlich, dass Großaufträge an Rüstungsfirmen und Zulieferer der Militär-Industrie einige Jobs geschaffen haben. Doch scheinen die hohen Ausgaben für den Irak-Einsatz zumindest zum Teil dafür verantwortlich zu sein, dass die USA in eine Rezession rutschen oder gerutscht sind, die zuletzt im Rekordtempo Jobs abgebaut hat; 85 000 Stellen sind seit Januar 2008 verloren gegangen.

Dass der Krieg an der jüngst so schwachen Entwicklung der US-Konjunktur seinen Anteil hat, steht für Experten außer Zweifel. Der Wirtschafts-Nobelpreisträger und frühere Clinton-Berater, Joseph Stiglitz, und die Harvard-Professorin und frühere Finanzchefin im Handelsministerium, Linda Bilmes, taxieren den Einsatz auf 3 Billionen Dollar – Zinsen für internationale Kredite und Defizite eingerechnet.

In letzteren liegt der springende Punkt: Der Krieg im Irak ist vor allem deshalb ein Desaster für die US-Konjunktur, weil Bush als erster Kriegspräsident in der Geschichte der Vereinigten Staaten während eines laufenden Einsatzes die Steuern gesenkt hat. Bei früheren Kriegen hatte es stets Steueranhebungen gegeben, die wider republikanischer Einschätzung von Volk und Industrie auch stets getragen wurden – galt es doch, einen Krieg zum Nutzen des Landes zu finanzieren.

Stiglitz und Bilmes empfehlen aus wirtschaftlicher Sicht, den Einsatz im Irak so schnell wie möglich abzuwickeln. Während das Weiße Haus ganz anderer Ansicht ist, stimmen die Amerikaner größtenteils zu: Laut aktueller Umfragen finden 61 Prozent der Befragten, dass der nächste Präsident – auf Bush zählt man längst nicht mehr – den Truppenabzug in den ersten Monaten seiner Amtszeit einleiten soll.

Bittere Bilanz des Krieges: Nur 36 Prozent der Amerikaner glauben, dass der Einsatz im Irak für die USA überhaupt notwendig war; zu Beginn des Krieges waren noch 68 Prozent der Befragten dieser Meinung.
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Starlight 20-03-2008 20:12

Woher kommt die Osterfreude?
Donnerstag, 20. März 2008

Auf dem Parkett der Wall Street herrscht am letzten Handelstag der Woche gute Stimmung. Eine Achterbahnwoche scheint trotz gemischter Daten mit deutlichen Gewinnen zu enden. Es scheint als hofften die Anleger, dass am Oster-Wochenende mit dem Herrgott auch die Börse wiederauferstehen könnte.

Dabei sollten die Spekulanten vielleicht noch einmal im Buch der Bücher blättern und sich erinnern, dass der Herr den Händlern gar nicht so wohl gesonnen war. Hatte er sie nicht einst aus dem Tempel verjagt?

Nun, jetzt haben sie ja ihren eigenen Tempel mit der schicken Adresse „11 Wall Street“ – und ihren eigenen Glauben haben sie auch. Ihren Glauben an die Unverwüstlichkeit der amerikanischen Wirtschaft und an eine baldige Erholung der Aktien-Indizes. Dafür lohnt es sich zu beten, denn von alleine dürfte sich die Lage auf absehbare Zeit nicht bessern.

Das beweisen nicht zuletzt die aktuellsten Wirtschaftsdaten. Der Überblick der Führenden Indikatoren fiel schwach aus, die jüngsten Zahlen vom Arbeitsmarkt zeigen, dass kaum neue Jobs entstehen. Und der Philly Fed Index als wichtigster Industrie-Indikator zeigt sich zwar besser als erwartet – aber dennoch deutlich im Minus. Mit einem Zählerstand von minus 17,4 Punkten lässt der Index ganz klar erkennen, dass es in der Branche abwärts geht. Dass die Wall Street mit einem Zählerstand von minus 18 Punkten gerechnet hatte, darf nicht allen Ernstes Grund für eine Rallye sein.

Zumal auch bedeutende amerikanische Konzerne einen trüben Ausblick geben. Der Post- und Paketdienst FedEx, der von privaten Einschreiben bis hin zu Containerfracht alles verschickt, spiegelt mit seiner Bilanz für gewöhnlich recht genau die konjunkturelle Lage im Land wider. Und FedEx leidet aktuell unter einem schwachen Frachtaufkommen und unter hoher Inflation, die sich vor allem in den Spritpreisen niederschlägt. Schwäche und Inflation – das hat die Wall Street doch schon einmal gehört: Seit Wochen gilt Stagflation an der Börse als eines der größten Probleme.

So ist es zumindest eine kleine Erleichterung, dass seit zwei Tagen die Rohstoffpreise fallen und sich zumindest Energie- und Lebensmittelkosten etwas erholen dürften. Das stärkt den Verbraucher, der allerdings noch lange keinen Grund zum Jubeln hat. Immerhin kostet Öl auch nach den jüngsten Kursverlusten noch 100 Dollar pro Fass und damit 60 Prozent mehr als noch vor einem Jahr.

Umso erstaunlicher, dass Anleger vor dem Oster-Wochenende so optimistisch sind. In unsicheren Zeiten werden vor allem im Vorfeld eines langen Wochenendes gerne Gewinne mitgenommen, weil die Zuversicht in den Markt fehlt. Doch die scheint der Osterhase nun gebracht zu haben; die Börse feiert – Frohe Ostern!
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Starlight 26-03-2008 19:00

Wer profitiert von teurem Sprit?
Montag, 24. März 2008

Der Ölpreis mag in den letzten Tagen ein wenig nachgegeben und Inflationssorgen unter Anlegern verdrängt haben. Dumm nur: Der amerikanische Autofahrer hat davon nichts mitbekommen; der Benzinpreis an US-Zapfsäulen ist am Wochenende erneut auf ein historisches Hoch geklettert. Eine Gallone Sprit kostet im Durchschnitt 3,26 Dollar.

Hohe Spritpreise werden an der Wall Street aus zwei Richtungen bewertet: Einerseits sind sie ein gefährlicher Inflationsfaktor. Denn nicht nur der Autofahrer zahlt mehr, der ins Büro oder die Kinder zur Schule fährt. Auch der Gütertransport wird teurer, weshalb sich hohe Benzinpreise recht schnell auf andere Bereiche – von Lebensmitteln zu Urlaubsreisen – ausweiten.

Andererseits gibt es auch Krisenprofiteure: die Öl-Multis. Deren Kurse ziehen normalerweise an, da mit hohen Spritpreisen auch die Unternehmensgewinne steigen. Da der Ölsektor samt seinen Zulieferern einen beträchtlichen Anteil des marktbreiten S&P-500-Index ausmacht, kann das der Börsenstimmung durchaus gut tun. Allein, zur Zeit funktioniert das nicht. Trotz Preisen auf Rekordniveau machen Exxon & Co. längst nicht mehr die Kohle, die man noch vor zwei Jahren scheffelte.

Der Grund: Die Raffinierien können die dramatischen Preisanstiege von Rohöl nicht komplett an den Kunden weitergeben. Bei diesen Unternehmen – dazu gehören die Dow-notierte Branchenriese Exxon Mobil und Chevron sowie ConocoPhilips, Sunoco oder Valero – bleiben vom aktuellen Spritpreis gerade einmal 27 Cent pro Gallone hängen.

Zu vernachlässigen ist der Umsatzanteil, der direkt vor Ort an der Tankstelle bleibt. Nach Ausgaben für Pacht und anfallenden Löhnen bleiben Tankstellenbesitzern von all den Rekordsummen höchstens ein paar Cent, weshalb Tankstellen ohne angeschlossenen Magazin- oder Lebensmittelhandel kaum überleben können.

Weitere 35 Cent pro Gallone Sprit gehen für den Transport drauf, angefangen von vielen Kilometern Pipeline über die Kosten auf Schiff und Tanklaster. Weitere 42 Cent pro Gallone fallen an Steuern an und finanzieren in den USA einen großen Teil der Infrastruktur.

Den größten Teil der Spritkosten macht damit das Rohöl aus: Ganze 2,20 Dollar pro Gallone, also satte zwei Drittel, gehen an die Produzenten. Dazu gehören Chevron und BP, kleinere Konzerne wie Anadarko und Marathon, vor allem aber staatliche Betriebe in Saudi-Arabien, Venezuela und Mexiko. Diese sind die einzigen, denen der hohe Ölpreis wirklich zugute kommt; viele andere sehen sich der Wut der Autofahrer zu unrecht ausgesetzt, darunter auch die Öl-Trader an der New Yorker Rohstoffbörse Nymex. Die profitieren nämlich nicht von höheren Preisen, sondern allein von der Volatilität des Marktes. Ob der Ölpreis von 90 auf 100 Dollar steigt, oder von 100 auf 90 Dollar fällt, macht für den Trader keinen Unterschied – vorausgesetzt er hat den Trend erkannt und sich entsprechend positioniert.
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Starlight 26-03-2008 19:01

Die Steuer-, Steak- und Schmuck-Krise
Mittwoch, 26. März 2008

Über New York scheint die Sonne, die Wolkenkratzer recken sich in den Frühlingshimmel und die Freiheitsstatue hält ihre Fackel über den Hafen – doch vom ewigen Optimismus der Metropole ist in diesen Tagen wenig zu spüren. Die jüngsten Querelen an der Wall Street sorgen für Unruhe.

Monate lang schipperte New York recht ruhig durch die konjunkturelle Krise in den USA. Um die Immobilienpreise, die im ganzen Land steil fallen, sorgte man sich in Manhattan nicht, schließlich sorgt die Insel-Lage der Stadt für ein begrenztes Angebot an Wohnraum und damit eigentlich für kontinuierlich hohe Preise. Doch die jüngsten Milliardenverluste der Banken, von denen nun einmal die meisten ihren Sitz in New York haben, haben Unsicherheit in die Straßen gebracht.

Denn die Wall Street steht hinter geschätzten 600 000 Jobs, von denen im Zusammenhang mit den schlechten Bilanzen der Arbeitgeber viele auf der Kippe stehen. Die Großbank Citigroup fährt zur Zeit das Personal um 10 Prozent zurück, Lehman Brothers entlässt 1400 Angestellte, und auch bei Goldman Sachs stehen Entlassungen an. Die Übernahme der Investmentbank Bear Stearns durch J.P. Morgan dürfte tausende von Jobs kosten; düstere Szenarien sehen bald den größten Teil der 14 000 Angestellten auf der Straße.

Mit den (hochbezahlten) Jobs gehen New York massiv Steuereinnahmen verloren. Zuletzt stand die Wall Street hinter 35 Prozent der Löhne und Gehälter in der Metropole. Dazu kommen die Abgaben der Unternehmen. Für jede Milliarde Gewinn fließen 70 Millionen Dollar in die Kasse der Stadt. Laut aktueller Prognosen dürften die Gewinne der Banken in 2007 auf die Hälfte zurückgegangen sein und bei etwa 3,3 Milliarden Dollar gelegen haben.

Die Probleme der Wall Street bleiben indes nicht im Finanzsektor, sondern ziehen weite Kreise. Denn das Geld der Banker versauert schließlich nicht auf deren Konten. Es fließt in hochpreisige Restaurants, in die Juwelier- und Schmuckläden, in Theater, Opernhäuser und Museen… alle diese Einrichtungen bilanzieren zur Zeit heftige Umsatzeinbrüche. In einigen Steakhäusern in Manhattan sind die Umsätze um bis zu 20 Prozent zurückgegangen.

Noch dramatischer sinkt die Nachfrage nach teuren Wohnungen. Immobilienmakler berichten von Kunden, die von geplanten Millionen-Deals in den Nobelvierteln an der Upper East Side oder in Tribeca plötzlich die Finger lassen, weil sie sich auf ihre künftigen Boni nicht mehr verlassen können.

Diese unerwartete Zurückhaltung der New Yorker Banker löst einen Domino-Effekt aus: Mit der niedrigen Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen werden weitere Arbeitsplätze gefährdet – und damit die Löhne, Gehälter und letzten Endes die Hypotheken zigtausender New Yorker, die von der eigentlichen Zockerei an der Wall Street mindestens ebenso weit entfernt sind wie die Durchschnitts-Amis in Arkansas und Montana.
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Starlight 31-03-2008 17:42

US-Investoren setzen auf Auslands-Fonds
Freitag, 28. März 2008

Eine Woche nach dem großen „Run on the Banks“ hat sich die Wall Street recht gut geschlagen; doch die Panik an der Wall Street ist noch lange nicht ausgestanden. Im Gegenteil: Investoren ziehen immer mehr Geld aus amerikanischen Anlagen und kaufen Aktien und Fonds im Ausland.

Die wöchentlichen Zahlen der Agentur TrimTabs über die Kapitalzuflüsse am amerikanischen Markt gehören zu den wichtigsten Datensätzen für Insider an der Wall Street. Seit einigen Wochen zeigen sie allerdings einen bedenklichen Trend: Immer mehr Kapital, das an der Wall Street eingesetzt wird, setzt gar nicht auf die US-Wirtschaft. Von den 7,43 Milliarden Dollar, die in der vergangenen Woche investiert wurden, gingen etwa 4,4 Milliarden Dollar – also satte 60 Prozent – an Börsen-notierte Fonds, die auf internationale Aktien setzen.

Derer gibt es immer mehr. Ab kommender Woche handeln allein an der NYSE Euronext drei neue Auslands-Fonds, deren Investment nach Israel, Thailand und die Türkei geht. Auch Währungsfond finden regen Zulauf; ein neues Investmentvehikel auf den chinesischen Rimimbi feierte erst vor zwei Wochen seinen Einstand auf dem New Yorker Parkett.

Auch an den anderen amerikanischen Börsen sind die Trends spürbar. Die britische Barclay´s hat eben bekannt gegeben, an der Nasdaq zwei neue Auslandsfonds zu listen, die zur Produktgruppe der iShares gehören.

Zwischen den Spekulationen um Rezession und Stagflation, den verheerenden Preisstürzen auf dem Immobilienmarkt, den hohen Rohstoffpreisen und den jüngsten Bankenpleiten haben Spekulanten offensichtlich weniger Vertrauen in die amerikanischen Märkte als je zuvor.

Die Politik hat das mitbekommen. Nicht nur die demokratischen Präsidentschaftskandidaten Barack Obama und Hillary Clinton, sondern seit neuestem auch der Republikanische Kontrahent John McCain sprechen sich deutlich für eine verstärkte Regulierung der Märkte aus. Vor allem für McCain ist das neu; die Republikaner hatten bis zuletzt gelobt, sich aus dem freien Markt herauszuhalten.

Interessant ist die aktuelle Debatte über die Kapitalflüsse auf dem Parkett. Während sich die Bären bestätigt und den Markt in einer schten Krise sehen, freuen sich die Bullen – nicht ganz zu Unrecht – auf ein umso steileres Comeback der Wall Street, wenn die US-Konjunktur ihren Boden erst einmal erreicht hat und das Vertrauen der amerikanischen und der internationalen Anleger in die US-Märkte wieder kommt. Dann steht nämlich jede Menge Kapital bereit, mit dem sich ein historischer Bullenmarkt gestalten ließe.

Doch der wird erst kommen, wenn die Bodenbildung stattgefunden hat und bewiesen ist. Angesichts der jüngsten Ereignisse in und um New York ist man davon noch eine Weile entfernt.
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Starlight 02-04-2008 06:42

Mit Farbe gegen den Konsum-Blues


Die amerikanischen Verbraucher stecken tief im Rezessions-Blues. Am Konjunkturhimmel hängen dunkelgraue Wolken, Finanzexperten blicken düster und haben nach schlaflosen Nächten schwarze Augenringe. Einige US-Konzerne kämpfen jetzt gegen die Tristesse an: Sie wollen mit bunten Farben den Konsum wieder ankurbeln.

„In schlechten Zeiten brauchen die Verbraucher Aufmunterung“, erklärt der Trendforscher Gerald Celente. „Daher war der Swing ja während der Großen Depression so erfolgreich.“

Diese Logik scheint Herstellern in allen Branchen einzuleuchten. Der Handtaschen-Riese Coach führt seine Kollektion für Sommer 2008 mit Modellen in grün und lila an. Der Elektronik-Hersteller LG hat Waschmaschinen und Trockner in „Emerald Green“ und „Bahama Blue“ im Angebot und bringt mit einem schicken hellblau erstmals Farbe sogar in den Innenraum seiner Backöfen.

Die Automobil-Konzerne stehen nicht zurück: General Motors hat für 2008 eine Chevrolet Corvette in „Metallic Blue“ im Angebot, und 2009 rollt der schnittige Pontiac Solstice in strahlendem Gelb in die Autohäuser. Erste Erfolge mit bunten Wagen hat der Konzern bereits verbucht. In der H3-Reihe des Riesen-SUV Hummer verkauft sich die Ausführung in kräftigen Orange am besten; der neue Ton macht bereits 8 Prozent am Gesamtumsatz aus.

„Die Unternehmen haben erkannt, dass sie in schweren Zeiten besondere Kaufreize geben müssen“, meint der Einzelhandels-Analyst Marshal Cohen vom Brancheninstitut NPD Group. Dabei gibt es keine Garantie dafür, dass sich die Farbtherapie auszahlt. Im Gegenteil: Branchendaten von 1990 und 1991 belegen, dass der Einzelhandel während der letzten großen Rezession trotz ähnlicher Farb-Attacken nur ein Umsatzplus von 0,5 Prozent pro Jahr verbuchen konnte.

Ein Gutes hat das offene Bekenntnis der Unternehmen zu Farbe aber: Die Ware wird besser als sonst wahrgenommen, sind sich Insider sicher. Langfristig profitiert davon die Marke.
© Inside Wall Street

Starlight 02-04-2008 19:57

Zu wenig Essen an der Tafel
Mittwoch, 2. April 2008

Die Arbeitslosigkeit steigt, die Einkommen der Amerikaner stagnieren, hohe Inflation bei Energie und Lebensmitteln frisst einen immer größeren Teil der Löhne und Gehälter auf… all diese Trends haben jetzt zu einem neuen Rekord geführt: 28 Millionen Amerikaner beziehen zur Zeit Lebensmittelmarken – so viele wie nie zuvor.

Dabei sind die Bedingungen, zu denen Amerikaner staatliche Unterstützung über Lebensmittelmarken bekommen, so eng gefasst wie eh und je. Nur wer höchstens 30 Prozent über der Armutsgrenze liegt – das heißt, wer etwa mit einem Jahreseinkommen von 27 500 Dollar eine vierköpfige Familie unterhält – bekommt Marken. Doch das sind zur Zeit mehr als 9 Prozent der Amerikaner.

Aktuelle Statistiken zeigen, dass die Zahl der Bedürftigen in den USA im vergangenen Jahr so steil zugelegt hat wie nie zuvor. Allein im Bundesstaat Rhode Island ist die Zahl der Empfänger von Lebensmittelmarken seit 2006 um 18 Prozent gestiegen, auch in den Bundesstaaten Arizona, Florida, Nevada und North Dakota werden Zuwächse im zweistelligen Prozentbereich gemessen.

Seit Jahren hoch ist hingegen die Zahl der Betroffenen in den Industriestaaten im Mittleren Westen. In Michigan, wo der Untergang der Automobil-Industrie hunderttausende von Arbeitsplätzen vernichtet hat, bezieht jeder achte Einwohner Lebensmittelmarken. Ähnlich sieht es in den Nachbarstaaten Ohio und Illinois aus.

„Wir sind hier an ein hohes Maß an Armut gewöhnt“, berichtet Maureen Sorbet vom Sozialministerium des Staates Michigan. So schlimm wie zur Zeit sei es aber noch nie gewesen. US-weit, so kommentieren Experten, habe man sogar die bisherigen Rekordstände von 2005 geschlagen. Damals hatte der Hurrikan Katrina vor allem im Süden für einen dramatischen Anstieg der Armut gesorgt und die Zahl der Bedürftigen in die Höhe schnellen lassen.

Einen Teil der jüngsten Zuwächse schreiben Experten wohlgemerkt nicht der steigenden Armut in den USA zu, sondern einer Umstellung des Systems in weiten Teilen des Landes. Seit in vielen Staaten nicht mehr klassische Marken aus Papier, sondern spezielle Scheckkarten ausgegeben werden, hätte die Akzeptanz der staatlichen Hilfe dramatisch zugenommen. Mit den Marken sei ein Stigma verschwunden, dass viele an der Supermarkt-Kasse nicht offenbaren wollten.

Doch die Modernisierung des Systems erklärt nicht die rasant steigenden Zahlen der sozial Bedürftigen. Michael Hayes, Sprecher einer großen Bedürftigen-Organisation in New York, schiebt die jüngste Entwicklung ganz klar auf die wirtschaftlichen Umstände. Die allein hätten dazu geführt, dass in New York zuletzt 1,86 Millionen Bürger – also etwa jeder Zehnte – Marken erhalten hätte.

Unterdessen spitzt sich die Lage auch unterhalb der Marken-Schicht zu. Die ärmsten Amerikaner, die in Tafel-Läden Zugang zu verbilligter oder kostenloser Nahrung haben, finden dort nicht mehr ausreichend Ware. Die Spenden seien dramatisch eingebrochen, berichtet Lynn Brantley von der „Food Bank“ in Washington. Hilfe kommt von großen Einzelhandelsketten wie Wal-Mart, die essbare aber unverkäufliche Ware liefern. Keine stolze Bilanz für die letzte verbliebene Weltmacht.
© Inside Wall Street

Starlight 04-04-2008 19:09

Ein Blick hinter die Job-Statistik


Die zweite Wochenhälfte wird an der Wall Street von einem Thema dominiert: dem Arbeitsmarkt. Drei Tage, drei Datensätze – und alle dürften wohl eines gemeinsam haben: Sie dürften weitere Anzeichen dafür liefern, dass die USA mitten in einer Rezession sind. Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so scheint.

Der wöchentliche Blick auf die Erstanträge auf Arbeitslosenuntertstützung ist dabei noch die Zahl, über die sich der Markt am ehesten hinwegsetzen kann. Der hoch volatile Indikator ist am heutigen Donnerstag deutlich schlechter ausgefallen als erwartet, er geht aber zwischen zwei viel wichtigeren Statistiken unter:

Der so bekannte wie umstrittene Frühindikator, den die Agentur ADP jeweils zwei Tage vor dem offiziellen Arbeitsmarktbericht veröffentlicht, sprach am Mittwoch von 8000 neu geschaffenen Stellen im März. Der Index liegt häufig daneben, meist aber positiver als die tatsächlichen Zahlen. Auch aktuell klingt er optimistischer als die bisherige Schätzung für den Bericht aus Washington: Die werden diesmal – zum Wochenschluss am Freitag – tief rot erwartet.

Der Markt hat sich auf einen Verlust von 40 000 Jobs eingestellt; seit Jahresbeginn sind bereits 85 000 Stellen verloren gegangen. Allein um dem Bevölkerungswachstum gerecht zu werden, hätte die US-Konjunktur im selben Zeitraum eigentlich zwischen 300 000 und 500 000 neue Stellen schaffen sollen.

Als wäre das nicht schlimm genug, weisen Experten auf einige Faktoren hin, die im offiziellen Arbeitsmarktbericht – und in den Frühindikatoren – nicht enthalten sind. So lasse einerseits die Arbeitslosenquote, die bei moderaten 5,0 Prozent liegen soll, diejenigen außer Acht, die sich angesichts der Krise und frustriert von monatelanger, erfolgloser Job-Suche gar nicht mehr um eine neue Stelle bemühen.

Andererseits übersieht der Bericht aus Washington diejenigen, die von einer vollen Stelle auf Teilzeit umstellen mussten. Das kam im Februar US-weit eine halbe Million mal häufiger vor als noch vor einem Jahr. Das entspricht einem Zuwachs von 21 Prozent. Auch selbständige Amerikaner, die etwa als Handwerker keine Aufträge mehr bekommen, tauchen in der Statistik nicht auf.

Gleichzeitig steigt dramatisch die Zahl der Arbeitnehmer, die mehrere Teilzeit-Stellen halten. Die Zahl der saisonal angeheuerten Arbeitskräfte geht hingegen zurück. „All das sind für mich klare Zeichen einer Rezession“, urteilt David Wyss, der Chef-Volkswirt von Standard & Poor’s.

Auch in Washington gibt man sich unterdessen nicht mehr der 5-Prozent-Illusion hin. Diese Zahl steht zwar offiziell für die Abeitslosigkeit in Amerika, doch gibt es interne Studien im Arbeitsministerium, die all die wichtigen Faktoren mit einbeziehen, die von der sogenannten „Headline“-Zahl verschwiegen werden. Keith Hall vom amerikanischen Bundesamt für Arbeitsmarktstatistiken sieht die wahre Arbeitslosigkeit entsprechend bei 8,9 Prozent – deutlich höher als die 8,1 Prozent, die vor einem Jahr gemessen wurden.
© Inside Wall Street

Starlight 04-04-2008 19:09

Wal-Mart’s Ärger mit einer Behinderten
Freitag, 4. April 2008

Kein US-Konzern ist so umstritten wie Wal-Mart. Gegen den weltgrößten Einzelhändler gibt es Bürgerinitiativen, Webseiten, ungezählte Verfahren, Boykottaufrufe… selbst die Öl-Multis kommen da vergleichsweise glimpflich weg. Jetzt hat Wal-Mart mit einer Klage gegen eine behinderte Frau wieder einmal für Schlagzeilen gesorgt.

Hintergrund der dramatischen Geschichte ist die Krankenversicherung, die Wal-Mart seinen Mitarbeitern anbietet. In diese trat vor acht Jahren auch Debbie Shank ein, die für den Einzelhändler Regale auffüllte.

Wenig später geriet Shank in einen Verkehrsunfall, als ein Laster ihren Minivan rammte und bis zur Unkenntlichkeit zerquetschte. Die damals 44-Jährige wurde schwer verletzt, verlor ihr Kurzzeitgedächtnis, landere im Rollstuhl und ist heute in einem Pflegeheim auf Betreuung rund um die Uhr angewiesen. Aus der Krankenversicherung von Wal-Mart bekam Debbie Shank 470 000 Dollar.

Wenig später gewann Shank ein Verfahren gegen die Spedition, deren Lastwagen den Unfall verschuldet hatte. Von einem Schmerzensgeld von 1 Million Dollar blieben der schwerkranken Frau nach Abzug der Gerichts- und Anwaltskosten 417 000 Dollar – und diese zogen eine Klage von Wal-Mart nach sich. Der Einzelhänder wollte seine 470 000 Dollar wiederhaben und berief sich auf einen Passus im Kleingedruckten, nachdem man Leistungen zurückforden könne, wenn dem Begünstigten von einem Gericht Schmerzensgelder zugesprochen würden.

Ein Gericht bestätigte Wal-Mart’s Position, und die Shanks hatten ein Problem: Von den 417 000 Dollar waren wegen hoher Pflegekosten nur noch 275 000 Dollar übrig. Die Behandlungen von Debbie Shank verschlangen so viel Geld, dass ihr Ehemann die Scheidung einreichte, um ihr als alleinstehender Frau höhere Sozialbezüge zu ermöglichen. Von all diesen Sorgen der Familie war Wal-Mart ebenso wenig gerührt wie von einem weiteren Schicksalsschlag:

Während der Prozess gegen Wal-Mart lief, fiel einer der Shank-Söhne im Einsatz im Irak. Debbie Shank kann diese Tragödie bis heute nicht einordnen. Sie erkundigt sich, so zitieren US-Medien Familienangehörige, immer wieder nach ihrem Sohn, um dann jeweils wie zum ersten Mal von dessen Tod zu hören.

Den Amerikanern im allgemeinen ging die Geschichte der Shanks wohl mehr zu Herzen als dem Management von Wal-Mart. Die Geschichte hielt sich tagelang in den Schlagzeilen, bis der Milliarden-schwere Konzern nun einlenkte. Man hat die Klage gegen die Shanks zurückgezogen und lässt der behinderten Frau ihr Geld, so dass die Pflegekosten weiter getragen werden können. Um in Zukunft ähnliches Theater zu vermeiden, will die Krankenversicherung einen Passus einführen, nach dem künftig von Fall zu Fall entschieden und Patienten entgegengekommen werden kann.

Allzu viel Herz steckt in dieser Entscheidung wohlgemerkt nicht. Vielmehr hat man wohl gemerkt, dass der Image-Schaden für den umstrittenen Konzern deutlich höher sein dürfte als die 275 000 Dollar, die man Debbie Shank abnehmen wollte.
© Inside Wall Street

Starlight 07-04-2008 06:54

Neue Schockstatistik aus den USA


Die Serie der US-Horrorstatistiken setzt sich fort. Im März ist die Arbeitslosenquote überraschend deutlich gestiegen. Das Arbeitsministerium verzeichnete den stärksten Stellenrückgang seit fünf Jahren. Die Reaktion der Märkte ist erstaunlich.
Die Zahl ging nach Angaben des Arbeitsministeriums außerhalb der Landwirtschaft um 80.000 zum Vormonat zurück. Von Thomson Financial News befragte Volkswirte hatten hingegen nur mit einem Minus von 55.000 gerechnet. Damit kletterte die Arbeitslosenquote von 4,8 Prozent im Vormonat auf 5,1 Prozent. Experten hatten im Schnitt hatten nur einen leichten Anstieg der Quote auf 5,0 Prozent erwartet. Auch die Februar-Zahl musste von minus 63.000 auf minus 76.000 nach unten revidiert werden.

Rezession – na und!?
"Das passt zu anderen Konjunkturdaten, die anzeigen, dass sich die USA vermutlich schon in einer Rezession befinden" sagte Carsten Klude, Chefvolkswirt bei MM Warburg. Das konnte die deutschen Anleger überraschenderweise nicht richtig lange schocken: Nach den enttäuschenden US-Arbeitsmarktdaten büßte der Dax zwar zunächst 60 Zähler ein und rutschte gar in die Verlustzone, fing sich dann aber plötzlich und notierte knapp eine halbe Stunde nach Veröffentlichung der Daten bereits wieder rund 0,3 Prozent im Plus. Auch die US-Futures notieren kurz vor Handelsbeginn rund 0,2 bis 0,3 Prozent im Plus.

Der Euro und der Rentenmarkt konnten von den schwachen Konjunkturzahlen profitieren: Der Bund-Future baute seine Gewinne aus, und in den USA sanken am Rentenmarkt die Renditen in allen Laufzeiten. Der Euro stieg um einen halben Cent auf 1,5750 Dollar.

Zinssenkungsfantasien neu entfacht
"Die US-Unternehmen bauen Beschäftigung ab. Damit ist die Wirtschaftsschwäche am Arbeitsmarkt angekommen. Das ist ein Belastungsfaktor für den Konsum und sollte eine Basis für weitere Zinssenkungen bilden", sagte Rainer Sartoris von HSBC Trinkaus. Auch die Helaba rechnet nun mit weiteren Zinssenkungsfantasien. Derzeit sei in den Geldmarktfutures eingearbeitet, dass die Fed noch einmal die Leitzinsen um 0,25 Prozentpunkte auf 2,00 Prozent senken werde, heißt es in einer am Freitag veröffentlichten Analyse.

Bereits am Mittwoch hatten neue US-Arbeitsmarktdaten den Eindruck verstärkt, dass die USA sich am Rande einer Rezession befinden. Die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe war in der abgelaufenen Woche überraschend auf den höchsten Stand seit September 2005 gestiegen.


ARD online

Starlight 08-04-2008 18:21

Unterwegs im Krisen-Shuttle
Dienstag, 8. April 2008

Der Montagmorgen-Flug von New Yorks LaGuardia nach Detroit hat unter den Passagieren einen eigenen Namen: der Krisen-Shuttle. Doch keine Panik: Das Flugzeug ist nicht etwa absturzgefährdet. Doch es befördert Woche für Woche Spitzenbanker nach Midwest, wo sie die kaputte Auto-Industrie retten sollen.

Die Krise in Detroit, wo einst das Herz der amerikanischen Automobil-Industrie schlug und Millionen von Jobs eine stabile Mittelklasse unterhielten, ist so schwerwiegend wie nie zuvor. Nicht nur die großen Konzerne sind in Schwierigkeiten, sondern vor allem zahlreiche Zulieferer. Viele von ihnen haben Finanzberater angeheuert, um eine Zukunft zu finden: durch Übernahmen, durch Investitionen, durch was immer den Bankern einfällt.

Leider fiel den Bankern vor Ort zu lange nichts ein, weshalb die Finanzhäuser mittlerweile die Schwergewichte aus New York einfliegen. Der Bilanzprüfer Grant Thornton, der im Auftrag von Ford mit den Zulieferern verhandelt, schickt Woche für Woche ein dreiköpfiges Team nach Detroit. Die Top-Banker werden mittlerweile am Flugsteig erkannt – und haben feste Rituale, wie das Wirtschaftsmagazin Fortune berichtet.

Wichtigste Regel an Bord: Es wird nicht gearbeitet. Die Laptops in der Ersten Klasse bleiben zu. Das ist bei Geschäftsreisenden ungewöhnlich, hat aber inmitten der Automobilkrise einen guten Grund: „Du weißt nie, wer hinter dir sitzt“, meint Ben Gonzales von Grant Thornton. „Es könnte ein Konkurrent sein.“

Manche Konkurrenten seien einfach zu erkennen, so Gonzales. Meist säßen sie „in Dreiergruppen zusammen. Da hast du den alten Ex-CEO, einen mittelalten Banker und einen jungen Mann, der die ganze Arbeit tun muss.“ Doch weil sich nicht alle Gegner an diese Besetzung halten, bleiben die Laptops eben zu und der Blackberry ausgeschaltet.

Das gleiche gilt für abends an der Hotelbar: Die meisten Passagiere des Krisen-Shuttle logieren im Westin-Hotel in Southfield, einem Vorort der kaputten Metropole. Das passt, denn das Westin ist das hoffnungsvollste Zeichen für die Zukunft der Region. Die Private-Equity-Gruppe Blackstone hat es vor zwei Jahren übernommen und renoviert. Man baut auf eine Trendwende in Detroit und darauf, bald wieder mit Geschäftsleuten aus der Auto- und Zuliefererindustrie ausgebucht zu sein.
© Inside Wall Street

OMI 15-04-2008 14:34

15.04.08 13:31
S&P sieht AAA-Rating der USA bedroht

Die Ratingagentur Standard& Poor's (S&P) hat die USA vor möglichen Risiken durch ihre Förderinstitute Fannie Mae und Freddie Mac gewarnt. Die Hilfsmaßnahmen der US-Regierung für den Immobilienmarkt würden für das Top-Rating des Landes eine größere potenzielle Bedrohung darstellen als die Rettung von Investmentbanken.

...

http://www.ftd.de/finanzen/maerkte/:...ht/343317.html

Starlight 15-04-2008 18:02

Der neue Goldrausch
Freitag, 11. April 2008

Zwischen Inflation und Rezession ist es ganz schön schwierig geworden, an der Wall Street Geld zu verdienen. Abenteuerlustige Amerikaner verabschieden sich deshalb aus dem Markt und suchen ihr Glück anderswo. Sie finden es in Kalifornien und Texas, wo der steigende Goldpreis einen neuen Goldrausch ausgelöst hat.

Die jüngsten Korrekturen am Rohstoffmarkt können nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich der Goldpreis seit dem Jahr 2000 fast vervierfacht hat. Bei 1000 Dollar notierte die Feinunze jüngst, und Dan Ware war einer der ersten, die den neuen Trend spürten: In seinem kleinen Laden für Goldgräberbedarf in Apache Junction im Bundesstaat Arizona herrschte immer mehr Andrang. Die Mitgliedschaft seiner „Superstition Mountain Treasure Hunters“ ist von 70 auf 400 gestiegen – alle suchen am Schicksalsberg nach dem glänzenden Edelmetall.

Doch nicht nur lokale Clubs wachsen rasch. Die US-weite „Gold Prospectors Association of America“ hat ihre Mitgliedschaft um 40 Prozent gesteigert, und die Zahl der kommerziellen Grab- und Schöpf-Lizenzen ist im aktuellen Quartal auf 2274 geradezu explodiert. Im letzten Quartal 2005 waren es gerade einmal 130 Lizenzen, die beantragt und vergeben wurden.

Die Regeln für Goldsucher sind einfach: Am Superstition Mountain etwa zahlt man 75 Dollar und anerkennt per Unterschrift die Warnung vor Klapperschlangen und ähnlichem Getier, das am Berg haust. Dann geht es mit Schürfsieb und Wanne in den Fluss, wo sich zwischen Tonnen von Sand die Nuggets in allen Größen verstecken. Manche Körnchen sind nur ein paar Dollar wert, manche ein paar tausend.

Wieviel Gold in den Bergen im amerikanischen Westen steckt, ist schwer zu sagen. Experten glauben allerdings, dass der erste Goldrausch nur ein Zehntel der Reserven ans Licht gebracht hat – und das waren immerhin 12 Millionen Feinunzen, die heute einen Gesamtwert von fast 12 Milliarden Dollar hätten.

Das ganz große Geld zu machen, glauben aber die wenigsten Goldsucher in diesem neuen Rausch. „Den meisten geht es vor allem um das Abenteuer am Berg“, meint Steve Robertson, der in Mesa, Arizona, einen Laden betreibt. Er ist sich sicher: „Es geht auch um Spaß. Goldsuchen ist viel billiger als Golfspielen.“

Er rät Goldsuchern entsprechend, ihren Job nicht aufzugeben und die Jagd nach den Edelmetall nicht als Einnahmequelle zu verstehen.
© Inside Wall Street

Starlight 15-04-2008 18:02

Gutes Geld mit dem Wackel-Papst
Dienstag, 15. April 2008

Alle vier Evangelien berichten darüber, wie Jesus einst die Händler aus dem Tempel vertrieb. Auch Papst Benedikt XVI ist für seine kommerz-kritische Haltung bekannt und wettert regelmäßig gegen das Geschäft mit Weihnachten. Was er wohl zu dem Millionengeschäft sagen würde, das sein Besuch in den USA auslöst?

Das Merchandise-Geschäft mit Benedikt XVI kann es mit den größten Rockgruppen aufnehmen. Für die New Yorker und Washingtoner Erzdiözesen, die der Papst in den nächsten Tagen besuchen wird, ist es jedenfalls längst nicht mehr zu organisieren, und deshalb hat man einen erfahrenen Partner in den Souvenir-Handel miteinbezogen:

Das mittelständische Unternehmen „Catholic to the Max“ aus Ohio, das normalerweise christliche Artikel an Bibel-Läden liefert, betreibt etwa die offizielle Website www.popevisit2008.com, auf der sich Fans mit T-Shirts, Mützen und Autoaufklebern eindecken können. Vom päpstichen Wappen bis zum simplen Slogan „I love the Pope“… alles kann auf die Stoßstange geklebt werden.

Es gibt Kruzifixe und Kaffeetassen, Papst-Postkarten und Kühlschrankmagneten mit dem Bildnis des Pontifex. Es gibt Schlüsselanhänger und gerahmte Protraits… alles einigermaßen geschmackvoll und für einen guten Zweck. Denn der Erlös aus dem Verkauf der Souvenirs hilft der Kirche, die etwa 3 Millionen Dollar teure „Apostolic Journey to the USA“ zu finanzieren.

Doch während sich die Erzdiözesen bei der Vermarktung des Papstes maßvoll geben, scheinen die zahlreichen Kitschhändler in den Straßen von Washington und New York keine Geschmacksgrenzen zu kennen. Bei ihnen gibt es Papp-Päpste in Lebensgröße, Teddybären im Papst-Pulli und sogar einen Wackelpapst. Der hat bereits in einem Werbespot für den Nahverkehr in der US-Hauptstadt für Aufsehen gesorgt – und für eine Rüge aus dem Vatikan, wo man den freundlich wackelnden Popen zwar nicht für eine Gotteslästerung, aber zumindest für respektlos hielt.

Doch guter Geschmack war noch nie ein Kriterium für gute Geschäfte: Bereits in den Tagen vor dem Papst-Besuch verzeichneten Händler in Geschäften und an Straßenständen dramatische Umsatzzuwächse. Wenn Benedikt XVI ab Dienstagabend persönlich anwesend ist und Gläubige und Touristen aus dem ganzen Land anzieht, dann dürfte es in den Kassen kräftig klingeln.
© Inside Wall Street

Starlight 17-04-2008 17:40

Zwischen Religion und Rendite
Donnerstag, 17. April 2008

Amerika ist im Papst-Fieber. Seit Benedikt XVI am Dienstagabend auf der Andres Air Force Base bei Washington, D.C. gelandet ist, grüßt er von den Titelseiten aller Zeitungen. Katholiken und einfache Fans reißen sich um Karten für zwei Stadion-Messen, und sogar an der Wall Street ist der Pontifex ein Thema.

An der NYSE wird Benedikt XVI wohlgemerkt nicht erwartet. Zwar würde man ihn sicherlich gerne zu Handelsbeginn die Glocke läuten lassen, doch dürfte sich der Papst auf solche Spielchen nicht einlassen. Die Katholische Kirche mag zwar (finanziell) ein modern geführter Konzern sein, doch öffentlich hält man sich von Wucher und Zocken besser fern.

Zweimal jedoch wird der Papst auf seinem USA-Trip der wichtigsten Börse der Welt ganz nah sein: Am Freitagmorgen wird er nach seiner Ankunft auf dem Flughafen John F. Kennedy per Hubschrauber an den Wall-Street-Heliport gebracht; am Sonntag fliegt er von selbigem via JFK wieder zurück nach Rom. Aus zahlreichen Bank-Towern ist der Landeplatz am East River gut zu sehen, viele Banker werden dem Papst wohl vom Fenster aus zuwinken.

Danach werden sie sich wieder ihren Investments widmen, und das kann sehr wohl im Sinne der Kirche sein. Im Umfeld der Wall Street handeln einige Fonds mit religiösem Hinergrund – und zwar sehr erfolgreich. In etwa 50 religiösen Fonds liegen zur Zeit 17 Milliarden Dollar, vor zehn Jahren waren es gerade einmal 500 Millionen Dollar in einem Nischenmarkt. Der investiert in moralisch unbedenkliche Aktien. Das schließt einige Top-Performer aus, kann sich aber lohnen: Im Durchschnitt haben die Reli-Fonds mit einer jährlichen Rendite von 10,5 Prozent in den letzten fünf Jahren besser abgeschnitten als der breite Markt.

Zu den erfolgreichsten Fonds gehört der Amana Income Fund, der von Saturna Capital gemanagt wird und sich an islamische Regeln hält. Die Durchschnittsrendite von 18,9 Prozent kann sich sehen lassen. In jüngster Vergangenheit steht man sogar etwas besser da, weil man sich etwa aus dem kriselnden Finanzsektor fernhält. Die Sharia verbietet Wucher, weshalb Banken und Brokerhäuser im Portfolio von Amana nicht vorkommen. Auch Unternehmen, die mit Alkohol, Tabak und Schweinefleisch handeln, sind für Fond-Manager Nicholas Kaiser uninteressant – obwohl der selbst kein Moslem ist.

Der katholische Ave-Maria-Fond, der von Schwartz Investment Counsel geführt und vom Erzbischof von Detroit beraten wird, blickt auf eine Durchschnittsrendite von 12,6 Prozent. Investiert wird in alles was Geld macht, außer in 400 indizierte Unternehmen. Zu denen gehören natürlich alle Firmen, die mit Pornographie handeln, aber auch Unternehmen, die unverheirateten Partnern den Eintritt in firmeneigene Kranken- und Sozialversicherungen ermöglichen.

Letzteres ruft möglicherweise Kritiker auf den Planen, denn Nächstenliebe zählt hier offensichtlich nicht. Ebensowenig beim Timothy Plan, der protestantisch geführt wird und bei Westwood Management liegt. Der Fond verzichtet nicht nur auf Unternehmen, die mit Alkohol, Tabak, Glückspiel und Pornographie zu tun haben, sondern nennt in einer „Hall of Shame“ auch Walt Disney, Coca-Cola und den Buchhändler Borders. Einziger Grund: Die Konzerne erkennen die Rechte von Schwulen und Lesben an und erlauben Mitarbeitern einen solchen Lebenswandel offen.

Interessant ist hingegen, wer sich nicht in der „Hall of Shame“ befindet: Mit Waffenherstellern und Rüstungsriesen haben die wenigsten der religiös geführten Fonds ein Problem. Große Ausnahme: Der MMA Praxis Value Fond, der nach den Regeln der Mennoniten geführt wird und Pazifismus für einen moralischen Eckpfeiler hält.

Eine Aktie taucht übrigens in fast allen Fonds auf: Apple. Das belegt zumindest eines. Ob Katholik oder Moslem, Jude oder Mennonit, den iPod finden alle toll.
© Inside Wall Street

Starlight 18-04-2008 18:28

Kongress kritisiert Kredit-Haie
Freitag, 18. April 2008

Dass die amerikanischen Verbraucher über ihre Kreditkarten hochverschuldet sind, ist kein Geheimnis. Auch nicht dass aus dieser Richtung die nächste Kreditkrise zu kommen droht. Die Demokraten im Kongress wollen jetzt retten, was noch zu retten ist und jedenfalls für Fairness der Banken gegenüber den Schuldnern sorgen.

Das ist bitter notwendig, denn einige Praktiken der Kreditkarten-Riesen ähneln den Praktiken, die zuletzt auf dem Hypothekenmarkt für einen Milliarden-Schaden gesorgt haben. Vor allem die Lock-Angebote mit künstlich niedrigen Zinsen und die Vergabe von Karten an nicht kreditwürdige Verbraucher machen den Politikern nach jahrelangem Zusehen nun doch Sorgen.

In einem ersten Gesetzentwurf der demokratischen Abgeordneten aus Michigan und Oregon, Carl Levin und Ron Wyden, soll es den Gläubigerbanken nun untersagt werden, die Zinsen für nicht-säumige Kunden zu erhöhen. Das kam in der Vergangenheit routinemäßig vor. Kunden, die ihre Kreditkartenrechnungen monatlich beglichen, wurden plötzlich und ohne Vorwarnung mit höheren Raten belegt. Das gleiche passierte Kunden, wenn sich ihre Kreditwürdigkeit änderte.

Der Kongress hat die volle Unterstützung der Notenbank, die solche Praxis bereits in der Vergangenheit verurteilt hat. Banken sollten Kunden mindestens 45 Tage vor einer Zinsanhebung Bescheid sagen, meint die Fed – was lauten Protest aus der Branche auslöste.

Nehme man den Banken die Flexibilität bei den Zinsen müssten diese die Zinsen – oder Gebühren – eben von vorne herein anheben, heißt es. Damit würde Kredit teurer und schwerer zugänglich. Die Belastung, die die Banken mit Risiko-Schuldnern hätte, müsste auf alle Kreditkartenkunden umgelegt werden, rechtfertigt etwa John Carey, der Kreditkartenchef der Citigroup.

Zu einigen Zugeständnissen ist man aber bereit. Die Citigroup hat bereits von ihrer Praxis Abstand genommen, die Zinsen umgehend zu erhöhen, wenn ein Kunde bei der Bezahlung irgendwelcher Rechnungen – etwa bei Wasser, Strom oder Telefon – zurückfalle. Der Konkurrent J.P. Morgan hat unterdessen eine Umstellung der Gebührenordnung angekündigt, die Kunden besseren Einblick in die Kreditstrukturen geben soll.

Die Politiker sehen aber weiteren Handlungsbedarf. „Kreditkarten sind ein wichtiger Teil der Konjunktur“, meint etwa die New Yorker Abgeordnete Carolyn Maloney. „Sie müssen aber dem Kunden gegenüber fair sein.“

Ein Appell an den Kunden, sich bei der Kreditaufnahme zurückzuhalten, fehlt übrigens in den Vorlagen des Kongress. Dabei wäre der bitter notwendig: Die amerikanische Durchschnittsfamilie blickt zur Zeit auf Kreditkartenschulden von 2200 Dollar.
© Inside Wall Street

Starlight 30-04-2008 23:21

Zinssenkung lässt Fragen offen
Mittwoch, 30. April 2008

Die amerikanische Notenbank hat am Mittwoch den Leitzins um 25 Basispunkte auf 2,0 Prozent gesenkt. Dieser Schritt war vom Markt erwartet worden und wurde an den US-Börsen zunächst mit steigenden Kursen quittiert. Entgegen der Erwartungen des Marktes schließt die Fed weitere Zinssenkungen nicht aus.

Der Offenmarktausschuss unter der Leitung von Ben Bernanke hat im Pressestatement zur Zinssenkung zwar die Inflationsgefahr für die amerikanische Konjunktur stärker hervorgehoben als in den letzten Monaten.

Doch scheint man sich weiterhin in erster Linie um das Wirtschaftswachstum zu sorgen. Man müsse die Entwicklung des Bruttoinlandsproduktes weiter im Auge behalten, so die Fed, die sich weitere Maßnahmen zur Erhaltung der Liquidität vorbehält. Das müssen allerdings nicht zwingend weitere Zinssenkungen sein. Auch die jüngsten 30-Tage-Pakete für Banken haben Liquidität in den Markt bebracht, und auch weitere Senkungen des Diskontsatzes wären möglich.

Der Diskontsatz liegt am Mittwoch nach einer Senkung um ebenfalls 25 Basispunkte bei 2,25 Prozent und damit nur minimal über dem Leitsatz.

Die Fed dürfte sich weitere Zinssenkungen auf breiter Front auch nicht leicht machen. Denn Inflation wird in den USA immer mehr zu einem Problem.

Gleichzeitig ist das Wirtschaftswachstum zwar schwach, lässt sich als Gefahr für die Stabilität der US-Konjunktur aber nicht länger überspielen. Denn die aktuellen Wirtschaftsdaten fielen allesamt besser aus als erwartet. So ist das Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal um 0,6 Prozent gestiegen. Optimisten sehen das als weiteren Beweis dafür, dass die USA nicht in einer Rezession sondern seien. Technisch betrachtet müssen für eine Rezession bekanntlich zwei Quartale mit negativem Wirtschaftswachstum vorliegen.

Die positive Zahl zum ersten Quartal täuscht wohlgemerkt über vieles hinweg. Ein Plus von 0,6 Prozent ist zu einem großen Teil dem starken Export geschuldet, den wiederum vor allem der schwache Dollar ermöglicht hat. Zum anderen haben die Unternehmen in vielen Branchen ihre Lagerbestände in den ersten drei Monaten des Jahres dramatisch ausgebaut – so wurden in vielen Unternehmen Umsätze gebucht, obwohl keine Endnachfrage bestand.

In anderen Branchen ist wohlgemerkt auf die Endnachfrage groß. Der Verbraucher leidet zwar unter der Immobilien- und Kreditkrise, unter der Inflation auf Energie- und Lebensmittelseite und hat seine Not auch in den jüngsten Umfragen zum Verbrauchervertrauen durchblicken lassen. Weiter einkaufen tut er aber trotzdem, und zwar ungehemmt auf Cash und Karte.

Zwischen Pro und Kontra konnten sich Anleger nach der Zinsentscheidung nur schwer entscheiden. Wenige Minuten nach der Bekanntgabe hatten Dow und Co. ihre frühesten Gewinne wieder abgegeben, hielten an den Gewinnen aus dem frühen Handel aber fest.

Die Situation ist eben alles andere als klar, worauf übrigens auch ein Blick in die Fed-Akten schließen lässt. In einem Gremium, das historisch betrachtet im Konsens urteilt, gab es diesmal immerhin zwei Gegenstimmen. Die Präsidenten der regionalen Notenbanken von Dallas und Philadelphia, Richard Fisher und Charles Plosser, votierten gegen eine Zinssenkung, ihre acht Kollegen überstimmten sie aber.
© Inside Wall Street

Starlight 02-05-2008 23:20

Sell in May… oder vielleicht doch nicht?
Freitag, 2. Mai 2008

„Sell in May and go away“ ist eine bekannte Investmentregeln an der Wall Street. Jetzt hat der Mai begonnen, und damit wäre es Zeit, im Portfolio aufzuräumen und kräftig Aktien zu verkaufen. Doch die Performance der letzten Monate lässt Anleger zweifeln: Können die nächsten Monate wirklich noch schlechter werden als die letzten sechs?

In diesem Jahr scheint nämlich einiges anders zu laufen, als es die traditionellen Börsenregeln vorschreiben. Schauen wir zunächst einfach auf die beiden Halbjahre im genannten Sprichwort:

Allgemein gelten die Monate von November bis April als die besten sechs Monate des Jahres – und historisch stimmt das: Wer anno 1950 einen Betrag von 10 000 Dollar immer von Mai bis Oktober in Bonds und von November bis April in Aktien investiert hatte, der hätte heute laut den Berechnungen des Stock Traders Almanac 578 413 Dollar auf dem Konto. Wer es genau andersrum getan hat, dem wären bis heute schlappe 341 Dollar geblieben.

Das liegt an verschiedenen saisonalen Faktoren. Die Boni zum Jahresende, der hohe Konsum, das Weihnachtsgeschäft und das gewöhnlich starke erste Quartal in vielen Branchen helfen dem Aktienmarkt für gewöhnlich auf die Sprünge, während das Sommerloch die Bullen einschläfert und die Börse drückt.

Doch in diesem Jahr war der April gerade einmal der erste der „sechs besten Monate“, in denen es der breite Markt überhaupt ins Plus geschafft hat. Für das letzte Halbjahr kommt die Wall Street auf ein Minus von 8 Prozent. Damit hätten wir die schlechtesten „besten sechs Monate“ seit 35 Jahren hinter uns. Zwischen November und April ging es zuletzt während der Ölkrise im Jahr 1973 bergab, als der Dow wegen des Embargos der Opec und der damit verbundenen konjunkturellen Schwierigkeiten etwa 12 Prozent abgab.

Die April-Gewinne drücken nun für die nächsten Monate einen unerhörten Optimismus aus, wird doch an der Wall Street die Zukunft gehandelt. Verkaufen dürfte also die falsche Strategie sein, zumal das Stimulus-Paket der Regierung in den nächsten Wochen Schecks in die Briefkasten der Steuerzahler schicken und damit den Konsum ankurbeln dürfte. Und zumal mit der Rettung von Bear Stearns erst kürzlich Licht am Ende des Kreditkrisen-Tunnels gesehen wurde.

Zahlreiche Analysten tun sich nach den Enttäuschungen der letzten Monate aber schwer, jetzt optimistisch zum Einstieg zu raten. Schließlich ist die Wall Street zweigeteilt, wenn es um die Frage einer Bodenbildung gehen: Der beste Weg für Anleger dürfte – wir so oft – in der Mitte liegen und lauten: Abwarten! Zumindest bis in drei Monaten die Quartalszahlen für das zweite Vierteljahr vorliegen und sich der weitere Trend etwas besser beurteilen lässt.
© Inside Wall Street

Starlight 05-05-2008 18:01

Deutsche Telekom: Zweifel an Sprint-Übernahme
Montag, 5. Mai 2008

Es gibt an der New Yorker Börse nur noch eine Handvoll deutscher Unternehmen, bei denen laufen die Geschäfte aber gut. Bestes Beispiel: Die Deutsche Telekom, die sich als viertgrößter Mobilfunk-Anbieter im US-Geschäft gut etabliert hat. Eine Übernahme von Sprint Nextel könnte dem Unternehmen jetzt sogar die Marktführerschaft bringen – doch intern gibt es Zweifel an dem Milliardengeschäft.

Das Wall Street Journal hatte zuerst berichtet, dass zwischen Deutsche Telekom und der Nummer Drei der amerikanischen Mobilfunk-Branche erste Übernahmeverhandlungen anstehen könnten.

Vor allem für den ehemaligen Monopolisten aus Bonn wäre eine solche Geschichte attraktiv, denn seit Jahren hängt man immer mehr vom Auslandsgeschäft ab. Während die Zahlen zuhause rückläufig sind, wächst man in den übrigen Märkten; im vergangenen Jahr kamen erstmals mehr als 50 Prozent des Umsatzes aus dem Ausland.

Die USA sind der schnellst wachsende Markt für das Unternehmen. Im letzten Jahr konnte man 3,6 Millionen Neukunden gewinnen, der Umsatz lag bei 19,3 Millionen Dollar – mehr als ein Fünftel des Gesamtumsatzes für die Bonner.

Diesen Wachstumsmarkt auszubauen und den vierten Platz hinter den deutlich größeren US-Konkurrenten AT&T und Verizon Wireless nach vorne zu verlassen, scheint auf den ersten Blick reizvoll. Und tatsächlich: Mit einer Übernahme von Sprint Nextel wäre man die Nummer Eins der Branche und hätte 80 Millionen Kunden zwischen New York und Kalifornien.

Zudem wäre Sprint Nextel billig: Die Aktie ist seit dem letzten Sommer von 22 auf zeitweise nur noch 6 Dollar gefallen; der schwache Dollar würde einen Kauf noch einmal begünstigen. Analysten glauben, dass die Deutsche Telekom genug Geld hätte – einen Faktor haben sie aber noch nicht berücksichtigt:

Kunden von T-Mobile – der Handy-Tochter von Deutsche Telekom – telefonieren US-weit auf dem digitalen GSM-Netz, das das Unternehmen vor einigen Jahren als erster Konzern in Amerika aufgebaut hat. Bei Sprint hingegen arbeitet man mit zwei ganz anderen Standards, nämlich CDMA und IDEN, wobei letztere Technologie mit der Übernahme von Nextel ins Boot kam. Mit teuren Folgen: Dass Sprint Nextel an der Börse schwächelt, liegt vor allem daran, dass das Unternehmen die Netze bisher nicht kombinieren und entsprechend die angestrebten Synergien nicht einfahren konnte.

Darüber macht man sich bei Deutsche Telekom Sorgen. Insider im Unternehmen sprechen davon, dass die Umstellung der CDMA- und IDEN-Kunden auf das GSM-System „zig Milliarden Dollar“ kosten und „mehrere Jahre“ dauern würde. Zeitgleich müsste das eigene Netz massiv ausgebaut werden, heißt es, denn aktuell wäre T-Mobile einem massiven Kundenansturm nicht gewachsen.

Die Börse – und vor allem die Aktionäre von Sprint Nextel, die im Zusammenhang mit den Merger-Spekulationen am Montag einen Tagesgewinn von zeitweise 9 Prozent einfahren – mag die aktuellen Nachrichten aus dem Mobilfunk-Sektor feiern; in naher Zukunft zeichnet sich der Milliarden-Deal aber nicht ab, und Deutsche Telekom wird wohl noch für einige Zeit die Nummer Vier auf dem amerikanischen Markt bleiben.
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Starlight 06-05-2008 20:12

Der Ölpreis steigt, der Ami fährt weiter
Dienstag, 6. Mai 2008

Während es auf dem Parkett der New York Stock Exchange immer ruhiger zugeht, handelt die Nymex immer hektischer. In den Trading Pits der weltgrößten Rohstoffbörse ist die Aufregung groß, denn man befindet sich inmitten der steilsten Rallye aller Zeiten. Vor allem der Ölpreis stellt fast täglich neue Rekorde auf.

Das Jahr 2008 hatte bereits mit einer Sensation begonnen: Nicht einmal drei Stunden nach Handelsbeginn, die Händler hatten ihren Silvesterkater noch nicht ausgeschlafen, sprang der Ölpreis erstmals über 100 Dollar. Beobachter waren geschockt. Mit Öl notierten immerhin auch Benzin und Heizöl auf Höchstständen, und die Folgen waren klar: Der Inflationsdruck auf Unternehmen und Verbraucher würde massiv zunehmen.

Das ist auch geschehen, und vier Monate nach Neujahr ist die Sitution noch viel schlimmer geworden. Das schwarze Gold kletterte erst über 110 und schließlich über 120 Dollar, fast täglich fallen Rekorde.

Die Gründe für die anhaltende Rallye sind seit Jahren die selben: Der steigenden Nachfrage aus China und Indien steht ein unverändertes Angebot gegenüber. Die Öl-Unternehmen fördern aktuell mit einer Kapazität von rund 97 Prozent, wie Rohstoff-Analyst James Williams von WTRG Economics schätzt. Nur etwa 2 Millionen Fass mehr könnte man täglich aus dem Boden holen; nicht genug, die ständig steigende internationale Öl-Gier zu befriedigen.

Zumal sich auf der Supply-Seite immer mehr Probleme abzeichnen. Der Krieg im Irak und die Krise im Iran machen die fortigen Vorräte unsicher, regionale Konflikte in Nigeria und Venezuela, Angriffe aus Pipelines, Streiks an den Plattformen… die weltweite Fördermenge ist alles andere als zuverlässig und schwankungsfrei. Dazu kommen vor allem für amerikanische Kunden die eingeschränkten Kapazitäten der US-Raffinerien, die selbst bei ausreichenden Öl-Lieferungen nur unzureichend Kraftstoff herstellen können.

Der schwache Dollar, der seit Monaten von einem auf das nächste Rekord-Tief fällt, trägt zur Rohstoff-Rallye seinen eigenen Teil bei: Immer mehr Anleger hedgen ihre Währungsrisiken mit Öl und treiben als Spekulanten die Preise an.

Wohin die Reise geht, ist zur Zeit jedem klar: nach oben – und zwar immer steiler und immer weiter. Die Analysten von Goldman Sachs halten eine Preisspanne zwischen 150 und 200 Dollar für ein Fass Rohöl in den nächsten sechs Monaten bis zwei Jahren für sehr wahrscheinlich, und entsprechend dürfen sich Autofahrer, aber auch Fluggesellschaften, Transportunternehmen, Plastik- und Cheiehersteller und nicht zuletzt der Verbraucher schon einmal warm anziehen.

Der einzige Ausweg aus der dramatischen und für die Konjunktur äußerst gefährlichen Preisspirale liegt in einer Senkung der Öl-Nachfrage. Doch nicht nur für die Wachstumsländer China und Indien, sondern auch für die USA in ihrer Sucht nach Konsum und Bequemlichkeit ist ein sparsamer Umgang mit Sprit und Öl noch immer kein Thema: Tankende Autofahrer klagen zwar in jede Fernsehkamera, wie sehr sie unter den hohen Spritpreisen leiden – weniger gefahren wird aber nicht. Im Stadtverkehr von New York City etwa, in den Staus an Tunnel und Brücken, reiht sich noch immer SUV an SUV, und Freizeit-Rambos genießen ihre Ausflüge im Hummer, gerne auch alleine.

Wie lange der Autofahrer mitmacht und wie hoch der Ölpreis klettern muss, bis der Verbraucher wirklich kollabiert, bleibt abzuwarten. Die Analysten, die einst bei 30 und bei 50 Dollar und schließlich auch bei 100 Dollar pro Fass eine internationale Katastrophe prophezeiht haben, halten sich mit ähnlichen Prognosen mittlerweile jedenfalls zurück.
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Starlight 08-05-2008 18:26

Sorge um "Penny" und "Nickel"
Mittwoch, 7. Mai 2008

Der Dollar ist schwach, doch die Münzen werden teurer. Die Rallye an den Rohstoff-Märkten, wo nicht nur Öl, sondern auch Metalle teurer werden, macht dem Finanzministerium Sorgen. Die Herstellungskosten mancher klein demonierter Münze übersteigt nämlich deren Nennwert deutlich.

So kostet es zur Zeit ganze 1,26 Cent, einen „Penny“ herzustellen. Die kleinste amerikanische Münze besteht zu 97,5 Prozent aus Zink und zu 2,5 Prozent aus Kupfer. Die Herstellung eines mit 5 Cent denominierten „Nickel“ kostet die Regierung 7,5 Cent. Der Fünfer besteht aus 75 Prozent Kupfer und 25 Prozent Nickel.

Damit fertigt die U.S. Mint in ihren Münzereien zwar etwas günstiger als vor vier Monaten, als die Metallpreise ein Allzeit-Hoch markiert hatten, doch misst man rückblickend seit 2003 eine Verdreifachung der Materialkosten. Luis Gutierrez, ein demokratischer Kongressabgeordneter und politischer Vorsitzender der U.S. Mint, zeigt sich darüber besorgt. „Die Herstellung der Münzen trägt zu unserer Staatsverschuldung bei“, klagt er.

Nach Gutierrez’ Berechnungen hat die überteuerte Herstellung der Münzen im vergangenen Jahr den US-Haushalt mit „mindestens 100 Millionen Dollar“ belastet – immerhin werden jährlich rund 7,4 Milliarden Pennies und 1,2 Milliarden Fünfer hergestellt. Um dies nicht länger tragen zu müssen, hat er einen Plan: Man solle die Einer- und Fünfer-Münzen wieder aus Stahl gießen, wie man es bereits im Zweiten Weltkrieg getan hat.

Ein entsprechender Gesetzentwurf, nach dem das Finanzministerium eine neue Legierung für Penny und Nickel vorschlagen solle, hat es jetzt aber nicht durch den Kongress geschafft. Der ist zwar laut der amerikanischen Verfassung dafür zuständig, „Münzen zu prägen und deren Wert zu bestimmen“. Doch nicht allen Politikern passt das. Vor allem die Bush-Regierung reibt sich an der Zuständigkeitsfrage.

Zudem dürfte das Projekt an der Bürokratie in Washington scheitern. Denn sowohl der Präsident der Prägeanstalt, Edmund Hoy, als auch der Vositzende des Finanzausschusses, der Demokrat Barney Frank aus Massachusetts, wollen vor einer Entscheidung der Legierungfrage erst einmal das Volk und die Experten der Metallbranche anhören.

Irgendetwas wird sich in der Penny-Frage wohl dennoch tun. Denn vor allem den Republikanern in der Regierung ist klar, dass die einzige bisher vorliegende Alternative zu einer neuen Legierung politisch noch schwieriger umzusetzen ist: die Abschaffung der Ein-Cent-Münze. Die wird seit ewigen Zeiten debattiert und von Experten unterstützt. Selbst Finanzminister Hank Paulson hat bereits öffentlich erklärt, dass eine Abschaffung des Penny wirtschaftlich sinnvoll wäre.

Doch im Volk ist die Unterstützung für den Penny groß. Die Münze mit dem kupfernen Glanz und dem Bildnis von Abraham Lincoln ist die beliebteste unter den Amerikanern. Würden Bush, Paulson und Co. jetzt ihr Ende vorbereiten, würden ihre Umfragewerte wohl noch tiefer einbrechen.
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Starlight 08-05-2008 18:26

Keine Erholung für den Verbraucher
Donnerstag, 8. Mai 2008

Die Häuserpreise fallen, die Benzinpreise steigen, die Kreditgeber machen die Schleusen dicht, der schwache Dollar treibt die Inflation an… und trotzdem kaufen die Amerikaner ein. Die Einzelhandelszahlen für April sind besser ausgefallen als erwartet, und manche Analysten sehen endlich bessere Zeiten aufziehen. Ein Trugschluss.

Auf den ersten Blick mag es ja schön sein, dass ein großer Teil der April-Zahlen aus dem US-Einzelhandel über den Erwartungen gemeldet worden ist. Doch bei genauerem Hinsehen entpuppen sich die Zahlen als weniger rosig und bestätigen vielmehr, dass der seit Monaten schwächelnde Arbeitsmarkt und die zahlreichen übrigen Sorgen der Verbraucher doch ihre Auswirkungen zeigen.

So haben die Umsätze in Läden, die schon mindestens ein Jahr offen sind und daher die Grundlage für die Berechnungen der Branche bilden, seit Januar zwar jeden Monat um durchschnittlich 1 Prozent zugelegt. Im Vorjahr betrug das durchschnittliche Monatswachstum aber 2,6 Prozent und im Jahr davor sogar 3,7 Prozent. „Die Branche hinkt der Statistik hinterher“, klagt Ken Perkins von dem auf den Einzelhandel spezialisten Analystenhaus Retail Metrics.

Perkins rechnet nicht damit, dass sich die Werte im laufenden Jahr in Richtung der Zwei-Prozent-Marke erholen werden.

Zudem sind die absoluten Verkaufszahlen nicht der einzige Faktor, den Branchenbeobachter und Anleger im Auge haben sollten. Auffallend ist seit einiger Zeit, dass etwa Wal-Mart besser dasteht als der Rest der Branche. Auch für den April fallen die Umsätze bei dem Branchenriesen über den Erwartungen aus. Für Costco gild das gleiche. Doch beide Häuser sind Discounter, die direkt von der Schwächer der Verbraucher profitieren.

Denn Analysten stellen eine Umsatzverschiebung nach unten ganz deutlich fest. Je weniger Geld die Amerikaner zur Verfügung haben, desto eher zieht es sie in die Billig-Läden. Und auch bei denen verteilen sich die Geldströme anders als in besseren Zeiten. Die Umsätze bei Lebensmittel und günstiger Kleidung nehmen zu, während es überall dort schwächer wird, wo nicht essentielle Artikel im Regal stehen.

Einrichtungsgegenstände, Fahrräder, Gartenartikel oder auch Bücher und CDs werden weniger gekauft, da sie dem Kunden in schweren Zeiten am ehesten entbehrlich sind. Supermärkte mit einem höheren Fokus auf diese Segmente, darunter etwa der Wal-Mart-Konkurrent Target, leiden darunter deutlich, was die April-Zahlen direkt widerspiegeln.

Den jüngsten Zahlen aus dem Einzelhandel zuviel Gewicht zu geben und auf eine Trendwende für den amerikanischen Verbracher zu hoffen, ist zur Zeit also übereilt.
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Starlight 09-05-2008 18:03

Platzt die Muttertags-Blase?
Freitag, 9. Mai 2008

Sorry, Mom, in diesem Jahr werden kleinere Brötchen gebacken. Statt einem Dutzend Rosen tut es wohl auch eine Handvoll, statt einem großen Bildband gibt es ein Taschenbuch – zum ersten Mal seit Jahren sind die Ausgaben der Amerikaner zum Muttertag rückläufig. Ein weiteres Zeichen für die angespannte Lage beim Verbraucher.

Laut dem amerikanischen Einzelhandelsverband NRF geben die Amerikaner zum Muttertag in diesem Jahr 15,8 Milliarden Dollar aus. Das ist nur minimal mehr als die 15,7 Milliarden im letzten Jahr und heruntergerechnet auf den einzelnen Verbraucher sogar weniger: Von 139,14 Dollar fallen die Investitionen in Mutti auf 138,63 Dollar.

Diese Zahlen sind erschreckend. Nicht dass die Ausgaben extrem gefallen wären. Doch hat sich in den letzten Jahren immer und immer wieder gezeigt, dass der konsumfreudige Amerikaner auch in der größten Krise, bei Rezession und Inflation an den wichtigen Feiertagen immer noch tiefer ins Portemonnaie greift. Und solange die Reserven zu Muttertag und am Valentinstag und an Halloween und Weihnachten und all den anderen geschenkintensiven Tagen ausreichend waren, musste man sich ja keine echten Sorgen machen… oder?

Jetzt schlägt die Stimmung um. Immer mehr Amerikaner, so berichtet NRF-Sprecherin Kathy Grannis, nehmen von hochpreisigen Artikeln Abstand und kaufen Kleinigkeiten mit Herz. Und immer mehr Praktisches für den Alltag. So sollen die Umsätze mit Haushaltsartikeln und Gartengeräten gegenüber dem Vorjahr leicht zulegen, während vergängliche und luxuriöse Geschenke wie Blumen und ein Tag im Spa weniger gefragt sind.

Sorgen um die Wertschätzung der Familie muss sich die Durchschnitts-Mutti dennoch nicht machen. Auch wenn die Ausgaben an diesem einen Tag – für den Einzelhandel übrigens der wichtigste nach Weihnachten und Valentinstag – leicht zurückgehen, sind sie doch deutlich höher als noch vor fünf Jahren: Damals lag der Durchschnitt bei 97,37 Dollar, seither misst man einen Aufschlag um 42 Prozent.
© Inside Wall Street


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