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Starlight 13-10-2006 21:01

Kinder an die Macht? - Längst passiert

Hinter gut drei Vierteln der amerikanischen Konjunktur steht der Verbraucher mit seinen Investitionen und Konsumausgaben. Umso wichtiger für Corporate America, den Verbraucher genau zu kennen. Laut einer überraschenden neuen Studie tat man das bisher nicht, den eine ganze Generation wurde völlig unterschätzt.

Hinter gut der Hälfte aller Verbraucherausgaben, so haben die Experten von Resources Interactive ermittelt, steht die „Generation Y“. Der Buchstabe steht nicht nur als Nachfolger für die lustlosen X-er, sondern vor allem für „young“: Gemeint sind nämlich die Geburtsjahrgänge 1982 bis 2000. Die Sechs- bis Vierundzwanzigjährigen, so die Analysten, stehen mittlerweile hinter der Hälfte aller Verbraucherausgaben.

Das ist insofern überraschend, als bisherige Studien häufig von den faktischen Ausgaben der unterschiedlichen Altergruppen ausgegangen waren und damit die Generation der Mitt-Vierziger für die wichtigste Zielgruppe hielten. Doch, so meint Kelly Mooney von Resources Interactive, die treffen ihre Kaufentscheidungen nicht etwa alleine, sondern immer mehr in Zusammenarbeit mit Söhnen und Töchtern.

Dabei sind es nicht nur elektronische Artikel und Hightech, in denen sich Eltern von Kindern beraten lassen. Vielmehr scheint sich der Einfluss der „Generation Y“ auf alle Bereiche zu erstrecken. 81 Prozent der Mütter kaufen kein Kleid mehr, ohne es der Tochter vorzuführen. 52 Prozent der Familien kaufen kein Auto, ohne dass die jüngsten Passagiere zu ihren Vorlieben werden,

Letzteres Beispiel hat Marshal Cohen am eigenen Leib erfahren. Der Einzelhandelsanalyst der Verbraucherorganisation NPD Group gesteht, dass seine siebenjährige Tochter beim Autokauf mitreden durfte. „Sie sitzt ja nachher auf dem Rücksitz“, so der Vater, der wohlgemerkt nicht alle Argumente der kleinen Tochter ernst nimmt, aber zumindest einige.

Doch die aktuelle Kauf- oder Entscheidungskraft der Kids und Teenager ist nur ein Argument, dass Hersteller und Einzelhändler zunehmend zum Umdenken bringen wird. Noch ein weiterer Faktor spricht dafür, die Zielgruppe künftig noch stärker zu umgarnen. Denn deren Einfluss kann nur wachsen. Das wiederum liegt an den Kommunikations-Vorlieben der Y-ers. Sie tummeln sich auf Online-Treffpunkten wie MySpace oder FaceBook und haben damit nicht mehr eine Handvoll Freunde, sondern Hunderte.

In Online-Communities verbreiten sich Urteile und Empfehlungen schneller als früher denkbar war. Damit dürfte es Unternehmern ein vorrangiges Ziel sein, mit Produkten und Leistungen möglichst schnell bei den Kids zu landen, und dann deren Einfluss zu nutzen.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 15-10-2006 22:00

Jagd auf Rekorde

Von Norbert Kuls

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Quelle: F.A.Z., 16.10.2006, Nr. 240 / Seite 26 - www.FAZ.net

Starlight 17-10-2006 20:09

Wal-Mart expandiert nach China

Der Kunde ist König – nirgends weiß man das so sehr wie bei Wal-Mart. Der weltgrößte Einzelhändler konnte in Deutschland nicht punkten, und auch in Südkorea traf man den Geschmack der Käufer nicht. Jetzt geht der Konzern in eine neue Expansionsrunde, und zwar nach China. Eine Übernahme ermöglicht einen Traum-Start.

Der Kunde ist König – nirgends weiß man das so sehr wie bei Wal-Mart. Der weltgrößte Einzelhändler konnte in Deutschland nicht punkten, und auch in Südkorea traf man den Geschmack der Käufer nicht. Jetzt geht der Konzern in eine neue Expansionsrunde, und zwar nach China. Eine Übernahme ermöglicht einen Traum-Start.

So gibt Wal-Mart 1 Milliarde Dollar aus für die Supermarktkette Trust-Mart, und mit dieser Akquisition setzt man sich unter den nicht-chinesischen Anbietern bereits an die Branchenspitze. Bereits geschlagen ist der französische Konkurrent Carrefour, der ebenfalls um Trust-Mart geboten hat.

Die Zahlen hinter der Übernahme, wohlgemerkt, nehmen sich im Vergleich zur Größe Chinas etwas klein aus. 30 Läden bekommt Wal-Mart zunächst für sein Geld, weitere hundert sollen in den nächsten Jahren zugekauft werden. Diese sollen nach und nach in das bestehende Netz von Wal-Mart-Filialen eingefügt werden, dass zur Zeit aus 66 Läden besteht, darunter 61 Hyper-Center, in denen neben einer Vielzahl von Waren auch Lebensmittel angeboten werden.

Die Strategie ist typisch für Wal-Mart: Man stürzt sich nicht Hals über Kopf in einen neuen Markt, sondern kauft Schritt für Schritt nach. Das könnte vor allem im chinesischen Markt wichtig sein, denn der bietet neue Herausforderungen für die international erfolgreiche Kette aus Arkansas. So herrschen im chinesischen Einzelhandel in Städten und Provinzen bereits allerorten so knappe Gewinnmargen, dass Wal-Mart die Konkurrenz nicht allein durch gedrückte Preise ausbooten kann, wie man das auf dem heimischen US-Markt immer mehr schafft.

Auch dürfte es für Wal-Mart schwer sein, nach den Trans-Mart-Läden unbeschränkt weitere Filialen zu eröffnen, denn amerikanische Investoren haben es bekanntlich im Reich der Mitte nicht so einfach wie andersherum chinesische Investoren in den USA. Anleger wissen das, und sie sind nach Bekanntwerden des Milliarden-Deals entsprechend vorsichtig: Wal-Mart verliert im Dienstagshandel mehr als 1 Prozent.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 18-10-2006 07:26

Wall Street



Acht erstklassige Dividendenpapiere


Von Michael Kaye, Standard & Poor's

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http://www.faz.net/aktuell/finanzen/...e-1384740.html

Starlight 18-10-2006 20:29

Enron: Zwei Sünder und zwei Richter

Auch in den bibelfesten Landstrichen Amerikas tun einige hoch angesehene Bürger regelmäßig und hauptberuflich, was ihnen laut dem Buch der Bücher eigentlich nicht zusteht: Sie richten andere. Doch gibt es Ausnahmen. Mit dem Tod eines Angeklagten sei ein anderer zuständig, heißt es aus Texas, und so wurde den frühere Enron-Chef Ken Lay drei Monate nach seinem Ableben freigesprochen.

Die Richter, ebenso wie Prozessbeobachter und vor allem ehemalige Enron-Mitarbeiter und andere Opfer des Milliardenbetrugs, der vor etwa fünf Jahren den siebtgrößten Konzern der USA in den Ruin trieb, dürften von der Schuld des Ken Lay durchaus noch überzeugt sein. Allzu deutlich war die Beweislage in dem langwierigen Prozess, der vor einem halben Jahr mit Schuldsprüchen gegen Lay selbst und dessen Nachfolger Jeffrey Skilling endete.

Allein, mit dem Tod eines Angeklagten sei das Verfahren fallen zu lassen, hat nun ein Bundesrichter in der Enron-Stadt Houston entschieden. Juristisch gesehen ist das recht unumstritten, denn dem Angeklagten hätten ja auch nach dem Schuldspruch Rechtsmittel zugestanden. Die könne er nicht mehr nutzen, insofern sei eine Verurteilung nicht verfassungsgemäß.

Ken Lay hilft das alles wenig, aber immerhin seiner Familie. Die könnte nun nämlich mit großer Wahrscheinlichkeit mehr als 45 Millionen Dollar behalten, die Lay unterschlagen haben soll. Ganz sicher ist das zwar noch nicht, denn mit dem todesbedingten Freispruch im strafrechtlichen Verfahren endet nicht das Recht der Enron-Opfer, das Lay´sche Vermögen über Zivilklagen einzuklagen. Das dürfte aber schwer sein ohne einen grundsätzlichen Schuldspruch, außerdem müssen sich die Opfer gegen einen Mitstreiter behaupten: Uncle Sam, denn auch der kann seine eigenen Ansprüche nun nur noch zivilrechtlich geltend machen.

Während Ken Lay sich nun vor einem höheren Richter verantworten muss, wird sein Nachfolger Jeffrey Skilling in der nächsten Woche noch einmal bei Richter Sim Lake vorsprechen – die Urteilsverkündung steht an. Vorab sieht es nicht gut aus für den letzten CEO des einstigen Energieriesen. Rechtsexperten rechnen allgemein damit, dass Skilling für 25 bis 30 Jahre hinter Gitter muss, dazu kämen hohe Geldstrafen.

„Der Richter wird keine Gnade kennen“, meint Jacob Zamansky von der auf Wirtschaftsrecht spezialisierten New Yorker Kanzlei Zamansky & Associates. Skilling habe während der Prozesses mit harten Bandagen gekämpft, immer wieder seine Unschuld beteuert und pocht auch heute noch darauf, nur nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt zu haben und eigentlich selbst Opfer des Konzerns geworden zu sein.

Skillings Anwälte haben erst in den letzten Tagen Einspruch gegen jedes Urteil angekündigt und wollen in Berufung gehen. Aussichtsreich ist das nicht. Denn während die Argumentation „nach bestem Wissen und Gewissen“ im amerikanischen Recht sehr wohl verankert ist, berufen sich normalerweise nur Angestellte auf den Passus. Zuletzt übrigens vier Mitarbeiter von Morgan Stanley, die am Untergang von Enron beteiligt waren. Sie hätten nur Anweisungen befolgt und keine Schuld am Bilanzschwindel, war die Argumentation, der ein Gericht schließlich stattgab. Skilling indes hat keine Anweisungen befolgt. Er war Chef des Unternehmens und damit der, der Anweisungen erteilt hat.

Wie dem auch sei: Jeff Skilling wird mit großer Wahrscheinlichkeit in der nächsten Woche eine hohe Strafe verkündet bekommen, dann aber auf 5 Millionen Dollar Kaution nach Hause gehen. Ein Bundesgericht wird dann über seine Berufung befinden, bevor noch innerhalb weniger Monate die Rechtsmittel erschöpft sein werden. Prozessbeobachter Zamansky kümmert das nicht: „Ob Skilling die Strafe jetzt oder in drei Monaten angeht, ändert nichts daran, dass er quasi lebenslänglich sitzen wird“, meint er über den 52-Jährigen.

© Wall Street Correspondents Inc.

Starlight 18-10-2006 20:31

Intel-, Yahoo- und IBM-Zahlen - gut sind sie nicht

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http://www.faz.net/aktuell/finanzen/...t-1252969.html

Starlight 19-10-2006 18:11

Amis im Konkurs

Unter den regelmäßig gemeldeten Konjunkturdaten sind immer die am interessantesten, die sich um den Verbraucher drehen. Der steht hinter zwei Dritteln der amerikanischen Wirtschaft, und so steht und fällt mit ihm die Konjunktur. Umso mehr ist Besorgnis erregend, dass es dem Verbraucher hinter den Kulissen nicht so gut geht, wie viele auf den ersten Blick meinen.

Der Börse genügt regelmäßig ein kurzer Blick auf die Verbraucherausgaben. Die nehmen regelmäßig zu, ebenso wie die Einnahmen, und so scheint alles in Ordnung zu sein. Das Gegenteil ist der Fall. Die Einnahmen der amerikanischen Verbraucher sind in den letzten Jahren längst nicht so deutlich gestiegen wie die Ausgaben, vor allem versteckte Kosten für Haus und Lebenshaltung belasten John und Jane Doe.

Dem durchschnittlichen Ehepaar mit Kind in einer durchschnittlichen amerikanischen roßstadt sind in den letzten zwei Jahren allein durch steigende Grundsteuern und Hypothekenzinsen rund 750 Dollar pro Monat abhanden gekommen. Die steigenden Zinsen machen sich unterdessen auch anderswo bemerkbar: Bei den Kreditkartenkosten, die immer höher werden, da der US-Verbraucher immer mehr Grund- und Konsumausgaben auf Pump tätigt.

Viele treiben das zu weit, wie eine aktuelle Statistik des American Bankruptcy Institute belegt. Danach haben allein im zweiten Quartal mehr als 150 000 Amerikaner Konkurs angemeldet, im ersten Quartal waren es 112 000. Auf Jahressicht dürften 450 000 Amerikaner unter dem Druck immer höherer Kreditkosten zusammengebrochen und zum Konkursverwalter gegangen sein.

Das wären rund eine Million weniger als im Jahr zuvor, doch ist von einem allgemein positiven Trend nicht viel zu spüren. Denn die erschütternden Zahlen des Vorjahres liegen zu einem großen Teil an einer Flut von Konkursanträgen, die Amerikaner vor Ablauf einer Frist einreichten, nach der zum Jahreswechsel der Schritt in den Bankrott erschwert wurde. Um es noch ein wenig einfacher haben, um die hohen Schulden herumzukommen, haben allein im vierten Quartal des letzten Jahres mehr als 650 000 Amerikaner Konkurs angemeldet.

Das geht in den USA unter zwei Paragraphen: 7 und 13. Paragraph 7 war Stein des Anstoßes und Grund für die Gesetzänderung. Denn während überschuldete Verbraucher unter Paragraph 13 immer noch einen Großteil ihrer Schulden unter fachlicher Anleitung und über mehrere Jahre abstottern müssen, verfallen die Schulden bei Paragraph 7 ganz, zumindest wenn beim Schuldner nach Verkauf etwaiger unangemessener Besitztümer nichts mehr zu holen ist.

Paragraph 7 nutzten bis letztes Jahr zahlreiche Schuldner aus, die ihre Schulden durchaus hätten abstottern können. Das rief natürlich die Kreditbranche auf den Plan, auf deren Initiative die Gesetzänderung letztlich zurückgeht. Allerdings: Wenn einmal der Ansturm der Konkursanträge ausgeglichen ist und sich das neue Level eingependelt hat, wird sich zeigen, wie wirksam die neuen Regeln aus Washington sind. Die zwingen den Schuldner nämlich vor allem in eine Beratung und legen nahe, einen kompletten Konkurs zu vermeiden um Kredite oder andere finanzielle Transaktionen später im Leben nicht zu gefährden. Allzu viele Amerikaner indes scheinen sich nicht gut zureden zu lassen, wie die noch immer hohen Bankrott-Statistiken zeigen.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 20-10-2006 20:35

Grasso muss Millionen zurückgeben

Die Stimmung ist gut an der New York Stock Exchange. Sicher, noch schöner wäre es, könnten die Blue Chips zum Wochenende die magische Marke von 12 000 Punkten halten. Aber solche Zahlenspielereien sind nebensächlich, freut man sich doch auf einen dicken Scheck: Ex-CEO Dick Grasso muss der NYSE zig Millionen Dollar zurück erstatten.

Das Urteil kam am späten Donnerstag: Dick Grasso, der einst als brillanter Kopf der New Yorker Börse gefeiert wurde und zu den wichtigsten Männern in Corporate America gehörte, der aber später über Gier und Größenwahn stolperte, muss einen großen Teil seines Abschiedspakets an seinen früheren Arbeitgeber zurückschicken.

Wir erinnern uns: Als Grasso vor ziemlich genau drei Jahren das Traditionshaus an der Wall Street verließ, ging er mit einem Abschiedspaket von 187,5 Millionen Dollar und wartete auf 48 Millionen Dollar mehr, die ihm nach irgendwelchen Absprachen noch hätten zustehen sollen.

Das Problem: Grasso hatte seine Gehaltskommission nicht nur selbst einberufen, sondern soll diese auch regelmäßig zu höheren Ausschüttungen getrieben haben. Dabei, so stellte nun auch Richter Edward Ramos am New Yorker Supreme Court fest, hielt Grasso wichtige Informationen über bereits verabschiedete Kompensationen zurück und kassierte auf diese Weise immer mehr Geld.

Das war umso problematischer, als die NYSE zu Grassos Zeiten nicht etwa ein Unternehmen im Sinner der marktwirtschaftlichen Ordnung war. Vielmehr war das Haus als nicht-gewinnorientierte Organisation anerkannt. Für solche Organisationen aber gelten verschärfte Bestimmungen in bezug auf die Kompensierung leitender Angestellter.

Nach Grassos Abschied von der NYSE beauftragte sein kommissarischer Nachfolger John Reed die Börsenaufsicht SEC und den New York Generalstaatsanwalt, Eliot Spitzer, mit Ermittlungen. Spitzer stürzte sich in den Fall, der durch aggressive Stellungnahmen von beiden Seiten schon bald die Züge eines persönlichen Feldzuges hatte. Dessen Ergebnis: Spitzer zerrte Grasso vor Gericht, nachdem dieser auf eine außergerichtliche Einigung verzichtet und immer wieder darauf bestanden hatte, das Geld stünde ihm zu samt des noch zu zahlenden Betrags.

Das indes scheint allein Grasso so gesehen zu haben, die Legislative nicht. „Mehrere zehn Millionen Dollar“ muss der Ex-Börsenchef nun abtreten, wieviel es genau sein wird, ist noch nicht bekannt. Grasso wird sich mit der Zahlung Zeit lassen, er will zunächst in Berufung gehen.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.

Starlight 23-10-2006 20:33

Keine Angst vor der Fed

Alle paar Wochen blickt die Wall Street nach Washington, wo die Wirtschaftsexperten der Notenbank unter Druck stehen. Mit jedem Wort aus der erlesenen Runde klettern und fallen schließlich Aktien und Anleihen. In dieser Woche jedoch dürften die Notenbanker gelassen in die Sitzung gehen, es werden keine großen Entscheidungen erwartet.

Seit Wochen schon erklärt die Notenbank, dass man nach 17 Zinsanhebungen über fast zwei Jahre nun an einem Scheidepunkt angelangt sei, an dem man genauer hinsehen will, um die weitere Zinspolitik bestimmen zu können. Man stoppt also den Automatismus der „schrittweisen Anhebungen“, mit dem der US-Leitzins von 1,0 auf mittlerweile 5,25 Prozent gepusht wurde – jetzt sollen Daten den langfristigen Trend bestimmen.

Die Daten der letzten Wochen nun haben deutlich gemacht, dass diese Herangehensweise der Fed durchaus angebracht ist. Das Wirtschaftswachstum ist etwas schwächer geworden – das Bruttoinlandsprodukt wird in seiner revidierten Lesung am Freitag mit einem Wachstum von 2,0 Prozent erwartet –, und der Inflationsdruck lässt leicht nach.

Vor allem die Inflationskurve aber zeigt, dass die Fed durchaus noch länger hinsehen muss, um einen Trend mit Sicherheit ablesen zu können. Denn mal sind es dramatische sinkende Ölpreise, dann unerwartet hohe Automobilpreise, die die wöchentlichen Preisbarometer aggressiv ausschlagen lassen. Erst wenn diese Sub-Indizes weniger dominant in den Berichten über die wirklich gefühlte Inflation auftauchen, lässt sich sagen, ob die Zinsen sinken dürfen, ob sie noch einmal in Richtung der 6-Prozent-Marke steigen müssen, oder ob die Fed tatsächlich einen Moment der Balance gefunden hat, auf dem der Leitzins Wachstum und Inflation stabil hält.

Dazu wiederum hat auf dem Parkett jeder eine Meinung. Die Mehrheit sieht in der Schwäche am Immobilienmarkt langfristig die größte Gefahr für die amerikanische Konjunktur. Dank steigender Häuserpreise haben viele Amerikaner in den letzten Jahren ihre Häuser neu beliehen und Geld für andere Ausgaben bekommen – das geht nun nicht mehr. Damit tippen die meisten Experten auf baldige Zinssenkungen, die den Immobilienmarkt wieder in Schwung bringen könnten.

Andere fürchten noch immer um Inflation, und so sieht Mike Swanson, der Chef-Ökonom von Wells Fargo die Notenbank vor dem Problem, „zwei Schwergewichte auf einer Wippe“ zu haben. Das wiederum lässt darauf schließen, dass sich die Fed in nächster Zeit weiter ruhig verhalten wird. Wenn man das auch im Begleittext bestätigt, wäre bis Jahresende eine Politik der ruhigen Hand absehbar.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.

Starlight 24-10-2006 18:02

Wie ein Profi gute Unternehmen findet

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http://www.faz.net/aktuell/finanzen/...t-1229019.html

Starlight 24-10-2006 18:03

Ein Laptop verbessert die Welt

Das Ding sähe ja aus wie die „Hausaufgabe für den Technik-Unterricht“, höhnte einst sogar der visionäre Apple-Chef Steve Jobs über den XO. Doch der 100-Dollar-Laptop, der die Ausbildung von Millionen Kindern in Dritte-Welt- und Schwellenländern revolutionieren könnte, geht jetzt tatsächlich in Produktion.

Ab November sollen die ersten Geräte ausgeliefert werden, die sich der frühere Chef des Media Lab am renommierten Massachussetts Institute of Technology (MIT), Nicholas Negroponte, ausgedacht hat. Vom ersten Konzept und dem Prototypen bis zum jetzigen Serienmodell hat der XO eine beachtliche Entwicklung hinter sich:

Weg ist die Kurbel, die Schüler am Laptop unabhängig von der Stromversorgung machen sollte. Eine solche Kurbel war ja abgebrochen als der damalige UN-Generalsekretär Kofi Annan den Computer bei einer Technologie-Konferenz präsentierte. Der XO kommt jetzt mit einer Aufzieh-Schnur ähnlich der eines Rasenmähers. Ein Zug lässt den Laptop lange genug laufen, nicht zuletzt dank eines revolutionären Energiespar-Konzepts.

So läuft der XO auf einem AMD-Prozessor, der nur 5 Watt verbraucht statt der übrigen 50 bis 100 Watt, die ein durchschnittlicher Laptop-Prozessor schluckt. Auch der Bildschirm ist ein ungewöhnlich stromsparendes Modell, das sogar ausgeschaltet werden kann – der Kontent ist dann wie bei einer Zeitung allein über das reflektierende Licht von außen zu sehen.

Der Kontent übrigens macht da weiter, wo die Hardware schon neues Terrain betreten hat: Google stellt Opensource-Software zur Verfügung, die freie Enzyklopädie Wikipedia stellt eigene Seiten für den XO zusammen. Kein geringerer als Weltverbesserer Bono und seine Mannen von U2 machen das Gerät dann wirklich schick und steuern Soundeffekte bei.

Damit sind auch schon einige der Partner genannt, die an OLPC – „one laptop per child“ – mitarbeiten. Weitere sind der Chiphersteller Marvell, der Netzwerkspezialist Nortel und der Programmierer Red Hat. Kooperiert wird auch mit Quanta Computer in Taiwan, dem weltgrößten Laptop-Hersteller. Die Partner versorgen Negroponte und sein Team nicht nur mit erstklassiger Ware, sondern vor allem mit unschlagbaren Preisen. „Alle stehen wirklich hinter dem Projekt“, lobt OLPC-Vize Mark Foster.

Foster hat den Prototypen mittlerweile in zahlreichen Foren und Expertenrunden vorgestellt, bald will er die ersten Geräte ausliefern. Die ersten 5000 Stück werden noch im November fertig sein, dann sollen am nächstem Sommer jährlich mehrere Millionen aufgelegt werden. Fünfzig Millionen XO-Computer sollen bis 2008 bei Kindern in aller Welt verteilt sein – gesponsert übrigens von den jeweiligen Regierungen.

Die ersten Lieferungen gehen nach Brasilien, als nächstes ist Nigeria dran, doch wird das afrkanische Land schon von der Konkurrenz umworben. Intel kritisiert das OLPC-Projekt hart und schreibt in einem Brief an den nigerianischen Präsidenten Olusegun Obasanjo, dass es sich nur um einen „PC mit sehr begrenzten Möglichkeiten“ handele. Man will dem Land nun seinerseits 3000 voll funktionsfähige Computer spenden, dazu Software für 10 Millionen Dollar.

XO-Erfinder Negroponte kann das nur recht sein. Er hat sein Projekt nicht als Business gegründet, das Konkurrenz scheut, sondern als nicht profitorientierte Organisation. „Wenn ich mit einem billigen Computer andere dazu bringe, teure Computer zu spenden, dann ist das fantastisch“, meint der Chef von „One Laptop per Child“.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.

Starlight 25-10-2006 20:18

Die Sorgen der Öl-Konzerne

Von einer Krise will man in der Öl-Industrie mit Sicherheit nicht sprechen. Doch hat mit ConocoPhilips der erste Energieriese die Quartalserwartungen verfehlt, und weitere Enttäuschungen dürften folgen. Ein Blick hinter die Bilanzen zeigt: Die goldenen Jahre der Branche dürften bereits zu Ende gehen.

Dabei ist es nicht allein der Ölpreis, der der Branche Sorgen macht. Der hat zwar in den letzten Wochen deutlich nachgelassen und notiert aktuell fast 25 Prozent unter seinem Allzeit-Hoch von fast 80 Dollar pro Fass. Doch liegt der Durchschnittspreis für das dritte Quartal noch immer um 12 Prozent über dem des Vorjahresquartals.

Und doch gehen die Gewinne der Konzerne zurück, wie sich bei ConocoPhilips zeigt. Das Unternehmen blickt für die vergangenen drei Monate auf einen Gewinneinbruch um immerhin 15 Prozent und verfehlt damit die Prognosen. Das ist nur zum Teil auf die kurzzeitigen Produktionsausfälle zurückzuführen, die das Unternehmen wegen eines Schadens an der Alaska-Pipeline hinnehmen musste, die man gemeinsam mit BP betreibt. Auch die höheren Produktionskosten allein reichen nicht aus, die schwachen Zahlen zu begründen.

Vielmehr kämpft das Unternehmen mit einem deutlichen Einbruch bei den Erdgas-Preisen. Der hängt vor allem damit zusammen, dass die Förderung im Golf von Mexiko wieder läuft, die im letzten Jahr nach dem Hurrikan Katrina stark gelitten hatte und für mehrere Monate ganz ausgefallen war. Erdgas macht etwa ein Drittel des Umsatzes bei vielen Unternehmen aus, die gemeinhin als Öl-Riesen erklärt werden.

Zu denen gehört natürlich auch ExxonMobil, und der Branchenriese wird am Donnerstag Zahlen vorlegen. Zwar ist vorher nicht abzusehen, ob das Unternehmen die Erwartungen erfüllen wird oder nicht, doch sind diese schon deutlich geringer als die Ergebnisse der vergangenen Quartale hätten erwarten sollen. Immerhin: Vor weniger als einem Jahr verbuchte das Dow-notierte Unternehmen mit einem Gewinn von 10,7 Milliarden Dollar den höchsten Quartalsgewinn, den je ein Unternehmen melden konnte.

Für das abgelaufene Quartal rechnen Anleger noch mit einem Gewinn von 9,7 Milliarden Dollar. Neben den niedrigeren Gaspreisen ist für den Einbruch noch eine weitere Ausgabe verantwortlich: eine Sondersteuer. In den USA mit ihrer Öl-nahen Regierung konnten Exxon & Co. eine solche Abgabe zwar bisher verhindern, nicht aber im Ausland. Großbritannien kassiert mehr denn je für die Öl-Förderung in der Nordsee, und im abgelaufenen Quartal mussten die Unternehmen zum ersten Mal zahlen.

Davon besonders betroffen war natürlich BP, wo man auch den größten Teil der Produktionseinbußen nach dem Alaska-Leck einstecken musste. Entsprechend schwach waren die Zahlen des Konzerns. Ob künftig auch für die Förderung im Golf von Mexiko mehr gezahlt werden muss, oder ob Konzerne nach den Rekordjahren höhere Gewinnsteuern auch in den USA abführen liegt unter anderem am Ausgang einer in zwei Wochen anstehenden Wahl für den US-Kongress. Die Republikaner drohen die Mehrheit in beiden Kammern zu verlieren, was die Öl-Branche nach einigen regierungsnahen Jahren Einfluss kosten dürfte.

Verkaufssignale sehen Analysten in den jüngsten Zahlen aus der Ölbranche deshalb aber nicht. Der Ölpreis ist noch immer höher als im historischen Mittel, das Produktionswachstum ist ansehnlich.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.

Starlight 27-10-2006 20:33

Die Opec, das zahnlose Kartell

Die niedrigen Pegel in den Öl-Lagern haben der Wall Street in dieser Woche Sorgen gemacht. Das ist etwas überraschend, denn die Lager sind immer noch voller als vor einem Jahr um diese Zeit. Zudem hatte sich der Markt zuletzt wenig um die verfügbaren Öl-Mengen gesorgt, selbst die Opec fürchtet man nicht mehr.

Mehr als eine Woche ist es nun her, dass die Opec die Förderquote um 1,2 Millionen Fass pro Tag gesenkt hat. Das Kartell war damit etwas weiter gegangen als erwartet. Analysten waren davon ausgegangen, dass die Quote wohl um 1 Million Fass gesenkt werde, doch wollte die Opec sich schließlich nicht dem allgemeinen Konsens anschließen, sondern auch wieder einmal die Muskeln spielen lassen.

Umso ärger muss es die Öl-Minister in den Tagen nach ihrer Konferenz getroffen haben, dass der Markt von der Senkung gar nicht sonderlich beeindruckt war. Das einzige Ziel – durch geringere Fördermengen den Preis wieder nach oben zu drücken – hat man verfehlt. In den Tagen nach der Opec-Sitzung brach Öl weiter ein, zur Zeit handelt der Rohstoff etwa unverändert auf dem Niveau vor der Ankündigung.

Amerika fürchtet die Opec nicht mehr, obwohl das Kartell noch immer für 43 Prozent der weltweit geförderten Öl-Menge verantwortlich ist. Doch reagiert man längst mehr auf Taten als auf Worte, denn die Opec hat in den vergangenen Jahren häufig mehr gebellt als gebissen. Öl-Spekulanten werden die Opec erst in ihre Preiskalkulation einbeziehen, wenn diese geringere Förderquoten nicht nur ankündigt, sondern umsetzt.

Das wiederum ist erst für November geplant, und es ist überhaupt nicht sicher, ob sich die Mitgliedsstaaten letztlich an die Vorgaben aus der Sitzung halten. Zuletzt taten sie das nämlich häufig nicht, wie Öl-Analyst Thomas Hartmann von Altawest Worldwide bestätigt. Die einzelnen Staaten fördern über ihre offiziellen Quoten hinaus und beschummeln ihre Kartell-Kollegen, um für sich selbst höhere Gewinne einzustreichen.

Dieser interne Betrug ist ein offenes Geheimnis, weshalb es auch offizielle und inoffizielle Förderquoten gibt – die beiden trennen zur Zeit eine halbe Million Fass. Die neuen, gesenkten Quoten sollen nun von den offiziellen, niedrigeren Mengen ermittelt werden, droht die Opec, doch das beeindruckt längst niemanden mehr.

Zumal die Opec nicht nur bei den Quoten mogelt, sondern noch einen anderen Fehler begangen hat. Man hat, so Rakesh Shankar von Moody´s, in der jüngsten Sitzung die ungenutzten Kapazitäten verdoppelt. Bis zu 3 Millionen Fass pro Tag wären noch drin, heißt es aus dem Kartell, und damit hat der Markt offensichtlich keine Grund zur Sorge. Das letzte Mal als die Opec von derart großem Förderpotenzial gesprichen hat, lag der Ölpreis bei 30 Dollar, erinnert sich Shankar.

Auf 30 Dollar wird der Rohstoff in nächster Zeit wohl dennoch nicht sinken, dafür sorgt schon der im Winter allgemein höhere Bedarf, zudem gibt es auch noch die Krisen in zahlreichen Öl-Staaten außerhalb des Kartells, etwa der Streit mit Venezuela oder die Angriffe auf Öl-Firmen in Nigeria.

All das macht die Opec langfristig zum wichtigsten Partner der USA, wenn es um Öl-Lieferungen geht. Ganz nach Belieben kann das Kartell die Preise aber nicht diktieren, dass hat der Markt in den letzten Tagen bewiesen.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.

Starlight 30-10-2006 21:08

Wal-Mart´s Fashion-Faux-Pas

Wäre alles nach Plan gelaufen, würden sie heute feiern bei Wal-Mart. Eine trendige Mode-Kollektion sollte neues Publikum anlocken, vor allem von außerhalb der Unterschicht. Das hätte die Umsätze gesteigert und den Gewinn über Jahre hinaus hoch halten sollen. Doch so kam es nicht – die Oktober-Bilanz enttäuscht bitter.

Mit einem Umsatzwachstum von 0,5 Prozent blickt Wal-Mart auf den schwächsten Monat seit mehr als sechs Jahren. Das ist umso bitterer als man zunächst mit einem Plus von 2 bis 4 Prozent gerechnet hatte, und nun auch noch unter den später revidierten Erwartungen von 1 Prozent gelandet ist. Doch was CEO Lee Scott mehr grämen wird als bloße Zahlen, ist, dass die Umsätze wohl nicht trotz einer neuen Strategie schwach waren – sondern wegen der neuen Strategie.

Denn Wal-Marts Plan, sich ganz nach dem Modell des Konkurrenten Target ein wenig aus dem Tiefstpreissegment heraus zu wagen, ging völlig daneben. Die Modelinie „Metro 7“ kam nur in einigen ausgesuchten Märkten an. Da half es nicht, dass Wal-Mart eigens die amtierende Miss Universe, Dayanara Torres, als Model angeheuert hatte. „Metro 7“ lag wie Blei in den Regalen, an den schickeren – und teureren Blusen und Hosen liefen die Kunden vorbei.

Ein ebenso bitteres Schicksal war übrigens der Herren-Kollektion „Exsto“ beschert, auch eine Linie von Designer Mark Eisen kam nicht an, und die organischen Baby-Artikel aus der Kollektion „George“ sind auch nicht der Renner.

So enttäuschend das für Wal-Mart ist, ist es doch nicht überraschend. Die Kundschaft des weltgrößten Einzelhändlers will keine organischen Extras und ist auch nicht am trendigsten Outfit interesseiert, sondern ganz allein am niedrigsten Preis. Den hat Wal-Mart, und sonst nichts. Während dem Konkurrenten Target mit Designer-Mode und qualitativ hochwertigen Artikeln schon vor Jahren ein cooles Images gelang – viele Amerikaner sprechen den Laden mit gespieltem französisch „Tar-schee“ aus – ist Wal-Mart am selben Konzept gescheitert.

Der Einzelhandels-Analyst Howard Davidowitz kann nicht fassen, dass das Unternehmen die Gefahren eines Image-Wechsel nicht erkannt hat. „Kaum ein Händler hat ein so gefestigtes Image wie Wal-Mart“, anerkennt der Experte. „Ein solches Image lässt sich nicht so einfach ändern.“ Über die Kleider-Abteilung schon gar nicht. Wal-Mart verkaufe nun mal keine Mode, sondern höchstens Körperbedeckungen.

Wal-Mart CEO Lee Scott stimmt zu. „Wir haben es übertrieben mit der Mode“, meint er. „Wir müssen daran denken, wer wir sind.“

Das Hochpreis-Segment muss Wal-Mart dennoch nicht komplett abschreiben. Mit organischen Lebensmitteln und Elektronikgeräten von Kameras über mp3-Spielern bis hin zu Computern ist dem Unternehmen ein Einstieg bei Kunden oberhalb der Unterschicht gelungen, das noch ausbaufähig ist. Allein, Mode und Design sollte man anderen Händlern überlassen.



Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.

Starlight 31-10-2006 20:43

Strategien zu Halloween

Es gibt keine Statistik darüber, wer an Halloween mehr verdient: Die Süßwaren-Industrie oder die Zahnärzte. Sicher ist aber, dass an letztere keiner denken mag, der am Dienstagabend irgendwo zwischen New York und Nebraska durch die Nachbarschaft zieht und mit der knappen Forderung „Trick or Treat“ um ein paar Schleckereien bittet.

Die Schleckereien bekommen die Kinder meist. Schließlich will keiner, dass nachher ein Halloween-Spuk auf dem Haus lastet und irgendwelche Geister den Schlaf rauben. Jeder anständige Amerikaner hat also einen riesigen Korb Süßigkeiten gleich neben der Tür stehen. Darin geht es bunt zu, es tummeln sich Schokoladen und Schokoriegel, Lakritz, Bonbons, Marshmallows – und meist hat bei der Auswahl der Ware nur eines eine Rolle gespielt: der Preis.

Was billig ist, ist nicht immer gut – vor allem nicht im Süßigkeitenregal. Die bunten Packungen, die in den Wochen vor Halloween in allen Supermärkten gleich am Eingang lagerten, sind Kalorien- und Zuckerbomben. Während sich Politiker immer mehr um Übergewicht als neue Volkskrankheit sorgen und die amerikanische Gesundheits-Lobby zu gesunden Snacks rät, kämpfen die Süßwaren-Hersteller um ihren Markt. Mit kreativen Mitteln.

So gibt es vor Halloween nicht nur alle möglichen „Treats“ im preisgünstigen Sammelpack, sondern – noch verlockender – in neuen Varianten, manchmal streng limitiert. Da wird für sechs Wochen statt normaler Michschokolade weiße Schokolade genommen, da hat das Snickers eine Kürbisform. Hershey hat es vor einigen Jahren schon vorgemacht, die übrigen Hersteller sind schnell nachgezogen, und zur Zeit dürfte M&M der Anbieter mit den besten Einfällen sein. Nicht nur zu Halloween übrigens, sondern auch über´s Jahr verteilt zu allen möglichen Anlässen. Weiße M&Ms stellten Perlen dar als die kleinen Chocolates Werbung zum Piraten-Film „Fluch der Karibik“ machten, schwarze M&Ms in den Tüten erinnerten an „Darth Vader“, während der letzte „Star-Wars“-Streifen lief.

Für die Süßwarenbranche hat eine „Limited Edition“ übrigens gleich zwei Vorteile. Einerseits schlagen Kunden verstärkt zu aus purer Angst, etwas zu verpassen. Andererseits lassen sich auf diesem Wege neue Geschmackstrends erproben. Denn über die Verkaufserfolge lässt sich schnell ausrechnen, wie gut ein Riegel mit Kürbisgeschmack ankam, oder ob die neue Schoko-Marshmallow-Kombi ankommt. So lassen sich effektivere Produkt-Strategien entwickeln als zuvor. Denn wenn der Kunde mit dem Geldbeutel abgestimmt hat, ist das für jeden Süßigkeiten-Hersteller ein zuverlässigeres Urteil als frühere Geschmacksumfragen.

Auf eines jedenfalls können sich die Unternehmen verlasen – auch ohne Umfragen. Gewisse Wünsche der Gesundheits-Apostel werden wohl nie in Erfüllung gehen. So bleibt der Cartoon in der Halloween-Ausgabe von „Time“ wohl immer ein Witz: Da steht ein kleiner Geist und hält verstört ein Stück Brokkoli in der Hand. Doch das würde wohl kein Amerikaner den Kids antun, und das wiederum freut auch den Zahnarzt.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.

Starlight 01-11-2006 21:02

Was bringt der goldene Herbst?

Im Central Park färben sich die Blätter, doch wirklich golden ist der New Yorker Herbst an der Wall Street. Die großen Indizes klettern und klettern, sowohl die Blue Chips als auch der breite Markt haben im September und Oktober um mehr als 6 Prozent zugelegt – dabei gehören die beiden Monate historisch betrachtet zu den schwächsten.

Man fährt dem Markt angesichts einer so starken Performance ja ungern in die Parade. Doch stellt sich kritischen Experten – und die gibt es immer mehr auch auf dem Parkett – die Frage, ob die jüngste Rallye auf einem so soliden Fundament steht, wie man sich das angesichts der historischen Höchststände wünschen werden.

Knappe Antwort: Nein.

Es gibt zahlreiche Faktoren, die den Markt bedrohen. Unklar ist nur, wann das ein oder andere Szenario eintrifft, oder ob eines Tages gar eine Kettenreaktion ausgelöst wird, da alle für den Markt gefährlichen Aspekte irgendwie miteinander verknüpft sind. Fast alle, streng genommen, denn etwas losgelöst von allen anderen Dingen handeln die Rohstoffe. Der Ölpreis hat in den letzten Wochen dramatisch nachgegeben, was dem Markt gut gefallen hat. Doch könnte das schwarze Gold schnell im Preis steigen, wenn die Opec ihre Förderaquoten tatsächlich kürzt, sich die internationalen Krisen wieder etwas vertiefen oder wenn der Winter sehr kalt wird und die Nachfrage steigt.

Doch abgesehen vom Ölpreis bestimmen manche Faktoren den Markt, die sich schnell verschieben können. Da wären die hohen Bilanzdefizite. Die Schulden der USA im Ausland gefährden die Stabilität des Dollar, denn China und Co. könnte eines Tages der Appetit auf den Greenback vergehen. Ein schwächerer Dollar würde steigende Zinsen mit sich bringen.

Steigende Zinsen, die in der aktuellen Einschätzung der Fed-Politik nicht vorgesehen sind, bedrohen den Immobilienmarkt. Geht es für die Häuser weiter bergab, können die Amerikaner aber auch weniger Geld auf ihren Besitz leihen, was die Verbraucherausgaben drücken könnte. Diese stehen aber nicht nur hinter zwei Dritteln der amerikanischen Wirtschaft, sondern wirken sich direkt auf verschiedene Bereiche aus:

So würden sinkende Ausgaben die Unternehmensgewinne beeinträchtigen, und in letzter Konsequenz auch den Arbeitsmarkt.

Das eigentlich Schlimme an dieser Folge von Szenarien: Sie ist nicht unwahrscheinlich. Der Markt hat sich zuletzt über viel Unsicherheit hinweggesetzt. Bisher ist alles gutgegangen. Doch ist die Wall Street keine Einbahnstraße, und im Herbst färben sich bekanntlich die Blätter nicht nur golden – sie fallen auch.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.

Starlight 02-11-2006 19:17

Potemkinsche Dörfer in US-Malls
In den Wochen bis Weihnachten mag der Einzelhandel mehr als sonst im Vordergrund stehen. Doch auch außerhalb der Fest-Saison ist die Branche spannend, weil nah am Verbraucher. Analysten und Anleger warten daher nicht untätig auf Umsatzzahlen, sondern sehen sich immer wieder nach richtungsweisenden Trends um.

Einen neuen Trend können Amerikaner derzeit in Malls im ganzen Land entdecken. Immer mehr Modeketten stellen ein Konzept auf den Kopf, das dem Einzelhandel mehr als hundert Jahre lang gedient hat: das Schaufenster. Statt hinter großflächigen Scheiben die neueste Ware auszulegen und Kunden zu ködern, verstecken sich manche Läden hinter Backsteinmauern und hölzernen Fensterläden.

Dabei schämt man sich nicht etwa für ein schlecht ausgesuchtes Sortiment. Vielmehr schafft man Atmosphäre durch potemkinsche Bauten, die weniger die kalt geflieste Mall mit Gedränge und Fast-Food repräsentieren als das Flair einer Altstadt. In manchen Einkaufsmeilen in New Jersey sieht es mittlerweile aus wie in New Yorks schicken Greenwich Village – oder jedenfalls so, wie sich New Jersey das Greenwich Village vorstellt.

Trendsetter ist – wie oft im Mode-Bereich – Abercrombie & Fitch. Das Unternehmen steht nicht nur hinter der gleichnamigen Marke, sondern auch hinter Ruehl No. 925 und Hollister, die das A&F-Publikum auf Mitt-Dreißiger und Surf-Fans ausdehnen. So unterschiedlich die Zielgruppen, so unterschiedlich das Ladendesign: Hinter dem Altstadt-Bau verbirgt sich Ruehl, während die Westküsten-Mode von Hollister in einer Art Surf-Shop mit rohen, weißen Bretterwänden feilgeboten wird.

Das verbessert nicht nur die Einkaufs-Atmosphäre, sondern soll auch mehr Kunden in den Laden ziehen. Der Versuch ist gewagt, wie viele Einzelhandels-Analysten bestätigen. Denn nicht jeder Mall-Kunde kommt mit ausreichend Neugier, um mangels Schaufenster hinter die Kulissen zu blicken. Manche laufen einfach weiter. Doch erste Studien haben ergeben: Vor allem das jüngere Publikum fühlt sich von dem weniger transparenten Design eher angezogen als abgeschreckt.

Für junge Kunden scheint der „versteckte Verkauf“ der neuesten Mode sogar deren Schein von Exklusivität zu erhöhen. Branchenanalyst Baco Underhill vergleicht die blickdichten Mauern mit der Samtkordel, mit der New Yorker Clubs abgesperrt sind – und vor deren Türen sich am Wochenende hunderte von Fans aufreihen, die begierig auf Einlass warten.

Dass sich im Gegenzug manch ein Kunde in den Laden verirrt, der gar nicht zum angebotenen Sortiment passt, stört die Unternehmen nicht. Älteren Herren im dunklen Anzug müsse man zwar hin und wieder erklären, dass sich die laute Musik und bunte Mode mit provokanten Schriftzügen an 20-jährige Mädchen richte, geben Angestellte bei A&F in New Jersey zu, doch stört sich daran keiner.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.

Starlight 02-11-2006 19:19

Aktien-Rally nimmt Fahrt auf

Von Mark Arbeter

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http://www.faz.net/aktuell/finanzen/...f-1255797.html

Starlight 03-11-2006 19:04

Die Wall Street sieht grün

An der Wall Street sieht man grün. Das wäre nichts neues, ginge es nur um Dollarbündel oder steigende Aktien. Seit einiger Zeit aber hält der Umweltschutz Einzug im New Yorker Finanzviertel. Immer mehr Banken und Broker arbeiten Energie sparend – vielleicht, weil sie die steigenden Öl- und Gaskosten am besten kennen.

Was auch immer sich an der Wall Street abspielt, hat mit Geld zu tun. So üben sich die Unternehmen zwar im Umweltschutz und schonen Ressourcen – am Ende sparen sie aber auch gewaltig, und das könnte Nachahmer auf den Plan rufen. An Beispielen mangelt es nicht:

Bei der Credit Suisse in Manhattan stehen tief im Keller sechzig mit Neopren beschichtete Eis-Tanks, die jeweils zweieinhalb Meter hoch sind und einen Durchmesser von zwei Metern haben. Wenn die Broker schlafen produzieren sie mit billigem Nachtstrom tonnenweise Eis. Das wird dann tagsüber ins zentrale Kühlsystem eingespeist, an dem nicht nur die Klimaanlage hängt, sondern auch die Aggregate, die Computer und Großrechner lüften.

Die zeitversetzte Eis-Herstellung spart der Großbank bares Geld. Der Stromverbrauch in Spitzenzeiten ist um 900 Kilowatt niedriger, man spart bis zu 1 Million Dollar im Jahr. Die Anschaffungskosten sollen in zweieinhalb Jahren ammortisiert sein, ein Jahr früher als geplant.

Ein weiteres eindrucksvolles Beispiel für Energiesparer setzt Goldman Sachs. Das neue Hauptquartier in Jersey City ist eines der größten Gebäude in den USA, denen das Umweltsiegel zuerkannt wurde. Der Wolkenkratzer speichert Tageslicht, nutzt Regenwasser für sein Kühlsystem und hat sogar die Außenwände danach gestaltet, für Zugvögel sichtbarer zu sein, um deren Todesrate zu senken.

Andere Broker nehmen sich Goldman Sachs zum Vorbild. Morgan Stanley lässt gerade ein Kühl- und Eissystem installieren und beschäftigt dazu die Experten, die beim Konkurrenten schon zugange waren.

Einen besonderen Anreiz bietet den Unternehmen übrigens der Staat. New York hat sich mit 300 000 Dollar an den umweltbewussten Investitionen bei der Credit Suisse beteiligt, bei Morgan Stanley hat man 820 000 Dollar zugeschossen.

Die Subventionen scheinen sich auch für den Staat auszuzahlen. „Es ist lobenswert, dass die Großbanken ihre Energieeffizienz verbessern“, meint Peter Smith, der Leiter der zustäbndigen Energiebehörde. „So große Projekte dienen als Modell für andere Unternehmen, die ihrerseits anfangen Energie zu sparen.“

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 07-11-2006 17:59

Die Wall Street und die Wahlen

Auf den ersten Blick ist alles ganz einfach: Gewinnen die Republikaner die heutigen Kongresswahlen, klettert die Börse weiter. Gewinnen die Demokraten die Mehrheit, brechen die Börsen ein. Doch so leicht lässt sich der Handel nur kurzfristig vorhersagen, die langfristigeren Prognosen sehen ganz anders aus.

Die Wall Street ist zu komplex, als dass sich der Ausgang der Kongresswahlen in zwei Sätzen zusammenfassen ließe. Entsprechend legen die Analysten von Merrill Lynch auch Wert darauf, dass ihre Vorhersagen nur kurzfristig zu nehmen sind: Eine kurze Rallye, wenn die Republikaner stärker abschneiden als es zuletzt schien, und eine kurze Korrektur, wenn die Demokraten die Mehrheit in beiden Häusern holen.

Darüber hinaus ist eine anhaltend gute Performance der Aktienmärkte naheliegend, denn der Handel setzt sich schon seit geraumer Zeit mit großem Optimismus über politische oder andere Bedenken hinwegsetzt. Seit Monaten klettern die großen Indizes von einem auf das nächste Hoch, obwohl hin und wieder Zahlen und Daten gemeldet werden, die eine Korrektur durchaus nahelegen könnten.

Das beste Szenario für die Wall Street indes scheint eines zu sein, vor dem den Wählern graut: Die Demokraten holen die Mehrheit im Repräsentantenhaus, die Republikaner halten den Senat. Damit wäre die Regierung für die nächsten zwei Jahre weitgehend blockiert, große Reformen könnten nicht stattfinden. Das wäre Investoren nur recht, denn es läuft ja ganz gut zur Zeit – jeder drastische Richtungswechsel in Washington gefährdet also die Gewinne, an die man sich zuletzt gewöhnt hat.

Viel lieber als den gesamten Markt betrachten Experten am Wahltag aber einzelne Branchen. Bei einem Sieg der Demokraten gibt es – der allgemeinen, oberflächlichen Einschätzung entsprechend – klare Verlierer, allen voran die Rüstungswerte. Zwar dürften die Demokraten die Verteidungsausgaben nicht einfach so kürzen, doch dürften zahlreiche Aufträge künftig mit mehr Wettbewerb ausgeschrieben und strenger verhandelt werden. Gefälligkeits-Deals wie zahlreiche der Aufträge für Halliburton würden wohl der Vergangenheit angehören, ebenso wie die gefällige Behandlung der Öl- und Gas-Riesen. Für die wären Sondersteuern auf die jüngsten Rekordgewinne ebenso möglich wie hohe Auflagen im Zusammenhang mit der Förderung.

Unter den Verlierern fände sich auch der Pharma-Sektor, ein besonderer Liebling der Bush-Regierung. Unter einer demokratischen Mehrheit dürften die staatlichen Krankenkasen schnell das Recht bekommen, Preise für Medikamente wieder mit den Unternehmen zu verhandeln. Das durften sie zuletzt nicht, was Pfizer und Co. hohe Margen sicherte.

Es dürfte unter einer demokratischen Mehrheit aber auch zahlreiche Gewinner geben, und dazu gehören nicht nur die klischeemäßig dauernd angeführten Umwelt-Werte. Diese, vor allem Unternehmen in der Gewinnung alternativer Energien, dürften zwar profitieren, aber auch andere Sektoren, wie etwa die staatlich unterstützten Kredit-Institute wie Fannie Mae und Freddie Mac. Diese Firmen, die Hypotheken finanzieren, dürften mehr Gewicht bekommen, während es Banken schwerer fallen dürfte, Abzock-Kredite mit Wucherzinsen am Markt zu halten.

Unter den mölichen Gewinnern im Rahmen eines Sieges der Demokraten sehen Analysten auch den Metall-Sektor. Der litt zuletzt stark unter Importen, die Washington einschränken könnte. Obwohl es genug Kritiker gibt, die jede Form von Protektionismus für marktschädigend halten, liegt auf der Hand, dass Alu- und Stahl-Aktien zulegen dürften, wenn Lieferungen aus dem Ausland mit Einfuhrtarifen belegt würden.

Die amerikanischen Börsen dürften wohl bereits im Mittwochshandel – also wenige Stunden nach Bekanntwerden der Ergebnisse – auf den Ausgang der Kongresswahlen reagieren. Anhaltende Bewegungen dürften sich aber erst über einen langfristigeren Zeitraum einstellen.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 08-11-2006 18:27

Wahlthemen: Mindestlohn, Abtreibung und mehr

Der Machtwechsel in Washington dürfte die Wall Street nicht nachhaltig belasten – einige Branchen aber schon. Zum Beispiel den Einzelhandel, die Fastfood-Ketten oder andere Dienstleister, denn die müssen wohl bald den Mindestlohn für ihre Mitarbeiter anheben.

Den Mindestlohn anzuheben, der seit 1997 unangetastet bei 5,15 Dollar pro Stunde liegt, ist wohl das eiligste Projekt für die Demokraten, die nach den Kongresswahlen die Mehrheit im Abgeordnetenhaus haben und möglicherweise auch den Senat kontrollieren werden. Während sich viele Politiker Ziele für die ersten hundert Tage setzen, will die neue Sprecherin des Abgeordnetenhauses, die Kalifornierin Nancy Pelosi, den Mindestlohn schon „in den ersten hundert Stunden“ durchboxen.

Auf allzu harten Widerstand wird sie dabei nicht stoßen, nicht einmal von Seiten der Republikaner. Die haben den Mindestlohn zwar bewusst niedrig gehalten und hätten eine Anhebung – nicht einmal um die Inflation auszugleichen – nie und nimmer auf der Agenda gehabt. Doch hat der Wähler seine Meinung in diesem Bereich deutlich gemacht. Nicht nur mit einer generellen Absage an die Republikaner, die wohl mehr mit der Krise im Irak zusammenhängt als mit konjunkturellen Hintergründen, sondern auch mit Abstimmungen in sechs Staaten, in denen das Thema Mindestlohn mit auf dem Wahlzettel stand.

In allen sechs Staaten, in Ohio, Missouri, Montana, Nevada, Arizona und Colorado sprach sich die klare Mehrheit der Wähler für einen höheren Mindestlohn aus. In Ohio votierten 56 Prozent für eine Anhebung um 33 Prozent auf 6,85 Dollar, in den übrigen Staaten geht es zunächst um Anhebungen auf 6,15 Dollar bis 6,50 Dollar – oder auf das nationale Niveau, sollte das noch höher sein. Es wird: Bekanntes Ziel der Demokraten im Kongress ist eine Anhebung um ganze 40 Prozent auf 7,25 Dollar.

Die Mindestlohn-Debatte war im Rahmen des allgemeinen Wahlkampfes sehr heftig geführt worden. Zahlreiche Branchenverbände wie der Verband der unabhängigen Klein-Unternehmenr, die National Federation of Independent Business, oder die National Restaurant Association drohten mit katastrophalen Folgen für den Arbeitsmarkt. Höhere Löhne führten direkt zu weniger Arbeitsplätzen, hieß es – offensichtlich ohne Wirkung bei einer Mehrheit der Wähler, denen mehr an höheren Löhnen im Sinne sozialer Gerechtigkeit lag.

So spielten in die Entscheidung mancher Wähler neben den rein wirtschaftlichen und konjunkturellen Überlegungen aus moralische Gedanken ein. Die Frage um den Mindestlohn war auch nicht die einzige, die per Referendum direkt vom Bürger zu beantworten war:

In South Dakota stimmten die Bürger gegen ein totales Verbot von Abtreibungen, das die schärfste Gesetzgebung in diesem Zusammenhang im ganzen Land gewesen wäre. In Kalifornien und Oregon fand sich nicht einmal eine Mehrheit für ein Verbot von Abtreibungen bei Minderjährigen ohne Kenntnis der Eltern.

Die Konservativen setzten sich hingegen in einer anderen Moral-Frage durch, die Amerika seit Jahren beschäftigt: Die Homo-Ehe wurde per Referendum in Colorado, Idaho, South Carolina, South Dakota, Tennessee, Virginia und Wisconsin verboten. In drei Staaten, Colorado, South Dakota und Nevada, ist auch künftig der Besitz von Marihuana nicht erlaubt, in Missouri hingegen die Stammzellen-Forschung, was unter anderem mit dem Engagement von Parkinson-Patient Michael J. Fox zusammenhängt.

Über eine interessante Idee, künftig mehr Amerikaner an die Wahlurne zu locken, stimmten die Wähler in Arizona ab: Die Verlosung von 1 Million Dollar unter allen Wählern wird es aber laut Mehrheits-Votum nicht geben – die Demokratie zur Lotterie verkommen zu lassen, ging den Bürgern im Grand-Canyon-State dann doch zu weit.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 09-11-2006 20:12

Bittere Pillen für Pfizer & Co.

Ob da noch Medikamente helfen? Den zweiten Tag in Folge stellen die Pharmazeuten die drei größten Verlierer im Dow. Ohne die Rückendeckung der republikanischen Regierung wird es die Branche in nächster Zeit nicht leicht haben. Anleger wissen das und stoßen ab, was an Pharma-Aktien im Portfolio liegt.

Dass Investoren bei Pfizer, Merck und Co. aussteigen, hat einen ganz einfachen Grund. An die jüngsten Gewinne können die Unternehmen wohl nicht mehr anknüpfen, wenn sie bald wie andere Unternehmen auch in einem nicht regulierten marktwirtschaftlichen Umfeld operieren müssen. Das mussten sie bisher nicht, denn mit großzügigen Spenden an Bush und seine Freunde hatten die Unternehmen den mächtigeren Teil Washingtons auf ihre Seite gebracht und sich ein Biotop anlegen lassen, in dem Gewinnmargen gedeihen konnten wie in kaum einer anderen Branche.

Dazu setzten die Republikaner kurzerhand sämtliche Gesetze der freien Marktwirtschaft auseinander, bis hin zur goldenen Regel, nach der Angebot und Nachfrage den Preis einer Ware bestimmten. In der Pharma-Industrie machten in den letzten Jahren nämlich ganz einfach die Unternehmen den Preis – und der Kunde fügte sich. Nicht nur der kleine Mann, wohlgemerkt, sondern auch die größten Abnehmer, allen voran die staatlichen Krankenkassen.

Denen war es unter den Republikanern per Gesetz verboten, direkt mit den Pharmazeuten über Preise zu verhandeln. Die Unternehmen verlangten einfach was sie wollten, und die Kassen zahlten. Alternativen gab es nicht, zumal die Regierung auch den Import von Medikamenten aus dem Ausland verboten hatte.

Selbst aus dem Nachbarsland Kanada konnten Amis ihre Pillen in den letzten Jahren nicht beziehen – aus Sicherheitsgründen, wie die Bush-Regierung zu betonen nicht müde wurde. Das war natürlich völliger Unsinn, denn die Medikamente, die die Amerikaner gerne aus Kanada importiert hätten, waren nichts anderes als die Produkte der amerikanischen Unternehmen, die sie vorher nach Kanada exportiert und dort zu einem deutlich geringeren Preis auf dem Markt hatten.

Mit dem Machtwechsel in Washington werden solche Sonderkonditionen für die Industrie bald Geschichte sein. Die Unternehmen müssen sich auf normale marktwirtschaftliche Konditionen einstellen, und darunter werden die Margen leiden. Aktien haben bis dahin nur eine Chance: Anleger könnten nach Einbrüchen um ein paar Prozent doch wieder einsteigen und darauf bauen, dass es selbst ein demokratischer Kongress in D.C. nicht leicht haben wird, der Pharmabranche das Handwerk zu legen, solange Präsident Bush ein Veto-Recht hat.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 10-11-2006 20:37

Rekord-Boni an der Wall Street

Die Wall Street ist eine Zwei-Klassen-Gesellschaft. Am Knotenpunkt des internationalen Finanzgeschehens arbeiten Tausende, die jeden Morgen mit der U-Bahn ins Büro fahren – ich selbst bin einer von ihnen. Andere, nicht ganz so viele, nehmen die Limousine und lassen sich an der Ecke Broadway/Wall Street absetzen.

In den nächsten Monaten dürfte die Zahl der U-Bahn-Passagiere ein wenig sinken, die der Limos zunehmen, denn die Investmentbanken schütten ihre Boni aus, die so hoch sind wie nie zuvor.

Zum Ende eines Jahres, in dem die Börse nicht nur eine beachtliche Rallye gesehen hat, sondern auch mehr Übernahmen denn je zuvor, schütten die Investmenthäuser Morgan Stanley, Merrill Lynch und Lehman Brothers insgesamt 36 Milliarden Dollar an ihre 173 000 Angestellten aus. Dazu kommen Milliarden-Boni, die bei den Großbanken Citigroup, Bank of America und J.P. Morgan fällig werden.

Freuen tun sich darüber nicht nur die Bedachten, sondern alle Anleger – zumindest theoretisch. Denn die stattlichen Weihnachtsgelder dürften zu gut 50 Prozent in den Immobilienmarkt fließen, wie erste Umfragen zeigen, und dort die Preise stabilisieren.

Der Rest dürfte in Luxus und Konsum gehen, was die Konjunktur ebenfalls stützt. Einige Einzelhändler reiben sich die Hände. „Wenn es der Wall Street gut geht, geht es uns gut“, meint der Chef der New Yorker Ferrari- und Maserati-Niederlassung, der sich auf all jene Finanzjongleure freut, die lieber selbst am Steuer sitzen als den Chaffeur fahren zu lassen.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 13-11-2006 18:59

Die Hightech-Agenda der Demokraten

Die amerikanischen Börsen haben den unerwartet deutlichen Sieg der Demokraten bei den jüngsten Wahlen besser verkraftet als erwartet. Von einer kurzzeitigen Korrektur, die viele Analysten prophezeiht hatten, ist nichts zu sehen. Anleger haben erkennt, dass das Klischee von den Demokraten als Gefahr für das Wirtschaftswachstum nicht stimmt.

Dass unter einer möglichen demokratischen Führung die Steuern explodieren und die Wirtschaft einbrechen würde, gehörte in den Wochen vor den Kongresswahlen ebenso zu den Angstbildern in republikanischen Werbespots wie die seit Jahren propagierte Aussage, dass die Partei das Land nicht vor Terroristen schützen könnte und über die Einführung der Schwulenehe die Weiten zwischen New York und Kalifornien in einen großen Sündenpfuhl verwandeln würde.

Je mehr sich die Wall Street nun mit dem Klischee der Demokraten auseinandersetzt, desto mehr bröckelt es. Sicher, es gibt einige Unternehmen in Corporate America, die sich einen Sieg der Republikaner gewünscht hätten. Viele aber vor allem, weil sie sich jahrelanger Lobby-Arbeit und mit Millionen-Spenden den ein oder anderen korrupten Politiker gekauft hatten und seit Jahren mit Rückendeckung aus Washington absahnen konnten. Hauptverlierer mit den Republikanern sind die Pharma-, die Öl- und die Rüstungsindustrie.

Andere Sektoren dürften hingegen vom Wahlsieg der Demokraten und dem damit verbundenen Machtwechsel im Kongress profitieren. Allen voran die Hightechs. Vor allem die prominente Stellung der kalifornischen Abgeordneten Nancy Pelosi, die von der Oppositionsführerin zur Sprecherin des Repräsentantenhauses und damit hinter Präsident Bush und seinem Vize Cheney zur Nummer Drei in den USA wird, könnte einigen Unternehmen neue Möglichkeiten eröffnen.

Zu Pelosi haben zahlreiche Hightechs einen kurzen Draht. Die meisten Branchenriesen sind im Silicon Valley angesiedelt und damit in einem der wichtigsten Bezirke in Pelosis Staat. Zwei nahe Verbündete Pelosis, die regionalen Abgeordeneten Anna Eshoo und Zoe Lofgren aus dem Silicon Valley, werden direkt von Apple-Chef Steve Jobs, Yahoo-Gründer David Filo und zahlreichen Chefs von Hewlett-Packard unterstützt.

Sie alle dürften in den nächsten Jahren von einer Hightech-Agenda profitieren, die längst zum Parteiprogramm der Demokraten gehört. In ihr stehen Forderungen nach Breitband-Zugriff auf das Internet für alle Amerikaner, also auch in strukturschwachen Regionen, oder der flächendeckende Ausbau des Wi-Fi-Netzes in den ganzen USA, der bis 2010 kabellosen Internetzugang an jedem Punkt des Landes ermöglichen soll.

Jedem Amerikaner überall Zugang zum Internet zu gewähren ist ein Projekt der Pelosi-Fraktion, ein anderes ist die künftige Kostenstruktur im Web. Die Demokraten haben sich stets für Gleichberechtigung im Netz ausgesprochen und gegen ein von den Republikanern und der Telekom-Industrie befürwortetes Konzept, nachdem Breitband-Leitungen mit eigenen Gebühren belegt werden würden. Was den Telekom-Firmen eine zusätzliche Einnahmequelle beschert hätte, hätte im Netz eine Zweiklassen-Gesellschaft geschaffen, die Branchenriesen Yahoo und Google, Microsoft und Ebay kämpfen dagegen seit langem.

Auf die Unternehmen kommen unter der demokratischen Mehrheit viel Arbeit und viele Chancen zu. Entsprechend wichtig ist für die Branche, weiterhin auf die besten Hightech-Spezialisten der Welt zurückgreifen zu können. Das war bislang schwierig, denn die Zahl der H-1B-Visa für spezialsierte Techniker ist seit acht Jahren auf 65 000 pro Jahr festgelegt – diese Obergrenze soll nun angehoben werden. Die Republikaner hatten dies im Zuge der allgemeinen Einwandererdebatte verhindert, um vor dem Wähler als prinzipientreu dazustehen, obwohl es im eigentlichen Sreit um Visa in den letzten Jahren nicht um Hightech-Spezialisten aus Indien ging, sondern um illegale Einwanderer aus Mexiko, die sich mit Billigjobs durchschlagen.

Die hätten den Hightech-Sektor wohl nicht vorangetrieben, die von den Demokraten wieder umworbene Zielgruppe der studierten Spezialisten jedoch sehr wohl. In den nächsten zwei Jahren hat die Branche nun ein Potenzial wie seit langem nicht mehr.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 14-11-2006 18:47

Pilgerfahrt nach Washington

In schweren Krisen unternahmen Menschen schon immer Pilgerfahrten, um sich Heilung zu erbitten. Dieser lieben Tradition folgen am Dienstag die Chefs der drei großen Automobil-Hersteller, die gleichwohl nicht an eine heilige Stätte reisen, aber zumindest nach Washington, um sich von der Regierung retten zu lassen.

Rick Wagoner von GM, Alan Mulally von Ford und Tom LeSorda von DaimlerChrysler könnten Glück haben. Wider alle Erwartungen könnten ausgerechnet sie vom Wahlsieg der Demokraten profitieren, obwohl mit deren Machtübernahme in Washington auch manches Gesetz droht, dass die Unternehmen auf neue Wege zwingen wird. Mit einem demoratisch geführten Kongress kann es ungemütlich werden für die Autobauer, doch ist auch Rettung in Sicht.

Denn den Demokraten liegt an einer umfassenden Gesundheitsversorgung für alle Amerikaner, und im Zuge einer Reform wollen sie sich für Verbesserungen bei Medicare einsetzen, der staatlichen Krankenversicherung. Die folgt zur Zeit seltsamen Richtlinien, die unter Präsident Bush beschlossen worden sind. So werden für Rentner beispielsweise die Kosten für Medikamente bis zu 2250 Dollar pro Jahr übernommen. Ausgaben darüber müssen die Rentner selbst tragen, bis sie eine Marke von 5100 Dollar erreichen und der Versicherungsschutz wieder einspringt.

Während Rentner in den ganzen USA persönlich unter dieser Regelung leiden, geht es all denen gut, die einmal bei GM und Ford am Band standen. Deren Kosten im Bereich zwischen 2250 und 5100 Dollar werden nämlich von den früheren Arbeitgebern übernommen, wie es im Tarifvertrag steht.

Den Unternehmen passt das nicht, die hohen Renten haben die Margen schon immer gedrückt, durch die sonderbare Regelung in der Krankenversicherung sind die Lohnnebenkosten noch stärker gestiegen. Das könnte sich jetzt ändern, wenn die Demokraten das Loch schließen und die staatliche Krankenversicherung für alle Beträge einspringen lassen. „Die großen Drei“ könnten jährlich bis zu 500 Millionen Dollar sparen.

Ganz umsonst werden die Unternehmen ein solches Geschenk nicht bekommen, zumal es die Amerikaner teuer zu stehen käme. Die Gesundheitsreform soll Experten zufolge bis zu 200 Milliarden Dollar kosten – allerdings sind soziale Ausgaben eine Priorität für die Demokraten, die wiederum in anderen Bereichen sparen und beispielsweise die Steuervergünstigungen an die Großindustrie senken oder abschaffen wollen.

Die Gegenleistung, die sich die Demokraten wohl von den Automobilfirmen erbitten, sind Reformen bei der Effizienz der Vehikel. Dass GM und Co. seit einigen Jahren Fahrezeuge auch mit Ethanol-Motoren anbieten, reicht nicht aus, zumal es in ganz Amerika weniger als 1000 Tankstellen mit dem Benzin-Mix gibt. Vielmehr dürften die Demokraten für eine drastische Anhebung der Laufleistung pro Liter Benzin eintreten. Dass würde die Konzerne unter Druck bringen, deren größte Margen im Truck- und SUV-Bereich liegen – also bei den Spritschleudern.

Anders als die exorbitanten Kosten für die Krankenversicherung ist das Problem der effizienteren Fahrzeuge aber eines, das die Unternehmen selbst lösen können und müssen. Sie hatten auch lange genug Zeit, haben sich aber in den letzen Jahren mit Rückendeckung aus Washington um neue Technologien nicht bemühen müssen. Bestraft werden sie für ihre Trägheit wohlgemerkt nicht erst jetzt, sondern schon seit Jahren vom Verbraucher. Denn angesichts hoher Spritpreise kauft mittlerweile auch der patriotischste Amerikaner beim Japaner, weil es bares Geld spart.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 16-11-2006 07:27

NYSE rückt näher an Europa

Die New York Stock Exchange schlägt wohl die Brücke über den Atlantik. Nachdem die Deutsche Börse ihr Interesse an Euronext zurückgezogen hat, ist für das New Yorker Traditionshaus der Weg zu einer Übernahme frei. Doch droht schon neue Konkurrenz, und zwar von den Investmentbanken.

Für die Frankfurter scheint das Thema Euronext vom Tisch zu sein. Nachdem die pan-europäische Börse, zu der die Häuser in Paris, Amsterdam und Brüssel gehören, an Gesprächen mit der Deutschen Börse nicht mehr interessiert war, zog man das Übernahmeangebot zurück – zurecht: Die Frankfurter waren zu keinem Zeitpunkt Favorit. Die Euronext hatte stets mit der Wall Street als starkem Partner in den USA geliebäugelt.

Dass man sich in Frankfurt ärgert, was sich an Kommentaren aus dem Management ebenso ablesen lässt wie an der Reaktion der Aktie, ist in New York kein Thema. Die NYSE bereitet sich auf die Expansion nach Europa vor, muss aber plötzlich neue Konkurrenz fürchten. Und zwar von Partnern, gegen die man normalerweise nicht im Wetbewerb steht.

Eine Gruppe von Investmentbanken will nämlich eine eigene Handelsplattform in Europa eröffnen. Unter ihnen sind die Citigroup, die Credit Suisse, die Deutsche Bank, UBS und Goldman Sachs, Morgan Stanley und Merrill Lynch. Damit sind erstmals fast alle „Global Player“ der Branche in ein gemeinsames Projekt integriert, nur zwei große Firmen fehlen: J.P. Morgan und Lehman Brothers.

Der Verbund der übrigen aber könnte für die europäischen Börsen tatsächlich zu einer Gefahr werden, vor allem aber für die London Stock Exchange. Denn dort werden die meisten Deals der beteiligten Firmen abgewickelt, die zur Zeit für etwa die Hälfte des europäischen Handelsvolumen zuständig sind.

Die Deutsche Börse muss sich vor dem neuen Spieler interessanterweise am wenigsten fürchten, denn in Frankfurt werden ohnehin nicht alle Aktien über die Börse direkt gehandelt. Der Anteil der börsenintern abgewickelten Deals ist in London höher, ganz zu schweigen von kleineren Börsen wie der Borsa Italiana. In Rom werden alle Geschäfte direkt über die Börse gemacht, man wird also – vor allem wegen der neuen Regulierungen durch die EU – einen Sonderstatus verlieren und künftig auf mehr Wettbewerb reagieren müssen.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 16-11-2006 17:44

Drei IPOs erzählen drei Geschichten

Drei Unternehmen aus drei verschiedenen Branchen wagen zum Wochenschluss den Sprung an die Börse. Doch die drei IPOs sind höchst unterschiedlich bewertet und geben einen guten Einblick darauf, was an der Wall Street in und out ist. Alles was mit Autos zu tun hat, langweilt Anleger – alles was mit Öl zu tun hat, ist gefragt.

So kommt es, das ausgerechnet die prominenteste und größte Firma vor ihrer Erstnotierung am schwächsten da steht. Der Autovermieter Hertz, der bis vor einem Jahr zu Ford gehörte und dann von einer Investorengruppe um Merrill Lynch und die Carlysle Group ausgekauft wurde, wird 88,2 Millionen Aktien für 15 Dollar an den Mann bringen. Damit ist er Ausgabepreis geringer als erwartet, man hatte ursprünglich eine Spanne zwischen 16 und 18 Dollar pro Papier angestrebt.

Für die zwischenzeitlichen Eigner lohnt sich das Geschäft, denn die verdienen durch den immerhin 1,32 Milliarden Dollar schweren Börsengang dicke Boni. Doch gerade deshalb winken Analysten an der Wall Street ab, zumal das Mietwagen-Geschäft nun einmal nicht zu den Branchen gehört, auf die in naher Zukunft unerwartetes Wachstum zukommen dürfte.

Im Öl-Sektor sieht es da ganz anders aus: Die Halliburton-Tochter KBR wird 27,84 Millionen Aktien zu 17 Dollar platzieren und schafft damit einen Preis am oberen Ende der angepeilten Spanne – daran ändert auch der Machtwechsel in Washington nicht, der Halliburton künftig wohl den direkten Zugang zum Pentagon blocken wird.

Auch das wichtigste IPO der Woche hat mit Öl zu tun, darüber hinaus aber noch mit anderen Rohstoffen. Die Rohstoff-Börse NYMEX gibt erstmals Papiere aus. Damit tritt ein traditionsreicher Handelsplatz aus seinem Schattendasein, der seit 1872 in New York ansässig ist, aber für Privat-Anleger erst eine Rolle spielt, seit Derivate das Interesse an Rohstoffen gehoben haben und der Ölpreis zudem volatiler geworden ist und Konjunktur und Aktienmarkt stärker beeinflusst.

Das Interesse an NYMEX-Aktien ist im Vorfeld so groß, dass die Emmission in den letzten Tagen noch einmal um 10 Prozent vergrößert werden musste. Man gibt nun 6,5 Millionen Aktien zwischen 54 und 57 Dollar aus. Analysten halten diesen Preis für viel zu niedrig, was in den letzten Stunden vor der Erstnotierung den Run noch einmal verstärken dürfte.

Dabei könnten die Analysten durchaus Recht behalten. Die Geschäfte an der NYMEX laufen auf Hoch-Touren, und die Börsengänge anderer Handelsplätze in jüngster Zeit haben Anlegern beachtliche Renditen gebracht. Drei Rohstoff- und Optionsmärkte sind in den letzten anderthalb Jahren an den Start gegangen, die International Securities Exchange, das Chicago Board of Trade und die IntercontinentalExchange – im Schnitt haben die Papiere seither um 150 Prozent zugelegt. Die NYMEX-Aktie könnte ebenso gut oder noch besser laufen, zumal viele Kritiker der Rohstoff-Börse lange vorgeworfen haben, zu spät ins elektronische System eingestiegen zu sein. Das hat man aber nun von der CBOT lizensiert, seither sind die Umsätze gestiegen.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 17-11-2006 19:19

Thanksgiving an der Wall Street

Thanksgiving ist der höchste Feiertag in Amerika, und Anleger haben diesmal allen Grund, "Danke" zu sagen.

Trotz uneinheitlicher Konjunkturdaten klettern die Blue Chips von einem auf´s nächste Allzeit-Hoch, zahlreiche Einzelaktien stehen auf Höchstständen, darunter Google auf mehr als 500 Dollar und Warren Buffet´s Holding Berkshire Hathaway auf mehr als 100 000 Dollar. Börsengänge scheinen auf Erfolg abonniert, das IPO der Rohstoff-Börse NYMEX war zuletzt gar die erfolgreichste Emmission seit mehr als sechs Jahren.

Angesichts dieser starken Performance der Märkte in den letzten Monaten verabschiedet sich der Wall Street Insider für eine Woche in den Thanksgiving-Urlaub. Die nächste Kolumne gibt es am Montag, den 27. November 2006, zur gewohnten Zeit.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 21-11-2006 07:33

Insiderverkäufe deuten auf ein Ende der Rally hin

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http://www.faz.net/aktuell/finanzen/...n-1280849.html

Starlight 29-11-2006 22:35

Das (Weihnachts-)Lied von der Inflation

Es weihnachtet sehr an der Börse. Am Freitag wird an der Wall Street der Weihnachtsbaum offiziell angeknipst, das Weihnachtsgeschäft bestimmt schon seit Tagen die Aktien der Einzelhändler, und nun hält das Fest auch noch für einen Inflations-Index her – der ist nicht ganz ernst gemeint, zeigt aber doch interessante Trends auf.

Seit Jahren nämlich messen die Analysten der PNC Bank die Inflation im Land nicht nur anhand der Erzeuger- und Verbraucherpreise. Nein, einmal im Jahr kramt man eine sehr traditionelle Einkaufsliste zusammen, die in Amerika jedes Kind kennt. Sie ist Inhalt des Weihnachtsliedes „The twelve days of Christmas“ und zählt auf, was der Held seiner Liebsten in den Tagen vor dem Fest schenkt.

Das fängt ganz bescheiden an mit einem „Rebhuhn in einem Birnbaum“. Hinter diesem Geschenk allerdings verbrigt sich schon ein hoher Inflationsfaktor. Während der Preis des Huhns gegenüber den vergangenen Jahr unverändert ist, hat der Preis für einen Birnbaum um 44 Prozent zugelegt – die hohe Nachfrage nach Zierbäumen aus einem bis vor kurzem noch boomenden Häusermarkt ist schuld.

Um 20 Prozent haben sich die „vier singenden Vögel“ verteuert, die den Liebenden in diesem Jahr 480 Dollar kosten, ansonsten sind die Preise für die Geschenke der ersten Tage durchweg konstant geblieben. Unter ihnen sind weitere Tiere (Tauben, Hennen, Gänse, Schwäne) aber auch fünf goldene Ringe. Nun ist der Goldpreis an den Rohstoffmärkten in den vergangenen zwölf Monaten zwar gestiegen, den Schmuckhandel hat das laut der PNC Bank aber nicht belastet: Die vier Ringe schlagen wie im Vorjahr mit 325 Dollar zu Buche.

Je näher das Fest rückt, desto festlicher wird es im Weihnachtslied – aus ist´s mit einfachen Geschenken. Für frische Milch sorgen „acht melkende Mägde“. Deren Preis ist gleich geblieben. Das Melken zählt zu den ungelernten Arbeiten in der Landwirtschaft und wird mit Mindestlohn beglichen, der seit Jahren unverändert bei 5,15 Dollar pro Stunde notiert.

Die Lohninflation im Unterhaltungsbereich ist deutlich größer, und die macht Weihnachten nun teuer – jedenfalls nach dem bekannten Lied. Für „neun tanzende Damen“ gilt es in diesem Jahr mit 4576 Dollar 4 Prozent mehr zu berappen als im Vorjahr. „Zehn springende Herren“ kosten mit 4039 Dollar 3 Prozent mehr, die „elf pfeifenden Pfeifer“ verlangen für ihr Gastspiel einen Aufschlag von 3,4 Prozent, gleiches gilt für die „zwölf trommelnden Trommler“, die am letzten Tag den Weihnachtsreigen abrunden.

An der Wall Street gehen die Erkenntnisse aus dem Weihnachts-Index nicht spurlos vorbei. Konjunktur-Beobachtern fällt sofort auf, dass erstmals seit neun Jahren die Lohnkosten stärker zugelegt haben als die durchschnittliche Inflation. Für viele könnte das ein ernst zu nehmendes Signal sein, und sei es auch nur, weil es für einmal um eine Tatsache geht und nicht – wie oft in den Reden der Notenbanker – um eine Vermutung oder Prognose.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 30-11-2006 19:46

Geld verteilen statt vermehren

Die Wall Street ist, warum die Finanzwelt Tag für Tag nach New York blickt. Doch liegt nicht alles Geld der Stadt im Börsenviertel an der Südspitze. Uptown wohnen die Reichen, und denen geht es nicht nur darum, ihr Geld zu vermehren, sondern immer mehr darum, ihr Geld zu verteilen. Für viele kommt mit Geld auch Verantwortung.

Einige solcher Philantropen, darunter George Soros, versammelten sich in dieser Woche im Waldorf-Astoria, um im Rahmen eines deutsch-amerikanisch-jüdischen Gala-Abends einen Mann zu ehren, der sich eine gerechtere Verteilung des Wohlstands auf der Welt zur Lebensaufgabe gemacht hat: James D. Wolfensohn, den früheren Präsidenten der Weltbank. Die Laudatio hielt kein geringerer als der deutsche Bundespräsident Horst Köhler, der dem Internationalen Währungsfond vorstand, als Wolfensohn sein wichtigster Partner im globalen Geschäft war.

Wolfensohn bekam am Mittwochabend in New York die prestigeträchtige Leo-Baeck-Medaille überreicht. Die etwa 300 Gäste labten sich an Filet Mignon und Spargelspitzen gefolgt von einer Mousse-au-Chocolat-Pyramide mit karamelisierten Mandeln, einer Spezialität des Hauses. Sie hatten für den wichtigsten Fundraiser des jüdischen Kulturinstitutes jeweils 750 Dollar gezahlt, und dürften die edlen Speisen als Beigabe betrachtet haben – im Mittelpunkt standen warme Worte engagierter Politiker.

Den Anfang machte Henry Kissinger. Der frühere amerikanische Außenminister, dessen Akzent die deutsche Herkunft bis heute mit jedem Wort offenbart, stellte die Weggefährten Köhler und Wolfensohn als zwei persönliche Freunde mit großem, selbstlosem Engagement vor. Köhler ging ins Detail und zeichnete die Arbeit mit dem ehemaligen Weltbank-Chef nach, den er seinerzeit bei einem Antrittsbesuch auf dem Landsitz in Jackson Hole, Wyoming, kennengelernt hatte.

„Dein Motto“, so Köhler zu Wolfensohn, „war immer: Der Stärkere muss Mitverantwortung für den Schwächeren tragen.“ Nach diesem Motto habe man jahrelang in Afrika und den Entwicklungsländern anderer Regionen gearbeitet – mit einigem Erfolg. Man sei dem Ziel, die globale Armut bis 2015 auf die Hälfte zu reduzieren, seit Wolfensohns Anfängen, ein gutes Stück näher gekommen.

Dass dies nicht nur sozial und menschlich wichtig sei, sondern letztlich politisch und für das Überleben der Gesellschaft die Grundbedingung, machte Wolfensohn dann selbst klar. „Wir sitzen hier in New York und glauben, der Mittelpunkt der Welt zu sein“, mahnte der bald 73-Jährige. „Dabei verschiebt sich das Gewicht, und in wenigen Jahren sind China, Indien, Russland und Mexiko die wichtigsten Länder.“

Dieser Umstand ist an der Wall Street wohlbekannt. Dass er am Mittwochabend in Anwesenheit einflussreicher Millionäre, zahlreicher Politiker und einem Großteil der deutsch-amerikanischen Diplomatie wieder einmal besprochen wurde, macht die Welt nicht auf einen Schlag besser, hält die Diskussion aber lebendig und unterstreicht die Wichtigkeit dieses Problems.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 04-12-2006 18:52

Ist Santa Claus schon wieder weg?

Die amerikanischen Börsen hatten in den letzten vier Monaten eine Kletterpartie, wie man sie nicht oft sieht. Nun geht es auf das Jahresende zu, und in den nächsten Tagen stellen sich Anleger nur die eine Frage: Was bringt der Weihnachtsmann? Schaffen Dow und Co. noch ein paar Prozent?

Allzuviele Experten an der Wall Street wetten nicht darauf, dass der Weihnachtsmann noch weitere Gewinne bringt. Die „Santa Claus Rallye“ – so beliebt diese Tradition ist – könnte der Markt in diesem Jahr bereits hinter sich haben.

Ganz überraschend wäre das nicht. Schon in den vergangenen Jahren kamen die Kursgewinne zu Weihnachten immer früher, in diesem Jahr nun sind die Börsen extrem früh durchgestartet. Nach starken Gewinnen in den historisch schwachen Monaten August und September, im historisch auch nur durchschnittlichen Oktober und zuletzt noch im November könnte sich Santa Claus bereits zum Erntedankfest verabschiedet haben.

Wo immer der Bärtige nun sitzen mag, an der Wall Street analysiert man vier Wochen vor Jahresende, warum es die Börsen ungeheuer schwer haben dürften, in absehbarer Zeit noch zu klettern. Einige Gründe liegen auf der Hand: Der schwache Dollar macht Anlegern im In- und Ausland sorgen, zudem drückt der hohe Ölpreis auf die Stimmung. Falls der Winter kalt wird, und in den letzten Tagen sind die Temperaturen empfindlich gesunken, ist mit hohen Heizkosten zu rechnen.

Hohe Heizkosten aber belasten weiter den Verbraucher, dessen Konsumausgaben ohnehin rückläufig sind. Dazu kommt, dass der Immobilien- und der Automobilmarkt für zahlreiche Analysten schon im Bereich einer Rezession eingestuft werden, und dass zuletzt auch die Aktivitäten im Produzierenden Gewerbe deutlich nachgelassen haben. Die „weiche Landung“, die die Notenbank nach den jahrelangen Zinsanhebungen angestrebt hatte, ist zunehmend gefährdet.

Für weitere Kursgewinne vor dem Fest spricht also nicht viel, außer vielleicht der lieben Tradition. Denn seit 1950 war der Dezember für die US-Börsen mit einem durchschnittlichen Plus von 1,7 Prozent der stärkste Monat. Sich angesichts der aktuellen Lage an der Wall Street aber auch die Geschichte zu verlassen, könnte sich als Fehler erweisen und manchem Anleger das Weihnachtsfest verderben.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 05-12-2006 19:44

Weihnachtsmann und Job-Killer

Der sonst so biedere John Thain genoss seine erste vorweihnachtliche Bescherung sichtlich. Flankiert von zwei Supermodels warf er mit Superlativen nur so um sich: Der Weihnachtsbaum der Börse sei der schönste in ganz New York, der älteste sowieso, und als hätte keiner das Lichterspektakel am Rockefeller Center gesehen, applaudierten die umstehenden Börsianer brav.

Angesichts der jüngsten Spekulationen um den Handel im letzten Monat des Jahres, und darüber, ob denn nun mit einer Santa-Claus-Rallye noch zu rechnen sei, war völlig klar, wernn der Chef der New Yorker Börse mit seiner großen Rede beeindrucken wollte: den Weihnachtsmann selbst. Viele an der Börse sind abergläubischer als sie das je zugeben würden, und mancher glaubt ganz fest, dass die 10 000 Lichter am Tannenbaum und die fußballgroßen Kugeln den Bärtigen doch noch einmal zurückbringen könnten.

Käme Santa Claus tatsächlich noch einmal vorbei, wäre das nicht weniger als eine Sensation. Die amerikanischen Börsen haben bereits eine fünfmonatige Rallye hinter sich und müssen sich auf einem wackligen konjunkturellen Fundament behaupten. Nach einer Rallye zum Weihnachtsfest sieht das eigentlich nicht aus, doch hat der Monat zunächst ganz gut begonnen. Dass die Blue Chips am Montag im Plus schlossen und einen zweistelligen Prozentverlust bei Pfizer wegsteckten, ist schließlich nicht normal.

Solcherlei Ereignisse nun machen es den Börsianern einfach, ihrem Berufsoptimismus nachzugehen. Doch immer wieder dringen düstere Töne durch. „Wer ist denn der Hübsche mit der Brille?“, witzelte ein Händler am Montag kurz vor der Schlußglocke und deutete auf John Thain, der inmitten der Supermodells auf den Countdown wartete. „Das ist der Mann, der dir bald deinen Job streicht“, witzelte ein anderer zurück.

Gut, dass auf dem Parkett alle Spaß verstehen. Die lockere Art der Händler hilft ihnen über eine tiefe Existenzkrise hinweg, denn die Reformen der Börse werden über kurz oder lang tatsächlich dazu führen, dass mancher Händler sich nach einer neuen Stelle umsehen darf. Die sukzessive Umstellung auf den elektronischen Handel wird künftig mehr und mehr Geschäft von dem einst so geschäftigen Parkett nehmen.

Sicher wird die Wall Street ihr Parkettgeschäft nicht ganz so drastisch zurückfahren, wie das andernorts – zum Beispiel in Frankfurt – geschehen ist. Immerhin läuft in Amerika auch bei einer Börse viel über die mediale Vermarktung, und die baut auf das geschäftige Treiben im Hintergrund der Fernsehreportagen. Doch steht die Kostensenkung im Vordergrund, und mit der eben beschlossenen Zusammenlegung der regulatorischen Behörden ist es an der NYSE lange nicht getan.

Auch mit dem Verzicht auf einen eigenen Friseur in der Börse und Kürzungen in Lounge und Kantine wird es auf Dauer nicht getan sein. Nein, es wird ruhiger werden auf dem Parkett, denn nur so kann die Börse auf lange Sicht wieder wachsen. 2006 war ein gutes Jahr für die Indizes, doch in bezug auf Börsengänge hinkt der wichtigste Handelsplatz der Welt hinter früheren Vergleichsdaten zurück.

All das passte nicht in die mit Superlativen durchsetzte Rede von John Thain. Und vielleicht gehörte es so kurz vor Weihnachen auch nicht hinein. Mit dem „schönsten Weihnachtsbaum der Stadt“ und einigen Weihnachtsliedern vom Börsenchor dargeboten wollte man schließlich Santa Claus anlocken. Wenn der schon nicht alle Arbeitsplätze an der Wall Street sichern kann, so doch wenigstens noch ein paar Indexpunkte zum Jahresausklang.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 06-12-2006 19:15

Rätsel um den Arbeitsmarkt

Wie stabil ist die amerikanische Konjunktur? Wie hoch ist die Inflation? Wie stark wächst der Arbeitsmarkt? Was macht der Verbraucher? Gerade in den letzten Wochen des Jahres stehen diese Fragen an der Wall Street im Vordergrund. Der Arbeitsmarkt rückt am Freitag in den Mittelpunkt, vorer gibt es wilde Spekulationen.

Ausgerechnet der Arbeitsmarkt, der vielleicht wichtigste Bereich in der Diskussion über Wohl und Weh der amerikanischen Konjunktur, ist dabei der rätselhafteste. Am Freitag wird man Details erfahren über die Zahl der neuen Stellen, das Lohnwachstum, die Arbeitslosenquote – vorher gibt es die wildesten Spekulationen.

Das private Umfrageinstitut ADP hat ermittelt, dass im November 158 000 neue Stellen geschaffen worden sein sollen. Dazu kommen noch die rund 15 000 im öffentlichen Dienst, die ADP stets ausklammert. Damit würden die Prognosen der Wall Street auf 110 000 neue Jobs im November deutlich übertroffen. Von Euphorie ist man auf dem Parkett aber weit entfernt, denn in den vergangenen Monaten lag der ADP-Index so häufig und so weit daneben, dass Experten auf den Indikator höchstens mit einem Schulterzucken reagieren.

Zumal es noch andere Unstimmigkeiten gibt, die einen allzu optimistischen Blick auf den Arbeitsmarkt verstellen. Da wäre vor allem das Problem der fehlenden Gehaltserhöhungen. Obwohl die offiziellen Arbeitslosenquoten so niedrig sind wie selten zuvor – 1,9 Prozent bei Hochschulabsolventen und 5,8 Prozent bei den anderen –, sind die Löhne und Gehälter im dritten Quartal nur um 4,3 Prozent gestiegen. In den vergangenen Jahren lag dieser Wert zwischen 6 und 8 Prozent. Davon können amerikanische Arbeitnehmer zur Zeit nur träumen, denn auch in 2007 sollen die Zahlungen nicht um mehr als 4 Prozent klettern, wie einige Analysten befürchten.

Das mögen gute Nachrichten sein für die Arbeitgeber, deren Kosten also weniger stark steigen. Der Arbeitnehmer aber ist zugleich der Verbraucher, und er steht hinter zwei Dritteln der amerikanischen Wirtschaft. Da er bereits unter einem schwachen Immobilienmarkt und vor allem im bevorstehenden Winter unter hohen Kosten für Heizöl leidet, zeichnet sich hier ein Problem ab.

Abgesehen davon, dass die schwach steigenden Vergütungen am Arbeitsmarkt einfach nicht zu den starken Statistiken passen wollen, die Washington jeden Monat vorlegt. Die Formel, mit der das Arbeitsministerium die Arbeitslosenquote berechnet, ist ja seit jeher umstritten. Nun häufen sich skeptische Zwischenfragen, man traut dem Frieden nicht.

Die Analysten bei Moody´s sehen allerdings den Fehler weniger in Washington als bei den Unternehmen. Die würden die steigenden Gewinne aus einer verbesserten Profitabilität einfach nicht an die Arbeiter weiterreichen. Jedenfalls jetzt noch nicht. Ein Wendepunkt sei aber sicher nicht mehr fern, meinen die Ökonomen.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 11-12-2006 18:31

Bringt die Notenbank nur „old news“?

Der Countdown läuft. In wenigen Stunden fällt die amerikanische Notenbank eine Zinsentscheidung und gibt eine Erklärung ab, aus der die Wall Street hofft, auf die weitere Fed-Politik schließen zu können. Vorher häufen sich die Zweifel daran, dass Ben Bernanke & Co. irgendetwas neues zu sagen haben.

Um es vorweg zu nehmen: Die Zinsentscheidung selbst ist an der Wall Street nicht einmal ein Thema. Der Offenmarktausschuss wird wohl den Leitsatz unverändert bei 5,25 Prozent belassen, das steht so gut wie fest. Viel wichtiger ist jedoch, was in der begleitenden Presseerklärung steht, in der die Fed nach jeder Sitzung ihre Entscheidung begründet und Hinweise auf die künftigen Trends gibt.

Doch auch die Presseerklärung könnte die Experten im Financial District enttäuschen. Man wäre sehr überrascht, wenn sich am aktuellen Wortlaut irgendetwas ändere, schreibt Wells Fargo. Damit könnte man durchaus recht haben, denn die Fed ist nicht dafür bekannt, allzu eloquent zu erörtern, was im Meeting besprochen wurde. Regelmäßig ist das Statement von Bernanke & Co. von mehr oder weniger allgemeinen Einsichten geprägt, die den Währungshütern selbst im Falle einer richtungsweisenden Aussage immer ein Hintertürchen offen lassen.

Im Statement am Dienstag wird die Fed wieder erklären, dass Inflation die Hauptsorge der Notenbank sei. Dass die jüngsten Inflationsdaten, vor allem auch die Lohninflation, deutlich moderater ausgefallen sind als zunächst erwartet, ändert daran nichts. Denn was sonst sollte die Hauptsorge der Fed sein? Eine Rezession, etwa? Eine solche legt der jüngste Arbeitsmarktbericht nicht nahe, und auch die zuletzt schwachen Daten aus dem Produzierenden Gewerbe oder die angespannte Lage im Immobilien- und im Automobilsektor werden noch keinem Notenbanker das R-Wort in den Mund legen.

Und noch aus einem anderen Grund liegt allein der Gedanke an eine Rezession fern. Nachdem man die Zinsen zwei Jahre lang schrittweise angehoben hat und sich dabei trotz oft lautstarker Proteste des Marktes sehr sicher fühlte, muss eine „weiche Landung“ gelingen, also ein Übergang zu einer Zeit stabiler Zinsen, kontrollierter Inflation und attraktiven Wirtschaftswachstums. Die Fed hat dieses Ziel vor Augen, und jetzt von einer Inflation zu sprechen, wäre schon deshalb riskant, weil sich an der Wall Street Prophezeihungen oft von selbst erfüllen.

Die Notenbank wird also an ihrem bisherigen Statement festhalten und keine weiteren Anhaltspunkte dazu liefern, ob die Zinsen nun im ersten Quartal gesenkt würden – und warum. Der Markt wird sich seine Wahrheiten und seine Prognosen in den Stunden und Tagen nach der Sitzung selbst zusammensuchen.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 12-12-2006 17:51

Transatlantische Feindschaft

An den amerikanischen Börsen gibt es zur Zeit Merger ohne Ende. Am interessantesten allerdings sind die, an denen die Börsen selbst beteiligt sind, denn die Geld-, Aktien- und Rohstoff-Märkte erleben die größte Umstrukturierung ihrer Geschichte. Mitten im Gewühl sitzt die Nasdaq, die ihr Übernahmeziel in London notfalls erobern will.

Anders wird das freilich auch nicht mehr gehen, denn die London Stock Exchange, seit fast einem Jahr der auserwählte Partner für die elektronische Börse mit Sitz am New Yorker Times Square, hat ein Übernahmeangebot schon zwei Mal abgelehnt. Auch für die jüngst gebotenen 1,243 Pfund pro Papier will man sich nicht von den Amerikanern auskaufen lassen, man hält das eigene Haus von der Nasdaq für deutlich unterbewertet.

Die Nasdaq unterdessen will ihr Angebot auf keinen Fall aufstocken. Immerhin: Die jüngste Offerte lag schon satte 30 Prozent über den 0,95 Pfund, die man im vergangenen März geboten hatte. Damals hatte man 4,2 Milliarden Dollar für den Kauf der LSE eingeplant. Dabei ist der Wert des Londoner Handelsplatzes sicher nicht gestiegen. Im Gegenteil: Die Ankündigung einiger großer amerikanischer Brokerhäuser, darunter Citigroup, Goldman Sachs und Morgan Stanley, eine eigene elektronische Handelsplattform aufzubauen, hat die Aktien der LSE einbrechen lassen.

Die Nasdaq hat es einigermaßen eilig, ihre Expansion nach Europa durchzuziehen. Denn die Konkurrenz seitens anderer Börsen, die ihrerseits fast wöchtlich Kooperationen und Übernahmen melden, nimmt ständig zu. Einige bekannte Häuser sind unter Käufern heiß begehrt, die LSE nicht zuletzt. Schließlich ist erst vor wenigen Monaten ein Übernahmeangebot der Frankfurter Börse abgelehnt worden.

Entsprechend hat man nun auch die Bedingungen für eine feindliche Übernahme heruntergeschraubt. Die Nasdaq, die sich schon rund 28 Prozent der Anteile an der LSE gesichert hat, will schon zuschlagen, sollten nur 50 Prozent der Anteile hinter einem Merger stehen. Anfangs hatte man noch auf die Zustimmung von 90 Prozent der Aktionäre gesetzt.

Die neue, niedrigere Hürde und der mittlerweile höhere Anteil der Nasdaq führen dazu, dass nur noch eine überschaubare Zahl von LSE-Eignern an einer Kooperation mit der Nasdaq interessiert sein müssen, die Zustimmung zahlreicher Hedgefonds und anderer Investoren braucht man nicht mehr. Diese waren zuletzt verstärkt bei der LSE eingestiegen, um von steigenden Übernahme-Angeboten zu profitieren.

Die Eigner der LSE haben nun bis zum 11. Januar Zeit, ihre Haltung zu einer möglichen Übernahme durch die Nasdaq kund zu tun.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 14-12-2006 20:24

Die Öl-Krise im Irak

Eigentlich hatte man angenommen, dass Washington eine Woche nach Vorlage des Irak-Berichts einer parteiübergeifenden Experten-Kommission nur ein Thema kennen würde, nämlich die Restrukturierung des dortigen Feldzugs. Doch scheint es zur Zeit keiner eilig zu haben, eine Strategie zu finden, am wenigsten US-Präsident George W. Bush.

Für den läuft zur Zeit alles so schlecht wie möglich. Die Irak-Kommission – obwohl einer ihrer Vorsitzenden der langjährige Bush-Freund James Baker war – hat dem Feldherrn und seinen Planern im Pentagon ein verheerendes Zeugnis über den Irakkrieg ausgestellt. Außer der super-radikalen New York Post haben die Medien in den letzten Tagen einigermaßen kritisch über das Thema berichtet, und folgerichtig wurden Bushs Umfragewerte am Donnerstagmorgen auf einem neuen Tiefstand gemeldet.

Eine weitere Studie über die Verhältnisse im Irak könnte den amerikanischen Präsidenten jetzt noch tiefer fallen lassen. Denn während Bushs Gönnern und Kritikern längst klar war, dass es dem Texaner bei seinen Bemühungen im Nahen Osten vor allem oder zumindest auch um Öl ging, werden jetzt immer mehr Details darüber bekannt, wie schlecht es auch an dieser Front läuft.

Am Anfang hatte alles – wie auch in anderen Bereichen des Krieges – ganz optimistisch geklungen. Nach einem erfolgreichen Feldzug würde der Wiederaufbau eines neuen Irak die Amerikaner gar nicht allzu viel kosten, sondern ließe sich größtenteils oder komplett aus den Öl-Umsätzen des Staates begleichen. Das klang einleuchtend, schließlich verfügt Irak nach Saudi-Arabien über die zweitgrößten Öl-Vorräte der Welt. Rund 115 Milliarden Fass sollen zwischen Mosul und Basrah unter der Erde liegen.

Sofort nach Kriegsende könnte der Irak mit bestehenden Anlagen mindestens 3,5 Millionen Fass pro Tag fördern, binnen weniger Jahre sollten es 6 Millionen Fass pro Tag sein. Damit hätte der Irak bei aktuellen Ölpreisen Einnahmen von rund 130 Milliarden Dollar im Jahr. Doch davon ist man im Krisengebiet weit entfernt. Laut der Internationalen Energiebehörde werden zur Zeit höchstens 1,9 Millionen Fass pro Tag gefördert, mindestens 500 000 davon – also mehr als ein Viertel – verschwindet auf dem Schwarzmarkt.

Damit wäre auch das größte Problem angesprochen, das die Produktion im Irak belastet. Es sind nämlich nicht so sehr die fehlenden Anlagen, sondern es ist eine mangelnde Ordnung und Organsation in einem kriegsgeschüttelten Land, die eine schnellere Erholung verhindern.

Allein die Verteilung der Öl-Umsätze sei ein Hauptproblem, meinen Experten. Zur Zeit gehen die Umsätze für aktuell gefördertes Öl zentral an die Regierung, die Umsätze mit künftigen Förderungen gehen an die jeweilige Region. Dort bekriegen sich dann die Stämme. Im an Öl reichen Norden des Landes regieren die Kruden, im Süden die Schiiten. Nur in den Sunni-Gebieten gibt es kaum Quellen. Dass man diese Gruppe bislang entsprechend nicht an den Geschäften beteiligt hat, führt zu regelmäßigen Terroranschlägen auf Öl-Quellen und Pipelines. Hier tut eine neue Regelung unter Einbeziehung aller Völkergruppen Not.

Auf der anderen Seite muss die Korruption im irakischen Öl-Geschäft ausgemerzt werden. Ein Mitglied der Irak-Kommission berichtet, dass in einer Raffinierie bei Bagdad täglich derart viel Öl gestohlen wird, dass sich eine Schließung der Anlagen finanziell rechnen würde. Das Öl wird regelmäßig von einer Truck-Flotte abgeholt, die schon zu Zeiten Saddam Husseins aktiv war, als der das Öl-for-Lebensmittel-Programm der Vereinten Nationen missbrauchte.

In all dem Gewirr trauen sich besser organisierte ausländische Konzerne kaum ins Land. Unternehmen, beispielsweise aus den USA, wissen zur Zeit nicht, mit wem sie langfristige Verträge über die Förderung von Öl schließen können. Direkte Folge: Irak verdient noch immer kein Geld mit dem Export des schwarzen Goldes. Für George W. Bush ist das eine weitere Niederlage, für den Irak eine verpasste Chance.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 19-12-2006 18:45

Merger-Monday? - Merger-Jahr

Kurz vor dem Jahreswechsel feiert die Wall Street gerne die vergangenen zwölf Monate. Anlass gibt es zur Genüge, denn 2006 war – bisher – ein Rekordjahr in vielerlei Hinsicht. Beachtliche Kursgewinne gab es, Rekordgewinne bei den Unternehmen und so viele Merger und Übernahmen wie nie zuvor.

Vor allem die Merger und Übernahmen machen die letzten zwölf Monate wohl zu einem Ausnahmejahr. Nie zuvor war der Heißhunger auf Unternehmen so groß wie in 2006, nie zuvor haben derart viele Transaktionen die internationalen Börsen angetrieben. Regelmäßig prasselten am „Merger Monday“ Übernahmemeldungen auf die Wall Street ein, zuletzt in dieser Woche mindestens acht, von denen drei mit mehr als 10 Milliarden Dollar bewertet waren.

Im gesamten zurückliegenden Jahr, das ja noch nicht ganz vorbei ist, gab es weltweit 34 785 Übernahmen, deren durchschnittlicher Wert bei mehr als 100 Millionen Dollar lag. Damit hat die Wall Street in 2006 nicht nur mehr Transaktionen gesehen als je zuvor, sondern auch teurere. Insgesamt beläuft sich das Übernahmevolumen nun auf mehr als 3,5 Billionen Dollar. Das ist etwas mehr als im bisherigen Rekordjahr 2000, und man hat sich von den Tiefständen vor einigen Jahren deutlich erholt: Im Jahr 2002 gab es Transaktionen für gerade einmal etwas mehr als 1 Billion Dollar.

Angestoßen wurde das M&A-Jahr ironischerweise mit der 67 Milliarden Dollar schweren Übernahme des Telekomspezialisten BellSouth durch den Dow-notierten Branchenriesen AT&T – ausgerechnet dieser Deal gilt zum Jahresende als einer der unsichersten. Macht AT&T nicht weitere Zugeständnisse an die entscheidende Kommunikationsbehörde, könnte man auf eine Genehmigung lange warten. Ein republikanisches Ausschuss-Mitglied hat sich wegen Befangenheit zurückgezogen, zwischen den verbleibenden zwei Republikanern und zwei Demokraten steht nun ein Unentschieden.

Abgesehen von einzelnen Geschichten zeigt das zu Ende gehende Jahr aber zwei interessante Trends auf: Private Investoren haben in 2006 einen größeren Anteil an Übernahmen gehabt als je zuvor. Ein gutes Drittel der gesamten M&A-Aktivitäten waren Privatisierungen, darunter die Aufsehen erregenden Milliarden-Deals mit dem Kasino-Riesen Harrah´s Entertainment, dem Kabelanbieter Clear Channel Communications und dem Energie- und Pipeline-Spezialisten Kinder Morgan.

Interessant ist auch, wie immer mehr große Deals außerhalb der USA stattfinden. Hatte Corporate America in den vergangenen Jahren stets den Löwenanteil, haben in diesem Jahr nur noch drei der größten zehn Merger und Übernahmen in Amerika stattgefunden. Insgesamt beläuft sich das Volumen der US-Deals auf 1,4 Billionen Dollar, und das wiederum ist kein Rekord. Im Jahr 2007 haben sich die M&A-Transaktionen in den USA auf 1,7 Milliarden Dollar summiert.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 20-12-2006 20:25

Ende der Rally in Sicht?

Von Mark Arbeter

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Starlight 22-12-2006 20:33

Ein Rekordjahr geht zu Ende

An der Wall Street ist man ja nie zufrieden. Dass die großen Indizes nun vor Weihnachten drei Tage in Folge mit Verlusten handelten, das vermieste manchem die Festtagsfreude. Dabei können sich Anleger an den US-Börsen nicht beschweren. Im Gegenteil: 2007 war ein starkes Jahr, und der Dezember kann sich auch sehen lassen.

Man mag vielleicht das erste Halbjahr einmal außer acht lassen. Mit 10 717 Punkten hatten die Blue Chips das Jahr 2006 begonnen. Dann ging es bis Mai in steten Wellenbewegungen nach oben, bis der Markt genug hatte. Allgemeine Sorgen um die Konjunktur und Zinsanhebungen durch die Fed, die seinerzeit immer noch den Leitsatz hob, leiteten eine Kehrtwende ein, und Ende Juni fand sich der Dow-Jones-Index wieder genau da, wo er das Jahr begonnen hatte.

In der zweiten Jahreshälfte startete der Markt dann aber durch. Am 29. Juni hob die Fed zum bis dato letzten Mal die Zinsen an, seither notiert der Tagessatz unverändert bei 5,25 Prozent. Anleger hofften sogleich auf Zinssenkungen. Die blieben bisher aus, allein deren freudige Erwartung ließ aber die Börsen klettern. In den vier Monaten zwischen Juli und November kletterten die Blue Chips um satte 15 Prozent auf ein Allzeithoch von 12 342 Punkten. Dann kam der Dezember und mit ihm die bange Frage, ob denn nach einer solchen Kletterpartie die traditionelle Santa-Claus-Rallye noch möglich wäre.

Es sah anfangs nicht gut aus. Die Höhenluft bekam den Blue Chips nicht, es ging erst einmal wieder bergab, dann zwei Wochen wang im Krebsgang seitwärts. Erst zehn Tage vor dem Fest, draußen vor der Börse strahlte der Weihnachtsbaum mit seinen 3000 Lichtern und fußballgroßen NYSE-Ornamenten, fand Santa Claus den Weg zurück. Am 19. Januar schloss der Dow auf einem neuen Allzeit-Hoch von 12 471 Punkten, und wenn seither keine Gewinne mehr zu verzeichnen waren, dann sollte man es auch gut sein lassen.

Was könnten Anleger auch mehr erwarten? Die rasanten Gewinne an der Wall Street gingen einher mit einem Rekordjahr für Merger und Akquisitionen, mit Rekord-Boni im Financial District, wo die CEOs von Morgan Stanley und Goldman Sachs Weihnachtsgeld von 40 beziehungsweise 54 Millionen Dollar einsteckten. Die Rohstoffmärkte lieferten Rekordergebnisse und öffneten über die verstärkte Präsenz von Derivaten dem Privatanleger ein ganz neues Marktsegment. Die entsprechenden Börsen gewannen rasch an Bedeutung, zuletzt ging die Nymex selbst an die Börse – bestes Zeichen für den starken Trend hinter dem Geschäft mit Öl, Gas, Gold und anderen Rohstoffen.

Das zu Ende gehende Jahr lief also gut für die amerikanischen Börsen. Was 2007 bringen wird, hängt wohl in erster Linie von einigen konjunkturellen Rahmendaten ab. Zwischen Wirtschaftswachstum und Inflation muss die Notenbank ihre weitere Zinspolitik abwägen. Vieles deutet darauf hin, dass sich in den Fed-Sitzungen im Januar und Februar nichts tun wird.

Über die weiteren Entwicklungen informieren wir den geneigten Leser ab dem neuen Jahr wieder. In der Weihnachtswoche, die sich an der Wall Street vor allem durch extrem niedriges Handelsvolumen auszeichnet, bleibt das Büro geschlossen.

Frohe Weihnachten, einen guten Rutsch und auf ein erfölgreiches Börsenjahr 2007.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc


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