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Starlight 17-05-2006 20:36

Neue Qualitätskriterien in Amerikas Freiverkehr

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http://www.faz.net/aktuell/finanzen/...r-1234390.html

Starlight 17-05-2006 20:39

Appetit auf Whopper und Aktien

Fastfood ist Geschmacksache. Der eine bevorzugt die Fritten bei McDonald´s, die Burger bei Burger King, den Salat bei Wendy´s – die Auswahl ist grenzenlos. Außer an der Börse. Da spielte mit Burger King eine der größten Restaurantketten der Welt bislang gar nicht mit. Das ändert sich morgen mit einem viel beachteten IPO.

Am Donnerstagmorgen werden erstmals Burger-King-Aktien auf dem Parkett der NYSE gehandelt. Das Management hinter dem Deal, ein Konsortium aus Goldman Sachs Fund, Baim Capital und der Texas Pacific Group, baut darauf, dass Anleger die Aktien genau so gierig verschlingen werden wie die Whopper in den 11 141 Restaurants, die man in 67 Ländern weltweit betreibt.

Unmittelbar vor dem IPO scheint der Optimismus begründet: Erst in der vergangenen Woche hat man den Ausgabepreis der Aktie noch einmal angehoben. 28,75 Millionen Papiere sollen jetzt für 17 Dollar angeboten werden, die Marktkapitalisierung läge danach bei 500 Millionen Dollar.

Damit würde Burger King das größte IPO der Branche gelingen. Diesen Ehrentitel hatte sich bisher Pizzakette Domino´s zuschreiben können, die 2004 mit einer Marktkapitalisierung von 391 Millionen Dollar an den Start gegangen war. Wirklich erstaunlich ist das nicht, immerhin ist Burger King die Nummer Zwei der Branche und wird im Umsatz nur vom Fastfood-Primus McDonald´s übertroffen – dafür umso deutlicher: McDonald´s hat einen Marktanteil von 45,5 Prozent, Burger King kommt auf 13,9 Prozent.

Angesichts dieser Marktposition rechnen einige Analysten damit, dass das Fastfood-Papier am ersten Handelstag gleich dick zulegen könnte. Denn neben Whoppern und Milshakes gibt es noch einiges, was Appetit macht: So wiesen die Jahresumsätze von Burger King 2003 noch einen Einbruch von 7 Prozent auf, 2004 hielt man sich mit einem Minus von 0,5 Prozent flach und 2005 ging es um 6,6 Prozent aufwärts.

Dazu kommt die jüngste Erfahrung mit anderen Restaurant-IPOs: Der McDonald´s-Ableger Chipotle Mexican Grill hat sich seit seinem Börsengang vor drei Monaten etwa verdreifacht; allein am ersten Handelstag legte das Papier um 100 Prozent zu und gilt seither als bestes IPO aller Zeiten. Die Donut-Kette Tim Horton, seit zwei Monaten börsennotiert, notiert mit einem Plus von 24 Prozent.

Und nicht nur neueste Erfahrungen spielen Aktionären in die Hände, auch die Tradition des Unternehmens wird an der Börse geschätzt. Immerhin ist Burger King schon seit mehr als 50 Jahren im Geschäft, sammelte nach den Gründerjahren Management-Erfahrungen bei Pillsbury und später beim Getränkeriesen Diageo. Über die Jahre sei Burger King zu einer „fantastischen Marke mit Größe und Kraft“ geworden, meint der Restaurant-Analyst Allan Hickock.

Sein Kollege Tom Taulli, ein auf IPOs spezialisierter Analyst, ist etwas skeptischer. Zwar sei die Performance von Burger King im Sektor stark, räumt er ein, doch seien die Wachstumsraten branchenweit nicht überzeugend. Andere Expertem räumen ein, dass durch das IPO kaum Geld für Investitionen im Unternehmen aufgebracht werde. Das meiste geht weg um Insider zu bezahlen, was manchem Anleger das Vertrauen in einen Boom für den Börsenneuling nehmen könnte.

Es gibt also einiges abzuwägen bei dem Fastfood-IPO, das übrigens von JP Morgan, Citigroup, Morgan Stanley und Goldman Sachs unterschrieben wird. Wer sich bis Donnerstag nicht entscheiden kann, dem stehen in den nächsten Tagen noch die Börsengänge zweier weiterer Top-Marken zu: Am Mittwoch nächster Woche wird der Telekom-Anbieter Vonage auf das Pakett gehen, einen Tag später versucht MasterCard mit einer ersten Emmission mehr als 4,7 Milliarden Dollar aufzubringen.

Markus Koch © Wall Street Correspondents Inc.

Starlight 18-05-2006 20:45

Die Wall Street sucht ihr Problem

Der größte Kurssturz in drei Jahren tut der Wall Street nachhaltig weh. Einen Tag nachdem die Blue Chips um 214 Zähler gefallen sind, die Nasdaq zum siebten Mal in Folge schwächer schloss und sämtliche bisherigen Jahres-Gewinne ausradierte, sucht man auf dem Parkett weiter nach Gründen für den Einbruch.

Die Suche ist nicht leicht. Denn wohl sind sich sämtliche Experten einig, dass die US-Wirtschaft ein Problem hat. Doch deuten die einen auf steigende Inflation und die anderen auf Schwäche – und beide haben genug Daten, um ihre These zu belegen. So wundert es nicht, dass trotz der jüngsten Daten zur Preisentwicklung und der Zins-Panik am Mittwoch die Fed-Futures auf eine 50-prozentige Chance für eine weitere Zinsanhebung im Juni deuten.

Dabei scheinen auf den ersten Blick – und in Anbetracht der jüngsten Zahlen – die Inflationssorgen zweifelsfrei begründet zu sein. Die Zins-Frage sollte nicht lauten, ob die Fed noch einmal eingreift, sondern wie oft und wie stark. Fassen wir zusammen: Der jüngste Arbeitsmarktbericht deutet auf starkes Lohnwachstum. Die Energie- und Rohstoffpreise sind so hoch wie seit Jahren nicht mehr, manche Futures handeln auf einem Niveau, das die Wall Street seit einem Vierteljahrhundert nicht gesehen hat.

Dazu wird der Trend immer deutlicher, dass Unternehmen die hohen Kosten an Kunden weitergeben. Das fing vor einem Jahr bereits an, als die Holzpreise im Baumarkt stiegen, weil die Transportkosten zugenommen hatten. Das ging im Konsumbereich weiter, als Colgate-Palmolive Preise erhöhte. Zuletzt hat der Chemie-Riese DuPont erklärt, aufgrund der um 60 Prozent gestiegenen Materialkosten die Preise in sämtlichen Produktgruppen anzuheben, und wegen des hohen Silberpreises verlangt Fuji mehr für seine Filme.

In Finanzforen werden die Proteste immer lauter, in denen sich Anleger gegen den ewigen Fokus der Analysten auf die Kern-Inflation wehren. Was nützt es denn, die volatilen Bereiche Energie und Lebensmittel aus der offiziellen Inflationsberechnung herauszunehmen, wenn diese doch immer rasanter steigen, die Lebenshaltungskosten aller Amerikaner erhöhen und über die Erzeugerpreise nun auch sichtbar auf die Produktinflation durchdrücken?

Doch halt, rufen die Skeptiker, und verweisen auf einen ganzen Schwung von Daten, der die Inflationsorgen vertreiben soll. Unerwartet schwache Einzelhandelsumsätze werden da angeführt und ein Arbeitsmarkt, der sich nur zögerlich erholt. Der Immobilienmarkt macht Sorgen und vor allem auch das zuletzt rapide sinkende Verbrauchervertrauen. „Wenn der Verbraucher einbricht, muss die Fed sich bewegen“, meint Drew Matus, der Chef-Volkswirt von Lehman Brothers – und plädiert damit für ein Ende der Zinsrunde.

Zwischen den beiden Parteien wird es so bald keine Einigung geben, was den Markt vor allem auf dem aktuell hohen Niveau noch eine Zeit lang belasten dürfte. Umso mehr dürfte Ben Bernanke froh sein, dass die nächste Notenbank-Sitzung erst in sechs Wochen ansteht. Bis dahin werden noch viele Konjunkturdaten gemeldet, auf die die Fed laut ihrem jüngsten Statement ja flexibel reagieren will.

Nicht unerwähnt soll bleiben, dass seit Mittwoch nicht nur Konjunkturexperten etwas zum Grübeln haben, sondern auch die Verschwörungstheoretiker. Die schauen auf den Sturz der Blue Chips um 214 Punkte und erinnern sich: Auf den Tag genau 214 Jahre ist es her, dass New Yorker Broker an der Wall Street das „Buttonwood Agreement“ unterzeichneten und damit die New York Stock Exchange gründeten. Was uns das wohl sagen will?

Markus Koch © Wall Street Correspondents Inc.

Starlight 22-05-2006 20:31

Stürmische Zeiten

Als hätte die Wall Street in ihrem aktuellen Abwärts-Strudel nicht schon genug Sorgen, werden nun erneut stürmische Zeiten angekündigt – und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Zum Wochenbeginn haben die Meteorologen ihre Hurrikan-Prognose für den Sommer vorgelegt.

Die gute Nachricht vorweg: Die in der nächsten Woche beginnende Hurrikan-Saison soll nicht so schlimm werden wie die letzte, als mit Dennis, Katrina, Rita und Wilma gleich vier Stürme der dritten Kategorie über die USA hereinbrachen und für die größten Wetterschäden in der Geschichte sorgten.

Doch drohen auch 2006 massive Probleme: Bis zu 16 Stürme dürften in diesem Jahr einen Namen bekommen, schätzen die Experten des National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA). Einen Namen bekommen Stürme mit Windgeschwindigkeiten ab 60 Stundenkilometer. Ab 119 Stundenkilometern sprechen Meteorologen von einem Hurrikan, und davon soll es bis zu 10 geben.

Bis zu 6 Unwetter könnten die Kategorie 3 oder höher erreichen. Mti Windgeschwindigkeiten ab 200 Stundenkilometern dürften diese „gewaltige bis katastrophale Schäden“ anrichten, so die NOAA.

Die Zahlen für das vergangene Jahr waren schlimmer: Katrina, Rita & Co. waren Kinder einer Saison, in der 28 Tropenstürme tobten und 15 als Hurrikans gewertet wurden. Von den Schäden haben sich manche Regionen in den USA bis heute nicht erholt. In der Gegend zwischen Biloxi und New Orleans, wo Katrina unterwegs war, hat der Wiederaufbau von Häusern erst begonnen. Fabriken liegen brach, frühere Einwohner und Arbeitskräfte sind über das ganze Land verstreut. Selbst ein großer Teil der Öl-Förderung und der Kapazitäten in Raffinerien ist noch immer nicht wieder hergestellt.

Bis zu 105 Milliarden Dollar sollen allein die drei großen Unwetter der letzten Saison gekostet haben, wenn einmal alle Schäden beseitigt sind. Dazu kommen 1300 Menschenleben, die die Hurrikan-Saison des letzten Jahres in die Geschichtsbücher brachten.

Die Vorhersage der NOAA bewegt zum Wochenstart mehrere Branchen, wenngleich die Aktien nicht unbedingt ausschlagen. Doch mit den Prognosen für 2006 im Kopf werden die Versicherungen ihre Policen berechnen, Öl-Konzerne ihre Förderquoten überdenken. Anleger werden ihrerseits die Risiken neu berechnen.

Darüber hinaus wird eine Diskussion erneut beginnen, die Amerika seit Jahren spaltet: Die Hurrikans seien eine direkte Folge des Klimewandels, warnt Greg Holland, der Direktor des National Center for Atmospheric Research in Boulder im US-Bundesstaat Colorado. Aus wissenschaftlicher Sicht gebe es keine logische Alternative zu der These, dass Treibgase an der zunehmenden Zahl dr Hurrikans vor allem über der Karibik schuld seien.

Corporate America (und die Mehrheit in Washington) will davon nichts wissen und beruft sich auf William Gray, einen Hurrikan-Forscher von der Colorado State University. Der sieht die Unwetter nach wie vor als Zeichen eines Zyklus zunehmendes Sturmaktivitäten, der 1995 begonnen habe nur in fünf bis zehn Jahren abklingen solle. Eine solche Prognose beruhigt die Wall Street indes nicht. Denn fünf bis zehn Jahre mit Katastrophen wie im vergangenen Jahr dürften dem Wirtschaftswachstum in den USA nachhaltig schaden.

Markus Koch © Wall Street Correspondents Inc.

Starlight 24-05-2006 20:39

GM subventioniert Benzin

General Motors drückt auf die Tube: Am Mittwoch führt die Auto-Aktie die Gewinnerliste im Dow an, man verbucht ein Plus von mehr als 4 Prozent. Das hat mit einer Aufstufung von Merrill Lynch zu tun, die Anleger so freut, dass man über negative Indikatoren im Kerngeschäft großzügig hinwegsieht.

Auf den ersten Blick fällt Optimismus gegenüber dem größten amerikanischen Automobilhersteller leicht. So berichtet Merrill Lynch, dass etwa 30 000 GM-Mitarbeiter im Rahmen der laufenden Restrukturierung Aufhebungsverträge annehmen dürften. Das wären mehr als zunächst erwartet und würde die Restrukturierung des Unternehmens deutlich voran bringen.

Doch bleibt unerwähnt – und von Anlegern unbeachtet –, dass General Motors anhaltende Probleme im Kerngeschäfte hat. Eine Meldung aus der Konzernzentrale bestätigt das. So kämpft das Unternehmen noch immer gegen rückläufige Marktanteile. Die Nachfrage nach GM-Modellen stagniert, und entsprechend hält man an Margen erschütternden Sonderangeboten fest.

Nachdem allerdings die klassischen Rabatte und Billig-Finanzierungen der letzten Saison vom Tisch sind, hat man eine neue Strategie gefunden: In Kalifornien und Florida, den aktuell schwächsten GM-Märkten, subventioniert man nun Käufern von Neuwagen das Benzin. Nur noch 1,99 Dollar sollen die Piloten von Chevrolet Tahoe und Suburban, GMC Yukon und der Wagen der Hummer-Reihe bezahlen, der Rest wird über eine Kundenkarte monatlich zurück erstattet. Das Angebot gilt bis Ende 2007, und nach Berechnugen des Managements dürfte der durchschnittliche Kunde auf Gutschriften von etwa 1000 Dollar kommen.

Mehr als alle anderen Sonderangebote in der Vergangenheit zeigt die neue Aktion allerdings das Hauptproblem von General Motors auf: Nach wie vor ist es die mangelnde Effizienz und der gerade im Vergleich mit den Konkurrenten aus Asien hohe Spritverbrauch, der die Wagen für amerikanische Verbraucher immer unattraktiver macht. Mit Subventionen an der Tanke wird sich das Problem nicht langfristig lösen lassen.

Markus Koch © Wall Street Correspondents Inc.

Starlight 26-05-2006 20:43

Die Folgen von Enron

Vier Jahre dauerte es bis zur Verurteilung der Enron-Bosse. 160 Tage wurde verhandelt, drei Tage lang plädiert, das Strafmaß wird erst im September verkündet werden, fast fünf Jahre nach dem Zusammenbruch des einst größten Energiehändlers der USA. Doch noch länger als der Fall Enron werden dessen Folgen die US-Wirtschaft beschäftigen.

Ob der Konkurs von Enron in einem Wirrwarr von Bilanzbetrug, Verschwörung und Insiderhandel den amerikanischen Aktienmarkt gereinigt und durch die vielen neuen Regulierungen der letzten Jahre verbessert hat, ist allerdings nicht unumstritten. Auf der einen Seite dürften Anleger seit der Krise in 2001 durchaus wieder an Vertrauen in Corporate America und Anlage in Aktien gewonnen haben – wie nicht zuletzt der Handelsverlauf der großen Indizes zeigt.

Mit der Verurteilung von Ken Lay und Jeffrey Skilling, den ehemaligen CEO von Enron, haben die Geschworenen in Houston/Texas klar gemacht, dass die Bosse für Bilanzen einstehen müssen und persönliche Verantwortung für das Schicksal von Unternehmen und Aktien tragen. Sie haben gewissermaßen das unternehmerische Risiko wieder eingeführt, dass zwar seit jeher die teils astronomischen Gehälter für amerikanische CEOs rechtfertigt, dessen grundsätzliche Verpflichtung aber immer mehr in Vergessenheit geraten war.

Verbraucherschützer und Aktionärsgruppen sind zufrieden. „Dass die Geschworenen die vorgeschobene Unwissenheit von Lay und Skilling nicht anerkannt haben, ist ein gutes Zeichen für Anleger“, meint Barbara Roper von der Consumer Federation opf America. Und Barry Barbasch, ehemaliger Investment-Experte der amerikanischen Börsenaufsicht SEC, sieht „Linien gezogen, die Unternehmen künftig nicht überschreiten dürfen.“

Dass diese Linien nicht überschritten werden, sollen künftig auch eine ganze Reihe neuer Gesetze und Leitlinien verhindern, allen voran die Bilanzierungsregeln nach Sarbanes-Oxley. Diese und ähnliche Vorschriften indes sind es, die manche als wirtschaftsschädigend kritisieren. „Wir zahlen heute alle für Enrons Sünden“, klagt zum Beispiel Marc Fleury, Chef der Software-Schmiede JBoss. Der hat sein Unternehmen jüngst an Red Hat verkauft und sich gegen einen Börsengang entscheiden, weil der Aufwand für Bilanzprüfungen inklusive Personalkosten nicht tragbar gewesen wäre.

Mit solchen Sorgen beschäftigt sich George Roche täglich. Der Präsident des Fond-Spezialisten T. Rowe Price sieht Wettbewerbsnachteile für kleine und mittelständische Unternehmen, die seltener an die Börse gehen als wünschendwert wäre. „Vielen sind die Kosten für Sarbanes-Oxley zu hoch“, meint Roche. „Nach der Enron-Krise werden auch die vielen ehrlichen Unternehmen bestraft, die unter der Last verschärfter Regulierungen zusammenbrechen.“

Das sei umso bedenklicher, als es vor allem kleine Firmen auf Wachstumskurs seien, die Jobs kreierten.

Markus Koch © Wall Street Correspondents Inc.

Starlight 30-05-2006 19:55

Was macht Hank in Washington?

Veränderungen in Washington kündigen sich meist dadurch an, dass entsprechende Gerüchte heftig dementiert werden. Seit Wochen spekulierten Insider in Regierungs- und Wall-Street-Kreisen über einen Wechsel im Finanzministerium. Ein solcher stehe außer Frage, betonte Bush immer wieder, John Snow zu ersetzen sei nicht vorgesehen.

An diesem Dienstag, wenige Tage nach dem letzten Dementi, ist es nun offiziell: Hank Paulson, bisher CEO beim Brokerhaus Goldman Sachs, soll – wenn er vom Senat bestätigt wird – John Snow ablösen, der sich auf „mehr Zeit mit meiner Familie“ freut. Paulson hatte bereits seit Wochen als möglicher Kandidat für den Posten gegolten, hatte jede Absicht zu einem Wechsel aber seinerseits dementiert. In dieser Beziehung also passt der Mann in das Bush-Kabinett.

In jeder anderen Beziehung fragen sich Insider: Was treibt Paulson nach Washington? Immerhin gilt der Goldman-Sachs-Chef zur Zeit als wohl mächtigster Mann an der Wall Street, er leitet den unumstrittenen Branchenriesen, der an sämtlichen wichtigen Mergern und Börsenstarts ebenso beteiligt ist wie im Investmentbanking und in der Vermögensverwaltung.

Vom besten Brokerhaus Amerikas stürzt Paulson nun ab und wird Teil der schlechtesten und schlechtest benoteten Regierung in der Geschichte Amerikas. Und das auch noch zu einer Zeit, in der das Finanzministerium nur noch einen Bruchteil der Kompetenz hat, die einen Mann wie Paulson einst hätte reizen können.

„Ich kann mich nicht erinnern, dass das Finanzministerium jemals so wenig die Politik mitbestimmen konnte wie heute“, klagt Peter J. Wallison, ehemaliger Finanzberater der Reagan-Regierung und Mitglied im American Enterprise Institute, einem konservativen Think Tank in der amerikanischen Hauptstadt.

Diesem Think Tank gehört auch Paulson an, ebenso der frühere Handelsminister Donald Evans. Letzterer hatte noch bis Montag als aussichtsreichster Kandidat für den Posten gegolten, zumal er am Wochenende bei mehreren Terminen an der Seite von Präsident Bush gesichtet worden war. Die internationalen Märkte nahmen diese Nebensächlichkeit durchaus ernst: Der Dollar fiel am Montagmorgen von einem Drei-Wochen-Hoch auf ein Zwei-Wochen-Tief, da Evans als Freund eines schwachen Dollar bekannt ist, ebenso übrigens wie der jetzige Handelsminister Carlos Gutierrez und Bushs Botschafter in Indien, David Mulford, die ebenfalls beide für den Top-Job im Gespräch waren.

Für all diese Karrierepolitiker hätte der Schritt ins Finanzministerium durchaus Sinn gemacht. Für Paulson sieht es ganz anders aus. Aus seiner Spitzenposition in eine Regierung zu wechseln, deren umstrittene Politik er mittragen müssen und nicht wirklich beeinflussen können wird, dürfte ihm kaum Ruhm verschaffen. Geld gibt es im Finanzministerium auch weniger als im Chefbüro von Goldman Sachs. Und so sehr sich Paulson in einer Konferenz am Morgen im Weißen Haus „geehrt“ fühlt, mit George W. Bush arbeiten zu dürfen, gibt es durchaus Meinungsverschiedenheiten zwischen den beiden. So ist Paulson aktives Mitglied mehrerer Umweltverbände, deren Noten für die Arbeit der Bush-Regierung katastrophal ausfallen.

Für Gesprächsstoff bei Kabinettssitzungen dürfte also gesorgt sein. Das ist umso interessanter als weder Bush noch Paulson dafür bekannt sind, bei Meinungsverschiedenheiten gleich einzuknicken. Doch lassen sich Diskussionen über Industrie und Umweltschutz vielleicht noch vermeiden. Die hohen Ausgaben der Regierung und das Rekord-Defizit hingegen werden täglich besprochen werden. Und da weiß Bush schon heute, wie er am Morgen lobte: „Hank weiß, dass die Regierung Steuergelder weise ausgeben muss – oder gar nicht.“

Sicher, Hank weiß das – in Washington steht er mit dieser Meinung aber alleine da.

Markus Koch © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 31-05-2006 20:53

Iran-Appell beruhigt den Markt

Einen so volatilen Monat wie den Mai hat die Wall Street seit Jahren nicht gesehen. In den ersten Handelstagen arbeitete sich der Markt auf ein Plus von 3 Prozent, stürzte dann tief ab auf ein Minus von 3,5 Prozent – um dann wieder aufzuholen. Der Schub am letzten Handelstag kommt aus der Politik, die Wall Street bedankt sich bei Außenministerin Rice.

Die mächtigste Frau Amerikas hat am Vormittag in Washington eine bemerkenswerte Rede gehalten und ohne große Ankündigung das Konzept der gesamten US-Außenpolitik verschoben. Unter bestimmten Bedingungen sei die US-Regierung bereit, so Condoleezza Rica, sich den Verhandlungen europäuscher Partner mit dem Iran anzuschließen.

Wenn die iranische Regierung umgehend die Anreicherung von Uran stoppe, wären Bush & Co. bereit, sich diplomatischen Gesprächen anzuschließen – eine Option, die bislang undenkbar war, in der aber nicht nur die Amerikaner, sondern auch die Partner in der internationalen Gemeinschaft einen möglichen friedlichen Ausweg aus dem schwelenden Konflikt sehen.

Dieser Konflikt machte sich an der Börse vor allem in den Öl-Futures bemerkbar. Iran ist einer der wichtigsten Förderstaaten des schwarzen Goldes, und die Unsicherheiten um das Atomprogramm und die Angst vor möglichen Produktionsausfällen im Falle eines Krieges oder Ausfuhrstopps hatten die Futures schon mehrfach steigen lassen und das fundamentale Anlagerisiko erhöht.

Kurz nach den Kommentaren von Außenministerin Rice gibt der Ölpreis im New Yorker Handel um 2 Dollar nach und notiert nur noch bei unter 71 Dollar. „Allein die Geste, dass die USA verhandlungsbereit sind, beruhigt Anleger ungemein“, meint James Park vom Brokerhaus Rodman & Renshaw. „Lange Positionen können nachgekauft werden, die übernervösen Shortseller haben ihre Positionen geglättet.“

Markus Koch © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 01-06-2006 20:42

Die Sorgen meines Tankwarts

Mein indischer Tankwart versucht ein Lächeln, als ich neben einer Tankfüllung für 30 Dollar noch einen Kaffee und einen Schokoriegel bezahle – es gelingt ihm nur mühsam. Er hat auch nicht viel zu lachen. Seine Zunft ist seit Monaten als Abzocker-Bande verschrieen, jedoch zu Unrecht: Mit den steigenden Benzinpreisen kommen ausgerechnet die Tankstellen immer mehr unter Druck.

Viele Autofahrer glauben das nicht. Wer zur Zeit pro Gallone einen guten Dollar mehr zahlt als vor einem Jahr, dessen Unmut entlädt sich zuerst an der Kasse. Da ist es noch des Tankwarts Glück, dass die meisten amerikanischen Fahrer per Kreditkarte direkt an der Zapfsäule zahlen. Wer aber doch in den kleinen Laden läuft und Cash auf den Tresen legt, der sagt gerne dem armen Mann die Meinung – meiner leidet darunter.

„Ich weiß, dass es teuer ist“, klagt er mir. „Aber ich kann es nicht ändern.“ Und genau das sehen viele seiner Kunden nicht ein. Die wissen zwar, dass Öl und Benzin allgemein im Preis gestiegen sind und die Preise von Konzernen wie ExxonMobil und Chevron gemacht werden. Doch unterstellen sie dem Tankwart hohe Margen und hoffen auf dessen Einlenken. Zu Unrecht, denn für den Tankstellen-Betreiber bringen höhere Benzinpreise nicht mehr Geld. Im Gegenteil: Sein Gewinn fällt.

Das liegt vor allem daran, dass bei hohen Preisen immer weniger Fahrer bereit sind, ihrem Auto Qualitätssprit zu füttern. Wer seinem Wagen seit Jahren statt der normalen 87 Oktan gerne 93 Oktan gab und sich davon eine bessere Laufleistung versprach, der schraubt dieser Tage auf den weniger edlen Saft zurück, der geringere Gewinmargen hat. Und noch mehr Kunden verlassen ihre angestammten Tankstellen ganz und fahren Umwege zu No-Name-Lieferanten, nur weil diese drei Cent billiger sind.

Dazu kommt: Je weniger Kunden meinem Tankwart bleiben, und je mehr diese Kunden für ihren Sprit ausgeben, desto weniger sind sie bereit, im Laden noch einen Snack dazuzukaufen. So leidet ein weiteres Marktsegment, mit dem die Betreiber bisher gutes Geld gemacht haben. Meinen Tankwart trifft diese Problematik doppelt hart. Schon vor einem halben Jahr hat er seinen Laden reorganisiert, gute fünfzig Quadratmeter freigemacht und den Sandwich-Verkäufer Subway wuchtige Öfen aufbauen lassen. Die Bäcker sind danach nie erschienen, die Theke verstaubt und die Mieteinnahmen bleiben aus, weil auch das Management von Subway weiß, dass die hohen Spritkosten manchem Kunden den Apettit verderben und die Umsätze in Tankstellen-Filialen zur Zeit niedriger sind als noch vor ein oder zwei Jahren, als mancher Geldbeutel noch lockerer saß.

So ist es kein Wunder, dass meinem Tankwart ein Lächeln nicht gelingen will. Ich habe Verständnis, schließlich eint uns ein Gedanke. Anders als die meisten Kunden weiß ich ja, dass auch er sich wie ich nichts sehnlicher wünscht als günstigere Spritpreise.

Markus Koch © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 02-06-2006 21:12

Die erste wirklich globale Börse

Zum Wochenschluss blickt die Wall Street ganz auf…die Wall Street. Denn mitten im Gewühl, zwischen Händlern auf dem Parkett und Managern in der Kantine, zwischen Papierschnipseln auf dem Boden und dem Leuchtdisplay mit dem Dollarkurs ereignet sich ein spektakulärer Merger, der die Wall Street für immer verändern wird.

Die NYSE Group schließt sich in einem 15 bis 20 Milliarden Dollar schweren Deal mit der Euronext zusammen. Der Merger kommt nicht ganz überraschend. Seit Tagen wird über den Stand der Verhandlungen zwischen New York und der pan-europäischen Börse spekuliert, und erst am Donnerstag hörten Aleger bei der ersten Jahreshauptversammlung, dass ein Merger durchaus „in den nächsten Tagen“ bekannt gegeben werden könnte.

So schnell hatte man dennoch nicht damit gerechnet. Doch steckt die altehrwürdige New York Stock Exchange nun eben mitten in einer Umbruchphase, wandelt sich vom elitären Alt-Herren-Club mit eigenem Friseur und verschworenen Ritualen zu einem modernen Konzern mit Aktionären und globaler Perspektive. Den Schwung, den die NYSE Group seit ihrer Entstehung aus dem Merger mit ArcaEx und der Emmission eigener Aktien vor knapp drei Monaten gewonnen hat, nutzt CEO John Thain jetzt voll aus.

Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Das neue Unternehmen, das unter NYSE Euronext firmieren soll, bietet künftig Aktien-, Options- und Futureshandel fast rund um die Uhr. Das gemeinsame Handelsvolumen dürfte bis zu 100 Milliarden Dollar pro Tag betragen. Die an NYSE und Euronext notierten Unternehmen kommen auf einen gemeinsamen Marktwert von 27 Billionen Dollar.

Damit hängt das Unternehmen die Nasdaq sowie die Börsen in London und Tokio – bisher die Nummern zwei, drei und vier der Branche – deutlich ab. Experten rechnen damit, dass die Konsolidierung im Börsensektor weitergeht. Als nächstes könnte sich die Nasdaq London einverleiben, wo man schon mehr als ein Viertel der Anteile hält. Und auch die Deutsche Börse ist weiter an Wachstum interessiert. Aus einem eigenen Euronext-Deal dürfte zwar nichts mehr werden, der Trend zu einer eigenen Akquisition ist aber klar. Worauf NYSE-Chef John Thain stolz sein kann: Unter seiner Führung hat ausgerechnet die einst so schwerfällige NYSE den Stein ins Rollen gebracht.

Die NYSE und Euronext verstehen den Deal als Merger und gleichberechtigten Partnern. Allerdings werden elf von zwanzig Vorstandsposten von der NYSE besetzt und nur neun von der Euronext. NYSE-Chef John Thain wird das neue Unternehmen, einen amerikanischen Konzern mit dem Namen NYSE Euronext, leiten. Der bisherige Euronext-Chef Jean-Francois Theodore wird sein Vize und Chef des internationalen Geschäfts.

Für Aktionäre gestaltet sich das Geschäft wie folgt: Euronext-Eigner werden für jede Aktie 0,98 NYSE-Euronext-Papiere und 21,32 Euro erhalten, dazu gibt es eine einmalige Sonderdividende von 3 Euro. Zweifler können sich indes für eine All-Cash-Option entscheiden und sich im Rahmen des Mergers aus der Euronext auskaufen lassen. Doch dürfte es nicht allzuviele geben, die angesichts der global interessanten Strategie des neuen Handelskonzerns die Flucht ergreifen wollen – denn Optimismus ist allerorten zu spüren. Sandler O’Neill und J.P. Morgan äußern sich in Analysen am Freitagmorgen optimistisch zu dem Merger.

Die Experten berufen sich vor allem auf die zu erwartenden Kostensenkungen und den Fortschritt, den die NYSE in Richtung des elektronischen Handels erfahren könnte. Die NYSE Euronext kann mehrere bestehende Handelssysteme verbinden, die virtuelle Infrastruktur ausbauen und damit gleichzeitig regional unterschiedliche Stärken ausgleichen. Die nämlich sollen beibehalten werden: In New York wird weiterhin der Schwerpunkt auf Aktien liegen, in London auf Futures und Optionen, die Schwesterbörsen in Paris, Brüssel und Lissabon werden ihre eigenen Märkte betreuen und an das erste wirklich globale Netz anschließen können.

Markus Koch © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 06-06-2006 19:24

Langsamer Fortschritt bei GM

Einige optimistische Analysten haben die Aktie von General Motors in den letzten zwei Monaten um 35 Prozent steigen lassen. Allein, auch der optimistischste Analyst kann ein lädiertes Unternehmen nicht heilen. Das muss das Management tun. Das bemüht sich auch redlich, sieht aber noch manche Schwierigkeiten in der nahen Zukunft.

Entsprechend mau war die Stimmung am Dienstagmorgen beim Aktionärstreffen von GM in Wilmington im steuerbegünstigten US-Bundesstaat Delaware. CEO Rick Wagoner selbst hatte es sich zur Aufgabe gemacht, seinen Investoren den Weg des Unternehmens aus der schwersten Krise in der Geschichte aufzuzeigen. Die gute Nachricht vorweg: Wagoner und sein Team unterschätzen die Gefahren für GM nicht. Im Gegenteil. „Es geht nicht darum, GM zu reparieren“, so der Chef, „sondern GM für die Zukunft völlig neu gestalten.“

Nicht dass man nicht schon einen großen Schritt weit gekommen wäre. Seit dem letzten Aktionärstreffen vor einem Jahr, in dem das Management 25 000 Entlassungen bis 2008 und Kostensenkungen von jährlich 2,5 Milliarden Dollar angekündigt hatte, ist einiges geschehen. Immerhin haben 30 000 Arbeiter die Aufhebungsverträge des Autobauers angenommen und den geplanten Stellenabbau einfacher gestaltet als Anleger hätten erwarten können.

Auch an der Cash-Front lief es gut. Durch den Verkauf eines 51-prozentigen Anteils an der Finanzierungstochter GMAC hat Wagoner den Barbestand bei GM um 14 Milliarden Dollar aufgestockt. Weitere 3 Milliarden Dollar brachte der Verkauf von Anteilen an Fuji und Suzuki.

Solche Erfolgsmeldungen waren es ja auch, die das GM-Papier zuletzt so steil klettern ließen. Doch dass allzu großer Optimismus nicht gerechtfertigt ist, war zuletzt einfach nicht zu übersehen. Im Mai sind die Marktanteile von General Motors erneut eingebrochen, aktuell notieren sie auf mageren 22,7 Prozent. Die japanischen Konkurrenten, allen voran Toyota und Honda, haben zuletzt ihre Umsätze im zweistelligen Prozentbereich zulegen sehen.

Zudem hängt drohend die Delphi-Wolke über General Motors. Das ehemalige Tochter-Unternehmen, das heute der wichtigste Zulieferer von GM ist, steckt seit Monaten im Gläubigerschutz. Das Management versucht, durch Lohnkürzungen Kosten zu sparen und hat sich bis dato nicht mit der Gewerkschaft geeinigt. Es droht ein Streik, der GM – das gibt Rick Wagoner zu – in einen teuren Produktionsausfall treiben könnte und schlimmstenfalls in den Konkurs.

Die Delphi-Problematik kann General Motors nicht direkt lösen, ein Stück weit liegt damit das Schicksal der Industrielegende in den Händen eines fremden Managements. Entsprechend haben es GM-Aktionäre schwer, dem Optimismus von Wagoner & Co. zu vertrauen. So fällt die GM-Aktie trotz offener Worte in Delaware am Dienstag um 1,2 Prozent.

Markus Koch © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 07-06-2006 21:01

Greenspan is back!

Seit Tagen steht Ben Bernanke unter Beschuss. Seine jüngsten Kommentare über eine abkühlende Konjunktur, Inflation und höhere Zinsen würden die Märkte belasten, heißt es. Nur zögerlich geben einige Experten zu, dass die Wall Street unter der Botschaft leidet – und nicht unter dem Boten.

Am Mittwochmorgen waren es zunächst die Experten bei Bear Stearns, die einem jüngst angeschlagenen Ben Bernanke zu Hilfe eilten. Der Handelstrend habe schon nach unten gezeigt, bevor Bernankes Kommentare bekannt waren, so die Experten. Der Markt reagiere weniger auf die Worte des Fed-Chefs als direkt auf die Konjunkturdaten, auf die sich Bernanke seinerseits bezogen habe.

Ähnlich scheint das auch einer zu sehen, von dem die Wall Street seit seinem offiziellen Abschied von der Fed nichts mehr gehört hat. Bernankes Vorgänger Alan Greenspan sagte am Mittwoch als geladener Experte vor einem Senatsausschuss aus und verteidigte seinen Nachfolger zwar nicht direkt, gab die Schuld an den jüngsten Kursverlusten aber den hohen Energiepreisen und deren Auswirkungen auf den Verbraucher.

Jüngste Daten zeigten, so Greenspan, dass die hohen Ölpreise „nun doch einen gewissen Eindruck auf Amerika hinterlassen“ könnten. Das könnte umso schwerwiegender sein, als die hohen Preise dauerhaft zu sein drohten. Das wiederum liege an zu geringen Investitionen der Öl fördernden Staaten ebenso wie an der steigenden Nachfrage. Der könne man wiederum mit Ethanol aus Mais nur in geringem Maße entgegenwirken, da das Getreide nicht in ausreichender Menge verfügbar sei.

Mit Blick auf die direkten Auswirkungen der steigenden Preise auf die US-Konjunktur gab Greenspan nur wenige Details bekannt. Unternehmen hätten, so der ehemalige Notenbanker, bislang über steigende Produktivität die hohen Preise ausgleichen können. Der Verbraucher hingegen kämpfe mit den hohen Kosten an der Zapfsäule, wo man sich an Preise von mehr als 3 Dollar pro Gallone Sprit gewöhnen müsse.

Da wiederum der Verbraucher für gut drei Viertel des amerikanischen Bruttoinlandsprodukts zuständig ist, ist die eigentliche Aussage Greenspans klar: Die Konjunktur muss schwächeln, und das allein dürfte der Grund für die sinkenden Kurse an der Wall Street sein. Bernanke wird seinem Vorgänger danken. Zumindest für einen Tag ist er aus der Schusslinie – zumindest bis zus seinem nächsten Auftritt.

Markus Koch © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 08-06-2006 20:42

Warum die Wall Street Fußball schaut

„Soccer – the original Football“ steht spöttisch auf dem T-Shirt, das ich mir exra für die Fußball-Weltmeisterschaft gekauft habe. Man belehrt ja gerne die nur mäßig begeisterten Amerikaner. Doch auch bei denen wird der Kampf um´s runde Leder immer populärer, und das anstehende Turnier in Deutschland beschäftigt sogar die Wall Street.

Schließlich geht es bei der WM nicht nur um 11 Freunde und einen Pokal, um Doppelpass und Blutgrätsche, sondern vor allem um Geld. Dieser Aspekt ist an der Wall Street umso wichtiger als fast die Hälfte der offiziellen Fifa-Sponsoren amerikanische Konzerne und allesamt börsennotiert sind. Unter den fünfzehn größten Geldgebern finden sich Anheuser-Busch, Mastercard, McDonald´s, Coca-Cola, Avaya, Yahoo und Gillette.

Die Unternehmen setzen Millionen auf das Fußball-Event des Jahres, und dafür wollen sie Ergebnisse sehen – im eigenen Land und weltweit. Die gute Nachricht dabei: US-weit ist es in diesem Jahr zumindest etwas einfacher, ein Fußball-Publikum zu finden als bei früheren Turnieren. Zum einen sind die deutschen Spielzeiten günstiger als vor vier Jahren, als Spiele aus Japan und Korea in den USA mitten in der Nacht liefen. Zum anderen steht das US-Team (aus nicht ganz nachvollziehbaren Gründen) auf Platz 5 der Fußball-Weltrangliste und rechnet sich nach der Viertelfinal-Teilnahme 2002 durchaus Chancen auf ein respektables Ergebnis aus.

Mit den Erfolgsaussichten steigen die Zuschauerzahlen der übertragenden Sender, und damit rentiert sich das Engagement der Sponsoren umso mehr. Dafür wird es ausgerechnet im TV-Bereich immer komplizierter, mit einfachen Spots breiten Zuspruch zu finden – immerhin wird das Turnier in 189 Länder übertragen und erreicht damit Zuschauer aus höchst unterschiedlichen Kulturkreisen.

Die Werbe-Branche spricht von der größten Herausforderung überhaupt, die WM stelle sogar den Super Bowl in den Schatten. Doch haben die Agenturen ein altbewährtes Konzept gefunden: Multi-Kulti. Mastercard zeigt jubelnde Fans aus aller Herren Länder, verzichtet weitgehend auf Text und beschränkt sich allein auf den Sogan „Football Fever: Priceless“.

Der Rasierklingen-Hersteller Gillette aus der Procter&Gamble-Gruppe bedient sich digitaler Mittel und zieht den Herren im Fernsehspot je nach Zielgruppe T-Shirts in den jeweilegen Nationalfarben an. Anheuser-Busch verzichtet ganz auf Referenzen zum Publikum und wiederbelebt einen Spot, in dem Zuschauer im Stadion Schilder in die Luft halten, so dass das Bild einer Bier einschenkenden Flasche entsteht. Das ist einfaches Symbol und unmissverständlich.

Anheuser-Busch indes hat auch ganz andere Probleme als die Fernsehwerbung. Der Protest deutscher Fußballfans, die in ihren WM-Stadien die US-Plörre nicht trinken wollten, hat die Brauerei zu einer ungeahnten Kooperation mit Bitburger geführt. Das deutsche Bier fließt nun in Stadien neben dem Gebräu des Sponsors, dafür gestattet Bit den Amerikanern die Verwendung des Markenkürzels „Bud“ – ein Gericht hatte dies ursprünglich verhindert und dem US-Konzern den Namen wegen der Nähe zu „Bit“ untersagt.

Für Anheuser-Busch ist es zwar auf den ersten Blick eine Niederlage, wenn man in Stadien mit Bitburger konkurrieren muss. Andererseits hat das Unternehmen den wählerischen deutschen Konsumenten mittlerweile abgeschrieben und konzentriert seine Werbemaßnahmen auf den Fernsehzuschauer weltweit. Und für den ist „Bud“ eben griffiger als das ursprünglich verwendete „Anheuser-Busch Bud“.

Doch die Beschäftigung der US-Wirtschaft und der Börse beschränkt sich nicht auf die Werbung, die amerikanische Konzerne machen. Denn auch für zahlreiche Unternehmen außerhalb des Werbe- und Sponsorenkreises ist der Kampf um den Cup ein Riesengeschäft. Für Wal-Mart zum Beispiel, wo Fußball in tausenden Filialen in den Vordergrund gerückt wurde, oder für Verizon Wireless, wo Kunden spezielle WM-Pakete mit Textbotschaften und Videos per Handy abonnieren können.

Der Dow-notierte Medienriese Walt Disney steht zudem im Mittelpunkt des Interesses. Dessen Fernsehsender ABC und ESPN übertragen das Fußballspektakel. Der Internetriese Yahoo begleitet die Geschehnisse online und zählt schon vor Anpfiff 5,7 Millionen Besucher auf dem eigens eingerichteten Portal.

Und dann wäre da noch ein Randaspekt, der Anleger interessieren dürfte: Eine Studie von Marktforschern am Massachussetts Institute of Technology, in Dartmouth und Norwegen hat ergeben, dass am Tag nach der Niederlage eines Nationalteams die Börse im jeweiligen Land einzuknicken droht. Besonders bitter: Ein gewonnenes Spiel wirkt sich statistisch betrachtet nicht positiv auf die Kurse aus, Siege werden wohl erwartet.

Dass ernsthafte Investoren jedoch ihre Anlagestrategien so genau auf den Verlauf der WM einstellen werden, ist zu bezweifeln. Wer so fanatisch ist, wäre wohl bei den Wettbüros besser aufgehoben. Die rechnen mit Milliarden-Umsätzen. Selbst in den USA soll die WM 2006 bei den Spielmachern besser laufen als die Basketball-Meisterschaft und der Super Bowl.

Markus Koch © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 12-06-2006 20:38

Autos zwischen Schein und Sein

Autos bestimmen den Handel zum Wochenauftakt: Größter Gewinner im Dow ist General Motors, wo man drohende Produktionsausfällt abgewendet hat, aber noch immer mit schwachen Umsätzen kämpfen muss. Größter Verlierer ist Walt Disney, nachdem ein neuer Zeichentrickfilm nur mäßig erfolgreich anlief – die Helden darin: Autos.

Es mag mit der Phsiognomie an sich zusammenhängen oder damit, dass Autos in der schwersten Branchenkrise allgemein nicht gut ankommen. Wie dem auch sei, eines steht fest: Das amerikanische Publikum mag die Stars in „Cars“ weniger als die Helden früherer Disney/Pixar-Filme, allen voran natürlich den Fisch Nemo, die Angestellten in der Monster AG oder die gefräßigen Käfer in „Das große Krabbeln“.

Am ersten Kino-Wochenende spielten die Autos US-weit nun 62,8 Millionen Dollar ein. Das reicht zwar für den ersten Platz, enttäuscht aber Anleger, die rund 70 Millionen Dollar erwartet hatten – so viel hatten zuletzt sowohl Nemo als auch „Die Unglaublichen“ eingespielt.

Bei der Bank of America glauben die Experten nun, dass der Kino-Start von „Cars“ wohl „kein kompletter Fehlstart“ war. Der Streifen sei durchaus auf dem besten Weg, profitabel zu werden. Andererseits gebe es aber zu denken, dass Walt Disney die Zeichentrickschmiede Pixar wohl zu einer Zeit übernommen hat, in der man dort an die zurückliegenden Erfolge nicht anknüpfen kann. Immerhin: „Cars“ ist der erste Film, dessen Debut weniger Geld einspielt als der direkte Vorgänger.

Zweifler denken nun darüber nach, ob Disney nicht auch ohne die Übernahme hätte bestehen können. Allerdings, so geben Insider zu, ist der Start für „Cars“ noch immer doppelt so gut wie für „Ab in die Hecke“ von Dreamworks. Noch besser freilich lief jüngst die Fortsetzung von „Ice Age“ von Fox, so dass Pixar nicht mehr die unumstrittene Nummer Eins im Animationsgeschäft ist.

Woran das liegt ist Spekulation. Sind die Zeichner bei Pixar nicht mehr so kreativ wie dereinst? Oder haben sie nur übersehen, dass Autos ohnehin schwer zu personifizieren sind, zumal in Zeiten, wo japanische Wagen den US-Modellen Marktanteile wegnehmen und Massenentlassungen bei GM und Ford den Arbeitsmarkt durcheinanderbringen und das Wirtschaftswachstum gefährden?

Die nächsten Tage werden es zeigen. Wenn sich die Situation in Detroit weiter besser, wo Angestellte beim GM-Zulieferer Delphi höhere Abfindungspakete möglicherweise akzeptieren und damit einen Konkurs von General Motors verhindern könnten, dann entdecken große und kleine Amerikaner vielleicht auch die Liebe zu Autos wieder. Pixar und Disney würde das freuen, doch sollte man jetzt schon überlegen, wer die Hauptrolle im nächsten Streifen spielen soll – vielleicht lassen sich wieder Protagonisten aus dem Tierreich finden.

Markus Koch © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 13-06-2006 18:11

König Fußball als Konjunkturbremse

Die Wall Street sorgt sich um schwächeres Wirtschaftswachstum und hat doch einen wichtigen Faktor noch nicht einmal eingerechnet: die Fußball-WM. Die belastet die US-Konjunktur immer mehr, denn hunderttausende Fans verfolgen das Geschehen in Deutschland während der Arbeitszeit – live per Internet, Radio oder Fernsehen.

Nun ist es keine Schande, dass Volkswirte in ihren bisherigen Schätzungen König Fußball außer acht gelassen haben. Immerhin hat der Kampf um das runde Leder bisher in amerikanischen Sportbars kaum eine Bedeutung gehabt, und im Büro schon gar nicht. Football und Baseball waren gefragt, und diese Spiele laufen stets nach Feierabend.

Mittlerweile jedoch scheint die erste Generation amerikanischer Soccer-Kids fest im Berufsleben zu stehen. Dass amerikanische Konzerne immer rascher global wachsen und ausländische – fußballbegeisterte – Mitarbeiter haben, facht die Problematik an. Bei den ersten acht Spielen des laufenden Turniers haben jeweils 2,6 Millionen Amerikaner zugesehen und damit dreimal so viele wie bei den ersten acht Spielen der WM2002.

Unternehmen gehen höchst unterschiedlich mit der neuen Fußball-Begeisterung um. Da gibt es zum einen die sieben US-Unternehmen, die das globale Vermarktungspotenzial der Weltmeisterschaft erkennt haben und ganz offen als Fifa-Partner auftreten. Dann gibt es andere, nach unrepräsentativen Umfragen die meisten zumindest im New Yorker Finanzviertel, die ihren Mitarbeitern zumindest genug Raum geben, ihre Leidenschaft ausuleben. Auf dem Trading Floor der Deutschen Bank und bei J.P. Morgan läuft auf etwa der Hälfte der Bildschirme Fußball, die andere Hälfte bringt weiterhin Finanznachrichten.

Goldman Sachs und McDonald´s haben die Pausenräume für Mitarbeiter teilweise mit neuen Großbildschirmen ausgerüstet. „Dank der Fernseher in den Pausenräumen kommen meine Leute gar nicht auf die Idee krank zu feiern und zu Hause zu schauen“, meint Paul Cottrell, Franchise-Nehmer von McDonald´s in New Jersey.

Nicht alle Arbeitsnehmer haben es freilich so gut: Juan Luna, Broker an der Wall Street, stiehlt sich zur Zeit mehrmals täglich davon und macht „Kippenpause. Dabei rauche ich gar nicht.“ Luna stillt seinen Fußball-Durst in einem Restaurant im Erdgeschoss seines Bürogebäudes. Dylan Wilbanks, Webmaster bei einem großen Unternehmen, hat einen Besuch von seinen Eltern vorgeschoben, um für die Partie USA-Tschechien einen Tag frei zu bekommen.

Auf solche Maßnahmen müssen auch Arbeitnehmer bei gut 15 Prozent aller US-Unternehmen zurückgreifen, die während der WM sämtliche fußballorientierten Webseiten per Spezial-Software gesperrt haben.

Solche drastischen Regeln sorgen zwar nicht gerade für Top-Stimmung am Arbeitsplatz, sind aber durchaus nicht unberechtigt. Eine Studie aus Großbritannien hat ergeben, dass die Begeiterung britischer Arbeitsnehmer für die Fußball-WM die Unternehmen auf der Insel etwa 7,5 Milliarden Dollar kosten dürfte. Vergleichszahlen für die USA gibt es nicht, doch dürfte die schiere Größe der Konjunktur die im Vergleich zu den Briten etwas geringere Fußballbegeisterung klar wett machen.

Schuld an den Milliarden-Einbußen in Produktivität und Ausstoß sind übrigens nicht allein die TV-Übertragungen, sondern vor allem auch die Internet-Provider – allen voran Yahoo. Als offizieller Partner der WM2006 präsentiert das Portal nach jedem Spiel mehrere zweiminütige Highlights, die in Rekorszahlen heruntergeladen werden. Ein Tabellenservice von Google, wo Ergebnisse in Echtzeit verarbeitet und in den Spielplan eingerechnet werden, lenkt Arbeitnehmer zusätzlich ab.

Markus Koch © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 14-06-2006 20:46

Milliardenbetrug nach Katrina

Datenklau und Kreditkartenbetrug sind längst alltäglich geworden, doch wird am Mittwoch ein außergewöhnlicher Fall enthüllt: Opfer ist die US-Regierung – aus eigener Schuld. Unzureichende Sicherheitsmaßnahmen und Pfusch bei der Ausgabe von Kreditkarten an Hurrikan-Opfer haben einen Milliarden-Betrug möglich gemacht.

Ganz überraschend ist es nicht, dass die Rechnungsprüfer in Washington nun ein Dreivierteljahr nach den verheerenden Unwettern zwischen Florida und Louisiana eine Reihe dramatische Fehler im System aufdeckten. Immerhin war längst bekannt, wie unvorbereitet Washington auf die Hurrikans war, wie wenig Priorität die Rettungsaktivitäten in New Orleans und Biloxi hatten und dass es an Fachleuten mangelte, nachdem die Bush-Regierung Schlüsselpositionen in den zuständigen Ministerien mit guten Freunden besetzt hatt, die größtenteils fachfremd waren.

Doch scheint nun auch die eine Maßnahme gründlich schief gegangen zu sein, auf die Präsident Bush und seine Leute im Katastrophendienst FEMA letztlich noch stolz waren: die Soforthilfe für Hurrikan-Opfer, denen man unbürokratisch Kreditkarten über 2000 Dollar austeilte, damit Vertriebene Kleidung, Lebensmittel oder andere Gegenstände des täglichen Bedarfs kaufen konnten.

Dass diese Maßnahme Betrug möglich machen würde, war von Anfang an klar. Doch wie groß das Ausmaß sein würde, überrascht am Mittwoch auch die Experten. Bis zu 1,4 Milliarden Dollar sollen veruntreut worden sein, das meiste davon in kleinen Beträgen von einzelnen Opfern. Da wurde ein Scheidungsanwalt über die Notkarte bezahlt, manche kauften Schmuck, eine Familie buchte Urlaub in der Dominikanischen Republik. Dass große Beträge für Porno-Artikel ausgegeben wurden, dürfte die Konservativen in der Hauptstadt besonders grämen. Auch die 600 Dollar, die ein Katrina-Geplagter im Strip-Club ausgegeben hat, waren ursprünglich für andere Aufwendungen vorgesehen.

Ein weiteres Problem im Zusammenhang mit den Kreditkarten als Soforthilfe, war, das Opfer mit betrügerischen Aussichten recht leicht falsche Sozialversicherungsnummern vorschieben und mehrere Karten ergattern konnten. Geprüft wurden die Anträge nur flüchtig.

Ganze 750 Kreditkarten sind unterdessen komplett verloren gegangen. J.P. Morgan als betreuende Bank kann deren Verbleib bis heute nicht nachvollziehen, damit sind 1,5 Millionen Dollar verschwunden.

Doch nicht alle Betrügereien liefen über die Kreditkarten, auch andere finanzielle Entschädigungen waren fehlgeleitet. Das ist umso schwerwiegender, weil dies – anders als schwer zu überwachende einzelne Transaktionen – durchaus hätte kontrolliert werden können. So aber konnten Tausende von Betroffenen Hotelkosten abrechnen, obwohl sie von der FEMA bereits kostenlos untergebracht waren, allein tausend Gefängnisinsassen rechneten nicht entstandene Wohnkosten ab.

Andere Hurrikan-Opfer gaben zerstörten Grundbesitz an, den es nicht gab. Ein Mann ließ sich 2360 Dollar auszahlen, obwohl er als Wohnsitz einen fantasievoll einen Friedhof angegeben hatte. Einem eingeschleusten Agenten des Rechnugnshofes gelang es, für ein leerstehendes Baugelände Reparaturen an einem beschädigten Haus geltend zu machen – obwohl lokale Behörden der FEMA angezeigt hatten, dass die Adresse nie bebaut war.

Markus Koch © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 15-06-2006 20:44

Sorge um die Hightechs

Den zweiten Tag in Folge legen die US-Indizes am Donnerstag zu, und dazu scheint auch noch die Sonne. Da würde sich mancher gerne dem totalen Optimismus hingeben, doch das fällt schwer. Eine genaue Marktanalyse belegt, dass es sich bei den jüngsten Kursgewinnen nur um eine technische Erholung handeln kann.

Denn die fundamentalen Probleme bleiben dem Markt erhalten. Die Angst vor schwächerem Wirtschaftswachstum, Inflation und steigenden Zinsen hat Anleger nachhaltig verschreckt. Und da sie mit ihrer Prognose wohl richtig liegen, kündigen sich weitere Verluste an den US-Märkten an. Eine Zinsanhebung auf 5,25 Prozent im Juni-Meeting der Notenbank steht für die Wall Street so gut wie fest, die Chancen auf eine weitere Anhebung auf 5,5 Prozent im August steht laut den Fed-Futures bei 75 Prozent.

Und trotz aller gesamtkonjunkturellen Schwäche gibt es doch einen Sektor, um den sich Anleger zur Zeit besonders Sorgen machen: die Hightechs. Die Nasdaq ist in den letzten Wochen deutlich steiler gefallen als die übrigen Indizes, zwölf Prozent sind dem Index allein im vergangenen Monat abhanden gekommen, womit eine Korrektur definiert ist.

Ein Ende des Abwärtstrend ist für viele Analysten nicht in Sicht, obwohl die zweite Jahreshälfte für die Branche traditionell besser verläuft als die erste. Das liegt nicht zuletzt am Beginn des neuen Schuljahres und dem Weihnachtsfest. Letzteres liegt zwar noch in weiter Ferne, ist in die Umsatzpläne der Elektronik-Einzelhändler aber ebenso eingerechnet wie in die Prognosen der PC-Hersteller, der Chip-Branche und sämtlicher Zulieferer.

Allein, viele von diesen Unternehmen könnten in den nächsten Monaten eine Enttäuschung erleben. Das Wachstum im PC-Sektor, der zusammen mit seinen direkten Zulieferern immerhin 40 Prozent des Hightech-Marktes ausmacht, ist zuletzt dramatisch abgeflacht. Im ersten Quartal des laufenden Jahres lag das Wachstum nur bei 5,3 statt bei erwarteten 6,7 Prozent, noch dramatischer sieht es bei den Laptops aus.

Das hängt mit schwachen IT-Ausgaben der Unternehmen einerseits zusammen, die für eine Phase schwachen Wachstums typisch ist. Andererseits schieben die Analysten einen Teil der Schuld auch Microsoft zu. Der Softwareriese hat den Start seines Vista-Betriebssystems nun mehrfach verschoben, und vor 2007 ist mit dem Programm nicht zu rechnen. Damit dürfte mancher private Kunde wie auch manches Unternehmen die Umstellung auf neue Rechner noch einmal aufschieben.

Wie weit, das ist offen. Entsprechend machen Branchenexperten ihren Kunden zunächst einmal keine Hoffnung. Jeder Rallye sollte als eine gottgesandte Verkaufschance betrachtet werden, meint RBC Capital, wo man von der ganzen Intel/PC-Schiene rigoros abrät.

Markus Koch © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 16-06-2006 21:13

Der Haussetrend steht zur Disposition

Von Mark Arbeter, technischer Chefanalyst bei S&P

...

http://www.faz.net/aktuell/finanzen/...n-1258825.html

Starlight 16-06-2006 21:26

Bill Gates geht… und Ballmer?

Der reichste Mann der Welt hat es satt, weiterhin von früh bis spät im Büro zu sitzen. Bill Gates will sich über die nächsten zwei Jahre langsam aus dem Alltag bei Microsoft ausklinken, er wird sich künftig verstärkt seiner Stiftung widmen. Die Wall Street ist nicht geschockt. Im Gegenteil: Man wartet auf eine weitere Personalie.

„Bill Gates ist unersetzlich“, meinen die Analysten von Pacific American Securities, „ganz im Gegensatz zu vielen anderen CEOs.“ Er habe stets das geschickteste Händchen gehabt, wenn es um die Verbindung von Hightech und geschäftlicher Strategie ging. „Würde Microsoft ihn komplett verlieren, wäre das nicht gut.“ Doch darum müssen sich Anleger wohl nicht sorgen. Zwar notiert Microsoft im Freitagshandel etwas schwächer, doch nimmt der Markt erleichtert zur Kenntnis, dass der Gründer des Software-Giganten seine Tätigkeit einerseits über zwei Jahre hinweg ausklingen lassen und andererseits den Aufsichtsrat weiterhin führen will.

Zudem, das übersehen Insider nicht, hat auch unter Gates zuletzt nicht alles so reibungslos funktioniert, wie die Börse sich das gewünscht hätte. Dass das lange angekündigte Betriebssystem Vista noch immer nicht auf dem Markt und mittlerweile sogar auf 2007 verschoben ist, muss zumindest teilweise dem obersten Software-Strategen zugeschrieben werden.

Auch dass Gates als wichtigster Stratege und Architekt seines Unternehmens die Internet-basierten Programm komplett überging, die jetzt Google und Yahoo massiv wachsen lassen, ist unumstritten.

Mit schuld an allem ist aber auch CEO Steve Ballmer, der sich trotz allem am Donnerstagabend über uneingeschränktes Lob von Bill Gates freuen konnte. „Steve hat in seiner Zeit als CEO viel erreicht und war nach allen Maßstaben erfolgreich“, so Gates – dem nun nicht jeder zustimmt. Allein ein Blick auf die Aktie stimmt nachdenklich. Als Steve Ballmer im Jahr 2000 das Ruder übernahm, notierte MSFT nahe einem Allzeithoch von 60 Dollar, heute ist das Papier noch etwas mehr als ein Drittel wert.

Das liegt einerseits an finanziellen Abenteuern und hohen Kosten, andererseits an einem verunglückten Ausflug in Unternehmenssoftware, mit dem Ballmer dem Konkurrenten Oracle Marktanteile wegnehmen wollte – was nicht klappte.

Microsoft-Kenner rechnen damit, dass Ballmer schon bald seinem Freund Gates in den Ruhestand folgen wird. Drei potenzielle Nachfolger stehen in den Startlöchern, darunter Robbie Bach, der Chef-Entwickler der Xbox, der bisherige Windows- und MSN-Chef Kevin Johnson und Kevin Turner, den man jüngst bei Wal-Mart abgeworben hat.

Ballmer und Gates zu verlieren, sei wiederum nicht ganz einfach für Microsoft, meinen Analysten, doch bräuchte das Unternehmen einen klaren Strich vielleicht viel mehr als Kontinuität mit einem zuletzt erfolglosen Team. Ein neuer CEO könnte die Motivation der Microsoftler heben und das Unternehmen aus der Krise führen.

Markus Koch © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 19-06-2006 20:32

Vorsicht vor Ethanol-Aktien

Die Sonne ging auf – und schnell wieder unter. Nach nicht einmal einer Woche an der Börse machen sich Anleger Gedanken um den Ethanol-Erzeuger VeraSun, der sein IPO mit einer dicken Rallye feiert und dann unter den Ausgabekurs rutschte. Letzteres geschah zurecht, warnen Analysten. Der Sektor sei nicht so sicher wie manche denken.

Das haben die ersten Einsteiger nun schon bemerkt. Erst Mitte vergangener Woche startete VeraSun einen Dollar über der eigentlich angestrebten Emmissionsspanne bei 23 Dollar in den Handel. Binnen weniger Stunden schoss das Papier auf mehr als 30 Dollar. Dann wurde es manchem mulmig, und zu Beginn der neuen Woche kostet die Aktie nur noch zwischen 25 und 26 Dollar.

Das wiederum ist kein gutes Omen für Hawkeye Holdings und Aventine Renewable Energy, zwei weitere Ethanol-Riesen, die in den nächsten Tagen erstmals Aktien ausgeben wollen. Denselben Hype, der VeraSun so steil hat steigen lassen, werden sie wohl kaum genießen können.

Das wiederum sollte auch nicht sein, mahnen Analysten, im Gegenteil: Vor allem Privatanleger sollten sich nicht allzusehr in den Ethanol-Sog ziehen lassen; die Branche habe nicht die rosigen Zukunftsaussichten, die mancher sich vorstellt.

Der aktuelle Boom nämlich, der Ethanol in alle Munde gebracht hat, sei kein dauerhafter Faktor. Das stimmt. Denn dass einige Staaten den möglicherweise krebserregenden Kraftstoffzusatz MTBE verboten haben, hat zu einer drastisch höheren Nachfrage nach Ethanol geführt, die mit der bestehenden Infrastruktur kaum zu decken gewesen ist. Dies wiederum hat die Ethanolpreise in die Höhe getrieben, die Gallone kostet zwischenzeitlich 4,25 Dollar statt der noch zu Jahresbeginn üblichen 1,85 Dollar.

So sind die Gewinnmargen für VeraSun und andere Ethanol-Vertreiber hoch. „In einem solchen Umfeld macht es für ein Unternehmen durchaus Sinn, an die Börse zu gehen“, meintMichael Judd, Ethanol-Experte von Greenwich Consultants. „Was es dem Anleger bringen soll, ist schwer zu sagen.“

Denn offensichtlich werden die Margen am Ethanol-Markt wieder einbrechen, sobald die Infrastrukur verbessert ist und die Nachfrage nach dem Treibstoffzusatz normal gedeckt werden kann. Neue Ethanol-Raffierien sind in Planung, durch deren Inbetriebnahme das Angebot explosiv steigen wird. Zur Zeit werden in den USA etwa 4,6 Milliarden Gallonen des Mais-Produkts verarbeitet. Ab nächstem Jahr könnten es 2 Milliarden Dollar mehr sein, wenn alle begonnen Werke planmäßig fertig werden.

Erst dann wird sich zeigen, mit welchen Margen die Ethanol-Branche langfristig planen kann. Erst dann lässt sich über eine langfrsitige Anlage nachdenken, wobei sicherlich viel für die Branche spricht. Immerhin setzen sich auch in den USA Umwetschutzgedanken durch, dass Ethanol sauberer verbrennt als MTBE, dürfte dem Zusatz eine Zukunft sichern. Anleger sollten daran nicht zweifeln, sie müssen sich nur über die faire Bewertung der Papiere im Klaren sein.

Markus Koch © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 21-06-2006 20:44

Bier und Wein, das ist fein

Wie erfolgreich Anheuser-Busch sein wird, wenn man dieser Tage als Hauptsponsor der Fußball-WM versucht, das amerikanische Dünnbier auch im europäischen Ausland zu platzieren, ist offen. Doch der Absatz außerhalb der Staaten ist nicht das einzige Problem des Brauers, vielmehr sorgt man sich auch um die Trinker im eigenen Land.

Seit Jahren nämlich verlagert sich die Nachfrage der Kunden immer mehr von Bier auf Wein und Spirituosen. Sicher, es mag regionale Ausnahmen geben: In der Bier-Metropole Milwaukee ist der Gersten-… pardon: in den USA natürlich Mais-Saft noch immer Hauptnahrungsmittel. Und wo immer sich deutsch-amerikanische Einwanderer nidergelassen haben, hebt man lieber den Bierkrug als den Römer – zu verfolgen ist das zur Zeit bei zahlreichen deutsch-amerikanischen Festen entlang der US-Ostküste.

Doch diese Bier-Oasen können nicht darüber hinweg täuschen, dass der Bier-Anteil am amerikanischen Alkoholmarkt in den letzten zehn Jahren 5 Prozentpunkte verloren hat.

Wo der größte Brauer im Lande diesen Trend nicht ändern kann, passt man sich zumindest an. Wie Anheuser-Busch-Präsident und Gründer-Urenkel August Busch IV in einer Rede hat durchblicken lassen, ist man durchaus interessiert, im eigenen Haus und über das etablierte Lieferanten-System auch andere alkoholische Drinks zu vertreiben. Einen Anfang hat man ja vor einigen Jahren gemacht, als man das Malzgetränk Bacardi Silver in Kooperation mit dem puertoricanischen Rum-Riesen startete.

Experten rechnen damit, dass Anheuser-Busch entweder die Bacardi-Kooperation ausbauen und direkt im Rum-Geschäft mitspielen könnte, oder dass man ein Joint Venture mit der Destillerie Brown-Forman eingehen könnte, dem Haus von Jack Daniel´s.

Nicht nur für Anheuser-Busch wäre eine solche Kooperation günstig, auch eventuelle Partner könnten massiv profitieren. Wer nämlich das bislang sehr exklusive Vertreibernetz der Firma mit seinem 570 unabhängigen Großhändlern und tausenden von Trucks nutzen darf, kann auf steigenden Umsatz landesweit zählen – und Kosten senken. „Bisher hat Anheuser-Busch eine sehr restirktive Politik gegen Partner und Konkurrenten gefahren“, meint der Getränke-Analyst Mark Swartzberf von Stifel Nicolaus. „Jetzt schlägt man einen wärmeren Ton an.“

Bleibt die Frage, womit der Bud-Brauer und die künftigen Partner auf ihre kommenden Kooperationen anstoßen werden. Mit Bier geht das ja schlecht, vielleicht aber bald mit anderen Anheuser-Busch-Produkten.

Markus Koch © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 22-06-2006 20:33

Nett ist das neue Böse

Im Prinzip ist es schon einmal schändlich, dass Gut und Böse heutzutage als Trends gehandelt werden. Doch gelten an der Wall Street und in Corporate America eben sehr eigene moralische Maßstäbe, man mag das begrüßen oder verurteilen.

Erfreulich ist aber, dass der aktuelle Trend zum Guten geht. Amerikanische Bosse würden seit einiger Zeit freundlicher, hat die Unternehmensberaterin Linda Kaplan Thaler ermittelt und in einem Buch niedergeschrieben, das im Herbst auf den Markt kommen wird. Die neue Freundlichkeit gehe in zwei Richtungen: So behandelten die Chefs ihre Mitarbeiter besser und präsentieren sich und das Unternehmen nach außen hin positiver.

Warum tun sie das? Die Antwort ist ernüchternd: Weil es sich auszahlt. In bar. Eine freundliche Atmosphäre im Unternehmen hält wegen kürzerer Kandidatensuche und längeren Vertragslaufzeiten die Personalkosten niedrig. Es gibt weniger Klagen vor Gericht, in denen sich Mitarbeiter ausgenutzt und schlecht behandelt fühlen. Die Nebenkosten sinken, da gut behandelte Mitarbeiter zufriedener und gesünder sind. Unter´m Strich bleibt die Erkenntnis: In freundlich geführten Firmen steigt die Produktivität.

Auf der anderern Seite klettert auch der Umsatz. Unternehmen mit einem positiven Image werden vom Kunden eher frequentiert, wie unter anderem Lee Scott von Wal-Mart nachgewiesen hat. Dessen Schmusekurs hat den noch vor zwei Jahren total verrufenen weltgrößten Einzelhändler vom frauenverachtenden Umweltsünder (fast) wieder zum verbraucherfreundlichen Schnäppchenmarkt verwandelt. Das mag sich bisher noch nicht ausgezahlt haben, könnte in der Zukunft aber zu weniger Bürgerprotesten gegen neue Supercenter und dadurch wieder zu mehr Wal-Mart-Umsatz führen.

Wichtig bei aller Freundlichkeit ist, so Expertin Kaplan Thaler, dass die Bosse ihren Stil konsequent durchziehen. Immerhin sprächen sich im Zeitalter der schnellen Google-Suche kleine Ausrutscher, Skandälchen und Betrugsfälle sofort global herum – dann leidet die Glaubwürdigkeit.

Wo Unternehmen lange Jahre gedacht hatten, dass nur eine strenge Hand Erfolg ins Unternehmen bringen und den Shareholder-Value mehren könnten, ist die neue Strategie für den modernen Boss klar: Es geht auch anders herum, und vielleicht noch erfolgreicher. Nett ist das neue Böse.

Markus Koch © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 23-06-2006 20:52

Gourmets streiten um „Lobstergate“

Keiner weiß, wo der Markt zur Zeit hin will, die US-Börsen finden keine Richtung. Einzig positiver Aspekt: Langweilig wird es nicht. Was Anleger am wenigsten mögen, ist die Börse im Krebsgang – andere Krustentiere kommen besser an. Hummer zum Beispiel, beim Dinner nach einem gelungenen Deal.

So interessiert sich die Wall Street sehr für die kleine Meldung einer Supermarktkette, die den Kurs der Aktie nicht sehr bewegt, aber die Gemüter. Whole Foods Markets, unter Börsianern bekannt als einer der stärksten Performer im Einzelhandel, will künftig keine lebendigen Hummer mehr verkaufen, da diese in den Aquarien im Verkaufsraum nie artgerecht gehalten würden und zudem vor einem grausigen Tod im Kochtopf des Kunden stehen würden.

Für Whole Foods war die Entscheidung nicht leicht, künftig auf den frischsten aller Leckerbissen zu verzichten – allein, man bleibt damit dem Konzept treu, das die Kette so erfolgreich gemacht hat. Whole Foods ist nicht nur Supermarkt, sondern vor allem Marktführer im Bio-Bereich. Man vertreibt ökologisch korrekte Kost, hat vor Jahren bereits den Verkauf von Foie Gras eingestellt und Hühnereier gibt es ausschließlich aus Freilandhaltung. Auf der Website finden sich Tips zum Einstieg in einen vegangen Lebensstil.

Dass Whole Foods bisher lebende Hummer im Angebot hatte, hängt mit der langjährigen Unsicherheit über das Schmerzemfpinden der Krustentiere zusammen, die in diesen Tagen anhält. Hummer-Liebhaber, denen nichts über einen lebendig gekochten Leckerbissen geht, bestreiten vehement, dass der Hummer mit seinem rudimentären Nervensystem Schmerzen empfindet, die Tierschützer von PETA sehen das anders. Sie stützen sich auf aktuelle Studien aus Schottland und Norwegen, die schließlich auch das Management von Whole Foods überzeugt haben. Obwohl diesen eigentlich an einem gegenteiligen Befund gelegen hätte.

Dass Whole Foods nun auf den Verkauf von Hummern verzichtet, bringt der Kette nicht nur Lob ein. Und e sind nicht nur egoistische Gourmets, die sich beschweren, nein, das Thema ist ein Politikum geworden. „Ich finde diese Entscheidung idiotisch“, meint Hannah Pingree, die demokratische Abgeordnete aus North Haven im Bundesstaat Maine. In ihrem Wahlkreis leben hunderte von Hummerfischern, und die Politikern sorgt sich um die Branche.

Wirtschaftlich ist die Sorge berechtigt: Aus Maine kommen 85 Prozent der amerikanischen Lobster-Ernte, und das sind immerhin bis zu 350 Tonnen pro Jahr. Am Verkauf von Hummern hängen damit viele Arbeitsplätze, und entsprechend verstört reagieren auch andere Experten in den betroffenen Gegenden. Man bemühe sich so sehr um artgerechten Fang, betont Patrice McCarron von der Hummerfischer-Vereinigung. „Wir schützen Jungtiere und Weibchen, und jetzt kommt plötzlich der Supermarkt und will unser Produkt nicht mehr.“

Nun, ganz so schlimm ist es nicht. Whole Foods wird weiterhin Hummer im Angebot haben, nur nicht mehr den lebendigen mit Gummibändern um die Zangen. Im Tiefkühlregal wird man das leckerste Produkt aus Maine weiterhin finden, und nach neuesten Studien des Hummer-Werbeverbandes dürften sich die Umsatzeinbußen damit in Grenzen halten. Die meisten Amerikaner essen ihren Hummer nämlich ohnehin geschnitten und gemeinsam mit Nudeln oder anderen Gerichten – der Verzehr von frisch gekochtem Hummer am Stück macht nur einen kleinen Teil des Umsatzes aus.

Und dieser wiederum bricht ja nicht weg. Wer hat denn je seinen Hummer zuhause selbst ins kochende Wasser geworfen? Die meisten Gourmets genießen den Leckerbissen doch im Restaurant, und deren Einkäufer werden auch weiterhin die Lebendware auftreiben und zubereiten können – nur eben nicht bei Whole Foods, sondern auf dem Fischmarkt.

Damit dürfte die Entscheidung, keine Lebend-Hummer mehr zu verkaufen, die Branche nicht allzu sehr belasten. Doch auch bei Whole Foods dürften sich die Einbußen in Grenzen halten. Das konsequente Festhalten an ökologischen und tierschützerischen Aspekten dürfte die Ausnahmestellung des Unternehmens in der Branche unterstreichen und für einen weiteren Kundenschub führen.

Markus Koch © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 27-06-2006 18:23

GMail, GPack, GBuy… GEverything

Angriff ist die beste Verteidigung, sagt man sich bei Google. Fast regelmäßig einmal die Woche stellt der Online-Konzern ein neues Produkt vor, mit dem man in neue Märkte eindringt und etablierten Konzernen Marktanteile abgräbt. Neuestes Opfer ist das Auktionshaus Ebay, dessen Bezahlsystem PayPal bald mit GBuy konkurrieren muss.

Das wird Ebay umso härter treffen, als man mit PayPal bislang so etwas wie ein Monopol hatte. Der Bezahldienst war der einzige im WWW, über den Kunden Geld versenden konnten, ohne finanzielle Daten wie Kreditkartennummer und Institute preisgeben zu müssen. Hatte PayPal einmal diese Daten, ließen sich Zahlungen auf allen möglichen Einkaufsseiten per Passwort erledigen.

Ganze 11,3 Prozent des Geldverkehrs im Internet laufen zur Zeit über PayPal, damit hat sich Ebay ein gutes Stück vom Kuchen abgeschnitten. Doch nun hält Google die Gabel in der Hand und will mitfuttern. Den zeitlichen Rückstand auf Ebay dürfte man schnell wett gemacht haben. Denn während Ebay-Kunden nach gewonnenen Auktionen fast zwangsläufig zu PayPal gelandet werden, kann Google über seine Suchmaschine alle anderen Internet-Shopper bedienen. Wer auf Google – oder der Einkaufstochter Froogle – nach Waren sucht, bekommt gleich angezeigt, welcher Anbieter GBuy akzeptiert. Ein Klick, und der Kunde landet im Bezahldienst der Suchmaschine, die zudem einen weiteren Vorteil hat:

„Ich werde auf jeden Fall über Google bezahlen“, zitiert das Wall Street Journal am Dienstagmorgen einen Internet-Shopper, der nicht nur die Technologie von Google schätzt, sondern auch die Neutralität des Unternehmens. Anders Ebay nämlich verkauft Google keine Ware selbst und betreibt auch keinen eigenen Marktplatz.

Was Google unterdessen zumindest am Anfang behindern könnte, sind die Kosten für GBuy. Nach ersten Verlautbarungen sollen Verkäufer eine Gebühr von 2,2 Prozent plus 30 Cent an den Bezahldienst richten. Damit verlangt man mehr als PayPal, wo 1,9 Prozent plus 30 Cent pro Transaktion fällig werden. Ebenso wie zahlreiche Ebay-Händler aus Kostengründen PayPal nicht akzeptieren, dürften einige Online-Läden sich gegen GBuy wehren und – wenn überhaupt – den günstigeren von zwei Konkurrenten wählen.

Wie schnell und wie weit Google in den Markt von PayPal und Ebay eindringen kann, ist damit natürlich offen. Klar ist aber, dass das Unternehmen, das einst als einfache Suchmaschine begonnen hat, immer aggressiver wächst. Nachdem man Yahoo und andere Suchmaschinen schon vor Jahren entthront hat, hat sich Google zuletzt mit sämtlichen Internet- und Softwarefirmen angelegt, deren Produkte man irgendwie nachahmen könnte.

So hat Google längst seinen eigenen kostenlosen Email-Dienst, eine Bildertauschseite wie zuvor Yahoo, und seit neuestem einen eigenen Multimedia-Spieler in einer kostenlos herunterladbaren Arbeitsleiste. Dem Computerriesen Microsoft macht Google mit eigenen Textverarbeitungs- und Tabellenprogrammen Konkurrenz, die einst unersetzliche Teile im Windows-Office waren und heute kostenlos im Netz stehen.

Andere Programm, Hilfsprogramm wie Bildschirmschoner und Virenschutz, hat man bereits vor einem Jahr im GPack zusammengefasst und damit einer Vielzahl kleinerer Anbieter Umsatzchancen entzogen.

Auch Apple kommt nicht ungeschoren davon: Seit einigen Wochen stellt Google Video-Kontent ins Netz, der entweder von Werbung finanziert wird (Musikvideos) oder für 1,99 Dollar gekauft werden kann (TV-Sendungen wie „CSI“). Damit wildert man ganz klar in dem Revier, das bisher iTunes bestellt hat.

So schafft sich Google keine Freunde, ist aber zweifelsohne auf Expansionskurs und scheint nicht aufzuhalten zu sein. Anleger begrüßen das. Zwar präsentiert sich Google im Dienstagshandel nicht von der allerbesten Seite, doch steht man im Vergleich zu anderen Internet-Aktien solide im Markt.

Markus Koch © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 28-06-2006 20:54

Amerika soll „Smart“ werden

Dass Dr. Dieter Zetsche am Dienstag in New York den prestigeträchtigen Vernon A. Walters-Award der Atlantik-Brücke ohne stehende Ovationen entgegennehmen musste, hatte nur einen Grund: Zu viele lange Reden, Laudatio und Preisverleihung waren vor den Hauptgang gelegt worden, das Publikum war erschöpft. Zu tosendem Applaus reichte die Kraft dennoch.

Der CEO von DaimlerChrysler galt vielen Gästen bei der jährlichen Gala der deutsch-amerikanischen Atlantik-Brücke als der verdienteste Träger in der langjährigen Geschichte des Preises, der nach dem früheren amerikanischen Botschafter in Deutschland benannt ist. Kein Wunder, ist Zetsche doch CEO des einzig wirklich deutsch-amerikanischen Konzerns. Zudem war er es, der den lange umstrittenen Merger zwischen dem sehr deutschen Unternehmen Daimler und dem sehr amerikanischen Unternehmen Chrysler überhaupt erst funktionierten machte.

Das war nicht einfach, wie Laudator Joseph Califano erinnerte. Der frühere US-Gesundheitsminister, den Lee Iacocca in den Achtzigern in den Chrysler-Vorstand berief, und der den Merger und die Bemühungen Zetsches aus nächster Nähe miterlebte, fand den treffenden Vergleich: „Daimler und Chrysler passten zusammen wie Apfelkuchen und Sauerkraut. Kritikern in Deutschland und den USA hat die Sache nicht geschmeckt.“ Zu unterschiedlich sei die Unternehmenskultur beider Firmen gewesen, und entsprechend skeptisch sei der Vorstand gewesen, als „dieser Mann aus Stuttgart mit seinem Walross-Bart“ ankam und sich als der neue Chef vorstellte.

Heute ist man bei Chrysler voll des Lobes über den Chef. Zetsche hat in den letzten Jahren nicht nur die zweite Auferstehung des legendären US-Herstellers verantwortet, sondern dabei vor allem stets die amerikanische Komponente der Konzernführung beachtet und perfekt in die des deutschen Partners integriert. Das klappte vor allem, weil Zetsche bereits vor Amtsantritt in Detroit Amerika-Erfahrung hatte, Land und Leute kannte und verstand.

Genaue Kenntnis der amerikanischen Seele ist auch Voraussetzung für das neueste Projekt von Zetsche. Einen Tag nach Entgegennahme des deutsch-amerikanischen Preises machte das Unternehmen am Mittwoch offiziell, was bereits in den letzten Wochen durchgesickert war: Der Smart soll die USA erobern. Das ist umso spannender, als der Kleinstwagen auf deutschem Mist gewachsen ist und zwischen New York und Los Angeles gegen die gleichen Kulturdifferenzen ankämpfen muss, denen sich Daimler bei Chrysler gegenüber sah.

Amerikanern nämlich ist das Auto allgemein mehr als nur ein Transportmittel. Im Land von Pickup-Truck und SUV ist größer immer noch besser, der kleine Hüpfer mit gerade einmal 2,5 Metern Länge und 1,5 Metern Breite sorgt beim US-Publikum in allererster Linie für Gelächter.

Doch sind Zetsche und sein Smart-Importeur Roger Penske von der United Auto Group sicher, dass vielen das Lachen im Halse stecken bleiben wird. Aufgrund steigender Spritpreise dürften manchen die 75 Meilen begeistern, die Smart-Fahrer im Optimal-Fall aus einer Gallone Sprit herausholen können – drei Mal so viel wie die meisten US-Modelle schaffen.

Die steigenden Öl- und Benzinpreise spielen dem Smart also in die Hände, doch muss man auch in anderen Bereichen Imagearbeit betreiben. Die Sicherheit des Hüpfers, die trotz verstärktem Chassis und einem ausgeklügelten Airbag-System alles andere als offensichtlich ist, muss beim Kunden ankommen, ebenso die Tatsache, dass der Kleine durchaus zum Transport von Einkäufen ausreicht.

Das größte Problem indes wird sein, praktisches Denken beim US-Kunden dominant zu verankern. Wer mit dem Auto Männlichkeit und Potenz verbindet, wird am Smart schulterzuckend vorbeilaufen. In den Ballungszentren New York, L.A., San Francisco und Seattle aber, die der Smart ab Ende 2007 zuerst ansteuern wird, dürfte sich ein Sinneswandel am ehesten herbeiführen lassen.

Zumal der Preis von 15 000 Dollar durchaus für den Kleinen spricht, der sich in einem Testlauf in Kanada bereits bewährt hat. Statt der anpeilten 2000 wurden im Testzeitraum 4000 Wagen abgesetzt, und solche Zahlen lassen die Smart-Partner Zetsche und Penske optimistisch in die Zukunft blicken.

Markus Koch © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 29-06-2006 20:54

Nach der Fed ist vor der Fed

Die Notenbank hat den US-Leitzins um 25 Basispunkte auf 5,25 Prozent angehoben. Dieser 17. Zinsschritt in Folge war am Markt erwartet worden. Wichtiger für Anleger: Eine neue Formulierung in der Presseerklärung lässt erkennen, dass eine weitere Zinsanhebung im August alles andere als zwingend ist.

Zwar könnten weitere zinspolitische Eingriffe zur Stabilisierung der US-Wirtschaft durchaus möglich werden, gesteht der Offenmarktausschuss um Ben Bernanke ein. Immerhin sei ein gewisses Inflationsrisiko nicht von der Hand zu weisen, was am besten an hohen Rohstoffpreisen abzulesen sei und an dem Umstand, dass zuletzt auch die Kerninflation etwas zugenommen habe.

Wann und wie stark man solche Schritte vornehme, soll hingegen verstärkt von dem sich stets wandelnden Ausblick für Inflation und Wirtschaftswachstum anhand der in nächster Zeit anstehenden Konjunkturdaten abhängig sein. Ein weiterer Zinsschritt um 25 Basispunkte auf 5,5 Prozent im August-Meeting der Fed ist damit wohl nicht ausgeschlossen, aber zumindest weniger wahrscheinlich als Experten gemessen an den Fed-Futures bisher erwartet hatten.

Die Märkte reagierten euphorisch auf diese Nachricht: Die Blue Chips verdoppelten binnen weniger Minuten ihre Tagesgewinne und stehen stabil im dreistelligen Plus. Die Zinsen für zehn- und dreißigjährige Staatsanleihen sind indes drastisch eingebrochen.

Auffallend ist kurz nach der Fed-Sitzung aber erneut, wie wenig neue Information doch seitens der Notenbanker kommt. Das Kommittee fasst auch nach intensiver zweitägiger Sitzung nur zusammen, was jeder halbwegs interessierte Marktbeobachter seit Wochen und Monaten weiß: Der Immobilienmarkt kühlt ab, das Wirtschaftswachstum ist schwächer als in den vergangenen Quartalen, bisherige Zinsschritt wirken sich nur zeitverzögert aus.

Das alles wusste man schon vorher, und so lässt sich am Ende auch nach der lange erwarteten Fed-Entscheidung nur eine Vorhersage mit Sicherheit treffen: Auf dem Parkett und in den Tradingrooms wird die Diskussion um die weitere Zinspolitik in der nächsten Woche mit derselben Intensität weitergehen mit der sie dem Handel in den letzten Wochen die Orientierung genommen hat.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.

Starlight 30-06-2006 21:02

Superman hilft Corporate America

Die Welt braucht Helden: Das Schicksal der Wall Street hängst an Ben Bernanke, der deutsche Fußball verlässt sich ganz auf Jürgen Klinsmann. Für alle anderen ist Superman zuständig, der ab diesem Wochenende gegen das Böse kämpft – und für die Umsätze bei Warner Brothers, Burger King, PepsiCo, Duracell und vielen anderen.

Ob Superman seiner Aufgabe gerecht werden und Corporate America durch flaue Sommerwochen tragen kann, ist allerdings nicht unumstritten. Der Held mag durch Mauern blicken und fliegen können, übermenschliche Kräfte haben und unverwundbar sein. Doch ob er ein Vierteljahrhundert nach seinem größten Leinwandabenteuer noch einmal zig Millionen Fans ins Kino locken kann, ob er den Cola-Verkauf oder die Nachfrage nach Alienware-Notebooks und Klamotten von Belstaff ankurbeln kann, ist nicht sicher.

Manche Analysten sind von vorab pessimistisch: Der Marken- und Marketingspezialist Rob Frankel sieht für die meisten offiziellen Superman-Partner schwarz. „Superhelden haben viel von ihrer einstigen Wirkung verloren“, meint er und schreibt das nicht zuletzt dem Promi-Overkill der letzten Jahre zu. Es kaufe keiner mehr eine Handtasche, nur weil irgendeine Sängerin diese trage, meint Frankel, und so werde das Superman-Logo auch kaum einen Kunden überzeugen, ausgerechnet einen Fernseher von Samsung oder Motoröl der Marke Quaker State zu kaufen.

Von allen Promotionen dürfte am Ende nur einer profitieren: Superman selbst, dessen auf allen möglichen Produkten und Broschüren gegenwärtiges Konterfei vielleicht doch den ein oder anderen Fan ins Kino lockt. Das wiederum freut das Management bei Time Warner, dem Mutterkonzern von Warner Bros., die „Superman Returns“ als teuersten Streifen aller Zeiten produziert hat und damit ein großes Risiko eingegangen ist.

260 Millionen Dollar hat das zweieinhalbstündige Spektakel gekostet, dessen Spezialeffekte noch atemberaubender sein sollen als alles bisher dagewesene. Dass Superman nun aber durch explodierende Flugzeuge fliegen und sonstige Tricks in Farbe und Stereo aufführen kann, heißt noch lange nicht, dass Warners Kalkulation aufgeht. Da die Ticketumsätze zwischen Warner und den Kinos geteilt werden, müssen immerhin mehr als 500 Millionen Dollar eingespielt werden – mehr schaffte bisher nur „Titanic“.

Erschwerend kommt hinzu, dass Warner nicht allzusehr auf das Ausland bauen kann. Superhelden laufen dort schlechter als in den Staaten, und während jüngste Kinohits wie „Da Vinci Code“ oder „Terminator 3“ mehr als die Hälfte ihrer Fans in Europa fanden, dürfte das Interesse an Clark Kent und seinen Abenteuern dort verhältnismäßig gering sein.

Ganz hoffnungslos ist das Unternehmen dennoch nicht. „Superman ist immerhin der größte Held aller Zeiten“, beruhigt der Kino-Analyst Gitesh Pandya von Boxofficeguru.com. „Er dürfte deutlich besser laufen als die Konkurrenz.“ Tatsächlich sind die Ticket-Vorbestellungen viel höher als zuletzt bei „Batman Begins“ und „X-Men“. Die Zeichentrickkisten aus Disney/Pixar´s „Cars“ dürfte man ohnehin in der ersten Woche überholen.

Dass Superman von allen Helden der bekannteste ist, macht auch dem Zweifler Frankel ein wenig Hoffnung. Wenngleich die Umsätze mit Kino-Merchandise schwächer wären als vor ein paar Jahren, dürfte Superman doch noch am ehesten die Geldbeutel der Verbraucher öffnen. „Mindestens drei Generationen kennen Superman“, meint Frankel. „So wollen nicht nur die Kids entsprechende Artikel kaufen, sondern auch Vater und Großvater, die bezahlen müssen, freuen sich mit.“

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.

Starlight 06-07-2006 20:56

Tabak-Konzerne atmen auf

Eine Entscheidung in letzter Minute lässt am Donnerstag die Tabak-Aktien klettern. Wenige Stunden vor Beginn der Sommerpause hat der Oberste Gerichtshof von Florida ein 145-Milliarden-Urteil gegen Altria und andere Branchenriesen revidiert, die mehr als zehn Jahre lang auf einen endgültigen Schiedsspruch gewartet hatten.

Mit dem Urteil vom Donnerstagmorgen dürfte der „Fall Engle“ ein Ende gefunden haben. Mit mehr als zehn Jahren ist er damit einer der langwierigsten Schadenersatzprozesse in der Rechtsgeschichte der Vereinigten Staaten. Einer der meist diskutierten ist er ohnehin, nicht zuletzt wegen des grotesk überzogenen Streitwerts von zuletzt 145 Milliarden Dollar.

Genau diese rekordverdächtige Zahl ist nun vom Tisch – zur Erleichterung der Tabakbranche und zahlreicher Anleger. Denn hätten Altria und die übrigen Beklagten, darunter Reynolds American, Lorillard, Loews und die Vector-Tochter Liggett, diese Summe tatsächlich zahlen müssen, wäre nicht weniger als die Existenz manches Konzerns gefährdet gewesen.

Die Richter am Obersten Gerichtshof im Bundesstaat Florida haben die Rekord-Summe vor allem aus diesem einen Grund endgültig abgelehnt: weil sie „nach Auslegung des Gesetzes als exzessiv zu bezeichnen“ wäre.

Nichts dass indes der Streitwert alleine den „Fall Engle“ umstritten gemacht hätte. Seit Jahren wird heiß debattiert, ob die Sammelklage des Arztes Howard Engle überhaupt in dieser Form hätte zugelassen werden dürfen. Engle und fünf weitere Kläger hatten die Zigarettenbranche zunächst „im Namen aller Raucher in Amerika“ verklagt, da die Unternehmen über die Schädlichkeit ihrer Produkte gelogen hätten.

Von den tatsächlichen Marketingmethoden der nicht eben geliebten Branche einmal abgesehen, zeigte sich recht schnell, dass eine Sammelklage für alle Raucher nicht zulässig wäre. So wurde der „Fall Engle“ schließlich für 700 000 Raucher in Florida eingereicht, was ein Berufungsgericht zuletzt vor drei Jahren erneut als unzulässig beurteilte. Die einzelnen Schiksale der Kläger seien viel zu unterschiedlich, als dass Grund zu einer Sammelklage gegeben sei.

Dieses Argument indes, ebenso wie alle anderen Kritikpunkte an Klage und Urteil, hatten bis zuletzt keinerlei Klarheit darüber gebracht, ob Altria & Co. nun zahlen müssten – und wieviel. Erst mit dem jetzigen Schiedsspruch steht fest, dass die 145 Milliarden Dollar vom Tisch sind, was den Unternehmen ermöglicht, Bar-Reserven von zig Millionen Dollar aufzulösen und zu investieren. Branchenriese Altria indes denkt schon einen Schritt weiter und könnte endlich die Pläne umsetzen, nach denen das weit verzweigte Konglomerat in bis zu drei eigenständige Unternehmen aufgeteilt werden soll.

Anleger reagieren entsprechend euphorisch auf die Nachricht aus Florida; sämtliche Tabakaktien stehen dick im Plus.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.

Starlight 07-07-2006 21:04

Gefährlicher Lauf mit den Bullen

Ray Ducharme ist 31 Jahre alt und wird vermutlich den Rest seines Lebens im Rollstuhl verbringen. Der New Yorker gehört zu den vielen Idioten, die jedes Jahr in Pamplona mit den Bullen rennen und zum Teil lebensgefährlich verletzt werden. An der Wall Street ist es nicht ganz so gefährlich mit den Bullen zu rennen – doch lauern auch hier Gefahren.

Im Grunde sind die Parallelen zwischen New York und Pamplone nicht zu übersehen. Sowohl an der Wall Street als auch in der spanischen Provinz lassen sich Leute auf ein Spiel ein, dessen Ausgang sie nur minimal beeinflussen können. Stärker als der angetrunkene Läufer in rot-weiß ist schließlich der Bulle, mächtiger als der Zocker ist der Markt in einer ganzen Masse.

Getrieben werden die Spieler von einem niedrigen Instinkt: der Jüngling in Pamplona von Übermut und dem einfachen Drang, sich zu beweisen. Man will halt Mann sein, die Mädchen beeindrucken, die indes meist distanziert bis schockiert auf das riskante Spiel reagieren. Den Investor derweil treibt die Gier, ebenso wie die Hochmut eine Todsünde – beide werden mitunter bestraft. Dann wird der Jüngling in Pamplona zertrampelt, und wer an der Börse unter die Räder kommt, wird sich nicht viel besser fühlen.

Natürlich sind es stets die Unerfahrenen, die Forschen, die beim Rannen mit den Bullen – in Pamplona und New York – den Kürzeren ziehen. Unter fünf Schwerverletzten bei der diesjährigen Stierhatz sind allein zwei Amerikaner, ein Kanadier und ein Brite. Spanier erwischt es kaum, obwohl die in der Mehrheit sind, denn die kennen sich aus mit den wilden Tieren und schätzen die Gefahr richtig ein. Vielleicht trinken sie vor dem Rennen auch weniger Sangria als die risikofreudigen Touristen.

Auch in New York muss man die Bullen gut kennen, um mitlaufen zu könenn. Wer den Markt nicht vesteht und seine Tücken übersieht, der kommt unter die Räder. Zur Zeit baut sich eine Situation auf, die für manchen Unvorsichtigen gefährlich werden könnte. Zwischen den Diskussionen um Arbeitsmarkt und Zinspolitik, zu Beginn der Ertragssaison und inmitten der Krisen in Irak, Iran und Nordkorea übersieht mancher, dass die amerikanischen Aktienmärkte auf ungewöhnlich hohem Niveau handeln. Die Kurseinbrüche von Mai und Juni mögen nicht unvergessen sein, doch sind sie zumindest halb aufgeholt, eine wirtkliche Korrektur hat man nicht gesehen.

Das wiederum ist ungewöhnlich. Historisch betrachtet sehen Dow & Co. in Aufschwungphasen einmal jährlich eine Korrektur um mindestens zehn Prozent, eine solche ist zur Zeit überfällig. Sie wird nicht ausbleiben. Die Frage ist nur, wer den Trend rechtzeitig erkennt und einen Schritt zur Seite machen kann, und wer vom Markt überrollt wird.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.

Starlight 10-07-2006 20:52

Was macht eigentlich… Ken Lay?

Fast eine Woche ist es her, dass die Wall Street vom Tod Kenneth Lay´s erfuhr. So überraschend die Nachricht kam, so umstritten ist sie bis heute. Kein Wunder: Für den einstigen Mulltimillionär und Bush-Freund kam der Tod als willkommene Alternative zu einer lebenslangen Gefängnisstrafe. Das regt die Verschwörungstheoretiker an.

„Bevor ihr den Sarg des Betrügers ins Grab senkt, schaut nach ob er auch drin ist“, titelte die New York Post, und im Internet wird überhaupt mehrheitlich am Schicksal des ehemaligen Enron-Chefs gezweifelt. An einen natürlichen Herzinfarkt will kaum einer glauben. Die meisten Blogger vermuten einen Suizid, und andere sehen Lay gar mit einem Cocktail in der Hand in irgendeinem karibischen Paradies – neben ihm sitzt dann vermutlich Elvis.

Doch Spaß beiseite: Ganz unmöglich wäre es für einen Mann mit Ken Lay´s Beziehungen wohl nicht, seinen Tod vorzutäuschen. In Aspen, Colorado, dürfte das sowieso leichter fallen als in der texanischen Business-Metropole Houston, wo der Stammsitz von Enron war. In Aspen ist die High Society überschaubar, die Chefärzte kennen ihre prominenten Patienten.

Unterstützung auf höchster Ebene wäre Lay zudem sicher, so dass eine rasche Ausreise aus den USA wohl kein Problem wäre. Das Weiße Haus dürfte wohl ein Interesse daran gehabt haben, den Mann loszuwerden. Noch ein weiterer Krimineller im engsten Umfeld des Präsidenten begünstigt dessen ohnehin schweren Stand beim Wählervolk sicher nicht. Mit dem Tod wiederum kam Ken Lay als Unschuldiger davon. Laut Gesetz endet ein Verfahren beim eines Angeklagten mit dessen Unschuld, so lange nicht alle Rechtsmittel erschöpft waren. Bei Ken Lay ist genau dies der Fall.

Dass also Washington ein Interesse an einem „Tod“ von Ken Lay gehabt haben könnte, bringt indes manchen Blogger auf ganz andere Gedanken: „Die CIA hat ihn umgebracht“, murmelt ein Diskussionsteilnehmer im CNN-Forum, „wahrscheinlich mit Gift.“

Das indes ist weit hergeholt. Naheliegender ist der Gedanke, den nicht nur professionelle Verschwörungstheoretiker durchspielen, sondern fast jeder vernünftige Beobachter – nicht zuletzt die dafür bereits gescholtene Internet-Enzyklopädie Wikipedia: Selbstmord. Abgesehen davon, dass sich ein Herzinfarkt recht leicht herbeiführen und mit Hilfe eines nahestehenden Arztes noch leichter vertuschen ließe, hätte Ken Lay manchen guten Grund für ein vorzeitiges Dahinscheiden gehabt.

Einerseits bleibt ihm ein trauriger Lebensabend hinter Gittern erspart. Unter zwanzig Jahren wäre Lay bei der Verkündigung des Strafmaßes im Oktober auf keinen Fall weggekommen, nach einem illustren Leben unter den oberen Zehntausend sind das bittere Aussichten. Andererseits stand Lay´s Familie vor dem Ruin. Mit seinem plötzlichen Tod gehen Werte, die im Zusammenhang mit hunderten ausstehender Zivilklagen eigentlich hätten gepfändet werden sollen, in den Nachlass über – sie gehören damit nicht mehr Lay, sondern der Familie. Was und wieviel jetzt noch gepfändet werden kann, ist zur Zeit ungeklärt.

Unklar ist auch, wieviel Ken Lay noch hatte. Am Hungertuch nagen werden die Hinterbliebenen aber wohl nicht. Selbst nach dem Zwangsverkauf mehrerer Immobilien blieben dem Enron-Gründer zuletzt die Villa in Aspen, in der er starb, sowie eine Wohnung in Houston, die auf 10 Millionen Dollar geschätzt wird und mit Möbeln für weitere 2 Millionen Dollar ausgestattet sein soll. Außerdem soll Lay Anteile an einem Goldman-Sachs-Fond gehalten haben, die bis zu 6,3 Millionen Dollar wert sein könnten.

Die wahren Hintergründe von Ken Lay´s plötzlichem Ableben werden wohl im Dunkeln bleiben. Erinnern wird man sich auf jeden Fall aber sehr lange an den Mann, der hinter dem größten Wirtschaftsbetrug in der Geschichte der USA gesteckt und Tausende Angestellte um ihre Ersparnisse gebracht hat.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.

Starlight 11-07-2006 18:56

Beobachtungen zum US-Haushalt

Für Hank Paulson hätte der neue Job kaum schöner beginnen können. Einen Tag nachdem der ehemalige CEO von Goldman Sachs als 74. Finanzminister der USA vereidigt worden war, saß er am Dienstagmorgen im Weißen Haus und hörte einen Haushaltsbericht, der deutlich besser ausfiel als bisher erwartet.

Nicht dass Paulson mit dem von Präsident George W. Bush irgendetwas zu tun hätte – die Pläne fallen noch komplett in die Amtszeit seines Vorgängers John Snow –, doch lässt es sich in seiner Position leichter schalten und walten, wenn das Defizit in den Staatskasten mit 296 statt der bisher befürchteten 423 Milliarden Dollar gemessen wird.

Doch nicht nur Paulson gefiel der Budget-Bericht. Vor allem Präsident Bush war am Morgen guter Laune. Dauergrinsend sah der mit guten Nachrichten nicht eben verwöhnte Texaner die Wirksamkeit seiner seit Jahren umstrittenen Steuersenkungen bewiesen, zumal es die summarisch höheren Steuereinnahmen aus Corporate America sind, die für die unerwartete Verbesserung gesorgt haben.

Dennoch ist die neue Haushaltsschätzung des Congressional Budget Office, einer überparteilichen Behörde in Washington, nicht unumstritten – und auch die Steuerpolitik des Präsidenten wird es nicht bleiben. Zum einen können Experten Bush weiterhin vorhalten, dass er seine Amtszeit mit einem gewaltigen Haushaltsüberschuss angetreten hatte, für das Experten beider Parteien damals ein Wachstum auf 5,6 Billionen Dollar über zehn Jahre prognostiziert hatten.

Von einem Defizit war damals nicht die Rede, dazu haben erst die Terrorangriffe des 11. September, die teuren Kriege in Irak und Afghanistan, die Milliardenkatastrophe von New Orleans im letzten Sommer, hohe Zinsen für bestehende und wachsende Schulden im Ausland und nicht zuletzt die schwächeren Staatseinnahmen gesorgt. Insofern dürfte jeder Schritt aus dem Defizit heraus als nicht mehr als Pflichterfüllung gewertet werden, Grund zum Jubel gibt es eigentlich nicht.

So sehr man sich im Weißen Haus über eine Trendwende freut und das Wahlkampfziel nahe glaubt, das Defizit bis 2009 halbiert zu haben, so sehr sollte man sich die Zahlen sowieso noch einmal im historischen Vergleich anschauen. Dann zeigt sich, dass die Steuereinnahmen aus Corporate America zwar deutlich gewachsen sind, was auf eine stark boomende Konjunktur schließen lässt. Allerdings erholen sich die Einnahmen lediglich von historischen Tiefständen, die erst unter der Bush-Regierung überhaupt erreicht worden waren. Im Prinzip nähere man sich lediglich den Werten, die man bereits vor einer Dekade gesehen habe, meint Robert Greenstein, der Direktor des Center on Budget and Policy Priorities, einem liberalen Think Tank.

Zudem lässt sich nicht darüber hinwegsehen, dass die Steuerbelege aus Corporate America letztlich doch nur das zeigen, was Kritiker der Bush-Politik immer befürchtet hatten: Den Unternehmen geht es besser, den Angestellten aber nicht. Die hoch besteuerten Unternehmensgewinne sind im letzten Jahr dramatisch gestiegen, die weniger aggressiv besteuerten Löhne hingegen nicht. Diese Umverteilung sorgt für den Einnahmen-Anstieg, dessen Ende dann kommt, sobald die Unternehmensgewinne gipfeln – damit rechnen Analysten an der Wall Street bereits in diesem Quartal, spätestens aber bis Jahresende.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.

Starlight 13-07-2006 21:12

Halliburton verliert Irak-Auftrag

Seit drei Jahren unterstützt Halliburton die US-Truppen im Irak, genauso lange steht der Konzern unter Dauerbeschuss. Fest steht: Das Unternehmen kam bevorzugt an den Milliarden-Auftrag, vermutet wird, das dazu noch betrügerisch abgerechnet wird. Das Pentagon hat jetzt Konsequenzen gezogen und schreibt den Irak-Auftrag neu aus.

Dass Halliburton vorerst den Auftrag verliert, korrigiert ein drei Jahre altes Unrecht, das so ziemlich jeder nicht aktiv an der Regierung beteiligte Amerikaner schon einmal kritisiert hat. Im Zuge der Vorbereitungen zum Irak-Feldzug 2001 vergab das Pentagon nämlich den Vertrag zur Unterstützung der Tgruppen mit logistischer Hilfe, Zelten, Wäsche und Lebensmittel als „no-bid-contract“. Es fand also keine Ausschreibung statt, Halliburton wurde einfach direkt ausgewählt.

Für Aufträge dieser Größenordnung ist das beispiellos. Immerhin: Allein im vergangenen Geschäftsjahr zahlte das Pentagon 7 Milliarden Dollar an den Partner. Nachvollziehbare Gründe für die Vorzugsbehandlung von Halliburton gab es indes nicht. Weder war die Regierung zu zeitnahem Handeln gezwungen, immerhin wurden mehrere Verträge in den vergangenen Jahren regelmäßig verlängert. Noch ist Halliburton, wie oft behauptet, das einzige Unternehmen, das auf logistische Einsätze in Krisengebieten spezialisiert wäre.

Vielmehr war immer klar, dass Halliburton allein die guten Beziehungen ins Weiße Haus zugute gekommen waren. Das Unternehmen wurde bekanntlich in den späten Neunzigerjahren von Dick Cheney geleitet, dem jetzigen Vize-Präsidenten in der Bush-Regierung.

Dieses Vorgehen allein, einem befreundeten Konzern lukrative Verträge zuzuschustern, ist prinzipiell nicht zu entschuldigen. Halliburton tat allerdings in den letzten Jahren einiges dafür, sich noch mehr Unmut zuzuziehen. Mehrfach scheint der Konzern überhöhte Rechnungen eingereicht zu haben, die letztlich der Steuerzahler begleichen musste.

Beispiele aus den letzten Jahren haben sämtliche Kontrollorgane entsetzt: So berechnet Halliburton dem Staat unerhörte 45 Dollar für eine Palette Cola und bis zu 100 Dollar für einen Wäschesack. Lokale Hilfsarbeiter, die für einen Stundenlohn zwischen 7 und 16 Dollar als Reinigungs- oder Sicherheitskräfte arbeiten, werden den USA für 50 bis 120 Dollar in Rechnung gestellt. Hunderte Arbeiter haben nach unabhängigen Ermittlungen monatelang nichts getan, waren von Halliburton aber angehalten worden, reguläre Abrechnungen über 12 Arbeitsstunden pro Tag zu schreiben.

Doch nicht nur mit der Anhäufung kleiner Beträge scheint sich Halliburton die Margen beim Irak-Auftrag aufgebessert zu haben. Ehemalige Mitarbeiter des Konzerns haben ausgesagt, dass mehrfach 80 000 Dollar teure Lkw einfach stehen gelassen oder angezündet wurden, wenn sie einen platten Reifen hatten. Auf Kosten des Steuerzahlers ersetzte Halliburton alte Trucks durch neue und verbesserte so das Inventar.

Das Ausmaß der Betrügereien wird von Experten in Washington auf hunderte von Millionen Dollar geschätzt, von denen das Unternehmen indes – ohne Schuldeingeständnis – einen Teil zurückgezahlt hat.

Doch damit gaben sich die Ankläger der Pentagon-Halliburton-Achse nicht zufrieden. In dieser Woche beugte sich das Pentagon dem hohen öffentlichen Druck und entzog Halliburton sämtliche Irak-Verträge. Sie werden jetzt neu ausgeschrieben, wobei ohnehin mindestens drei Vertragsnehmer zum Zuge kommen sollen. Aus militärischer Sicht sei das sinnvoller, gesteht das Pentagon ein, da ja ein Konzern einmal ausfallen könnte.

Halliburton, beziehungsweise die Tochter KBR, darf bei der neuen Ausschreibung mitbieten.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 14-07-2006 21:09

Detroit steckt weiter im Stau

Während in Detroit die Chefs von GM und Renault/Nissan über die Zukunft des größten amerikanischen Autobauers beraten, macht sich Merrill Lynch über die Zukunft der gesamten Branche Gedanken. Bittere Erkenntnis: Für die Amerikaner geht es weiter bergab, die Asiaten werden weiter Marktanteile gewinnen.

Diese Einsicht alleine wird nun keinen Branchenkenner und auch keinen Investor aus den Socken hauen. Dass die „großen Drei“ in Detroit Probleme haben, die noch eineWeile andauern werden, ist eigentlich klar. Auch dass sich der deutsch-amerikanische Konzern DaimlerChrysler auf absehbare Zeit wohl besser halten kann als GM und Ford, war bereits klar.

Was die neue Studie von Merrill Lynch aber so interessant macht, ist ihre Genauigkeit. Analyst John Murphy hat einen Index ermittelt, in den die Zahl neuer Modelle, deren Produktionsraten, die Kapazitätsauslastung in den Werken, die durchschnittliche Standdauer im Autohaus und andere Faktoren eingerechnet sind. Es dürfte die bisher genaueste Studie über die Autobranche und die Aussichten in den nächsten Jahren sein, und die offenbart einige Unterschiede zwischen US- und asiatischen Herstellern, die zwar nicht neu sind, aber oft unterschätzt blieben.

Dass die US-Hersteller GM, Ford und Chrysler ihre Modelle beispielsweise alle acht Jahre erneuern, während Koreaner und Japaner nur fünf Jahre warten, sieht Murphy als einen entscheidenden Faktor für die künftige Entwicklung der Branche. In Detroit sieht man das genauso, und entsprechend wollen die „großen Drei“ die Rate für neue Modelle von 13 Prozent in den Jahren bis 2006 auf 18 Prozent in den Jahren 2007 bis 2009 hoch schrauben. Die Zahl der neuen Modelle steigt damit von 44 auf 61.

Damit allein verteidigen die US-Firmen ihre Marktposition allerdings nicht. Denn wenngleich die Vielzahl neuer Modelle erhöht wird, stimmt noch lange die Vielfalt nicht. Neben Pkws in den verschiedenen Klassen sowie SUV und Trucks soll es nämlich künftig Mischformen geben, denen sich die Asiaten bislang beherzter angenommen haben als die Amis. Toyota und Nissan planen Hybriden, die Pkw und Truck verbinden, Mazda bringt die Heckklappe zurück und führt damit ein längst vergessenes Design ein.

Weitere Crossover-Modelle, die sich nicht einfach in bisherige Kategorien einordnen lassen und deshalb ganz neue Käuferschichten ansprechen könnten, sind bei Hyundai und Kia in der Planung. Die Koreaner seien zur Zeit ein wenig hinterher, meint Merrill Lynch, dürften bis 2010 aber ebenfalls an US-Marktanteilen zugelegt haben.

Die interessantere Produktpalette, die DaimlerChrysler von GM und Ford unterscheidet, scheint den Deutsch-Amerikanern laut Merill Lynch einen Vorteil zu geben. So könnte das Unternehmen seine Marktanteile wohl zumindest halten, während die beiden rein amerikanisch geführten Konzerne mit Einbußen rechnen müssten. Die dürften zwar nicht mehr so steil sein wie zuletzt, bneruhigt Analyst Murphy, doch das dürfte weder Bosse noch Anleger beruhigen.

Umso interessanter wird sein, wie sich die Gespräche zwischen GM-Chef Wagoner und seinem Konterpart von Renault/Nissan entwickeln. Nach einem ersten Treffen am Freitagmorgen hat Carlos Ghosn erklärt, er sei auf keinen Fall an einem Chefposten bei GM interessiert, doch sollten Anleger diese Aussage nicht überbewerten. Es dürfte vor allem Diplomatie sein, die solche Sätze formt. Schließlich ist Rick Wagoner nicht gerade für seine ungebremste Begeisterung für die asiatische Konkurrenz bekannt. Er wird sich ungern von Außenstehenden über die künftige Strategie von GM belehren lassen wollen, und mit seinem Verzicht auf den Vorstandsposten – der ihm bisher nie angeboten worden war – hat Ghosn zumindest eine Gesprächsbasis offen gehalten.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 17-07-2006 07:51

Sommerflaute im dritten Quartal?

Von Sam Stovall, Standard & Poor's

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http://www.faz.net/aktuell/finanzen/...l-1305471.html

Starlight 19-07-2006 21:13

Bernanke löst eine Rallye aus

Der arme Ben Bernanke. Eigentlich wollte er am Mittwoch die Wogen glätten, als er dem Kongress seine Gedanken zur US-Konjunktur darlegte. Doch moderate Marktreaktionen sind dem Fed-Chef verwehrt: Nachdem die Wall Street schon mehrfach in tiefe Bernanke-Löcher gestürzt ist, ging es diesmal steil auf einen Bernanke-Gipfel.

Die Blue Chips legten gleich dreistellig zu, während der oberste Währungshüter in Washington sprach. Jedes Wort von Beb Bernanke löst eben Volatilität aus. In einem Markt, der nervös auf geopolitische Krisen, steigende Energiepreise, Inflation und Wirtschaftswachstum blickt, fallen Kursschwankungen umso stärker aus.

Die Verluste der Vorwoche einmal außer Acht gelassen, die dem Markt eine technische Rallye auch ohne Bernankes Zutun jederzeit ermöglicht hätten, waren die Reaktionen der Wall Street am Mittwoch tatsächlich wieder einmal übertrieben. Sicher, Bernanke machte einige Statements, aus denen sich Hinweise auf eine mögliche Zins-Pause im August ableiten ließen. Allerdings drückte sich der Fed-Chef gewohnheitsmäßig so vage aus, dass dem Offenmarktausschuss bei der nächsten Sitzung in vier Wochen durchaus alle Wege offen stehen.

Das genau sagte Bernanke auch unumwunden. „Zinspolitik wird in einem von Unsicherheit geprägten Umfeld gemacht“, so der Chairman. Man werde auch in der nächsten Zeit alle möglichen Konjunkturdaten beobachten müssen, trete dann aber zur Fed-Sitzung „ohne jede vorgefertigte Meinung an“. Will heißen: Die Fed wühlt sich durch den gleichen Datenwust wie jeder sonst an der Wall Street und weiß – angeblich – bis zur nächsten Zinsentscheidung genauso wenig wie der Markt.

Was Anleger indes beruhigte, ist nach dem unerwartet aggressiven Vorgehen der Notenbank in den letzten Monaten die Aussicht, dass die Fed in bezug auf weitere Zinsanhebungen nun doch einlenken könnte. Bernanke sieht das Wirtschaftswachstum leicht rückläufig. Nach einem BIP-Wachstum zwischen 3,25 und 3,5 Prozent in 2006 sei im nächsten Jahr nur noch mit 3 bis 3,25 Prozent zu rechnen. Das spricht gegen eine Zinsanhebung, zumal man auch die Inflation künftig in gleichem Maße rückläufig sieht.

Ganz auflösen werde sich die Inflation indes nicht, so Bernanke. Ein Rückgang bei den Energiepreisen sei nicht zu erwarten, auch die Häuserpreise und damit die Mieten dürften anhaltend hoch bleiben. Die Fed indes könne sich für eine gewisse Zeit damit abfinden, dass die Kerninflation über dem angestrebten Bereich liege. Das wiederum beruhigt Anleger, die einem August-Meeting der Notenbank nun wesentlich gelassener entgegensehen.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 20-07-2006 21:01

Philantropie für jedermann

Geld verdienen ist gut, Geld ausgeben ist besser – und Geld spenden ist am allerbesten. Die meisten Menschen erkennen das regelmäßig nach Naturkatastrophen oder wenn andere mit gutem Beispiel vorausgehen, zuletzt etwa Warren Buffett mit seiner Milliarden-Spende an die Gates-Stiftung. Ein amerikanischer Online-Anbieter will Philantropie jetzt alltäglich machen.

Das Prinzip von Ecomiles ist einfach. Ganz nach dem Modell der Kreditkartenbranche, wo Kunden seit Jahren für jeden Einkauf Punkte gutgeschrieben bekommen und nachher einlösen dürfen, kassiert das Unternehmen Gutschriften auf Käufe in allen Branchen. Fast eintausend Online-Händler sind Mitglied bei Ecomiles, darunter Computerhersteller wie Dell und Apple, Reisebüros wie Expedia und Travelocity, Allrounder wie Amazon.com oder Spezialisten wie Blumen-, Brillen- oder Baseball-Versandhäuser.

Ecomiles-Mitglieder, die auf der Website einmalig ein Konto eröffnen, lassen sich direkt von dort auf ihre Online-Läden verlinken. Für jeden Kauf gibt es dann eine Prämie von einigen Dollar oder Cent, die auf das Ecomiles-Konto geht. Dell beispielsweise gibt 3 Prozent auf jeden Kauf, bei Amazon.com gibt es 4 Prozent und für Hotelbuchungen bei Expedia sogar 5 Prozent. Wer eine Kreuzfahrt bucht, bekommt pauschal 20 Dollar zugeschrieben.

Anders als bei Kreditkarten-Konten löst der Ecomiles-Kunde seine Gutschriften nun nicht zur Befriedigung eigener Wünsche ein. Es gibt also weder den silbernen Füllfederhalter noch die ermäßigten Konzertkarten, die beispielsweise Amex-Kunden für regelmäßiges Zücken ihrer Karte bekommen.

Vielmehr verteilt der Ecomiles-Kunde seine Prämie bar an verschiedene Stiftungen und wohltätige Verbände, darunter Unicef, die SOS-Kinderdörfer, der World Wildlife Fund und alle möglichen projektbezogenen Natur- und Umweltgruppen. Sogar einzelne Projekte können bedacht werden, von der Aufforstung von Wäldern in Madagskar bis zur Arterhaltung bei bedrohten Vögeln.

Mehr als 10 000 Kunden haben bereits bei Ecomiles unterschrieben und spenden ihre Prämien. Vorstandsmitglied Marcus Courage rechnet mit vielen mehr in den nächsten Wochen und will langfristig sogar aus dem Online-Geschäft ausbrechen. Auch wer im Laden ein Buch kaufe, könne Prämien gutgeschrieben bekommen, so seine Vision. Die entsprechenden Verhandlungen mit Unternehmen laufen bereits.

Bis 2008 sollen der Online- und der traditionelle Handel für einen Prämienumsatz von 15 Millionen Dollar sorgen, hofft Courage. Damit ließe sich manches Sozial- oder Umweltprojekt ein gutes Stück weiterbringen.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 21-07-2006 21:04

Das globale Röhrensystem

Hightech-Aktien dominieren zum Wochenende den Handel an der Wall Street. Abgesehen von Computerbauern und Softwareschreibern geht es vor allem um Internet-Werte. Das passt zeitlich ganz gut, denn auch in Washington wird zur Zeit mehr oder weniger kompetent über das Internet debattiert – zur großen Freude der Netzgemeinde.

Zwei Internet-Themen beschäftigen die Abgeordneten in Washington zur Zeit. Einerseits geht es um die mögliche Schaffung eines Zwei-Klassen-Systems im Netz und darum, zahlenden Unternehmen schnelleren Breitbandzugang zur Verbreitung ihrer Werbebotschaften zu geben.

Man kann geteilter Meinung über eine solche Maßnahme sein. So wäre es grundsätzlich nicht falsch und würde wahrscheinlich die horrenden Massen an Spam eindämmen, wenn Sender für das kommerzielle Zumüllen privater Mailboxen zahlen müssten. Allerdings hieße das auch, dass finanzstarke Konzerne ihre Werbung weiter verbreiten könnten, während für manchen kleineren Wettbewerber und für zahlreiche gemeinnützige Stiftungen und Verbände ein bisher kostenloses Werbe- und Aufklärungsinstrument wegfiele.

Der republikanische Abgeordnete Ted Stevens ist jedenfalls dafür, alle Werbe-Versender zur Kasse zu bitten. Die Meinung des 82-Jährigen aus Alaska zählt auf Capitol Hill, denn Stevens ist Vorsitzender des Ausschusses für Handel, Wissenschaft und Transport, das unter anderem das Internet reguliert. Umso schlimmer, dass Stevens das virtuelle System scheinbar nicht ganz versteht.

Das Internet sei kein Truck, erklärte Stevens jüngt, sondern vielmehr ein „Röhrensystem“. Zuviel Information verstopfe die „Röhren“, was unter anderem dazu geführt habe, dass er selbst „ein Internet“, das seine Mitarbeiter am Freitagmorgen verschickt hatten, erst nach dem Wochenende bekommen habe. Soso. Wie oft Ted Stevens in die Röhren schaut, die er regulieren soll, ist unklar. Tatsache ist hingegen, dass der Senator ebendort seit einigen Tagen ein Kultstar ist, dessen komische Ausführungen zum Thema mittlerweile als Techno-Remix vorliegen.

Einen gewissen Anteil an Stevens´ Abgleiten in die Witzwelt hat John Stewart. Der Komiker ist Moderator der „Daily Show“ und spricht seit Tagen über das Internet, zumal Washington nachlegte. Eine Gesetzesinitiative strebt den Verbot von Online-Kasinos an. Lediglich staatliche Lotterien und Pferdewetten sollen künftig erlaubt sein, Roulette und Black Jack aber nicht.

Das macht nun wirklich nur Sinn, wenn man sich das Röhrensystem noch einmal vor Augen hält: Pferde hätten bekanntlich Beine, so Stewart, und könnten einfach durch das Röhrensystem galoppieren. Kasino-Chips hingegen könnten sich verhaken und zu Blockaden führen, die den Lauf wichtiger Dinge wie Internet-Porno oder Ebay-Schnäppchen verlangsamen könnten. Schicke hingegen die staatliche Lotterie hin und wieder im Rahmen der Ziehung eine schwere Zahlenkugel durch die Röhre, könne die Verstopfung gelöst werden. Englisch sprechenden Lesern sei Stewarts Illustration auf http://www.youtube.com/watch?v=1lYiD...etting%20tubes empfohlen (etwa bei 3:00 Minuten).

Trauriger Hintergrund der lustigen Geschichte: Die Diskussionen in Washington zeigen tatsächlich, dass das Internet von einem Haufen Politiker reguliert wird, die weder technisches Grundwissen besitzen noch die eigentliche Idee eines verbesserten und vor allem kostengünstigen Informationsflusses verstehen. Der Ausgang der Debatten auf Capitol Hill ist offen, die Diskussionen dauern an.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 24-07-2006 22:09

„Zune“ wird kein iPod-Killer

Es fällt nicht leicht, mit einem milliardenschweren Computerkonzern Mitleid zu haben. Doch die armen Jungs bei Microsoft mag man schon ein bisschen bedauern. Da dominieren sie seit Jahrzehnten die Computerbranche, werden in Sachen Innovation, Coolness und Image aber immer wieder von Apple vorgeführt – so auch am Montag.

Bei Microsoft hat man sicherlich gehofft, den unliebsamen Konkurrenten in den Schlagzeilen einmal überflügeln zu können. Immerhin hatte man eine sensationelle Nachricht zu verkünden: Der iPod-Killer ist da! Erste mp3-Spieler der Projektreihe „Zune“ sollen noch in diesem Jahr auf den Markt kommen, ein eigenes Portal müsste umgehend mitgeliefert werden.

Doch die Wall Street macht nicht allzu viel aus der Ankündigung. Keiner glaubt, dass Microsoft auch nur den Schein einer Chance hat, Apple nennenswert Marktanteile streitig zu machen. „Microsoft hat 10 Milliarden Dollar in MSN gesteckt, und AOL und Yahoo nicht einmal eine Beule zugefügt“, lästert der Branchenanalyst Carl Howe. Bei der XBox 360 fällt die Bilanz bekanntlich nicht viel besser aus: Um die Konsole zwischen Nintendo und PlayStation überhaupt platzieren zu können, verkauft man unter dem Herstellungspreis. Laut Insidern soll Microsoft im letzten Jahr im Spielesektor 1,3 Milliarden Dollar Verlust eingefahren haben.

„Coole“ Produkte wie Spielekonsolen liegen dem Unternehmen eben nicht. Microsoft steht für das konservative grau, wenig einfallsreiche Formen, für Klarheit und Struktur, aber ganz bestimmt nicht für Kreativität. Darum geht es aber bei mp3-Spielern, die schließlich nicht nur Musik spielen, sondern auch schick aussehen wollen. So steht für viele an der Wall Street bereits fest, dass Microsoft mit „Zune“ scheitern wird. Da hilft es wenig, dass ein Trailer auf www.comingzune.com durchaus appetitanregend ist.

Tatsächlich lässt ein Blick auf verschiedene Hightech-Blogs erkennen, dass Microsoft wieder einmkal keine sensatiolle Innovation plant. „Zune“ soll ein portabler Spieler sein, offensichtlich mit Video-Funktion und möglicherweise gedoppelt mit einem Handy. Damit steht man auf dem Stand von Apple 2004, als erstmals eine Kooperation mit Motorola erwähnt wurde. Seither gibt es das iTunes-Phone ROKR, und ein Blick auf die Designstudien für weitere Motorola Modelle lässt Microsoft alt aussehen.

Genau daran dürfte der Konzern aus Redmond scheitern. Um mit Aplpe mithalten zu können, müsste Microsoft nicht nur technische Hürden überwinden (schwierig), eine ansprechende und komplette Musikdatenbank aufbauen (noch schwieriger), sondern vor allem ein Gerät entwickeln, das weniger Hardware als vielmehr Lebensgefühl ist (absolut unmöglich).

Umso leichter scheint es hingegen Apple zu fallen, mit einzelnen Produkten ein Gefühl zu schaffen. Abgesehen von der Ubiquität des iPod auf der Straße hat sich um den Spieler eine virtuelle Community gebildet, die fast schon in der Zukunft lebt, Studien für neue Modelle im Internet aufdeckt und in Blogs diskutiert. Letzter Schrei: der iPod mit „touch-less touchscreen“, mit einem Tast-Bildschirm also, denn man nicht einmal mehr berühren muss. Was nach einer völlig abgefahrenen Phantasie klingt, kommt aus dem Patentantrag eines Apple-Zulieferers, der – samt einer Zeichnung – größere Schlagzeilen bekommt als die offizielle Ankündigung für „Zune“.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.

Starlight 26-07-2006 21:01

Washingtons neueste Öl-Groteske

Der Ölpreis bewegt den Verbraucher, die Börse und Washington. Mit sinkenden Lagerbeständen, einer instabilen Lage in vielen Förderregionen und der weltweit explodierenden Nachfrage entscheidet der Umgang mit dem Rohstoff immer mehr, wer im internationalen Konkurrenzkampf die Nase vorn hat.

Dass – und vor allem wie – sich Washington erneut mit dem Schwarzen Gold beschäftigt, ist allerdings grotesk. Republikaner und Demokraten haben in dieser Woche zwei neue Gesetzentwürfe eingebracht, über die der Kongress nun debattiert. Kernstück im Konzept der Republikaner: Die Förderung von Öl im eigenen Land, also die Öffnung des Naturschutzgebiets ANWR in Alaska für die Konzerne.

Bereits dreimal hat der Kongress die Förderung in ANWR abgelehnt. Dass das Projekt nun ein viertes Mal in der Vorlage ist kann nur eines heißen: Die Republikaner sehen wenige Monate vor den Kongresswahlen ihre Felle davonschwimmen und suchen ein Killer-Argument, um sich im Wahlkampf gegen die Demokraten zu wehren. Das Argument soll sein: Lieber Wähler, wir haben versucht, mehr eigenes Öl zu fördern, was den Ölpreis gesenkt hätte – die Demokraten haben es verhindert.

Diese Denke wird nicht aufgehen: Denn einerseits hat die Mehrheit der Amerikaner längst kapiert, dass die Vorräte im arktischen Eis im Vergleich zur Binnen- und zur globalen Öl-Nachfrage so klein sind, dass sie sich auf den Marktpreis kaum auswirken würden. Um höchstens ein bis zwei Cent würde der Preis pro Fass wohl sinken, haben Experten berechnet, und dass wohlgemerkt frühestens ab 2015, wenn das erste Öl in Alaska gefördert und durch die noch zu bauende Pipeline fließen würde.

Dazu kommt, dass ein Schein-Argument der Republikaner pro ANWR längst nicht mehr zieht. Angeblich sieht die GOP – offiziell „Grand Old Party“, inoffiziell „Grand Oil Party“ – die Förderung in Alaska nämlich vor allem als Einnahmequelle. Bis zu 40 Milliarden Dollar dürften Exxon & Co. laut dem kalifornischen Abgeordneten Devin Nunes an Gebühren an den Staat abtreteb. Die will man angeblich in einen Fond zur Entwicklung alternativer Energien stecken.

Das dürfte den Republikanern freilich niemand mehr abnehmen. Zu oft hat die Regierung den Öl-Multis zuletzt Steuererleichterungen in Milliardenhöhe geschenkt oder, wie zuletzt, sämtliche Abgaben aus der Förderung im Golf komplett erlassen. Seit Jahren ist völlig klar, dass der Partei nicht die Suche nach alternativen Rohstoffen am Herzen liegt, sondern das Wohlergehen der Öl-Konzerne, die bekanntlich zu den größten Parteispendern gehören.

Einige Ausführungen zur Ethanol-Förderung und zum Bau von Solar-Anlagen dürften die Republikaner folglich eher zur Zierde in den aktuellen Entwurf geschrieben haben. Wie wenig der Partei an einer geringeren Abhängigkeit von ausländischem Öl gelegen ist, lässt sich ja nicht zuletzt daran erkennen, dass Ideen zum Energiesparen erneut komplett fehlen und sich die Energiepolitik weiter ausschließlich auf die Gewinnung von Resourcen konzentrieren soll.

Etwas grüner klingt da das Gegenkonzept der Demokraten. Bis zu 10 Milliarden wollen diese in die Forschung an alternativen Energien stecken, sie gehen detailliert auf Solarenergie und Ethanol ein. In Sachen Energiesparen fällt der Partei der Ausbau des öffentlichen Nahverkehr ein, außerdem soll die Autoindustrie zur Einhaltung höherer Verbrauchsstandards genötigt werden. Der Haken am Konzept der Demokraten: Die Finanzierung ist völlig offen. Man habe dazu noch keine Ideen, so der Abgeordnete Steny Hoyer aus Maryland, einer der Autoren des Entwurfs.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.

Starlight 27-07-2006 20:57

Niemand feiert mit ExxonMobil

Bei ExxonMobil knallen die Korken: Ein Quartalsumsatz von fast 100 Milliarden Dollar, ein Gewinn von mehr als 10 Milliarden Dollar – der hohe Ölpreis macht den weltgrößten Konzern immer noch größer und reicher. Das ist genau der Grund, warum niemand mitfeiern will. Der Dow-Wert gehört zu den unbeliebtesten Unternehmen in Amerika.

Immerhin, die Milliarden-Gewinne mit denen ExxonMobil im zweiten Quartal glänzt, werden ganz direkt beim Verbraucher gezapft, der an der Tankstelle weiterhin Rekordpreise zahlt und seit Monaten auch unter einer vom Rohstoffmarkt verschuldeten indirekten Inflation leidet. So werden Waren und Dienstleistungen teurer, weil für Erzeuger und Lieferanten die Transportkosten steigen. Jane und John Doe, den amerikanischen Durchschnittsbürgern, bleibt immer weniger Geld.

Was man von manchem Öl-Manager nicht behaupten kann. Im Mutterland des Kapitalismus hätte sich die Kritik an den Milliarden-Gewinnen eines Öl-Multis wohl in Grenzen gehalten, wäre nicht vor einigen Monaten die Abfindung bekannt geworden, die der langjährige CEO Lee Raymond mit in den Ruhestand nehmen durfte. Ein Paket von 350 Millionen Dollar soll ihm den Lebensabend versüßen; seine Gehälter als Vorstand eingerechnet hat Raymond in dreizehn Jahren 144 000 Dollar täglich verdient – etwa viermal so viel wie der Durchschnitts-Amerikaner im Jahr.

Nun will man Raymond nach einem arbeitsreichen Leben eine gute Rente gönnen, die bekannten Zahlen allerdings sind maßlos und ein Skandal, zumal sie dem Verbraucher an der Tankstelle täglich unter die Nase gerieben werden. Dass die Öl-Industrie indes nicht nur von hohen Ölpreisen profitiert, sondern von Washington regelmäßig mit Steuergeschenken und dem kompletten Erlass von Fördergebühren bedacht wird, erregt die Gemüter zusätzlich.

Umso frustrierender wird indes die Diskussion um Öl und Geld, wo die aktuelle Bilanz einen Blick auf das Verhältnis zwischen Ölmenge und Preis zulässt. ExxonMobil hat im abgelaufenen Vierteljahr nämlich gar nicht nur von den historischen Höchstpreisen profitiert, sondern auch von einer höheren Fördermenge. Das belegt, dass mehr Öl keineswegs den Preis sinken lässt. Im Gegenteil: Ohne mit der Wimper zu zucken beruft sich das Management darauf, dass mit höheren Förderquoten der Bedarf an Maschinen und Personal steige, deren Kosten dann wiederum durch die höhere Nachfrage steige.

Nun muss dem Verbraucher klar werden, dass er sich in einem Teufelskreis befindet. Öl wird auf absehbare Zeit nicht billiger werden, auch die Erschließung neuer Quellen – ob in Alaska oder im Golf von Mexiko – dürfte keine Erleichterung bringen.

So dürften ExxonMobil und Konkurrenten noch lange weiter kassieren, immer mehr. Dass das Unternehmen zur Zeit einen Gewinn von 1318 Dollar pro Sekunde bilanziert – das würde auch bei den aktuell hohen Preisen für genug Sprit reichen, einen Hummer dreimal von New York nach Los Angeles zu schicken –, ist damit eher eine Zwischenbilanz als ein Höhepunkt.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.


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